Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp

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Alß die Lottharingische vulgo also genente junfferen nun vor wenig tagen
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iterato umb exemption und freilaßung des von ihnen ohnlengist heurweise
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bezogenen hoffs der erbgenahmen Bischopings zur Getter uffm alten
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Steinweg supplicirt und angehalten, daruff die sach abermahlen in weit-
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leuffige und reiffsinnige deliberation und betrachtung gezogen, ob dan wol
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senatus keinesweges gemeint oder bedacht, einige mehr geistliche ordens-
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persohnen alhie zu admittiren, newe cloester und conventus zu gestatten
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und damit die statt ferner erfüllen und beschweren zu laßen, dweil dannoch
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bei diesen junfferen und ihrem instituto sonderlich considerirt und erwogen
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worden, daß zuvorderist ihr vornembistes institutum seye, die jungen
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mägdlein in schreiben, lesen und allerhandt anderer gemeiner und auch
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köstlicher handtarbeit und zwarn umbsonst zu underweisen, gestaltsamb
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berichtet worden, daß sie actu über 100 derselben in der schuel hetten und
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gar nutzlich instruirten,

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pro secundo, daß keine manspersohnen ihres ordens und vocation vor-
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handen, deren nachfolge zu befahren, 3. daß ihre regulae und statuta
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mitbringen, nimmer zu bettelen, sondern sich ihrer handtarbeit zu ernehren
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und was dessen mehr hiebevorn auß denen vorbrachten regulen zu ersehen
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gewesen, so ward in sonderlicher erwegung, dieser statt und gantzer
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gemeinheit in concreto et abstracto an guter education und instruction der
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jugendt so mercklich und hoch gelegen, daß auch hiedurch große nahrung
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zu erwarten stünde, indeme successu temporis viele frembde, adel- und
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unadeliche, ihre kinder uff alhero senden und zur schuhlen halten laßen,
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dahingegen aber, da die junfferen, wie glaublich vorkommen, sich an einem
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andern ort im stifft, als etwan zu Coeßfelt, niedersetzen solten, nicht allein
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solcher nutzen und vortheil von den frembden abgehen, sondern auch wol
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einige burgere selbst ihre kinder denselben nachschicken und mit großen
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kösten underhalten laßen mögten, per communia senatorum vota dafür
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geachtet und beschloßen, daß selbige junfferen, jedoch in illo statu et numero
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quo nunc sunt, noch etwan uff ein jahr oder zwei zu toleriren und daneben
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von burgerlichen ufflagen des eintzigen hoffs halber solang zu befreyen.

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Alß nun solche eins erbaren rhats meinung den beiden alhero beruffenen
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und erscheinenden herrn alderleuten mit mehrern umbstenden vorgetragen
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und dabei berichtet wurde, daß die von den junfferen newlich am giebel

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des haußes im fenster gehenckte zwei glocken, davon jüngst meldung
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geschehen, nur zwei geringe schellen weren, deren eine der duc de Lon-
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gueville und die andere der comte d’Avaux

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Die Lotharinger Nonnen hatten namentlich unter dem Protektorat von d’Avaux gestanden,
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dessen Hausgeistlicher Ogier alle Sonntage vor ihnen predigte; vgl. Ogier S. 81 (die hier er-
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wähnte Schwester Catharine nicht bei Inkman) und bes. S. 175f. (Verwendung d’Avaux für
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Erlaß der Schatzung bei den städtischen Behörden).
zur tafel gebraucht haben
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solten, davon sie, die junfferen, anietzo die eine zur convocation der jugendt
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ad scholas nohtwendig, die andere aber etwa zur meß oder tafel für sich
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destinirt, gleichwol daß senatus meinung nach das eine glöcklein zu ihrer
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mahlzeit oder meßhaltung inwendig des haußes gehenckt und also privatim
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gebraucht werden solte, ließen sie sich vernemmen, daß fast alle bei men-
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schengedencken alhie newerlich eingewurtzelte ordines sich anfengklich
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dergestalt glimpflich und mit einem geringen schein angegeben, nachge-
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hents aber sich baldt mechtig vermehret und zu großem betruck der burger-
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schafft starck gepflantzet, wie die vor augen stehende exempla demon-
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strirten, derwegen sie es eine sach von wichtiger consideration und nach-
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dencken achteten, nichtsdestoweniger, dweil die junfferen gleicher gestalt
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an sie supplicirt und in specie angezogen, daß sie noch wie im anfang nur
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6 persohnen starck weren, auch sich weiter nicht zu augiren gedächten,
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wolten sie es ihren heimbgelaßenen reportiren und sich mit antwort
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vernemmen laßen. Senatus erkennet für sich selbst die sach considerabel
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zu sein und werde man hierin mit behörender fürsichtigkeit zu verfahren
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wißen, auch per hanc occasionem daruff bedacht sein, wie allem künfftigen
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weiterem beschwer eins vor all vorgebogen werden mögte.

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