Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten Münster 1645 März 27

26
5

27

Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten


28
Münster 1645 März 27

29
DWartenberg II fol. 42’, 43’–52 = Druckvorlage. Vgl. ferner DKurbayern K I p. 142–
30
147 ( damit identisch DKurbayern spA I p. 220–229 ); DVolmar fol. 360’–367 ( Druck
31
Cortrejus p. 141–144 ).

32
Niederlage der kaiserlichen Armada bei Jankau. Mangelnde Verhandlungsbereitschaft und Aus-
33
flüchte der französischen Gesandten. Angebot eines Waffenstillstands an Frankreich. Annäherung
34
Frankreichs an die Niederlande: territoriale und finanzielle Versprechungen, Aufwertung der
35
Niederlande im völkerrechtlichen Zeremoniell. Schwedisch-dänischer Machtkampf mit seinen
36
Rückwirkungen auf den Kongreß. Vorherige Abstimmung der kurfürstlichen, insbesondere der
37
kurbayerischen Kontakte zu den französischen Gesandten mit den Kaiserlichen. Entlassung des
38
Kurfürsten von Trier.

39
salvaguardia für das Reichskammergericht. Grafschaft Ostfriesland strebt nach Neutralität.
40
Protestantischer Übergriff auf die Pfarrei Gehrden.

[p. 20] [scan. 144]


1
Im Quartier des Grafen Nassau [ Domherrenkurie ]. Vertreten: kaiserliche Gesandte ( Nassau,
2
Volmar ), Kurköln ( Wartenberg, Landsberg, von der Recke ), Kurbayern ( Haslang, J. Adolf
3
Krebs ).

4
Dem Wunsch Wartenbergs nach einer Unterredung folgend, beruft Nassau die Kur-
5
fürstlichen
zur Konferenz, die um 17 Uhr beginnt, weil Kurbayern am Morgen wegen
6
eines Besuches bei den französischen Gesandten nicht abkömmlich war. Volmar
7
proponiert ein Schreiben des Kaisers an seine Gesandten aus Regensburg vom 17. März

36
Wohl gemeint Schreiben Ks. Ferdinands III. an seine Gesandten in Münster/Osnabrück, Regens-
37
burg 1645 III 14 (Druck Gärtner IV S. 605f., Kopie in RK FrA 92/IV nr. 604 fol. 527).
,
8
worinnen das in Boheimb sich zugetragenes ungluck zwischen der ksl. und
9
der Schwedischen armada erzehlt worden

38
Am 6. März 1645 unterlag die ksl. Armee unter General Johann Gf. von Götz der schwedischen
39
unter Lennart Torstenson in der Schlacht von Jankau in Böhmen ( Gindely III S. 150, Bart-
40
hold
II S. 505–507, Stramberg 3, 7 S. 11f. ).
,

21
9–14 woruber – wolle] Ausführlichere Proposition in DVolmar : Die ksl. Gesandten
22
entschuldigen sich dafür, daß das Gespräch bereits überfällig ist; sie haben auf Anweisungen
23
vom Kaiserhof und die Antwort der französischen Gesandten gewartet.
woruber sie Kayserliche Ihrer
10
Hochfürstlichen Gnaden und Churbayerischen gedancken, was bey so
11
gestalten sachen zu fortsezung des friedens zu thun sein mochte, zue ver-
12
nehmen begert, insonderheit auch, weilen man sehe, daß so gar nichts a
13
parte der Franzosen auff die eingegebene replicschrifft geandtworttet werden
14
wolle, welches die hern mediatoren sehr perplex mache, daß sie schier nit
15
wissen, was hier weitter zu thun sein werde.

24
15–16 Ingleichen – resolution] Laut DKurbayern K I, spA I und DVolmar proponieren
25
die Kaiserlichen diesen Punkt erst zuletzt, nach der Aussprache über den Waffenstillstand, Kurtrier
26
und das Kammergericht. Dazu ist in DKurbayern näher ausgeführt: Der Graf von Ostfries-
27
land

46
Gf. Ulrich II. von Ostfriesland ( 1605–1648 ), regierte seit 1628 ( Isenburg III 67 ).
traut sich nämlich im Fall ksl. Einverständnisses zu, mit niederländischer Hilfe die Neu-
28
tralität für sein Land zu erreichen, vorbehaltlich seiner treuen Dienste bei besserem Glück der
29
ksl. Waffen. Der Westfälische Kreis klagt, daß die Grafschaft under der handt bloß dem
30
Kaiser, nicht aber in die Kreiskasse gezahlt habe, obwohl sie nach der Reichsmatrikel pro Römer-
31
monat 700–800 fl. erlegen müsse

47
Reinkingk lib. I cl. IV cap. I S. 164 veranschlagte indes Ostfriesland nach der modifizierten
48
Reichsmatrikel von 1521 nur mit 192 fl., was sicherlich zutraf. Vgl. auch Sammlung II S. 21.
.
Ingleichen hielten die Ostfrie-
16
sische deputirte an umb einige resolution, daruber sie gern die churfürst-
17
liche vernemmen wollten.

18
Nach genommenem abtritt und vorgangener unterredung mit dem Pader-
19

32
19 haben] In DKurbayern K I, spA I folgt das kurbayerische Votum, obwohl dort wie in
33
DVolmar angemerkt ist, daß Kurköln vor Kurbayern votiert. Nach Anlage und Inhalt
34
entsprechen einander im folgenden DWartenberg und DVolmar weitgehend; knapper
35
DKurbayern K I, spA I, am ausführlichsten DWartenberg .
bornischen dhombprobsten

41
Dietrich Adolf von der Recke, kurkölnischer Sekundargesandter und Bevollmächtigter für
42
Hildesheim und Paderborn. Über die kurkölnischen Gesandten H. Schneider S. 120, 133.
und probsten Landsperg

43
Lic. iur. Arnold von Landsberg, 1638–1647 Priesterkanoniker am Kölner Domkapitel, Dechant
44
zu Minden, Propst zu Obernkirchen. (H. H. Roth S. 291, Fahne S. 295, APW III D 1 S.
45
348, A. Bertram III S. 43 ).
und zuvordrist den
20
hern Churbayerischen haben Ihre Hochfürstliche Gnaden in nahmen Ihrer

[p. 21] [scan. 145]


1
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen das votum dahin eingerichtet:
2
Der beschehenen communication und sonderlich des von Ihrer Kayser-
3
lichen Maiestät eingelangten schreibens thetten sie sich sonderbar bedancken,
4
mit vermelden, daß von Churbayern ihro ein schreiben fast von gleichem
5
inhalt eingelanget, nemblichen daß das ungluck in Boheimb zwar vor-
6
gangen , man aber darumb nit ursach habe, hand und fuß fallenzulaßen,
7
sondern werden sich hoffentlich noch wol mittel geben, den frieden fortzu-
8
sezen , zumalen auch der feindt selbst bey diesem treffen keine seyden
9
gesponnen, sondern eben wol großen schaden erlitten hette, dahero auch,
10
wie verlautthen wollen, der Konigsmarck

34
Hans Christoph Gf. von Königsmark (1600–1663), aus altmärkischem Adel, seit 1644
35
schwedischer Generalleutnant der Kavallerie, Gouverneur der Stifte Bremen und Verden ( SMK 4
36
S. 392f.).
mit seinem underhabenden corpo
11
zum Torstensohn

37
Lennart Gf. Torstenson (1603–1651), schwedischer Reichsrat und Feldmarschall, 1647 Graf,
38
Generalgouverneur über verschiedene schwedische Provinzen, seit dem Tod Banèrs 1641 Ober-
39
befehlshaber der schwedischen Armee (über ihn SMK 8 S. 19f., Jaeckel V S. 81, VI S. 77).
erfordert seye und dieses dabey wol zu consideriren,
12
daß in dieser action die vornembste officier geplieben.

13
Die mittel nun anbelangend, den frieden alhier fortzusezen und zugleich
14
den progressus zu sistirn, da seye das medium armistitii von Ihrer Kayser-
15
lichen Maiestät, Churmainz, -collen und -bayern schon lengst placidirt.
16
Was aber Chursachsen und -brandenburgs mainung hierin, hette man noch
17
nit vernehmen konnen.

18
Und wiewolen die necessitas selber sprechen thette, so were doch zu bedenk-
19
ken , obs iezo de tempore et quibus conditionibus, damit die propositio
20
Gallorum, warauf man vor diesem so starck getrungen, nit möge verhindert
21
werden. Der Waffenstillstand läßt sich am besten durch die Vermittler anbieten,
22
von denen man zu vernehmen hette, ob sie solches und wan zum rhatsamb-
23
sten befinden. Die conditiones weren pro publico et privato, in genere et
24
specie zu beobachten und erstlich, daß darunter nebenst dem Romischen
25
reich auch die andere nationes, alß Spania, Italia etc. mit begriffen, da aber
26
darzu ein oder der ander auß den exteris nit solte verstehen wollen, ob
27
solchenfalß das Romische reich nit fur sich dergleichen stillstand zu begeren
28
und zu acceptiren.

29
In privato weren die landen, denen der kriegßlast aniezo meistens auf dem
30
hals liegt, wol in consideration zu ziehen, daß es denselben nit unerträglich
31
fallen, sondern ein solches temperamentum getroffen werden moge, damit
32
ein stand dem andern das onus tragen helffe und es nit, gleich vor jahren mit
33
dem stillstandt zwischen diesem craiß und der landgraffin zu Hessen

40
Amalie Elisabeth Lgfin. von Hessen-Kassel (1602–1651), folgte Wilhelm V. 1637 (über sie
41
NDB 1 S. 237 , Brandt S. 170ff., H. H. Weber , Hessenkrieg). – Am 3. März 1638 ging
42
die Landgräfin mit dem Westfälischen Kreis einen Waffenstillstand ein, der zunächst bis Ende
43
April befristet war, dann aber weiterlief und schließlich von Amalie Elisabeth wegen neuer
44
Verpflichtungen gegenüber Frankreich (Vereinbarung zur Unterstützung Banèrs vom 28. April
45
1640) teilweise gekündigt wurde ( Förster S. 168, 199f.).
er-

[p. 22] [scan. 146]


1
gehen möge, zumalen man dabey erfahren, daß derselbe den underthanen
2
schädlicher dan der krieg selbst geweßen.

3
Vom herrn nuncio hetten Ihre Hochfürstliche Gnaden zwarn verstanden,
4
daß die mediatores nit ungenaigt, in die Franzosische dieses puncten halber
5
zu tringen. Sie vernehmen aber, daß die herrn Kayserlichen solches nit
6
rhatsamb hielten, ne pacem emendicare videremur.

7
Dabey ihro auch die discordia legatorum Gallicorum zu gemüth ginge,
8
indeme gemeiniglich, was der eine gutt befindet, der ander wiederspreche,
9
alßo deßwegen von denselben wenig guts zu hoffen; deme doch allem
10
ungehindert, vermeinten, daß den sachen biß nach morgen angelangter
11
Franzosischer post ein anstand zu geben, demnegst durch die mediatores
12
die proposition zu urgiren und illa occasione zue sehen, wie von armistitio
13
fuglich auf die bahn gebracht werden moge.

14
Der Nuntius ist bereit, die Franzosen zur Einhaltung ihrer salvaguardia für das
15
Kammergericht zu drängen und verlangt nach Information über die Verhandlungen,
16
die zwischen Frankreich und dem Reichskammergericht stattgefunden hatten.

17
Hierbey führten Ihre Hochfürstliche Gnaden auch des graffen von Ostfrieß-
18
landt durch seine abgeordnete beschehenes ansuchen mit ein und ver-
19
mainten , daß, nachdem der graff die evacuation der Hessischen völcker
20
zuwege zu pringen getrawet, wan allein Ihre Maiestät dero consensum dar-
21
zu geben und ihrerseits von aller einlägerung und kriegslast selbige graff-
22
schafft befreyen würden, die herrn Kayserliche diß werck ahn Ihre Maiestät
23
gelangen möchten, gestalt auch sie Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
24
bericht davon zu thun nicht underlaßen wollen, ob ihro belieben mocht,
25
deßhalber Ihrer Maiestät gleichfalß zu schreiben. Wobey sie aber auch Ihre
26
Maiestät zu erinnern vermeinten, daß wegen ieziger großen noth und weilen
27
die Hessen des graffen selbstbekhandtnus nach biß dato uber 1 800 000
28
reichsthaler nur ahn ordentlicher contribution auß selbiger graffschafft
29
gezogen, Ihrer Maiestät der graff jahrlich eine gewisse summa, gleich
30
Oldenburg thutt, zu erlegen, wan ye die ordinariae im reich und craiß
31
bewilligte contributiones tam de praeterito quam de futuro nicht zu

35
31 erhalten] Laut DKurbayern K I, spA I äußert Kurköln noch die Befürchtung, das
36
die Heßische völkher, so Ostfrißland quittiren sollen, dem Westphalischen craiß
37
enndlich uber den halß khommen werden. Kurbayern entschuldigt sich in der Frage mit
38
Instruktionsmangel: Der Westfälische Kreis wird disfals wissen, was denn thunn-, nuz-
39
unnd rätlich seye ( eigenhändiger Zusatz Haslangs ).
erhalten.
32
Weitters referirten Ihre Hochfürstliche Gnaden von deme contra praeli-
33
minaria von Gustavo verubten praeiudicio mit intrudirung eines acatholici,
34
nachdem der catholische parochus in ihrem stifft Oßnabruck zu Gerde

40
Gehrden im Hochstift Osnabrück (heute Krs. Warburg) mit altem Benediktinerinnenkloster
41
( Schmitz-Kallenberg S. 27, Zedler 10 Sp. 1077). Nach Auffassung der Protestanten
42
war die Pfarrei bereits 1624 evangelisch und seit 1625 von dem evangelischen Pfarrer Amelungius
43
Sartorius besetzt gewesen ( Meiern VI S. 441 ); in einer Stellungnahme der ksl. Gesandten, die
44
am 31. Mai 1645 den Schweden übergeben wurde, hieß es dagegen, der am 16. März 1645 ver-
32
storbene Pfarrer Sartorius sei katholisch gewesen, 1634 durch die Schweden vertrieben und 1636
33
durch die Kaiserlichen wieder eingesetzt worden ( Kurköln VI 242a fol. 256–257’); in dem-
34
selben Sinne intervenierten auch die französischen Gesandten mit Schreiben vom 24. Mai 1645
35
bei ihren schwedischen Kollegen ( ebd. fol. 252).

[p. 23] [scan. 147]


1
verstorben, und vermeldeten, daß sie deßhalber den hern nuncium pro
2
remedio ersucht und sie herrn Kayserliche gepetten haben wolten, zu
3
gleichmesigem ende die Kayserliche zu Oßnabruck zue belangen.

4
Communicirten ihnen demnegst das iüngst vom Churbrandenburgischen
5
zue Franckfurt abgelegt weit aussehendes votum.

6
Folgendts ist in nahmen Churbayern in proponierten haubtpunctis fast
7
eben dergleichen votando gemeldet

27
7–8 und – vorgangen] Dazu DKurbayern K I, spA I, DVolmar : Die kurbayerischen
28
haben gegenüber den französischen Gesandten die Türkengefahr beschworen und die schwedisch- fran-
29
zösische
Waffenhilfe für die Protestanten getadelt, wo doch die Hugenotten von Reichs wegen
30
nicht unterstützt worden seien

42
Indes waren die Hugenotten seit 1562 durch Truppenwerbungen und Geld von Kurpfalz, Hessen,
43
Baden und Württemberg massiv unterstützt worden ( Ritter I S. 249f., Häusser II S. 55ff.,
44
133ff., Martin II S. 22, 25). Pläne, Metz durch Pfalz-Zweibrücken zu erobern, hatten dort
45
zu Zugeständnissen Frankreichs an die Hugenotten geführt ( Zeller II S. 63).
. Nach DKurbayern K I, spA I tragen sie dies vor, damit
31
die Kheyserliche gesannden kheine ialousie gewinnen.
und benebenß ad longum referirt, was
8
zwischen ihn und den Franzosischen heut vorgangen.

9
Darauf treten die ksl. Gesandten ab, unterreden sich, danken dann zunächst fur
10
die eröffnete gedancken und guttachten, die sie dem Kaiser berichten wollen
11
und bringen noch diese considerationes vor: Daß 1º quoad armistitium nit
12
ohne, daß von diesem puncto in ihrer haubtinstruction dergestalt ent-
13
halten

36
Laut Pkt. 23 der ksl. Hauptinstruktion vom 15. Juli 1643 (für Münster) und Pkt. 15 (für
37
Osnabrück). Vgl. APW I 1 S. 406, [ 412 ] .
, daß wan ein armistitium in vorschlag kommen solt, sie solches ex
14
parte Caesaris suo modo et certis conditionibus nit außzuschlagen. Hetten
15
auch noch iüngsthin im December darueber specialbefelch nebenst zuge-
16
legter abschrifft dern underm 22. selbigen monats den Churbayerischen
17
abgeordneten deßhalber gegeben andwort empfangen, welchergestalt Ihre
18
Maiestät diesen punct mit den gesambten herrn churfursten debattiren und
19
alßdan ihnen Kayserlichen gesandten weittere resolution zuekommen laßen
20
wolten

38
Vgl. Ferdinand III. an Gesandte Münster, Linz 1644 XII 5 (Kopie in RK FrA 94/IV
39
fol. 15–16’), kurbayerisches Gutachten für einen Waffenstillstand ebd. fol. 30–31. Kurmainz
40
nahm seit November 1644 eine eher passive Haltung ein und wartete die Entscheidung des Kaisers
41
ab ( ebd. fol. 18–19).
. Weilen nun darauf noch derzeit ferner nichts erfolgt weder die
21
herrn churfürstliche sammetlich zugegen, so vermeinten sie, daß man der
22
Kayserlichen resolution oder allerseiz churfürstlichen gesanden anwesenheit
23
werde erwartten müßen; underdesen zweiffelßohn von Ihrer Maiestät und
24
andern circa bellica und wie man sich zu verhalten ein mehrers werde ein-
25
langen , zumalen ihnen bey dieser quaestion an schwere difficulteten zu
26
gemuth gingen und 1. daß, wie zue besorgen, der effectus so wenig bey

[p. 24] [scan. 148]


1
den Franzosen alß Schweden, sonderlich der zeit und coniuncturn, werde
2
zu erheben sein, 2º daß die Franzosen und Schweden das aug auf die bevor-
3
stehende campagna geschlagen. Dies geht aus der Erklärung des französischen
4
Residenten im Haag

27
Godefroy comte d’Estrades ( 1607–1686 ), 1637 außerordentlicher Gesandter in London,
28
1637–1639, 1644, 1646, 1650 im Haag, 1661 wieder in England, 1672 und 1673 Gouverneur
29
von Wesel und Maastricht, 1639 conseiller d’Etat, 1675 maréchal de France ( über ihn Rott
30
S. 923f., Correspondence d’Estrades S. I–XIII, Chéruel I S. 924, Nouv. Biogr.
31
gén. 15 Sp. 569f., Zedler 8 Sp. 2005f. ).

26
4–5 vom – Niederlande ] Ergänzt aus DVolmar .
vom 25. Februar

32
Kopie in Kurköln VI 242a fol. 132–133. d’Estrades handelte auf Empfehlung Serviens und
33
nachdem die Generalstaaten von der bevorstehenden Rangerhöhung der Kurfürsten am Kongreß
34
erfahren hatten ( Correspondence d’Estrades S. 227f., 233, Nég. secr. I S. 241, II, 2
35
S. 16 ). Vgl. auch Poelhekke S. 179–181.
und aus dem Brief des Königs von Frank-
5
reich
an die Niederlande vom 4. März

36
Übergeben durch d’Estrades am 13. März 1645 ( Aitzema V S. 4, vgl. Correspondence
37
d’Estrades S. 244f. ). Bereits unter Richelieu war dem Statthalter Friedrich Heinrich von
38
Oranien, der nach Reichsrecht nur Graf war, der Titel „Hoheit“ statt „Exzellenz“ gegeben
39
worden ( Geyl S. 3, Japikse S. 166, Aitzema V S. 5 ).
hervor, wonach Frankreich nunmehr den
6
niederländischen Gesandten des Exzellenzprädikat, die erste Visite und die Behand-
7
lung
pro testa coronata zugesagt und die Niederlande zur Abordnung nach hier
8
aufgefordert hat mit dem anhang, wie sie verhofften, diesen sommer ihre
9
hostes communes dahin zu pringen, daß sie den frieden von ihnen schon
10
erbetthen wurden […].

11
3º. Habe auch der duca di Orleans

40
Jean Baptiste Gaston duc d’Orléans ( 1608–1660 ), Bruder Ludwigs XIII., lieutenant général
41
du royaume während der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. ( Chéruel I S. LXIIf., 928 ).
42
Über seine Feldzüge in Flandern 1644–1645 Dethan S. 297–302.
die Hollander in ahn sie abgelassenem
12
schreiben zum krieg animirt

43
Das Schreiben des duc d’Orléans ist erwähnt in Kurköln VI 242a fol. 134’, es fehlt aber in den
44
offiziösen Korrespondenzsammlungen ( Chéruel , Nég. secr. , Correspondence d’ Estra-
45
des
): d’Orléans stand im Zentrum der Adelsopposition gegen Mazarin, seine Handlungen waren
46
nicht staatsoffiziell ( Bailly S. 104 ).
und benebens angedeuttet, obgleich die
13
Franzosische gesandten alhier gute wortt geben, daß sie gleichwol den
14
frieden, masen die intention in Franckreich seye, eben so bald nit machen
15
werden […].

16
4º. Seye der außwerttigen coronen und des reichs interesse underschiedlich,
17
also daß ahm effectu eines armistitii derzeit sonderlich sehr gros zu zweiff-
18
len .

19
Zum zweytten proponirten punct seye ihnen sehr leid, daß sie beschuldiget
20
werden wolten, alß wan sie nit gern sehen, daß von den mediatoribus in die
21
Franzosen umb ihre proposition und andwort auf die replicschrifft getrun-
22
gen würde. Und seye der, welcher es den herrn nuncio vorpracht, gar ubel
23
informirt gewesen, und dergleichen von ihnen gar nit herkomme. Und
24
erwehnte der Volmari, daß der Savedra dieser tagen bey ihme gewesen und
25
gefraget, was doch circa tractatus pacis vorginge, und daß er nit der mai-

[p. 25] [scan. 149]


1
nung , daß iezo so starck in die Franzosen deshalber zu tringen. Und habe
2
er Volmari ihme hinwieder angedeuttet, es habe zwar solches seine conside-
3
ration , auf diese weiß aber säße man hier ganz umbsonst; welches dem-
4
ienigen , was von ihnen beym herrn nuncio außgeben, ganz contrari, und
5
müst es vom Savedra herkommen. Es wolten sich aber Ihre Hochfürstliche
6
Gnaden und die herrn Churbayerischen versichern, daß wan sie dergleichen
7
resolution von sich geben, sie solches sine praevia communicatione mit den
8
herrn churfürstlichen und ohne deren consenß nit thun würden; und haben
9
sich beyde Kayserliche sehr ungedultig uber den Savedra bezeigt und Ihre
10
Hochfürstliche Gnaden ersucht, diese ungleiche impression dem herrn
11
nuncio zu benehmen.

12
Ad 3. wegen des Kayserlichen cammergerichts vernehmen sie gern, daß
13
deßwegen die remonstration von Ihrer Hochfürstlichen Gnaden beym herrn
14
nuncio beschehen und derselbe ubernommen, das werck bey den Franzosen
15
zu urgiren. Von ihnen seye es biß dato underlaßen, weilen sie seitterher bey
16
den mediatoribus nit gewesen, auch immerdar befelchs vom Kayserlichen
17
hoff erwarttet hetten. Und wolten sie nun die begerte copias, dem hern
18
nuncio zu ubergeben, Ihrer Hochfürstlichen Gnaden zuschicken.

19
Viertens wolten sie wegen des pastors zu Gertha im stifft Oßnabruck den
20
Oßnabruckischen Kayserlichen zuschreiben, zumalen es eine ganz billiche
21
und das gewissen concernirende sach seye

37
Ein Konzept Volmars vom 28. März 1645 dazu in RK FrA 94/IV fol. 557–558.
.

22
Sie geben die Meldung der ksl. Gesandten in Osnabrück weiter, wie weit es nemb-
23
lich mit reiection des konigs in Dennemarcks von der interposition

38
Kg. Christian IV. von Dänemark, 1641 bei den Präliminarverhandlungen als Mediator vor-
39
gesehen , übte seine Vermittlungstätigkeit zwischen Kaiserlichen und Schweden in Osnabrück
40
jedoch nur von Juli 1643 bis August 1644 aus. Er mußte sich aus dieser Position zurückziehen,
41
weil er sich nach dem Überfall Schwedens auf Dänemark am 22. Dezember 1644 mit einem der
42
Kontrahenten im Kriegszustand befand ( Lorenz S. 35–38, Schäfer S. 608ff.).
bey
24
den friedenstractaten kommen und die Schwedische sich, imgleichen wegen
25
admission der republica zu Venedig, zum mediatorn

30
25 heraußgelaßen] In DKurbayern K I, spA I noch zusätzlich: Nach Auskunft der ksl.
31
Gesandten in Osnabrück wollen die Schweden den dänischen König deshalb nicht zum Vermittler,
32
weil er Schweden mißgönnt, durch Pomeren ein reichsstandt zu werden, und hetten beede
33
Schwedische gesannden spöttlich gegeneinander gelachet, alß wann sy zu verstehen
34
geben wolten, sy werden wohl in gedachtem Pomern domini absoluti verbleiben.
heraußgelaßen […].

26
Sonsten hetten sie auch aviso, daß die tractaten zwischen Dennemarck und
27
Schweden, wie die Franzosen außgeben, sich zerschlagen und daß die
28

35
28–29 Hollander-coniunction] Begründet in DKurbayern K I, spA I mit der feindseligen
36
Haltung der Niederlande gegen Dänemark wegen der sundts undt ihrer traffiquen.
Franzosen die Hollander mit den Schweden gegen Dennemarck vorgehabte
29
coniunction

43
Während des schwedisch-dänischen Machtkampfes um das „dominium maris baltici“ bildete sich
44
bei gleichzeitiger niederländisch-schwedischer Annäherung ein Gegensatz zwischen Dänemark
45
und den Vereinigten Niederlanden heraus. Vgl. dazu Lorenz S. 33f., 53f., 203–206, Geyl
46
S. 25f.; zur Rolle Frankreichs im Haag Aitzema V S. 2–4.
verhindert, dagegen aber eine summa gelts versprochen, noch

[p. 26] [scan. 150]


1
5 000 man zue werben, umb die Spanier desto kräfftiger anzugreiffen.
2
Waruber die Hollanderprovincien under sich selbst differentes geweßen,
3
indem etliche, ob der prinz von Oranien

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Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien (1584–1647), Statthalter der Vereinigten Nieder-
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lande (über ihn Woordenboek I Sp. 898–902), suchte sich damals stärker an Frankreich
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und England anzulehnen (Heirat seines Sohnes Wilhelm II. mit Mary, Tochter Karls I. Stuart)
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und rief dadurch die Opposition der niederländischen Provinzen, besonders Hollands hervor, das
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eher gegen Dänemark als mit französischer Hilfe gegen die Spanischen Niederlande fechten wollte
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( Geyl S. 2–4, 12f. 26–28, 424f., Japikse S. 164–166, 180–186, Correspondence
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d’Estrades nrr. 103–105 S. 226–255). Pläne, dem Oranier das Herzogtum Geldern zu ver-
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mitteln , bestanden auf spanischer Seite und wurden von dort Friedrich Heinrich nahegebracht
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( Correspondence d’Estrades S. 231f., 242f.).
starck und bald zu feld gehen solt,
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pro negativa, die andere provintz aber pro affirmativa geschlossen; und
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jenes darumb, weilen sie suspect haben, daß Franckreich dem prinzen
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zum herzogthumb Geldern zu verhelffen versprochen und dagegen von den
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Hollandern Mastricht

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Stadt und Festung im Herzogtum Limburg der Spanischen Niederlande, kam 1648 zu den
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Generalstaaten. Die Stadt war 1632 von Friedrich Heinrich von Oranien eingenommne worden
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und stand damals den ksl. Truppen feindselig gegenüber. Vgl. Correspondence d’Estrades
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S. 249, APW [ II A 1 S. 299 ] ).
begert wurde, gestalt alberait durch den graffen von
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Egmondt

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Gf. Lodewijk van Egmont (1600–1654), achter Graf von Egmont, Ritter des Ordens vom
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Goldenen Vlies, Kammerherr Kg. Philipps III. von Spanien, schloß sich 1632 einer Adelsver-
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schwörung gegen Spanien an, floh 1634 deswegen außer Landes nach Paris; seine Ansprüche auf
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Geldern können nur nominell gewesen sein ( Dek S. 60–63, Woordenboek III Sp. 339).
bemeltem printzen die auf das herzogthumb Geldern in handen
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gehabte documenta und actiones ubertragen worden.

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Was die hern Churbayerische in ihrer relation vermeldet, daß von den
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Franzosen abermal wegen des churfürsten zu Tryer anregung gethan, da
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mochten sie unverhalten, daß deßhalber ahn Ihre Kayserliche Maiestät, ob
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nemblich er ad locum aliquem tertium et quo modo zu pringen, underschied-
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lich geschrieben, einige resolution aber darauf nie empfangen. Und seye
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sonst diese petition soviel mehrers zu verwundern, da man doch wisse, daß
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sie von Paris befelch bekommen, diese quaestionem mehrers nit zue
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moviren, sondern ad rem ipsam et propositionem zu schreitten.

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Zudeme so wisse man, wan ihnen schon in dem, was sie begehren, gewill-
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fährt , daß doch wieder newe sachen, nur zeit damit zu gewinnen, begert
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worden.

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Welches dan daraus genugsamb erscheine, daß sie anfangs praesentiam
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collegii electoralis begert und, wie solches bewilliget, auf die deputation
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gefallen, alß dieses nachgeben, auff gegenwart aller stende getrungen und
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folgendts, nachdem man auch deßhalber sich erklehrt, daß ein yeder er-
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scheinen möcht, mit dem ungereimbten petito wegen der mediatstende her-
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furkommen , undt was dergleichen mehr.

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Die Befassung mit dem Kurfürsten von Trier würde viel Zeit kosten, zumaln erst-
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lich de loco et modo transferendi verglichen und ante omnia mit deme, in

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deßen custodi und protection er geliffert werden solte, gehandlet werden
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müste.

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Letztlich hetten sie nothwendig zu erinnern und zu begehren, daß, wan
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künfftig einige sachen bey den Franzosen oder Schweden zu proponirn,
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man solches zuvor mit ihnen Kayserlichen communiciren mochte, damit
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allerhand confusiones verhuttet würden, inmaßen sie dan in instruction und
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befelch hetten, alles mit den hern churfursten gesandten verträwlich zu
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communiciren, masen dan auch von ihnen bißherzu yedesßmalß beschehen.
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Wegen Ostfrieslandt haben sie sich mit den Curcolnischen voto vergliechen
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und wollen alles an Ir Kayserliche Maiestät gelangen lassen.

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