Person

Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 XII 23

3
1645 XII 23
Samstag

42
3 Sambstags] am Rande: Sollicitatio apud mediatores contra Gallos in puncto satis-
43
factionis .
Sambstags, 23. huius, haben wir unß abermaln zu
4
denn mediatoren verfüegt und inen vorgehalten, wir hetten sie vergangnen
5
mittwochs ersuecht, bei denn Franzosen anzemahnen, das sie unerwarttet
6
deß herrn grafen von Trautmansdorff widerkunfft ihre erclärung über be-
7
schehene offerta in puncto satisfactionis thuen wolten etc., da dann dazumaln
8
erachtet worden, noch vordrist der nechsten ordinari von Oßnabrukh zu
9
erwartten. Wir hetten also gestern von gedachtem herrn grafen abermaln
10
schreiben empfangen, innhalts, daß wir solche nachfolg ze thuen nit under-
11
lassen solten. Die hauptursach dessen aber seye dise, daß obwol die Franzo-
12
sen jüngst sich uff eine mit denn Schweden veranlaaßte conferentz bezogen,
13
nach deren sie alsdann ihr anttwortt eröffnen wolten, so wolten iedoch die
14
Schweden von solcher conferentz nichts wissen, daher wir billich im zweifl
15
stehen, ob nit dises vorgeben allein zu einer verzögerung der hauptsach
16
inventirt wer. Wir hetten den 16. Octobris durch sie, mediatores, die Kayser-
17
liche responsiones denn Franzosen communicirn lassen und baldt darauff in
18
anttwortt empfangen, das sie der Schweden ankunfft erwartteten und sich
19
mit denselben der replic vergleichen wolten. Der Salvius wer den 18. No-
20
vembris herkommen, 8 gantzer tag allhie geblieben, hett sich selbst gegen
21
unß vernemmen lassen, daß er mit denn Franzosen super replicis allerdings
22
verglichen, sie stüenden allein an deme an, ob sie solche schrifft- oder
23
mundtlich thuen wolten. Nach dessen abraiß hetten sich die Franzosen uff
24
ein weitere conferentz bezogen, und wer die noch uff dato nit erfolgt, wolten
25
auch die Schweden, wie gesagt, nichts drumb wissen. Wir hetten demnach
26
ursach, auff ihr erclärung ze tringen, mit pitt, sie, herrn mediatores, wolten
27
inen nit allein dessentwegen zusprechen, sondern zugleich inen alle hoffnung
28
benemmen, daß sie mit Ihr Kayserlicher Maiestät und dero hochlöblichen
29
haußes consentz vil oder wenig am Elsaß und waß daran demselben zu-
30
gehörig , wurden zurukhbehalten könden, dann waß inen vom herrn grafen
31
von Trautmansdorff pro satisfactione im namen Ihr Maiestät und deß reichs
32
anerbotten worden, daß wer offerta prima et ultima. Man wurde sich nichts
33
irren lassen, von wem auch immer inen, Franzosen, anderwerttige speranza
34
möchte gemacht worden sein. Dises ietzige anerbietten wer aller vernunfft
35
gmäß, so niemandt unbillichen wurde, damit auch die Franzosen uberflüssig
36
content und zefriden sein köndten und solten. Sie, herrn mediatores, hetten
37
inen dabei nochmaln ze representirn die offenbare iniustitiam, indem sie
38
unschuldigen pupillen daß ihrige, und zwar ein uraltes patrimonium, so all-
39
berait ettlich 100 jar in deß hauses Österreich besitz gewesen, vorzehalten
40
unterstüenden, von wölchen die cron Frankreich doch im geringsten nit
41
belaidigt worden, die uble nachred aller welt, daß sie offendtlichen traw und

[p. 507] [scan. 555]


1
glauben, crafft dessen sie ad restitutionem obligirt weren, nit hielten, die
2
böse nachfolg, so auß disem beginnen entspringen wurde, indem solcher-
3
gestalt kein billicher noch bestendiger fride bestehen köndte. Die Franzosen
4
hielten es vor eine maximam, daß die mit Spanien gemachte pacificationes sie
5
nit binden möchten, daß sie nit sich ietziger zeit ihres glükhs bedienen und
6
dasjenig, so sie vor alten zeitten pretendirt, anietzt nit an sich behalten oder
7
wider abfordern solten. Eben dise maximam werde kunfftig das hauß
8
Österreich wider sie auch gebrauchen, also kein sicherer frid mit inen be-
9
stehen könden. Sie hetten ihrem verstorbnen könig Ludwig XIII. den herr-
10
lichen namen iusti zugeschriben. Wir köndten glauben, daß derselb als ein
11
frommer, gottsförchtiger könig solche iniustitiam nit mit sich werde under
12
den boden wöllen getragen, sondern in allweeg verordnet haben, daß solche
13
unbillich und mit gwalt der waaffen eingenommene plätz dennjenigen, so es
14
gebürt, solten restituirt werden. Wann sie nun anietzt solches nit thuen, son-
15
dern denn unschuldigen daß ihrig vorbehalten wolten, so wurden sie ime
16
sein seel gravirn und denn scheußlichen namen eines ungerechten königs
17
auffladen. Deme allem nach wolten wir verhoffen, sie wurden entlich in sich
18
selbst gehen und von diser pretension abstehen, sich aber mit dem, so inen
19
anerbotten worden, billich contentirn lassen und hierauff mit hinderhaltung
20
ihrer erclärung die zeit nit vergeblich verzehren wöllen.

21
Die herren mediatores haben hierauff in anttwortt angezeigt, daß sie schon
22
zu mehrmaln an ihren remonstrationibus nichts hetten erwenden lassen,
23
wolten auch nit ermanglen, dise unsere weiter instantias bei gedachten Fran-
24
zosen gleich nach dem heyligen Weyhnachtfestag mit allem fleiß anzebrin-
25
gen , wiewol sie wüßten, daß sie kein andere anttwortt geben würden, dann
26
daß sie nochmaln deß herrn grafen von Trautmansdorff widerkunfft erwart-
27
ten wolten. Dann solches theten sie darumb, daß sie inen von Oßnabrukh
28
und selbigem congressu dest ehender wider abziehen möchten. Sagte
29
gleichwol der Venetianische pottschaffter, er hette nachricht, daß die be-
30
deütte conferentz ihren fortgang erraichen und, wo es nit zu Lengerich
31
geschehen, doch die Schweden allherkommen wurden. Er vermeinte, sehr
32
guett sein, wann man in hoc puncto satisfactionis von denn standen ein satte
33
erclärung haben köndte. Hierüber wurdt ime von unß replicirt, wir müeß-
34
ten mit solchen unsern instantiis die Franzosen stringirn. Sie hetten nunmehr
35
über 2 monat unsere responsiones in handt und liessen sich stetigs ihrer
36
guetten inclination, den friden ze befürdern, verlautten, geschehe aber noch
37
uff dato nichts. Mit denen ständen köndte man nichts sicherlichs handlen,
38
solang die gegentheil ihre praetensiones nit clärlich an tag gegeben hetten, es
39
geschehe nun mündt- oder schrifftlich. Oxenstiern hette unlengst auch gegen
40
ettlichen protestirenden sich vernemmen lassen, daß sie nichts weiter in
41
schrifften replicirn, sondern ihr meinung allein mundtlich erclären wollten.
42
Deme wer aber zu verstehen geben worden, daß solches denn ständen be-
43
schwerlich fallen und sie nit wissen werden, worüber sie ihre consultationes
44
fassen sollen. Also müeßte man vordrist sichere nachricht haben, worauff der

[p. 508] [scan. 556]


1
gegentheil pretensiones aigentlich bestüenden. Venetus bekandte, daß sich
2
zwar beede, die Schweden und Franzosen, waß sie zu ihrer satisfaction pre-
3
tendirten , gegen inen hetten vernemmen lassen, aber es were doch noch kein
4
determinirte resolution gewesen, und als sie jüngst den Franzosen die offerta
5
angebracht, hetten selbe sich hingegen vermerkhen lassen, daß sie damit nit
6
content und es were kein weeg zum friden. Als sie aber denselben hingegen
7
replicirt, es wer kein gebüerender modus tractandi, daß so anerbotten auß-
8
schlagen und sich doch nichts hingegen, worauff es dann bestüende, ver-
9
nemmen ze lassen, hette conte d’Avaux geanttworttet, sie, mediatores, weren
10
recht daran, sie wolten der sachen nachdenkhen und gleich nach herrn gra-
11
fen von Trautmansdorff widerkunfft von Oßnabrukh sich determinate
12
erclären.

13
Weitters sagte herr nuncius, es were der Dr. Krebß, Churbayerischer gsand-
14
ter , auch bei ime gewesen und hette wissen wollen, waß vor hoffnung zum
15
friden vorhanden und wessen er seinen herrn hierunder vertrösten köndt.
16
Dem er geanttworttet, er solte dem herrn churfürsten schreiben, daß er
17
einige hoffnung nit geben köndt, dann die Franzosen wolten kein antwortt
18
uff deß herrn grafen von Trautmansdorff offerta geben, biß er wider von
19
Oßnabrukh käme. Alsdann wolten sie erst ein conferentz mit denn Schwe-
20
den halten, daß würde nun erst in secunda septimana Januarii geschehen.
21
Biß nun solches mit den ständen consultirt, wurde der Februarius herbei
22
sein, folgendts bei Frankreich und Schweden die kunfftige campagnia schon
23
determinirt sein und nit mehr eingestellt werden wöllen, als were kein ander
24
mittel, dann das der herr churfürst sich so starkh als niemaln mit volkh
25
versehen, alles, waß er hab, in die waffen treibe, sogar münch und pfaffen,
26
sich mit dem Kayser recht coniungire und also denn gegentheilen unter au-
27
gen gehen thue. Wann diß geschehe, so werde man baldt frid haben, ande-
28
rergestalt werde man sich betrogen und verlohren finden. Eben dises wer
29
deß herrn Contarini meinung auch. Wie derselb dann gleich alsbaldt disen
30
discurs reassumirt und gesagt, man sehe, das die Franzosen, Schweden und
31
Hollender sich anstatt der pacification nur stetigs enger zusamenverbinden.
32
Also solts man uff diser seiten auch thuen. Ihr Kayserliche Maiestät solt alle
33
mittel suechen, sich zu versterkhen, mit den vornembsten chur- und fürsten
34
im reich, neben deme sie derselben als reichständt obligirt, a part stärkher
35
verbünden, dann wo die gegentheil selbige also in postur sehen solten, wur-
36
den sie es näher geben und dest eher zum friden tretten. Er glaubte zwar,
37
daß den Franzosen ernst were, ein friden ze schliessen und das sie deßwegen
38
newen bevelch empfangen. Der bestüende aber, ut aiebat nuncius, uff disen
39
zweyen puncten: 1. Sie solten sich von Schweden nit separirn lassen, 2. frid
40
machen, so guett und weit sie denselben erheben köndten (di dover far pace
41
che possa capere), und mög man es pro maxima halten, wann die Schweden
42
Pommern behaupten solten, daß die Franzosen auch keines fuess brait vom
43
Elsaß weichen wurden. Er hette unlangst mit dem conte d’Avaux bey denn
44
capuccinern geredt und ime die unbillicheit diser pretension zu gmüet

[p. 509] [scan. 557]


1
gefüert, auch dabei angeregt, daß die reichsstände darein nit consentirn wur-
2
den . Darauff hett er geanntworttet, der reichständen halber were kein gefahr,
3
dann sie hetten eines guetten theils derselben schrifftlichen consens in ban-
4
den . Von denn Schweden hett er (der Venetianische ambasciator) mehrer
5
sorg, daß sie nur mit betrug umbgiengen und zu keinem friden verstehen
6
werden. Wie dann onedaß die Franzosen dennselben in Teutschen sachen
7
alles deferirn und nichts wider ihren willen thuen noch thuen werden. Sie
8
förchten dieselben, daß sie von inen aussetzen möchten, und geben inen
9
derentwegen mehrers nach, als die reputation leiden möcht. Die Schweden
10
aber wüßten selbst nit, wie sie es mit ihren sachen im reich machen wolten,
11
dann die Kayserlichen responsiones in reichssachen hetten sie sehr irr ge-
12
macht . Darumben sie auch nit wüßten, waß sie replicirn solten. Er ver-
13
meinte , es werde endtlich daß beste sein, wann man sehe, daß beede cronen
14
ie nit herauß wollen, daß man unserseits sich mit den ständen einer gewissen
15
resolution, auff waß für conditiones man ein für alle mal mit inen den friden
16
zu beschliessen gemeint, vergleichen und selbige beeder cronen plenipoten-
17
tiariis vorlegen thue, mit anzeig, wo sie nit darauff schliessen wolten, daß
18
man alsdann vor einen mann zusamenzestehen und daß eüsserist anzewen-
19
den gedenkhe. So lang man zu einer solchen resolution nit greiffe, werde
20
man zu keinem ende kommen.

21
Wir habens dabei bewenden und unß allein so vil vernemmen lassen, wir
22
wolten nit hoffen, daß jemandt under den ständen deputirten so freventlich
23
sein solle, wölcher sein votum denn Franzosen gleichsamb solte verkaufft
24
haben, halten deß d’Avaux vorgeben vor ein bravada, und es werde endtlich
25
an dergleichen resolutionibus, wie herr ambassador vermeldet, unserseits nit
26
ermanglen und die stände selbst, wann man sich mit inen verglichen, hierzu
27
nit ungern einstimmen. Und dieweil Ihr Kayserliche Maiestät unß vom 7.
28
diß neben anderm bevohlen gehabt, denn herrn mediatoribus vor ihr wahr-
29
nung wegen der catholischen ständen erscheinender waichmüettigkheit dankh
30
ze sagen, auch herrn nuncium in specie ze requirirn, daß er selbigen mit gele-
31
genheit zusprechen und sie mehrers ad constantiam animirn wolle, so haben
32
wir solches bei diser occasion auch verrichtet, sodann dem Venetianischen
33
ambassador angezeigt, waßmaassen Ihr Kayserliche Maiestät durch dero
34
ambassadorn bericht empfangen, daß die signoria zu Venedig sub 12. No-
35
vembris resolution ertheilt, er sich der mediation bei dem Oßnabrukhischen
36
congress auch unterfangen möchte. Der anttworttet hierauff, deme wer zwar
37
also, aber es begehrten die Schweden, daß er eintweder zu Oßnabrukh resi-
38
dirn oder ein anderer ambassador daselbsthien verordnet werden solte.
39
Wölches beedes nit thuenlich oder wenigs von langer zeit sein würde. Und
40
weil sich nunmehr beede cronen dahien verglichen, daß fürohien die hand-
41
lungen in beeder ortten anwesender residenten beysein volnfüret werden
42
solten, so hab es bei ime das ansehen, daß die Schweden es auch in respect
43
der ermanglenden mediation also eingangen und villeicht deren anderwertts
44
nit mehr begehren werden.

Dokumente