Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Herr Director referirt: Nachdeme gestrigen vormittags gemachtem reichs-
concluso gemäß nachmittags denen herren Kayserlichen per deputatos ange-
zeigt worden
Vgl. Meiern V S. 783f.
Kayserlichen Majestät einige satisfactionem militiae einzuwilligen und zu
derselben den Österreichischen craiß zu überlaßen, für guth angesehen und
sie, die herren Kayserliche, alles fleißes ersucht haben wolle, Ihre Kayser-
lichen Majestät, daß sie sich mit diesem offerto contentiren und zufriden
stellen möchten, auffs beste zu disponiren, mitt erbieten (welches man aber,
weiln davon weder in relatione noch dem gesambten reichsschluß etwas
gedacht worden, nachmahlen geandet), daß man deroselben
ter an hand gehen wolle, ohngezweiffelter hoffnung, Ihre Kayserliche Maje
stät werde als pater patriae den armseligen zustandt des Römischen reichs
und geliebten vatterlandts Teutscher nation wohl behertzigen, in die stände
weitter nicht setzen, sondern vielmehr dahin, wie der soldat aus dem reich
gebracht werden möge, sich eifferig bemühen und angelegen sein laßen,
hetten sich die herren Kayserlichen (welche von dem reichsconcluso schon
etwas nachricht gehabt) antworttlichen dahin vernemen laßen, sie hetten,
was die stände des reichs wegen Ihrer Majestät völckher satisfaction under
sich geschloßen, ab dem vortrag mit mehrerem angehört und vernommen.
Wüßten sich zwar zu erinnern, daß es jüngstem reichsconcluso gemäß bey
dem §º „Tandem omnes“ sein verbleibens haben, daß aber von dem puncto
satisfactionis militiae noch zur zeit und ehe das gantze instrumentum pacis
rectificiret, geredet werden solle, were ihre meinung nicht gewesen, weiln es
aber geschehen, wolten sie es dahin gestelt sein laßen. Was nun in principali
das loco satisfactionis militiae Caesareae beschehene offertum des Öster
reichischen craises anlange, müßten sie sich erst, weiln es eine sach von
hoher consideration, in ihrer instruction ersehen und mit den herren Chur-
bayerischen gleichfalls daraus communiciren. Wolten aber den ständen die
resolution heutt widerfahren laßen.
Und dieses seye, was er, der herr director, bey der deputation angemerckhet,
solte ihme aber eines oder das andere außer gedächtnus gegangen sein, wolte
er den herrn Regenspurgischen (welcher neben ihme der deputation beyge-
wohnet) selbiges zu ersetzen freundlich ersucht und gebetten haben.
Weiln aber dieser über bereits referirtes nichts zu addiren gewußt, berichtete
der herr director ferner, daß eben jetzundt, alß man auff dem rathhauß
versamblet gewesen, in dem churfürstlichen gemach gestriger wegen des zur
Bayerischen miliçe satisfaction offerirten Bayerischen craises gemachter
schluß denen Churbayerischen per eosdem deputatos vorgehalten und dabey
die rationes, warum sie sich mitt diesem offerto contentiren köndten, weitt
läuffig und under anderem diese angeführet worden seyen, daß 1. Ihrer
Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern die churdignitet durch einen gesamp-
ten reichsschluß conferirt worden, sie selbsten 2. bey diesen kriegszeiten
ihren estat auffs beste formirt und sich dabey biß dato conservirt, über das 3.
auß den dreyen oberen craisen ansehliche contributiones zu bezahlung ihrer
soldatesca gezogen und noch darzu
stände landen vertheilet und darinnen underhalten laßen.
Der Churbayerische, herr Dr. Krebß, habe sich neben seinem herrn collega
zuvorderst bedanckht, daß man an seiten der stände seines gnädigsten chur
fürsten und herrens, wegen seiner miliçe satisfaction eingedenckh sein und
sie mit dieser deputation honoriren wollen; was aber die proposition an sich
selbsten betreffe, wüßten sie den gemachten reichsschluß, vermittelst deßen
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern der Bayerische craiß zur satis-
facirung derselben armee zugeeignet worden, gar wohl; gleich wie aber zu
wünschen geweßt, daß man ein expediens, deroselben satisfaction zu geben,
hette finden können, also seye befrembdlich zu vernemmen, daß seinem
gnedigsten herrn zu satisfaction der völckher mehrers nicht als der Bayeri-
sche craiß überlaßen werden wolle. In mehrerer betrachtung, was derselbe
nunmehr von 20 und 30 jahren hero dem heyligen Römischen reich für
ansehenliche und große officia geleistet, vielen hauptschlachten und occasio-
nen beygewohnet und also pro salute et incolumitate patriae mit solchem
effort gefochten habe, daß daßelbe bey seiner form und consistenz biß dato
erhalten worden seye. Dahero Seine Churfürstliche Durchlaucht nicht gerin-
geren danckhs als andere stände würdig, und im gegentheil, wann
für ihre militiam keine andere satisfaction gegeben werden solte, daß
es under der armee ohngelegenheit abgeben möchte, zu befahren seye. Es
würde auch Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht die armee, aus ihrem eigenen
craiß zu contentiren, darum gantz ohnmöglich fallen, weiln sie in demselben
in annis 1633 und 34 nicht allein großen schaden erlitten, sondern auch zu
underhaltung ihrer völckher ein großes geld und fast jährlich halbe und
gantze millionen thalers angewendet haben. Wolten lieber das landt ob der
Ennß loco satisfactionis behalten und dem Kayser die obere Pfaltz, aus
welcher jährlich nicht 20 000 fl. zu erheben, abgetretten haben. Was die
erlangte
laucht von 300 jahren her gebühret, daß sie aber deroselben von Ihrer
Kayserlichen Majestät und den ständen des reichs widerum gegeben wor-
den, hetten sie mit respective allergehorsamsten und dienstlichem danckh zu
erkennen. Daß sie ihren estat biß dato conservirt und befestiget, werden sie
verhoffentlich nicht zu verdenckhen sein, hetten auch manchem standt sei-
nen estat fermiren helffen. Die auß denen Schwäbisch- und Fränckhischen
craisen erhobene contributiones betreffendt, seyen selbige gering gewesen
und vorhin bekandt, daß man aus gedachten craisen nichts oder doch gar
schlechte commoda haben könne. Wolte diesem nach den vorschlag dahin
gethan haben, man möchte excepto circulo Burgundico übrige 9 craiß in 3
partes dividiren und einen der Kayserlichen, den anderen der Churbayeri-
schen und den dritten der Schwedischen armee assigniren; der meinung, daß
solcher gestalt in einem tag aus der sach zu kommen und die lange zeit,
welche auff das hin- und widerschreiben gehe, zu gewinnen were. Baten
endlich auch, diesen vorschlag in die 3 reichsräthe zu bringen und zu be-
denckhen, was Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht vor schaden geschehen
seye, sonderlich anno 1632, da in dem Churbayerischen craiß allein 900
dörffer abgebrandt worden seyen. Alß ihnen aber, daß derselbe gar nicht
practicirlich seye, die deputati das reichsconclusum nicht ändern köndten,
und daß auch andere stände, welche bey diesem krieg gelitten, satisfaction
begehren würden, mit mehrerem remonstrirt worden, haben sie, alles fideli-
ter an Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu bringen, sich anerbietig gemachet.