Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Herr Director proponirt: Demnach das Churmaintzische directorium
ihme angezeigt, daß es bey dieser session umb nachfolgende zwo fragen zu
thun sein werde: 1. Ob man letzterem abschiedt gemäß die matriculam
durchgehen, einen überschlag darauß machen und sehen wolle, ob mitt so
vielem parem geldt, alß die herren Schwedischen pro primo termino begeh-
ren, auffzukommen seye und auff was weiß daßelbe geschehen solle, oder ob
man 2. von dem quanto selbsten alsobalden reden und daßelbe denen herren
Schwedischen offeriren wolle, alß werden die herren abgesandten ihre ge
müthsmeinungen hierüber zu eröffnen, ihnen verhoffentlich belieben laßen
Vgl. zu den Verhandlungen Meiern VI S. 25f.
Lübeck. Von dem letsteren zu reden, were seines dafürhaltens wohl der
nechste und kürtzeste weg, wann es allein dahin zu richten, daß die herren
Schwedischen das offerirte quantum der 25 tonnen annemen wolten. Solten
aber die höhere lieber auff die durchsehung der matricul gehen, hette man
sich stättischen theils nicht zu separiren und were baldt, ja fast in einem
halben tag solcher gestalt aus der sach zu kommen, wann ein jeder craiß a
part zusammen trette und seinen anschlag vornemen thete. Inmittelst köndte
denen herren Schwedischen bereits anerbottenes quantum noch einmahl
offerirt und, daß sie darbey acquiesciren möchten, gebetten, von den stätten
aber ein mehreres ohne große gefahr und zwar darum nicht eingewilliget
werden, weiln dieselbe nicht allein am höchsten in der matricul angeschla-
gen, sondern auch zu besorgen seye, wann es hiernächst zur zahlung an-
komme, daß alles nur über die stätt außlauffen und darzu, was die ohnver
mögende nicht thun können, die vermögende ersetzen werden müßen.
Wolte demnach, daß alles dasjenige, was man bereits offeriret oder noch
weiter offeriren möchte, pro non oblato gehalten werden solte, zum fall offt
berührte conditiones hindangesetzt verbleiben, hiemitt nochmahlen expresse
bedinget haben.
Regensburg. Seines erachtens seye die erste frag den stätten gar praejudicir-
lich, dann wann man sich dies orths einlaßen und in durchgehung der matri-
cul nachsehen wolle, wer vermöglich seye oder nicht, werde dahero, zu-
mahln die stätt in derselben am härtesten belegt, große ohngelegenheit ent-
springen. Stelle also zum nachdenckhen, ob nicht beßer were, wann ein jeder
craiß sich a part zusammen thete, damitt es zu keiner trennung ankomme
und die stätt so dann in gefahr stünden. Wollte man aber die matriculam
durchgehen, köndte es zwar auch geschehen. Inmittelst aber were bey aner-
bottenem quanto nochmahlen zu bestehen und weiln die rationes und re-
monstrationes bereits auffgesetzt, dieselbe denen herrn Schwedischen zu hin-
derbringen und nach denen in conditionibus enthaltenen gradibus sich
gegen dieselbe zu erklären. Wolle vorderst, wozu andere, welche mehrere
stätt in vertrettung haben, sich verstehen werden, vernemen, sich alßdann
auch erclären und nach befindung mit den majoribus conformiren.
Kolmar. Gleich wie er, daß man den friden allerseits begehre und nur in
quanto und erlegung des ersten termins bißdato angestanden seye, vornemb-
lich praesupponire, also werde es jetzo bey der 1. quaestion darum zu thun
sein, ob man mit dem, den herren Schwedischen pro primo termino offe-
rirten quanto werde auffkommen können? Welches seines ermeßens aus
durchgehung der matricul erscheinen und was gestalt, selbige zu durch-
gehen, der beste modus, daß ein jeder craiß a part zusammen trette, sein
werde. Und köndte man alßdann beede quaestiones conjunctim erledigen
und das quantum aus der ersten determiniren. Solte sich auch finden, daß mit
dem ersten termin paar auffzukommen, hette man sich nicht auffzuhalten,
würde auch den ohnvermöglichen, welche weitere frist dadurch erlangen,
wohl zustatten kommen; widrigen falls aber, und da sich soviel nicht finden
würde, köndte man es auch nicht versprechen. Halte also nochmahlen dafür,
wann die matricul durchgesehen und den herren Schwedischen offeriret
würde, was nach befindung derselben zu thun möglich sein werde, es solte
am besten gethan sein. Wolle sich aber auff allen fall mit den majoribus gerne
conformiren.
Nürnberg. Ad 1. Halte er eine gefährliche sach zu sein, daß man ein oder
anderen stand censiren wolle, ob er vermöglich seye oder nicht, zumahln es
jetzundt also beschaffen, daß ein oder anderer orth offtmahls ein fein ansehen
habe, jedoch ein jeder selbsten am besten wiße, wo ihne der schuh druckhe.
Und gesetzt, es befende sich einer auch würckhlich und bey guthem ver
mögen, were es doch, seinem wenigen verstandt nach, etwas ohnfreundtlich,
wann ein standt dem anderen ein
höhere vermuthlich dahin nicht einlaßen. Damit aber gleichwohl indeßen
die sach nicht auffgehalten werde, hielte er auch, wie Lübeckh erinnert,
dafür, daß alle circuli auff einen tag zusammen tretten und die matriculam
divisim durchlauffen solten, wiewohlen es doch letztlich auff 2 dam quaesti-
onem und bestimmung des quanti ankommen werde. Dabey er dann be-
kennen müße, daß zwar auch seine herren und oberen wenig geldt haben
und vorhin mit contributionen hart belegt seyen; ohngeacht aber deßen
allen, an ihnen dies orths nichts erwinden laßen werden, und weiln man
stättischen theils bey allen conclusis, daß das offerirte quantum auff quaesti-
onem cui conditioniret werden solte, zwar toties quoties erinnert habe, die
herren Schwedischen aber auff der frau landgrävin zu Heßen Caßel
militiae satisfaction annoch steiff bestehen, alß seye dies orths wohl zu
vigiliren, daß, wann je die höhere sich in quanto materialiter erclären, man
jedoch dahin trachten solte, daß man von allen anderen praetensionen und
anforderungen gesichert sein möge, mitt widerhohlung der distinctionen,
welche es mit den praetendenten habe. Und were zu dem ende vorderst zu
bedingen, daß es 1. bey der quaestione cui simpliciter werde verbleiben
müßen, man auch anderer gestalt das verwilligte nimmer mehr geben
köndte. 2. Daß, wann sich die Schwedischen zu dem offerirten quanto ver-
stehen wolten, die assignationes proportionabiliter außgetheilt und alle contri-
butiones, welche sie zu erhaltung ihrer guarnisonen bey wehrendem krieg
aufgebracht, abgestellet werden und cessiren sollen. Und würden auff sol-
chen fall, wann die herren Schwedischen darein verwilligen, seine herren
und oberen, mit ihrer quota auffzukommen, sich gerne bemühen und an-
greiffen, welches alles er aber allein darum, damit die stände culpam remora-
tae pacis von sich abwenden mögen, gesagt haben wolle. Die rationes und
conditiones, welche schrifftlich zusammen getragen werden sollen, endtli-
chen betreffend, were sich von denselben nicht zu separiren, zumahln weiln
die herren Schwedischen 15 000 reichsthaler nur für ihren part wegnemen.
Bremen. Er müße bekennen, daß er weder auff etwas mehrers ratione quanti
primi termini zu gehen noch auch, das verwilligte zu geben, von seinen
herren und oberen befelch oder instruction, sondern ob derenselben schrei-
ben, daß es von ihnen für eine ohnmöglichkeit gehalten werde, ersehen
habe. Were demnach denen herren Schwedischen mitt bereits offerirtem
content zu sein, nochmahlen beweglich zuzusprechen und die ohnmöglich
keit der stände auffs beste zu remonstriren. Solten sie aber darauff bestehen
und die von Nürnberg angeführte conditiones eingehen, würden auch seine
herren und oberen, wie sie mit ihrem contingent auffkommen und daßelbe
beytragen können, trachten. Sonsten die 1. quaestion belangend, zweiffle er,
ob es genugsam, daß man die matricul craißweiß durchgehe und vermeine,
die revisores würden es beßer thun können. Quoad assignationes könne er,
ob selbige fürträglich sein möchten, nicht sehen, wolle sich aber mit den
majoribus gerne vergleichen.
Lindau. Was die in propositionem gebrachte beede quaestiones und zwar
die andere anlange, könne er seines theils, wie von dem offerirten quanto
abzuweichen, darum nicht finden, weiln die stände und sonderlich die stätt
mit dieser summa schwärlich werden zuhalten können. Was aber die durch-
sehung der matricul betreffe, werde man zwar, was ein jeder standt im an-
schlag habe, sehen, gleichwohl damitt, wer vermöglich oder ohnvermöglich
seye, nicht probiren können und also kein gewißer fueß darauff zu setzen
sein. Wolte man sie aber vornemen und sehen, ob der vermögenden contin-
gent zu bezahlung des ersten termins zulangen könne, hette er zu bitten, daß
man es bey bereits anerbottenem quanto bewenden laßen und dabey die be
wußte conditiones bester maßen observiren wolte.
Herr Director. Er halte an seinem orth ohnmaßgeblich dafür, daß das
werckh etwas zu underscheiden und man nicht so sehr in quanto als modo
solutionis different seye. Was jenes anlange,
von ihrer praetension weiter nicht herunder zu bringen, sondern allein auff
den modum solutionis zu
millionen an parem geldt zu offeriren und übrige 3 auff assignationes zu
stellen, geschloßen haben, gleichwohl aber, ob daßelbe bey den herren
Schwedischen zu erhalten, dahin stehe, alß werde die frag sein, ob einer sein
contingent lieber par erlegen oder assignationes haben wolle? Seines erach-
tens werde auff den letsteren fall kein vorthel dabey sein, weiln auch die
officier besorglich nicht allein kommen, sondern ihren anhang haben und
also dreymahl mehr auffgehen werde, alß haffte es nur an dem modo sol-
vendi. Halte demnach dafür, daß die jenigen stätt, welche sich noch in etwas
postur und consistenz befinden, keiner assignationen begehren werden, es
were dann sach, daß die officier ohne des standts, deme sie assignirt, costen
und entgelt handlen und strackhs wider weggehen wolten. Were diesem
nach, ob mit den 3 millionen pro primo termino auffzukommen, die matricul
zu durchgehen und zu sehen, ob deductis deducendis gethanem verspruch
ein genügen werde geschehen können, man hette sich auch zu solchem ende
craißweiß, und zwar mit beßerem nutzen als conjunctim zusammenzuset-
zen, weiln ein jeder, wann es an ihn komme, seine notdurfft darzu reden
könne, den ohnvermögenden werde solcher gestalt prospiciret und habe
niemandt ursach, sich über diesem modo zu opiniastriren, zumahln man
doch ohne pervestigation der matricul nur im finstern dappen würde, gleich-
wohl aber auch, ob und wie weitt man außreichen möge, wißen müße.
Bleibe also dabey, daß in quaestione an die matricula durchgangen werden,
daßelbe aber quoad modum durch die craiß divisim geschehen solle.
Die andere frag betreffend, könne selbige so lang, biß man mitt durch-
gehung der matricul fertig seye, in suspenso bleiben. Were aber eventualiter
dahin zu sehen, daß 1. die dictirte rationes augirt, rectificirt und den herren
Schwedischen oder auch der königin in Schweden selbsten, weiln solches zu
beßerer der gesandten verwahrung dienen würde, zugeschickht; 2. die con-
ditiones und zwar die vornemsten, alß daß man 1. weder zu der Caßelischen
noch einiger anderer partey militiae satisfaction verstehen wolle, 2. das offer-
tum nisi pax et executio eiusdem sequatur von keinem effect, 3. die stände
vor der abdanckhung ihre quotam oder par geldt zu erlegen nicht, sondern
erst nach erfolg derselben gehalten sein, 4. alle contributiones cessiren und
5. kein standt für den andern hafften und bezahlen, sondern derjenige, wel-
cher sein contingent für voll erlegt, frey und ohnangefochten bleiben solle,
praemittirt werden. Man hette nochmahlen den herren Schwedischen etiam
invitis zu sagen, das könne man thun, wollen sie den friden darauff schlie
ßen, mit heyl, wo nicht, were daraus abzunemen, daß sie keinen lust darzu
hetten.
Die rationes weren bey bevorstehender re- et correlation zu repetiren und
den herren Schwedischen schrifftlich einzuliffern mit dem andeuten, daß
hisce praemissis et adimpletis das offertum geschehen und man anderer gestalt
darzu nicht gehalten sein wolle. Soviel das dritte und der herren Kayserli-
chen beantworttung betreffe, were zu erinnern, daß man davon in den colle-
giis sowohl materialiter, quoad rationes, als formaliter, ob es schrifft- oder
mündlich geschehen solle, reden wolle.
Conclusum. Soviel die in heutige consultation gestelte frag betrifft, haltet
man stättischen theils dafür, daß es in quanto bey letstmahligem der stätt
concluso solang verbleiben köndte, biß sich aus durchgehung der matricul
erfinden wirdt, daß mit 15 oder 18 tonnen reichsthaler paren geldts auffzu-
kommen seye, damitt denjenigen, welche den schluß gemacht und das er-
bieten den herren Schwedischen gethan, der laßt nachmahlen nicht völlig
auff den halß erwachse. Das werckh nun zu beschleunigen, hette man craiß
weiß auff heuttigen tag noch zusammenzutretten, einen überschlag zu ma-
chen und alßdann zu comportiren. Nächst diesem weren 1. die per dicta-
turam communicirte rationes in den collegiis vorzunemen, zu augiren, zu
rectificiren und alßdann gehöriger orthen beyzubringen, 2. alle bißher ge-
machte practicirliche conditiones, geschehene erinnerungen und praemittirte
cautelen schrifftlich zu verfaßen und darunter sonderlich folgende zu beob-
achten:
1. Daß die herren Schwedischen sich weder der frau landgrävin zu Heßen
Caßel noch einiger anderer parthey in dergleichen forderungen annemen
wolten.
2. Daß diese oblatio von keinem verfang und effect sein solle, es werden
dann vorhero die noch übrige differentien in richtigkeit gebracht, die stätt
bey ihren juribus ohngekränckht gelaßen und, folge der friden, auch was
von deßelben execution dependirt, darauff
3 immediate] Einschub bei MEA FrA , RK ) Fasz. 22: 3. Daß die hochlöbliche cron Schweden
bei der bahr erlegung der gewilligten 18 tonnen thaler alle inhabende veste ort und pläze
abtreten und ihren rechtmeßigen herren wieder ohnwaigerlich einrucken solle. Die Nume-
rierung der folgenden Punkte erhöht sich entsprechend.
3. Daß die stände nicht gehalten sein sollen, ihre paare gelder vor der ab-
danckhung zu handen der generalitet zu lifferen, sondern alßdann erst, wann
die exauctoratio würckhlich vorgenommen wirdt, damitt also die erlag und
abdanckhung pari passu geschehen.
4. Daß nach geschloßenem friden alle geltcontributiones, alte praetensiones,
rest, pressuren und exorbitantien der soldatesque cessiren sollen.
5. Daß kein standt mit größerer anzahl der Römermonat alß der andere, in
welchem craiß er auch seye, beschwäret, noch für den anderen zu hafften oder
zu zahlen adstringirt, weniger von des anderen assignirten völckhern mole-
stirt werden, sondern
6. der jenige, welcher sein contingent pro primo termino für voll erlegt, zum
fall ihme von den anderen ständen assignirten völckhern einiger schaden
zugefüget würde, an beeden restirenden terminen so viel, als er liquidiren
und beybringen kann, innzubehalten und abzukürtzen macht haben solle.
7. Daß der modus solutionis, deßen man sich vergleichen wirdt, auch in dem
Bayerischen craiß gehalten werden solle.
8. Daß von den abgedanckhten völckhern mehr nicht behalten werden, als
zu nothwendiger verwahrung eigener orth vonnöthen.
9. Daß die herren Schwedischen sowohl vorbehaltene donationes, officiali-
bus, quibusdam factas als tormenta et reliquum apparatum bellicum fallen
laßen wolten.
Wann dieses geschehen, were alßdann mitt anzuhenckhen, daß conditioni-
bus hisce adimpletis et instrumento pacis insertis, man, was in quanto endt-
lich verglichen sein wirdt, leisten wolle, mitt bitt, daßelbe zu acceptiren und
den friden darauff zu schließen, widrigen falls köndte man sich ad impossi-
bilia nicht adstringiren laßen.
Schließlichen und pro 3 tio, weiln das jenige, was die herren Kayserlichen
jüngsthin in puncto satisfactionis schrifftlich proponirt und vorgestern noch
erinnert, in quaestionem cui mitteinlauffe, were nicht ohndienlich, wann
collegialiter davon, mitt was fundamenten und auff was weiß sie zu beant-
wortten seyen, consultirt und geredet würde.