Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
138. Auersperg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1644 Januar 4
Osnabrück 1644 Januar 4
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. b fol. 1–12’, PS fol. 15, praes. 1644 Januar 19 =
Druckvorlage. Kanzleivermerk: Hirvon 1 abschrifft für Chursachsen, 20. Maii 1645. –
Kopie [ unter Auslassung der chiffrierten Textteile ]: ebenda Fasz. 92 I ad nr. 130 fol. 644–648’
– Kopie des PS: Giessen 203 fol. 687 – Druck des PS: Gärtner II nr. 120 S. 318.
Hamburger Elbzollprivileg. Sitz und Stimme der Stadt Hamburg auf den Reichstagen. Heirats-
konsens für den Inhaber des Erzstifts Bremen und Überlassung des Stifts Verden an ihn. General-
amnestie . Pinneberg. Bündnis mit Dänemark. Einfall der Schweden in Holstein. Fehlende kaiser-
liche Hilfe. PS: Bitte um Instruktion für den Fall der Abreise der dänischen Gesandten.
Wir haben nr. 116 gemäß die dänischen Gesandten aufgesucht, ihnen die kaiserliche
Resolution überbragt unnd die beygeschloßene schrifften unnd decreta,
soviell wir dern außzugeben befehlicht gewest, zu banden bemelter abge-
sandten überanthworttet. Die haben sich gegen unns glimpfflich bedanckt,
daß wir dießer sachen halben bemühet gewest, sönsten aber außerhalb deß
decreti cassatorii wieder die stadt Bremen (so sie mit underthänigster danck-
sagung angenohmen unnd deßwegen die königliche würden in Dennemarck
sowoll alß auch hochgedachter einhaber deß ertzstiffts Bremen zu schul-
digster danckbarkeit verbunden zu sein erkennet) mit den übrigen beschei-
den nit zum besten befriedigt zu sein auch sich in allem also bezeigt, daß
man hatt mercken konnen, gleichsamb sie zuvor schon gewust, waß wir
sagen wölten, mit vermeldung, daß dieße puncta an unns auß sonderbahren
geschöpfften vertrawen sein gebragt worden, in hoffnung, desto ehender zu
gewieriger resolution zu gelangen. Sie, gesandten, hetten zwar hiebevorn
waß nachrichtung von dießen wiedrigen bescheiden gehabt, eß doch nit
glauben wollen, müsten eß dhahingestelt sein laßen, daß eß dhahin außge-
schlagen , man wüste gleichwoll, waß Ewer Kayserliche Mayestätt in der-
gleichen sachen im reich thuen könten auch in ein und anderen angedeuteten
puncten für fundament fürhanden, warümb man der königlichen würden
billich hierin hette gratificiren söllen; dan soviell den ersten punct wegen
auffhebung deß Elbprivilegii anlangt, selbiger seie an ihme selbst notori und
gnugsamb bewust, daß sölchs privilegium zur zeitt der vehede zwischen
Ewer Mayestätt unnd der königlichen würden per sub- et obreptionem auß-
gewürckt , dhahero niemahln von denen herrn churfürsten gebilligt, son-
deren allezeitt für ungültig gehalten worden, dha bedörffe eß keiner fernern
ablehnung oder information, sondern könte angezogenes privilegium also-
baldt ob notorietatem facti auffgehoben werden, maßen eß dan auch dürch
den letztern zwischen den könig und der stadt Hamburg erthedigten ver-
gleich
nahmen königlichen würden übergebener unförmblichen schrifft eine sölche
von uns angebene bewandniß hat, dieselbe nit underschrieben unnd sönsten
mit scharffen wörttern wieder dero Kayserliche rhäte angefüllet sein sölte,
davon seie ihnen nichts bewust, müsten eß ad referendum annehmen unnd
sich berichts erholen, wöllen sich immittels auch in der Hamburgischen
ihnen zugestelten exceptionschrifft, ob dieselbe noch fernere ablehnung
erfordere, weiters ersehen.
Bey dem andern punct wegen deß decreti sessionis et voti der stadt Ham-
burg müsten sie sich auch gedulden, obzwar sönsten gnugsamb bekandt,
daß sich die stadt Hamburg ümb Ewer Mayestät dergestalt nicht verdient
gemacht hette, daß dergleichen gnad würdich. Sie, abgesandten, wolten eß
darthuen, daß selbige stadt alles dießes unheils, so itzo im Römischen reich
vorgehe, eine ursach seie; die würde auch itzo denen Schwedischen bey
dießem einfall in Holstein allen vorschub thuen unnd ethwo ihre sach so
hoch pringen, daß Ewer Mayestätt unnd daß reich wenig respects unnd
diensten von deroselben fortahn würden zu gewartten haben, würde sich
ethwo gar an Schweden hencken.
Bey den dritten punct, den heyraht betreffendt, bedancken sich die abge-
sandten wegen unnßer mündtlichen andeutung unnd versicherung von
Ewer Mayestätt freundt-öheimblicher auch gnädiger, wolgeneigten affection,
contestirten hingegen, daß die königliche würden auch ihrestheils an
bestendiger, auffrichtiger freundtschafft nichts würden erwinden laßen;
hetten zwar auch bey dießem punct waß mehrers gewünscht, sein doch auff
unnßere fernere erinnerung, daß dergleichen mündtlicher versicherung woll
vestiglich trawen könten, etlichermaßen zufrieden gewest, auch auff einigen
schrifftlichen schein nit getrungen, derentwegen wir daß in hoc puncto unns
zugeschickte decret nach einhalt höchstgedachter dero Kayserlichen
instruction zurückbehalten.
Auff den vierten punct erinnerten die gesandten, daß auff deß herrn bischoffen
zu Oßnabrück fürstliche gnaden übergebenes memorial, den stifft Verden
betreffendt, schon fürlengst ex parte deß herrn hertzogen Friedrichs zu
Holstein fürstliche gnaden geanthworttet, dieselbe der gebühr abgelehnt
unnd dern election unnd possession mit gnugsamben fundamenten beschei-
nen unnd erwehrt worden, müsten selbigs hertzogen unglück beclagen, wan
ethwo sölche ablehnungsschrifft Ewer Mayestätt nit sölte fürgebragt oder
referirt sein worden.
Bey dem punct der generalamnistiae müsten eß die gesandten zu Ewer
Kayserlichen Mayestätt allergnädigsten belieben anheimbgestelt sein laßen,
man betragte aber darbey nit recht den nützen, so Ewer Mayestätt darauß
zuwachßen könte, wan mit selbiger resolution waß mehr vorgeeilet würde,
der außschlag würde eß geben.
Endtlich, ümb auff den punct wegen Pinnenberg zu kommen, haben wir
erwehnet, daß sich die gesandten noch guttermaßen würden derjenigen
erclehrung zu erinneren wißen, so dieselbe dhamahls, alß dieß werck
an unns gebragt worden, gegen unns gethaen, |:wie nemblich die könig-
liche würden auf entpfangene satisfaction bey diesen sachen es in
der thatt erzeigen wolle, daß dieselbe Ewer Mayestät trewer fürst und vasall,
auch trewer nachbar sein, die sich dero erzhauß wolfahrt und aufnehmen
angelegen sein liessen, und sie, die gesandte, sich alßdann gegen unß was
weitters herauszulassen und zu erclern veranlaßt. Nun gereiche Ewer
Mayestät sothane der königlichen würden erbietten billich zu freundt-
oheimblichen danckh, und wolten nit zweiflen, die königlichen gesandten
wurden ihnen etwo hierin was herauszulassen nit entgegen sein lassen, dahin-
gegen sein wir auch befelcht, von Ewer Mayestät wegen dergestalt zu
ercleren, daß die königliche würden:| nit weniger hinwider dero Kayser-
lichen [Mayestätt] danckbares gemüht im werck verspühren sölten.
Warauff die abgesandten geanthworttet, daß sie befehlicht, einen erbaren,
christlichen, Ewer Mayestätt unnd dero ertzhauß auch Römischem reich
reputirlichen frieden zu erhandlen, daß seie daß beste kleinoth, daß man
haben könte, und vermeindten, daß dhahingegen die königliche würden
ein sölche recompens wie Pinneberg woll verdienen würden.
Wir erwehnten, daß nitt ohne, daß ihre königliche würden in zwegbringung
eins sölchen hochen kleinots deß lieben friedens sich hoch ümb daß Römi-
sche reich unnd gantze christenheit würden verdient machen unnd mehr
alß einer sölchen recompens würdig. |:Wann aber der gegentheil zu den
tractaten, wie es vast das ansehen gewinnen will, nit zu bringen, der frieden
in der güette nit zu erheben seye und die königliche würden ihrs vorgesezten
zweckhs wurden entwehrt und beraubt werden, was ihre würden alßdann
gegen überlaßung selbiger herrschafft Pinnenberg thuen wolten. Die gesand-
ten begehrten, das wir unß was mehr wolten vernehmen, wohin unßere
gedanckhen giengen, warauf wir mit guettem glimpff und bescheidenheit
erwehnet, es werden sich die gesandten zu erinnern haben, was in anno 1636
bey überlaßung deß erzstiffts Bremen die damahlige zu Wien geweste könig-
liche gesandten, der graff Penz und secretarius Günther
königs für offerten gethan, was auch deß churfürsten zu Sachßen durchlaucht
damahls Ewer Kayserlichen Mayestät versichert, sonderlich daß der Schwe-
den progress in die lenge nit zuesehen könten, sondern endtlichen veruhr-
sacht wurden, wider dieselbe ihre waffen mit Ewer Kayserlichen Mayestät
zu coniungieren. Es hette aber seithero das ansehen vast gewinnen wollen,
alß wann man sich in einen neutralen standt begeben und weder vom herzog-
thumb Holstein, weder vom erzstifft Bremen die letste verwilligte und von
andern ständten abgetragene reichsanlagen zu entrichten nit gesinnet, zu
geschweigen, daß einige coniunction erfolgt were. Es wollen sich dahero
die gesandte, wessen sie von der königlichen würden solcher gethanen
offerten halber instruiert sein, etwas besser eröffnen, damit man ihrer könig-
lichen würden intention soviel desto deütlicher begreiffen, Ewer Kayser-
lichen Mayestät sich auch hinwider umb soviel verstendtlicher vernehmen
lassen mögten:|. Die gesandten beclagten ihren gegenwertigen betrübten
zustandt wegen einfal der Schweden, unnd seie derzeitt von contribution
oder geldtmittlen nit zu reden. |:Wegen engerer verbündtnuß tringe sie die
noth, man müeßte aber vorhero wissen, in was für postur sich Ewer Kayser-
lichen Mayestät waffen befinden, und alles in höchster geheimb gehalten
werden, dann die Schweden penetrierten alles, und stunde zu wünschen,
[ daß ] selbe Schweeden nit dergleichen geheimbnußen bey Ewer Kayserlichen
Mayestät hoffe und sogar vermittels catholischer persohnen erforscheten
und zuweege brächten, und haben sie, die gesandten, fortan gezweifelt, alß
dörfften sie sich deßhalben auch gegen unß weniger herauslassen. Dagegen
wir sie aber versichert, daß alles in höchster enge von unß solte hinderbracht
und gehalten werden, solten nur den sachen was nachdenckhen:|. Wolten
unns gleich nach den heyligen christfest (so dießer endt nach den alten
calender heudt gehalten wirdt) wieder bey ihnen angeben unnd weiters
darüber communication pflegen, |:massen ich, der graf von Auersperg,
lauth Ewer Kayserlichen Mayestät allergnädigsten befehl die veranlaßung
mit dem reichscanzler Höge genommen:|, auff morgen, den 5. dießes, fer-
ners hierauß zu underreden, unnd halten wir immittels daß decretum wegen
Pinnenberg zurück in banden.
Bey selbiger conferentz haben wir auch nachfrag gehabt, waß ihnen, den
Dännischen gesandten, aigentlich von den Schwedischen einfall in Holstein
bewust seie unnd waß sie für nachrichtung unnd gewißheitt dhavon hetten.
Die haben geanthworttet, daß sie zwar keine aigentliche nachrichtung
dhavon hetten, weiln alle ihre brieffe intercipirt würden; hetten den Schwe-
dischen gesandten Salvium ümb communication, waß ihme hievon bewust,
erfragen laßen, der nehme sich eins mitleidens unnd unwißenheit an, ja
bestättigte sölchs mit erschröcklichen execration seiner ewigen verdamnüß,
daß ihme nichts hievon bewust; derentwegen sie auch verursacht worden,
an den Schwedischen gesandten Oxenstirn nacher Minden inhalts beykom-
mender abschrifft [ Beilage 1 ] (so sie unns guetwillig mitgetheilt) zu schreiben
unnd sich der aigentlichen beschaffenheit zu erkündigen. Immittels aber sein
ihnen so viell ümbstende von ein unnd anderen zukommen, daß sie eß für
wahr glauben unnd halten müeßen; under anderen seien sie berichtet wor-
den , gestalt der graff Pentz alle teich unnd dämme ümb Glückstatt und
Crembs schon sölle dürchstochen unnd ins waßer gesetzt haben, so gewiß-
lich nit ohne große noht würde beschehen sein; zudeme würde von der
Schwedischen faction insgemein fürgeben, die ursach dießes einnfals seie,
daß denen Schweden fürkommen, alß gehe der könig in Dennemarck mit
denen gedancken ümb, sich mit dem könig in Polen wieder Schweden zu
verbinden unnd die Schweden dhahero praeveniiren müßen. Sie, gesandten,
könten eß aber versicheren, daß auff gegenwerttige stundt mitt Polen deß-
wegen nichts tractiert, weniger geschloßen worden. Am allermehrist
erschrecke sie aber darbey, daß dem verlauten nach der hertzog von Holstein
sich sölte neutral erclehrt unnd die Schweden die gedancken haben, Holstein
von Dennemarck zu separiren. Der könig in Dennemarck seie zu Coppen-
hagen waß weith von der handt, unnd ehe dan derselb zurück unnd in ver-
fassung komme, würden die Schweden in sölchen vortheill sein, darauß sie
nit zu bringen, unnd dhaferne denselben nit gleich begegnet werden sölte,
würden sie in kurtzer zeitt so mechtig werden, daß 60 000 man würden
können inß veldt setzen unnd sich deß Niedersachsischen craiß bemechtigen,
daß hauß Lüneburg wieder an sich ziehen unnd den ertzstifft Bremen zu
ihren raub, alle ümbliggende stätte, bevorab die stadt Hamburg, zu ihren
willen haben; und scheine nunmehr so weith kommen zu sein, daß man nit
mehr wißen könne, wer bischoff oder 〈bauer〉 seie. Verwundere sie nit
wenig, daß man nichtz von anzug der Kayserlichen armee höre, unnd
kommen fast in die gedancken, eß dörffte wahr sein, waß man wegen
zwischen den Kayserischen unnd Schwedischen gemachten sechßmonat-
lichen armistitio außgeben.
Dhagegen wir erinnert, daß uns von dem armistitio nichts bewust, unnd
[ daß wir ] sölchs ümb sovielldestoweniger glauben könten, weiln die Kayser-
liche armada immerforth in actione wieder die Schweden begriffen unnd
ethwo die stundt für Sittaw stehen würde, daß aber denen Schwedischen
nicht so geschwindt auffm fueß nachgehen könte, erachteten wir die ver-
legten paß darahn verhinderlich. Die gesandten: Wo die Schwedische
dürchkommen sein, dha könten die Kayserlichen auch dürchkommen. Wir:
Von nein, daß sölchs nit möglich, weiln von Magdeburg biß auff Hamburg
alle päße dieß- unnd ienseidts der Elbe in der Schweden banden sein, zudeme
daß gantze landt zu ihren willen betten unnd ihnen aller örtter mit proviandt
unnd anderen nottwendigen sachen gleichsamb würde entgegengangen.
Die Kaiserische fünden auff dem lande nirgendts waß, unnd auß denen
stätten würde denselben auch nichts außgefolgt, sie müsten eß dan mit
gewaldt erzwingen. Man habe schon einmahl eine ansehentliche Kaiserliche
armada in Mecklenburg derentwegen ruinirt
mehr vorsehen müßen, wir hielten unns gleichsamb versichert, daß Ewer
Kayserliche Mayestät die königliche würden nit laßen würden, die hetten
aber noch keinen bericht von dießem unwesen, man müße nur geringe zeitt
in gedult stehen. Die abgesandten gäben darbey zu verstehen, von gewißen
orth die nachrichtung zu haben (wir muhtmaßen von den Frantzößischen
residenten Rortee, der die Dännische deß thags zuvor heimbgesucht), daß
unns ethwo in 3 oder 4 tagen dergleichen zeittung zukommen würde,
warüber wir unns mehr bestürtzen würden, alß sie, Dännische, über dießen
der Schwedischen einfall bestürtzt sein, wolten zwar nit weiters mit der
sprag herauß, wir vermerckten aber, daß eß auff Ungarn gemeindt unnd eß
verlauten wolle, alß sölte der fürst von Sibenburgen aldha ebenergestalt
einen einfall gethaen haben .
PS Demnach eß die Dännische abgesandten darfür halten wöllen, daß auf
erfolgender gewißheit von dem verlauteten einfall der Schweden in Holstein
sie von hinnen dörfften abgefordert werden und aber in dem praeliminar-
vergleich die neutralitet dießorts nur auff sechß wochen nach zerschlagung
der tractaten außgestelt, alß haben wir unns bescheidts gehorsambst erholen
söllen, wie wir unns auff sölchen fall, dha die Dännische gesandten abziehen,
die Schwedische aber sölchen abzug für eine dissolution deß convents halten
unnd von der zeitt an die sechß wochen rechnen dörfften, sowoll unnßer
sicherheit halben alß auch bey abgang deß interpositoris bey der negotiation
zu verhalten.