Acta Pacis Westphalicae II B 5,1 : Die französischen Korrespondenzen, Band 5, 1. Teil: 1646 - 1647 / Guido Braun unter Benutzung der Vorarbeiten von Kriemhild Goronzy und Achim Tröster, unter Mithilfe von Antje Oschmann am Register
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EINLEITUNG
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I. Die französische Gesandtschaft und der Quellenwert ihrer Korrespondenzen (Kanz-leien – Verhältnis der Botschafter zueinander und zur Regierung – Kommunikati-onsprobleme – Erwägungen zur Umbesetzung der Gesandtschaft im Juni 1647)
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II. Die politisch-militärischen Rahmenbedingungen der französischen Kongreßpolitik und die Verhandlungen Serviens über eine niederländische Teilnahme am Feldzug 1647
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a. Die politisch-militärischen Rahmenbedingungen
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b. Die Verhandlungen Serviens über eine niederländische Teilnahme am Feldzug
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III. Verhandlungsmodalitäten und Friedensvermittlung
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IV. Die französische Kongreßpolitik im Zeichen der spanisch-niederländischen Annä-herung bis zur Unterzeichnung der Provisional-Artikel am 8. Januar 1647
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a. Frankreich und die spanisch-niederländischen Verhandlungen
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b. Die französisch-spanischen Verhandlungen
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c. Frankreich und sein schwedischer Verbündeter
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V. Die Garantievertrags-Verhandlungen Serviens in Den Haag (Januar – Juni 1647)
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a. Die Ziele der Mission Serviens und die politische Stimmung in den Niederlanden
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b. Die Garantieverhandlungen
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c. Servien und die niederländisch-portugiesischen Spannungen
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d. Ergebnisse der Mission Serviens
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VI. Die von Longueville geführten Friedensverhandlungen mit Spanien in Münster (Ja-nuar – April 1647)
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VII. Die Verhandlungen d’Avaux’ mit Kaiserlichen, Schweden und Reichsständen in Os-nabrück (Januar – April 1647)
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VIII. Der Waffenstillstand mit Kurbayern (14. März 1647)
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IX. Die Krisis der Verhandlungen mit Spanien (Mai/Juni 1647)
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X. Trauttmansdorff und die französische Kongreßpolitik im Mai/Juni 1647
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XI. Zusammenfassung: Universalfriede oder Partikularfriedensschlüsse?
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XII. Zur Einrichtung der Edition
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a. Zur Auswahl der benutzten Archivalien (Nachträge zu früheren Bänden)
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b. Hinweise zur Edition
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Im vorliegenden fünften Band der Serie Die französischen Korrespon-denzen
der
Acta
Pacis
Westphalicae
wird der diplomatische Schrift-wechsel zwischen der Regierung in Paris und der französischen Delegation
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auf dem Westfälischen Friedenskongreß in Münster und Osnabrück vom 24. November 1646 bis zum 24. Juni 1647 ediert. Daneben enthält der Band die Korrespondenzen Serviens, der sich seit Januar 1647 als außer-ordentlicher französischer Botschafter in Den Haag aufhielt.
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Ende November 1646 war der niederländische Beschluß vom 16. des Mo-nats, mit Spanien auf einen Frieden hin (statt auf Waffenstillstand) zu ver-handeln
Der französische Resident in Den Haag, Brasset, hatte die Kongreßbotschafter Longuevil-le, d’Avaux und Servien mit Schreiben vom 19. November 1646 darüber unterrichtet; Ko-pie:
AE
,
CP
Holl 37 fol. 374–375’. Das genaue Datum, mit dem der Editionszeitraum beginnt, folgt aus dem Ende des vorhergehenden Bandes
APW II B 4.
, ein die Ausgangslage der französischen Diplomatie verändern-des Faktum geworden. Der Band schließt mit der schriftlichen Erklärung Serviens an die Generalstaaten vom 24. Juni 1647 zur Garantieproposition vom 22. Mai, die den Weg zum französisch-niederländischen Garantie-abkommen vom 29. Juli 1647 öffnete, und mit der Übersendung des Trauttmansdorffschen Friedensprojektes für den Frieden mit Frankreich an den französischen Hof; dieser Schriftsatz war für die französische Kon-greßpolitik ein erneuter wichtiger Einschnitt.
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Der damit dokumentierte Abschnitt der französischen Kongreßdiplomatie steht im Zeichen des drohenden Zerfalls des französischen Bündnissystems. Für Frankreich entwickelten sich in diesem Zeitraum die Verhandlungen mit seinen wichtigsten Verbündeten, den Generalstaaten und Schweden, zur Hauptsorge. Während der französische Prinzipalgesandte auf dem Westfälischen Friedenskongreß, Longueville, von Januar bis April 1647 in Münster die Verhandlungen mit dem Hauptkriegsgegner Spanien allein führte, reisten d’Avaux vom 16. Januar bis Ende April 1647 nach Osnabrück und Servien vom 29. Dezember 1646 bis Ende Juli 1647 nach Den Haag, um mit den schwedischen bzw. niederländischen Alliierten zu verhandeln.
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Daneben waren die Friedensverhandlungen mit Spanien ein zentraler Ge-genstand der französischen Kongreßpolitik; im Herbst 1646 konnten dabei beachtliche Fortschritte erzielt werden, im Winter 1646/1647 gerieten die Verhandlungen jedoch in eine schwere Krise (vor allem, nachdem die spa-nischen Gesandten am 8. Januar 1647 ihre Provisional-Artikel mit den Generalstaaten unterzeichnet hatten) und kamen im Frühjahr 1647 fast völlig zum Erliegen.
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Die Verhandlungen mit dem Kaiser spielten zunächst nur eine unterge-ordnete Rolle. Mit den Satisfaktionsartikeln vom 13. September 1646 war zwar keine rechtlich verbindliche Einigung geschaffen worden, aber eine Grundlage, auf der man sich französischerseits mit dem Kaiser, wenn auch mit gewissen Modifikationen, später einigen zu können hoffte und die als Fundament einer späteren französisch-kaiserlichen Einigung bereits im Editionszeitraum politisch wirksam war. Erst seit Ende Mai 1647 wur-den die Friedensverhandlungen mit dem Kaiser wieder zu einem zentra-len Problem der französischen Kongreßpolitik.
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Substantiell war – in den Verhandlungen mit den Verbündeten ebenso wie in denen mit den Kriegsgegnern – die Friedensassekuration für Frank-reich der entscheidende Verhandlungsgegenstand.
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Im Gegensatz zum Feldzug 1646 konnte die französische Diplomatie im dokumentierten Zeitraum nicht mehr von der Position militärischer Stärke aus agieren. Frankreich geriet gegenüber Spanien bereits Ende No-vember 1646 durch die Aufhebung der französischen Belagerung Léridas in die Defensive. Der Feldzug 1647 begann ohne die Unterstützung durch den niederländischen Verbündeten, der faktisch bereits aus dem Krieg ge-gen Spanien ausgeschieden war. Durch den Ulmer Waffenstillstand vom 14. März 1647 konnte sich Frankreich zwar mit Kurbayern eines gefürch-teten Gegners im Reich entledigen; der dadurch ermöglichte Einsatz des französischen Feldmarschalls Turenne in den Spanischen Niederlanden brachte jedoch wegen der Meuterei der Weimarischen Truppen Ende Juni 1647 nicht den gewünschten Erfolg. Frankreich blieb also militärisch in der Defensive, konnte aber trotz einiger territorialer Verluste ein mili-tärisches Fiasko, das Servien befürchtet hatte, vermeiden.
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Politisch zeichnete sich im Editionszeitraum die Konstellation der frie-denschließenden Mächte von 1648 ab. Die in diesem Band abgedruckten Korrespondenzen bilden damit einen wichtigen Beitrag zur Erörterung der Frage, warum der Westfälische Friede kein Universalfriede wurde, warum die Generalstaaten aus dem französischen Bündnis ausschieden und am 30. Januar 1648 ihren Partikularfrieden mit Spanien schlossen, warum endlich Frankreich am 24. Oktober 1648, gemeinsam mit seinem schwedischen Bundesgenossen, mit dem Kaiser zum Schluß kam, nicht jedoch mit Spanien. Welche Mächte 1648 tatsächlich Frieden schließen würden, war zwar Ende Juni 1647 noch längst nicht entschiedene Sache, und man hegte auf der französischen Seite die nicht unberechtigte Hoff-nung, die Verhandlungen mit Spanien nach dem Ende des Feldzuges 1647 wieder in Gang bringen zu können; doch als politische und militä-rische Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit war die später entstandene Konstellation 1646/1647 Gegenstand des Kalküls der französischen Ent-scheidungsträger. Die Ereignisse des Jahres 1648 trafen Frankreich daher nicht unvorbereitet.
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Diese Einleitung soll in die Hauptprobleme und Leitlinien der französi-schen Kongreßpolitik und die wichtigsten Schwierigkeiten bei der Inter-pretation ihrer Korrespondenzen einführen
Dagegen soll an dieser Stelle kein Literaturbericht gegeben werden. Es werden hauptsäch-lich Belege aus der Literatur angeführt, die nicht zur Text-Kommentierung herangezogen wurden und diese insofern ergänzen. Zur Einführung in die Verhandlungen auf dem Westfälischen Friedenskongreß und in Den Haag 1646/1647 sind zu konsultieren:
Arend;
Poelhekke;
Dickmann;
Ruppert;
Tischer sowie die zit. Beiträge von
Repgen; des wei-teren die Editionen der kaiserlichen und schwedischen Korrespondenzen aus dem betref-fenden Zeitraum in
APW II A 5 und 6 sowie
APW II C 3. Hinsichtlich der Literatur zu einzelnen Sachthemen sei auf die Anmerkungen der zit. Stücknr.n verwiesen.
.
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I. Die französische Gesandtschaft und der Quellenwert ihrer Korrespon-denzen (Kanzleien – Verhältnis der Botschafter zueinander und zur Regierung – Kommunikationsprobleme – Erwägungen zur Umbeset-zung der Gesandtschaft im Juni 1647)
Im Gegensatz zu der im Vorgängerband
Vgl. v.a. APW
II B 4, XLVI-L.
erfaßten Phase der französi-schen Kongreßpolitik erlebte die französische Gesandtschaft in unserem Editionszeitraum keine wesentlichen personellen Veränderungen. Lon-gueville, d’Avaux und Servien fungierten zunächst als französische Kon-greßbotschafter in Münster. Daß d’Avaux ab dem 16. Januar 1647 in Os-nabrück weilte und dort versuchte, in den Verhandlungen über die schwe-dische Satisfaktion und die Gravamina einen Ausgleich zwischen den Schweden, Kurbrandenburg, den protestantischen Reichsständen und den Kaiserlichen zu erzielen, ist höchstens im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthaltes in Osnabrück ungewöhnlich; rechtlich bildeten die Verhand-lungen an beiden Kongreßorten durch den Hamburger Präliminarvertrag von 1641 eine Einheit, und schon zuvor waren französische Kongreß-gesandte nach Osnabrück (und schwedische nach Münster) gereist. Mit Serviens Aufenthalt in Den Haag verhält es sich a priori anders: Servien verließ mit seiner Reise in die Niederlande den Westfälischen Friedens-kongreß; er wurde dafür zwar zum außerordentlichen französischen Bot-schafter in Den Haag ernannt, aber weder formell vom Kongreß abberu-fen noch für seine Sondermission bei den Generalstaaten eigens instruiert
Diese eigentümliche Stellung Serviens birgt interpretatorische Schwierigkeiten für die Kor-respondenzen: Schreiben aus Paris bezeichnen mit dem Begriff Messieurs les Plénipotentiai-res
zumeist nur die beiden tatsächlich am Kongreß befindlichen Bevollmächtigten Longue-ville und d’Avaux, bisweilen aber auch Servien, vor allem in den ersten Wochen seines Auf-enthaltes in Den Haag. Wenn der Begriff im Kopf von Memoranden auftritt, wird er daher in der Kopfzeile der Edition dem Inhalt des Memorandums entsprechend aufgelöst: Richtet sich dieses auch an Servien, wird dessen Name in runden Klammern hinzugefügt. Drei Bei-spiele, die das Lavieren zwischen den Begriffsinhalten verdeutlichen: Nr. 61 enthält eine Anweisung an Servien, obwohl seine Person im Text selbst begrifflich von den Plénipoten-tiaires
unterschieden wird. Am Kopf der Druckvorlage von nr. 81 wurde der Begriff Pléni-potentiaires
nachträglich gestrichen und durch die Namen Longueville und d’Avaux ersetzt. Dagegen bezieht er sich im Text von nr. 93 eindeutig auch auf Servien. – Nach Servien wurde die Entscheidung, daß er die Reise nach Den Haag übernehmen solle, von Mazarin persönlich getroffen: Puisque Son Eminence a voulu que je fisse le voyage de La Haye, j’obéiray de très bon cœur à son commandement. Peult-estre fera-t-on semblant de m’avoir déféré cet employ, mais je sçay certainement que monsieur d’Avaux a faict secrettement auprès de monsieur de Longueville pour en estre délivré;
Servien an Lionne, [Münster 1646 Dezember], z. T. eigh. Konzept:
AE
,
CP
All.
103 fol. 405–408 (in den Akten fälschlich unter 1647 Dezember 17 abgelegt; im Inhaltsverzeichnis des Manuskripts
AE
,
CP
All.
103 fol. 21–21’ mit dem gleichen, falschen Datum); zum Problem der Auswahl des Sonderbot-schafters vgl. auch unten Abschnitt Va.
. Die daraus resultierende Unbestimmtheit der Amts- und Kompetenzver-teilung hing vermutlich damit zusammen, daß man ursprünglich davon
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ausging, Servien werde nur wenige Wochen in Den Haag verbringen, und man daher nicht die Notwendigkeit für eine Klärung sah
Das beobachtete geschäftsmäßige Verfahren war im übrigen, unabhängig von der Frage, ob ein Memorandum aus Paris auch Mitteilungen oder Anweisungen an Servien enthielt, immer dasselbe: Es wurde nur eine Ausfertigung erstellt, diese ging nach Münster, Servien erhielt ein (mitunter von Brienne unterfertigtes) Duplikat.
. Zusam-menfassend läßt sich seine Stellung folgendermaßen beschreiben: Servien nahm zwar während seiner Abwesenheit vom Kongreß nicht direkt an den Verhandlungen teil, wurde aber über deren Verlauf durch Schrei-ben aus Münster, Osnabrück und Paris sowie durch Duplikate der zwi-schen diesen Orten ausgetauschten Depeschen informiert
In einem Fall legte Mazarin Servien in einem Partikularschreiben explizit auch die Um-setzung der Anweisungen im königlichen Memorandum für Münster ans Herz, weil deren Ausführung wesentlich von ihm abhänge, solange er in Den Haag weile (vgl.
[nr. 220] ).
und mehrfach um Stellungnahmen dazu gebeten
Stellungnahmen zu den laufenden Kongreßverhandlungen, v.a. zu denen mit Spanien, ab-zugeben, wurde Servien z.B. von Mazarin aufgefordert (vgl.
[nr. 246] ). Auch Longueville und d’Avaux erbaten seine Stellungnahmen zu den Verhandlungen mit Spanien (vgl. Anm. 1 zu
[nr. 238] ) und zu denen mit dem Kaiser (vgl.
[nr. 285] ).
. Durch schriftliche Stellungnahmen gegenüber seinen Gesandtschaftskollegen und in Schreiben nach Paris, vor allem an Mazarin, beeinflußte er indirekt die französische Kongreß-politik; seine nach Paris übermittelten Stellungnahmen wurden mehr-fach (inhaltlich oder wörtlich
) in die Pariser Memoranden für Longue-ville und d’Avaux übernommen. Serviens Korrespondenz aus Den Haag ist daher ein genetischer Bestandteil der französischen Korrespondenz vom Westfälischen Friedenskongreß und ihre Kenntnis für das Verständ-nis der politischen Entscheidungsfindung auf französischer Seite unerläß-lich. Gleichzeitig versuchte Servien, durch Absprachen mit den General-staaten oder durch ein niederländisches Schiedsgericht die Verhandlun-gen mit Spanien direkt zu befördern; dieser Versuch scheiterte aller-dings.
In Den Haag wurde Servien vom französischen Residenten Brasset sekun-diert; Frankreich unterhielt dort seit der Abreise La Thuilleries im Som-mer 1646 keinen Botschafter mehr, was einer der Gründe für die Entsen-dung eines Sonderbotschafters gewesen war. An der Spitze der Kanzlei Serviens ergaben sich durch den Ortswechsel keine Veränderungen: die Konzipierung der Depeschen nach Paris und Münster/Osnabrück oblag weiterhin, sofern es sich nicht um eigenhändige Konzepte handelte, Alard als erstem Sekretär Serviens
Zu ihm und anderen Sekretären Serviens vgl. Anm. 10 zu nr. 47. – Die Hände der Kon-zipienten und Kopisten werden (wie in den Vorgängerbänden) in den Kopfregesten nicht eigens vermerkt, die aus ihnen zu ziehenden Rückschlüsse auf den Kanzleigebrauch aber in dieser Einleitung zusammengefaßt; im folgenden werden in der Regel nur eigenhändige Überlieferungen notifiziert.
. Gleiches gilt für die Erstellung der Ausferti-gungen. In den in Serviens Kanzlei angefallenen Akten läßt sich jedoch
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mindestens eine neue Hand ermitteln, die unter anderem Übersetzungen aus dem Niederländischen besorgte; für die in diesem Band abgedruckten Korrespondenzen ist sie jedoch nicht relevant. Übersetzungen erhielt Ser-vien auch aus Brassets Kanzlei, von deren landeskundigem Personal er profitieren konnte. Servien zog zudem einen Sekretär Nederhorsts
Identisch mit der neuen Hand in seiner Kanzlei?
hin-zu
Nach: Estat de l’employ de la somme de trente mil livres receuz à La Haye le 11
e mars 1647,
[von Münster nach Paris übersandt:] 1647 September 11, Kopie von der Hand Alards:
AE
,
CP
Munster
1 fol. 26–27’.
. Daneben holte Servien in den Niederlanden (nachweislich auch in Reichsangelegenheiten) juristischen Rat ein. Er arbeitete überdies eng mit dem hessen-kasselischen Residenten in Den Haag, Joachim de Wicque-fort, zusammen
Vgl.
Arend, 697f und die Korrespondenz Wicqueforts mit Servien, die in das Chronolo-gische Register aufgenommen wurde. Wicquefort überschickte Servien auch Kopien der Korrespondenz Pauws und des niederländischen Botschafters in Paris, Oosterwijk, mit den Generalstaaten; vgl. Wicquefort an Servien, Den Haag 1647 März 30; Ausf. (frz.):
AE
,
CP
Holl. 43 fol. 615–615’.
und konnte sich über Informanten Kenntnisse über die Beratungen in den Generalstaaten verschaffen, so daß er hierüber in der Regel gut unterrichtet war. Seine Anweisungen erhielt er selten (im Vergleich zu Longueville und d’Avaux) in königlichen Memoranden, sondern zumeist in Briefen Mazarins; deren Konzipierung oblag Lionne, dem Sekretär Mazarins und Königin Annas sowie Neffen Serviens. Da-neben erhielt er weiterhin direkte Anweisungen von Brienne, deren Kon-zepte nicht überliefert sind, und führte eine offiziöse Geheim-Korrespon-denz mit Lionne. Soweit sich aus den Korrespondenzen ermitteln läßt, verfügten damit unter den bei den abgedruckten Stücken berücksichtig-ten Korrespondenten – abgesehen von Ludwig XIV. und Königin Anna – nur Mazarin, Lionne und Servien über die Kenntnis (fast) aller die fran-zösische Kongreßpolitik betreffenden Arkana
Soweit sich diese Tatsache aus den Korrespondenzen ablesen läßt; zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, daß ein ähnliches Vertrauensverhältnis zwischen Longueville oder d’Avaux und einem ihrer politischen Korrespondenten nicht herrschte, etwaige Verheim-lichung von Informationen also vielleicht nur aus diesem Grunde nicht nachweisbar ist.
. Dem Staatssekretär des Äußeren, Brienne, sowie Longueville und d’Avaux wurde dagegen ein Teil der Informationen und Einschätzungen Mazarins vorenthalten
Daß eine bewußte Informationstrennung vorgenommen wurde, ist durch Aktenvermerke zu belegen; vgl.
[nr.n 109] und
[110] , jeweils mit Anm. 1.
; sie blieben damit von der politischen Entscheidungsfindung teilweise aus-geschlossen.
Auf dem Westfälischen Friedenskongreß korrespondierten Longueville in Münster (während d’Avaux’ Anwesenheit Longueville und d’Avaux) und La Court in Osnabrück mit Servien. Eine Partikularkorrespondenz zwi-schen Servien und d’Avaux gibt es dagegen nicht. Es kam zwar zwischen den beiden zerstrittenen Männern nicht zu einem erneuten Eklat, aus der Korrespondenz Serviens mit Mazarin und Lionne läßt sich jedoch ablesen,
[p. LXXVII]
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daß der Streit hinter den Kulissen weiterschwelte, so daß man in Paris für den Fall der Abreise Longuevilles vom Kongreß mit dem Schlimmsten rechnen mußte, galt er doch als die die internen Gegensätze ausgleichende Kraft. Über die Verhandlungen in Osnabrück war Servien dennoch meist gut im Bilde: Nach anfänglichen Abstimmungsschwierigkeiten wurde er von Longueville darüber informiert und erhielt über diesen auch Dupli-kate der Memoranden d’Avaux’ für den Hof. Daneben versorgte ihn auch sein Freund La Court, der französische Resident in Osnabrück, mit Infor-mationen, und zwar vor allem mit solchen, die gegen d’Avaux verwendet werden konnten und seine Mißerfolge dokumentierten.
La Courts Korrespondenz ist jedoch in der Regel für die Geschichte der Verhandlungen unergiebig und kommt daher in diesem Band nur aus-nahmsweise zum Abdruck. Die in La Courts Schreiben enthaltenen wich-tigen politischen Informationen finden sich vor der Ankunft d’Avaux’ in Osnabrück ebenso in der Gesandtschaftskorrespondenz aus Münster; während des Aufenthaltes d’Avaux’ ist dessen Korrespondenz, trotz der Hinzuziehung La Courts zu den Verhandlungen, die weitaus bessere Quelle. La Court, der 1649, nach der Abreise aller anderen französischen Botschafter vom Kongreß, zuletzt Serviens, dessen Nachfolge antrat, war 1646/1647 eine politisch blasse Gestalt ohne eigenes Gewicht in den Ver-handlungen. Seine Korrespondenz ist ganz im Sinne des Adressaten ge-färbt und damit eher für die Ränke zwischen den um politischen Einfluß ringenden Klientelsystemen als für die Kongreßverhandlungen selbst eine brauchbare Quelle: Gegenüber Brienne lobt er d’Avaux und preist dessen Verhandlungsgeschick, gegenüber Lionne und Servien polemisiert er ge-gen d’Avaux und behauptet, dieser verheimliche ihm die Anweisungen des Hofes und versuche, ihn aus den Verhandlungen herauszuhalten.
Solch kritische Töne vermied d’Avaux in seiner Korrespondenz
Zu berücksichtigen ist hierbei wiederum, daß d’Avaux, anders als La Court, keinen engen politischen Vertrauten in Paris oder Den Haag besaß, mit dem er freimütig korrespondie-ren konnte.
. Er schrieb verhandlungsbezogen und hielt in seiner bisweilen protokollarti-gen, dem Berichtsstil der kaiserlichen Gesandten ähnelnden Korrespon-denz genauer als seine Kollegen Longueville und vor allem Servien den Gang der Friedensverhandlungen fest. Seine Berichte sind deshalb aber nicht neutral zu nennen; sie offenbaren vielmehr ein klares politisches Ziel: Durch die Art der Darstellung beabsichtigte d’Avaux, bisweilen seine Interpretation der Verhandlungen durch explizite politische Reflexionen untermauernd, die Notwendigkeit einer eigenständigen französischen Reichs- und Konfessionspolitik zu beweisen. Diese Politik versuchte er, gegen Schweden und gegen seine eigenen ausdrücklichen Anweisungen aus Paris in Osnabrück umzusetzen, soweit das in seiner Macht stand. In der Kanzlei d’Avaux’ lassen sich gegenüber dem Vorgängerband der fran-zösischen Korrespondenzen keine Änderungen ausmachen. Die Konzipie-
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[scan. 78]
rung der Depeschen (soweit nicht eigenhändig) und ihre Ausfertigung oblagen weiterhin d’Avaux’ erstem Sekretär Préfontaine, der auch als Sonderkurier eingesetzt wurde.
Die Korrespondenz Longuevilles, deren Konzepte, ebenso wie die Lon-gueville-Akten überhaupt, verschollen sind, wurde durch den Gesandt-schaftssekretär Boulanger ausgefertigt, der auch zu den Verhandlungen mit den Mediatoren hinzugezogen wurde (mit welcher Regelmäßigkeit dies geschah, bleibt allerdings in den französischen Korrespondenzen un-klar). Die Verhandlungsakten für die Friedensverhandlungen mit Spanien formulierte Longueville nicht selbst, sondern ließ sie vom französischen Gesandtschaftspersonal anfertigen; welche Rolle dabei einzelne juristische Berater, namentlich Théodore Godefroy, spielten, ist aber der Korrespon-denz Longuevilles ebensowenig wie den Godefroy-Akten zu entnehmen. In den Papieren Godefroys befinden sich zwar Kopien der Schriftsätze zu den Verhandlungen mit Spanien aus der ersten Jahreshälfte 1647, häufig mit eigenhändigen Marginalien
Und Korrekturen, die aber nicht zum Verständnis der Textgenese beitragen, sondern an-scheinend nur Verbesserungen der Schreibfehler des Kopisten sind.
, aber Konzepte sucht man auch hier ver-gebens. Im einzelnen ist ebenso unklar, wann Godefroy sich in Münster und wann womöglich in Osnabrück aufhielt.
Longueville und d’Avaux verkehrten nachweislich nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich miteinander
Am 13. März 1647 z.B. beauftragte Longueville Saint-Romain mit mündlichen Mittei-lungen an d’Avaux, am 15. März 1647 jener Courtin mit solchen an Longueville (vgl.
[nr. 183 mit Anm. 1] ). Ein weiteres Beispiel für die mündliche Kommunikation zwischen den beiden Kongreßorten berichtete La Court an Lionne, [Osnabrück] 1647 April 15 (vgl. das Kurzregest im Chronologischen Register).
. In den meisten Fällen ist ihr Brief-wechsel wenig ergiebig, denn die übermittelten Berichte wurden häufig unverändert oder nur wenig redigiert in die Memoranden für Ludwig XIV. übernommen, bieten also nur selten mehr als diese; dementspre-chend werden verhältnismäßig wenige Schreiben aus diesem Briefwechsel hier abgedruckt. Das am Ende dieses Bandes vorgelegte Chronologische Register der französischen Korrespondenzen bietet vom Umfang des Briefwechsels zwischen Longueville und d’Avaux nur einen unzureichen-den Eindruck. Aus den erhaltenen Korrespondenz-Stücken läßt sich re-konstruieren, daß ein beachtlicher Teil verlorengegangen sein muß.
Der französische Resident in Münster, Saint-Romain, trat nur mit einer Reise zum Kurfürsten von Brandenburg im Dezember 1646 in Erschei-nung, in seiner Eigenschaft als Resident aber kaum; daher kommt seine Korrespondenz, trotz seines nicht gänzlich uninteressanten Briefwechsels mit Chavigny, mit einer Ausnahme in diesem Band nicht zum Abdruck.
Zwischen Paris und Münster/Osnabrück respektive Den Haag wurde in der Regel wöchentlich korrespondiert. Die Konzipierung der königlichen Schreiben an die Gesandten lag (ebenso wie die der Korrespondenz Ma-zarins mit denselben) gänzlich in der Hand Lionnes; von dieser Regel gab
[p. LXXIX]
[scan. 79]
es nur wenige Ausnahmen
Eine partielle Ausnahme ist nr. 242: Der Beginn des Konzepts ist von der Hand Lionnes, ab fol. 71 von anderer Hand, aber mit nachträglichen Korrekturen Lionnes.
. Der Informationsfluß zwischen Münster und Osnabrück bzw. Den Haag war dichter als derjenige zwischen diesen drei Orten und Paris
Die Post aus Osnabrück nach Paris wurde über Münster mit der ordentlichen Gesandt-schaftspost verschickt; ebenso über Münster lief die Post aus Paris nach Osnabrück. Zu den verschiedenen Postverbindungen zwischen Den Haag und Münster/Osnabrück vgl. die diversen Hinweise in den Korrespondenzen des vorliegenden Bandes (s. Register s.v. Den Haag, Postverbindungen zum WFK).
; nicht selten folgten die Depeschen einander im Abstand von drei Tagen. Dennoch kam es zu erheblichen Abstimmungsproblemen zwischen den französischen Gesandten. Sie betrafen vor allem das Verhal-ten gegenüber den niederländischen Gesandten am Kongreß, für das die Franzosen keine einheitliche Strategie vereinbart hatten: Während Ser-vien in Den Haag versuchte, die Generalstaaten zur Desavouierung der niederländischen Gesandten wegen der Unterzeichnung ihrer Provisional-Artikel mit Spanien zu bewegen und jene der Einvernehmlichkeit mit den Spaniern, ja sogar der Bestechlichkeit bezichtigte
Ein Memorandum Ludwigs XIV. (nr. 140) beziffert die spanischen Aufwendungen für die Verhandlungen (zur Bestechung der Niederländer) auf 500 000 Ecus, allerdings ohne Be-weis. Daß die französischen Behauptungen gegen Pauw nicht zu belegen waren, mußte auch Mazarin gegenüber dem niederländischen Botschafter in Paris, Oosterwijk, zugeben (vgl. nr. 208).
, bediente sich ungeach-tet dessen Longueville in Münster weiterhin der niederländischen Inter-position
Zu diesem Begriff vgl. unten Abschnitt III.
in den französisch-spanischen Verhandlungen
Zu dessen persönlicher Einschätzung der einzelnen niederländischen Gesandten vgl. nr. 112.
. Diese Beibehal-tung der Vermittlung wurde von den Generalstaaten als französischer Vertrauensbeweis ausgelegt. Dadurch entstand in den Niederlanden der Eindruck, die von Servien erhobenen Vorwürfe würden von seinen Kolle-gen nicht geteilt und seien damit nur Ausdruck seiner persönlichen Ein-schätzung, nicht
common sense in der französischen Politik. Dies schwächte die französische Verhandlungsposition gegenüber den Nieder-ländern erheblich
Servien warf Longueville daher am 25. März 1647 vor, seine Politik in Den Haag durch abweichendes Verhalten um den erhofften Erfolg zu bringen (vgl.
[nr. 195] ).
. Trotz mehrfacher Anweisungen aus Paris, zwischen Den Haag und Münster eine einheitliche Sprachregelung zu finden, er-reichte man diese bis Juni 1647 nur zum Teil.
Die fehlende Einheitlichkeit des Vorgehens war nicht allein eine Folge der räumlichen Trennung und der daraus resultierenden praktischen Schwie-rigkeiten, sondern Ausdruck divergierender politischer Einschätzungen. Dies bestätigen die in den Korrespondenzen definierten gegensätzlichen Positionen
Dazu Näheres in Abschnitt III.
.
[p. LXXX]
[scan. 80]
Servien zeigte sich insgesamt in den Verhandlungen unnachgiebiger und hartnäckiger als seine Kollegen. Dies mag unter anderem daran liegen, daß er – im Gegensatz zu Longueville und d’Avaux, die jeweils an der Spitze eigener Klientelsysteme standen – weder am Hofe über eine andere Unterstützung als die Mazarins und Lionnes noch über eine eigene Klien-tel in Frankreich oder unter den französischen Diplomaten im Reich ver-fügte
Die Bedeutung der Klientelsysteme für die französische Kongreßpolitik hat jüngst
Ti-scher
systematisch analysiert. Saint-Simon bezeichnet Servien sogar als Sklaven Maza-rins: Ce furent ses ordres secrets à Servien, son esclave, collégue indigne du grand d’Avaux, qui mirent bien des fois la négociation au point de la rupture
(
Saint-
Simon
VII, 239).
. Servien stand damit unter höherem Erfolgsdruck als seine Kolle-gen, politische Mißerfolge mußten für ihn persönlich schwerer wiegen als für jene; die Bedeutung seiner charakterlichen Eigenschaften und seiner politischen Überzeugungen sind aber hierbei keineswegs weniger zu be-rücksichtigen. Im Mai 1647 beklagte sich Servien, daß seine Kollegen in Münster seine Schreiben unwillig aufnähmen, daher werde er von wei-teren Stellungnahmen zu den dortigen Verhandlungen in der Korrespon-denz mit ihnen absehen
– doch er folgte dieser Absichtserklärung später keineswegs, denn er war der Überzeugung, daß Politik und Verhand-lungsführung seiner Kollegen nicht zum Frieden führen würden. Er kriti-sierte im Juni 1647, diese hätten sich in Osnabrück für die Interessen an-derer eingesetzt und nach deren (vermeintlichem) Abschluß sogar Sonder-kuriere entsandt
Gemeint ist hier konkret die Entsendung Préfontaines mit der Nachricht vom Abschluß der schwedischen Satisfaktion (vgl. nr. 143).
, dabei aber vitale eigene Belange, wie den Umfang der Zession Metz’, Touls und Verduns oder ein Verbot der Assistenz Spaniens durch den Kaiser, vernachlässigt
Vgl. nr. 337. Zu den angesprochenen Verhandlungsmaterien vgl. Abschnitt X.
.
Doch war durchaus auch Nachlässigkeit bei der fehlenden Absprache zwi-schen den Gesandten mit im Spiel: Servien, der am meisten über die man-gelnde Abstimmung klagte und Longueville zu einheitlichem Vorgehen gegenüber den niederländischen Gesandten, insbesondere gegenüber Pauw, anhielt, ließ sich selbst mindestens acht Tage Zeit, bis er Longue-ville von seiner Rede an die Generalstaaten in Kenntnis setzte, in der er Pauw schwerer Vergehen angeklagt hatte, um dann wiederum nur drei Tage später bei Longueville über dessen abweichendes Vorgehen gegen-über Pauw und die negativen Folgen der unterschiedlichen Sprache in Münster und Den Haag zu klagen – obschon er zugestehen mußte, Lon-gueville habe seine Rede in der Tat noch gar nicht kennen und darauf reagieren können
Vgl.
[nr. 176] . Vielleicht wurde die Rede sogar erst mit diesem Schreiben übersandt.
.
Mazarin schloß sich prinzipiell der Kritik Serviens an Longueville an und bekundete seinen Unmut über den Schaden, der durch das nicht abge-
[p. LXXXI]
[scan. 81]
stimmte Verhalten in Münster und Den Haag entstanden war. Er ver-wahrte sich jedoch gegen den Eindruck, er tue dies Servien zu Gefallen, mit dessen Hilfe er, wie fälschlich behauptet werde, versuche, den Frieden zu hintertreiben, und betonte das Einvernehmen in der Bewertung der Lage zwischen ihm selbst, der Königin und dem gesamten Conseil
.
Nachlässigkeiten gab es nicht nur bei der Übermittlung von Einschät-zungen und Informationen, sondern auch bei der Übersendung von Verhandlungsakten. Longueville überschickte Servien (zu einem nicht genau zu bestimmenden Zeitpunkt) eine Kopie des am
25. Januar 1647 den niederländischen Interpositoren vorgelegten französischen Gesamt-entwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien. Die Anlagekopie konnte nicht ermittelt werden, aber aus den Korrespondenzen ergibt sich, daß sie in mindestens vier Punkten von dem in Münster präsentierten Text abwich
Dazu Näheres in Abschnitt VI.
. Servien ging daher in Den Haag, wo er mehrfach gegenüber den Generalstaaten zu den französisch-spanischen Verhandlungen Stel-lung nehmen mußte, teilweise von falschen Annahmen bezüglich des Textes aus, über den in Münster verhandelt wurde. In einem Punkt wich der am 25. Januar 1647 ausgehändigte Schriftsatz von allen ermit-telten Kopien französischer und anderer Provenienz ab: Er enthielt ei-nen suspensiven Vorbehalt, der das Inkrafttreten des französisch-spa-nischen Friedens an den Abschluß des spanisch-niederländischen band
; dieser Vorbehalt fehlte auch in der Kopie, die Servien übersandt wurde. Das Mißverständnis, das sich daraus ergab, klärte sich erst am 20. Mai 1647 auf
, nachdem Servien wochenlang bei Longueville und d’Avaux insistiert hatte, eine diesbezügliche Erklärung abzugeben und damit ein Versprechen Serviens an seine niederländischen Verhandlungspartner einzulösen – in Unkenntnis darüber, daß diese Erklärung tatsächlich längst abgegeben worden war. D’Avaux verfügte nicht einmal über eine Kopie des am 25. Januar 1647 den Niederländern präsentierten französischen Gesamtentwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien; da die Arbeit an dem Projekt bei seiner Abreise nach Osnabrück noch nicht abgeschlossen gewesen sei, könne er, so schrieb er an Longueville, nicht genau die Unterschiede zwischen diesem Projekt und dem spanischen Gesamtentwurf für den Friedensvertrag mit Frankreich vom 24. Februar 1647 ermessen
Dies sind durchaus keine singulären Beispiele (vgl.
[nr. 319] ); daher versuchen wir, im Sach-kommentar anzugeben, welche Schriftsätze und Informationen einem Absender bei Ab-fassung eines Schreibens zugänglich oder bekannt waren, soweit das für die Interpretation der Korrespondenz wichtig erscheint.
.
Die mangelnde Abstimmung war in einigen Fällen auch eine Folge miß-verständlicher Anweisungen seitens der Regierung in Paris, die wiederum
[p. LXXXII]
[scan. 82]
aus dem Fehlen klarer Konzepte und Zielsetzungen in der französischen Politik zu bestimmten Verhandlungsfragen resultierten
Dies läßt sich exemplarisch an der Behandlung der Waffenstillstandsforderung für Portu-gal belegen; vgl. Abschnitt IX.
.
Die französische Korrespondenz unseres Editionszeitraumes behielt ihren durch die vorhergehenden Bände dokumentierten Charakter bei, obwohl es Überlegungen gab, ihren Stil zu ändern. Sie zeichnet sich durch hohes politisches Reflexionsniveau aus und erlaubt damit, politische Entschei-dungen in ihrer Genese zu verstehen, die verfolgten Ziele und die einkal-kulierten Konsequenzen zu erfassen. Allerdings tritt dem Benutzer bei der Betrachtung eines einzelnen Schreibens der ephemere Gedanke, der am folgenden Tag wieder verworfen wurde, ungeschieden vom politischen Leitgedanken entgegen. Erst die Zusammenschau erlaubt, beides zu tren-nen. Es ist aber bekanntermaßen bisweilen schwierig, den eigentlichen Verhandlungsverlauf aus den französischen Korrespondenzen zu rekon-struieren
Dies gilt v.a. für die Korrespondenz Serviens und Longuevilles, aber auch für die d’Avaux’; daher wird im Sachkommentar versucht, aufgrund der gedruckten Akten an-derer Mächte, seltener auch durch Heranziehung von Archivalien, Hilfestellungen zum Verständnis des Verhandlungsganges und v.a. seiner Chronologie zu bieten.
.
Die Unterschiede zwischen den französischen Korrespondenzen und de-nen anderer Mächte waren auch den Zeitgenossen schon bewußt. D’Avaux betonte diese Unterschiede im Vergleich zu den Depeschen, wel-che die schwedischen Gesandten erhielten, und erfreute sich des Stils der Memoranden aus Paris, deren Ziel es sei, die Gesandten durch Argumente zu überzeugen
(persuader), nicht, ihnen Befehle zu erteilen
(comman-der)
. Die Beibehaltung des persuasiven Charakters der französischen Korrespondenz wurde gleichwohl von Mazarin, vor allem aufgrund seiner Unzufriedenheit mit Longueville, in Frage gestellt. Die Spannungen zwi-schen Mazarin auf der einen und Longueville sowie d’Avaux auf der an-deren Seite erreichten im Juni 1647, im Zusammenhang mit der großen Krise der französischen Kongreßpolitik, ihren Höhepunkt. Ebenso wie sich im Editionszeitraum die Konstellation der friedenschließenden Mächte von 1648 als politische Möglichkeit abzeichnete, tauchte im Juni 1647 auch die personelle Konstellation, unter der Frankreich 1648 auf dem Kongreß Frieden schließen sollte, in den Überlegungen Mazarins auf: Er erwog, Servien die Verhandlungen in Münster allein, ohne seine Kollegen, beenden zu lassen.
Mazarin äußerte bereits am 1. Juni 1647 den Wunsch nach sofortiger Rückkehr Serviens nach Münster
. Dieser Wunsch war zwar auch zuvor, seit der Ankunft Serviens in Den Haag, mehrfach formuliert worden, aber jetzt beabsichtigte Mazarin offenbar, ihn alsbald in die Tat umzusetzen, denn am 3. Juni 1647 erhielt Servien einen Brief Ludwigs XIV., der ihm
[p. LXXXIII]
[scan. 83]
die Rückkehr des französischen Botschafters La Thuillerie nach Den Haag ankündigte und ihn selbst zur Rückreise nach Münster ermächtigte
. Gleichzeitig erwog Mazarin, Longueville später in Münster durch eben-diesen La Thuillerie zu ersetzen
. Longueville selbst hatte bereits am 20. Mai 1647 um die Erlaubnis zu einer Reise nach Frankreich gebeten, da vor Ende des Feldzuges nicht mehr mit Fortschritten bei den Verhandlun-gen zu rechnen sei
. Am 10. Juni 1647 erneuerte er sein Gesuch und wie-derholte dabei seine Einschätzung der Lage: Die Verhandlungen mit Spa-nien seien völlig zum Stillstand gekommen und auf eine Änderung sei erst nach Ende der Kampagne zu hoffen; der Friede mit dem Kaiser werde, wenn die Genehmigung seiner Abreise in Münster eintreffe, entweder ge-schlossen oder aber die Verhandlungen gescheitert sein
. Mazarin zögerte, auf Longuevilles Abreisegesuch eine Antwort zu erteilen, und hierin zeigt sich, daß seine Überlegungen zu Longuevilles Ersetzung in Münster recht halbherzig waren. Brienne dagegen lehnte Longuevilles Ansinnen ab, denn er hielt einerseits einen baldigen Friedensschluß für möglich und fürchtete andererseits ein Wiederaufflammen der Streitigkeiten zwischen d’Avaux und Servien, deren politische Ansichten grundverschieden seien
. Dennoch erteilte Mazarin Longueville am 8. Juni 1647 die Erlaubnis zur Rückkehr nach Frankreich
. Zugleich versuchte er aber, Longueville zum Bleiben zu bewegen, indem er dem Prinzipalgesandten zu bedenken gab, das Schwinden der Hoffnung auf Frieden und ein Separatvertrag zwi-schen den Generalstaaten und Spanien seien unausbleibliche Folgen seiner Abreise
. Es handelte sich hierbei durchaus nicht um Höflichkeitsfloskeln, wie sich an entsprechenden Darlegungen Mazarins gegenüber Servien vom selben Tag zeigt: Durch die Abreise Longuevilles werde, besonders in Frankreich, der Eindruck entstehen, mit einem Friedensschluß sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen
. Mazarin war also im Grunde durch-aus daran gelegen, Longueville in dieser Situation auf dem Kongreß zu halten. Dennoch hegte er nach dem Bericht Lionnes am 22. Juni 1647 wei-terhin den Gedanken seiner Ablösung durch La Thuillerie
.
Ende Juni kam es wegen des Grolls, den Mazarin gegen d’Avaux hegte, zu einem kleinen Eklat am französischen Hof. Anlaß war nach dem Be-richt Lionnes an Servien
ein Brief Longuevilles an Mazarin, dessen ei-gentlicher Verfasser nach Ansicht Mazarins jedoch d’Avaux oder Saint-
[p. LXXXIV]
[scan. 84]
Romain war
Mazarin antwortete Longueville dennoch mit einem geharnischten Brief; vgl.
[nr. 341] .
. Das Schreiben
legte die Interpretation nahe, Mazarin habe den Friedensschluß mit Spanien verhindert. Außer sich über diesen Vorwurf, kanzelte Mazarin den gerade am Hof befindlichen Sekretär d’Avaux’, Préfontaine, ab und bekundete, keinen Agenten d’Avaux’ mehr bei Hofe dulden zu wollen. Nach Lionne dachte Mazarin sogar an dessen Abberufung vom Kongreß, habe aber letztlich darauf verzich-tet, Servien den Frieden allein schließen zu lassen, weil die Vertrags-unterzeichnung nicht in greifbarer Nähe stand und man die Abberufung als Zeichen des fehlenden französischen Friedenswillens interpretiert hät-te. Den Entschluß zur Abberufung d’Avaux’ verwarf Mazarin also noch im Juni 1647. Anders hat er sich 1648 verhalten, als mit der Abberufung d’Avaux’ eine im Vorjahr erwogene kongreßpolitische Option in die Tat umgesetzt wurde. Einstweilen machte auch Longueville von seiner Rück-reisegenehmigung keinen Gebrauch, wenngleich nach
Arend auf dem Westfälischen Friedenskongreß im Juli 1647 erwartet wurde, Longueville werde über die Niederlande nach Frankreich zurückreisen
. Die per-sonelle Zusammensetzung der französischen Kongreßgesandtschaft blieb also vorerst unverändert.
II. Die politisch-militärischen Rahmenbedingungen der französischen Kongreßpolitik und die Verhandlungen Serviens über eine niederlän-dische Teilnahme am Feldzug 1647
a. Die politisch-militärischen Rahmenbedingungen
Der Feldzug 1646 war in Flandern bereits im November beendet; Eng-hien hatte nach Spannungen mit Gassion seine Truppen am 3. nach Ar-mentières geführt und war am 13. an den Hof zurückgekehrt
Chéruel,
Minorité II, 261f.
. Auch im Reich hatten Turenne und Wrangel – nach der Aufgabe der Belagerung Augsburgs am 12. Oktober 1646 – ihre Winterquartiere bezogen, in der Absicht, Kurbayern später zur Niederlegung der Waffen und zur Tren-nung von Österreich zu zwingen
. In Katalonien vollzogen sich hin-gegen noch entscheidende Ereignisse: Die Kampagne endete für Frank-reich mit einer schweren Niederlage. Nach über sechsmonatiger Belage-rung der stark befestigten Stadt Lérida, einer Schlüsselposition, konnte ein spanisches Heer unter Leganés am 21./22. November 1646 den französi-schen Belagerungsring aufgrund persönlicher Fehler Harcourts
Zur Kritik an Harcourt vgl. nr. 18 sowie Mazarin an Longueville, [Paris] 1646 Dezember 9; Kopie:
AE
,
CP
All.
78 fol. 492–494’ (Teile einer Addition,
die fol. 53’ im Konzept entsprechen, fehlen); Konzept:
AE
,
CP
All.
80 fol. 39, 53–53’ (die Addition,
hier fol. 53, ist auf 1646 Dezember 10 datiert); Teilabdruck der Addition:
Mazarin,
Lettres II, 340f (datiert auf 1646 Dezember 10); Regest von Brief und Addition:
ebd.,
832 (beide auf 1646 Dezember 9 datiert).
durch-
[p. LXXXV]
[scan. 85]
brechen und die Stadt entsetzen
Vgl.
Tischer,
Einleitung, XLVf.
. Noch am 24. November 1646 bekun-deten die französischen Gesandten in Unkenntnis der eigenen Nieder-lage, die Einnahme Léridas sei
merveilleusement importante für Frank-reich, da ohne sie ein Tauschangebot Kataloniens gegen die Spanischen Niederlande aussichtslos sei
. Mit Schreiben vom 9. Dezember 1646 er-hielten sie aus Paris offiziell die Nachricht von der Aufhebung der Bela-gerung; in Paris urteilte man allerdings, der spanische Sieg werde Philipp IV. leichteren Herzens Frieden schließen lassen
.
Ein ähnlicher, wenn auch nicht so bedeutender Umschwung ereignete sich auf dem italienischen Kriegsschauplatz: Der französische Vorstoß im Stato dei Presìdi, der noch im Oktober unter dem Oberbefehl der Marschälle La Meilleraye und Du Plessis-Praslin erfolgreich vorangeschritten war, verlor an Elan; aufgrund der intensiven spanischen Vorbereitungen auf die Kampagne 1647 mußte man um den Verlust der jüngsten Eroberun-gen, namentlich Piombinos und Porto Longones, fürchten. Dieser Um-stand verschlechterte die französische Position in den Verhandlungen über die Zession der beiden Plätze im Winter 1646/1647. Frankreich be-fand sich zu dieser Zeit in Italien, wie
Catalano urteilt, in
cattive con-dizioni
Catalano,
109f, hier 110.
.
Im Reich hatte Frankreich nach Einschätzung Mazarins 1647 militärisch nichts zu gewinnen; Erfolge hätten nur Schweden genutzt. Um den Aus-fall der Generalstaaten zu kompensieren, beorderte er daher Turenne (ge-gen dessen eigene Pläne, den Krieg gegen die Kaiserlichen an der Seite Wrangels fortzuführen
Am 26. April 1647 teilte Mazarin Servien vertraulich mit, Turenne komme offenbar nur widerwillig der Rückbeorderung aus dem Reich nach, doch zog er die schließliche Aus-führung der königlichen Order durch den Feldmarschall nicht in Zweifel (vgl.
[nr. 246] ).
) am 14. April 1647 über den Rhein in die Spa-nischen Niederlande
Chéruel,
Minorité II, 329ff.
. Bevor Turenne den Rhein überschritt, fügte er je-doch Kurmainz und Hessen-Darmstadt noch schwere Schäden zu.
In den Spanischen Niederlanden war die französische Armee von Beginn an in der Defensive. Obwohl Servien bereits Monate zuvor auf die Be-deutung der Feldzugsvorbereitungen und einen frühen Beginn der Kam-pagne hingewiesen hatte, gelang es Mazarin trotz allen Einsatzes nicht, den avisierten Termin
Der Beginn der französischen Kampfhandlungen in den Niederlanden war auf den 1. Mai 1647 festgelegt worden, gleichzeitig wurde die Reise des Hofes an die niederländische Grenze angekündigt (vgl. nr. 219).
zur Eröffnung der Kampagne einzuhalten. Auch
[p. LXXXVI]
[scan. 86]
durch die Tatsache, daß der Hof, um die eigenen Offiziere zur Eile anzu-halten, in die Nähe des Kriegsschauplatzes, nach Amiens, gereist war, konnte nicht verhindert werden, daß die Spanier unter dem Oberkom-mando von Erzherzog Leopold Wilhelm den Feldzug eröffneten – trotz der inständigen Mahnungen Serviens, dies unter allen Umständen zu ver-hindern. Aufgrund ihrer Stärke mußte Mazarin sogar eine spanische Inva-sion in Frankreich fürchten
Chéruel,
Minorité II, 333.
. Seit dem 11. Mai 1647 belagerten die Spanier Armentières
Vgl. nr.n 277, 278 sowie Servien an die Generalstaaten (frz.), [Den Haag] 1647 Mai 18; Kopie:
AE
,
CP
Holl.
41 fol. 302–305; Konzept, z.T. eigh.:
AE
,
CP
Holl.
41 fol. 299–301.
und nahmen den Platz am 4. Juni ein. Die französischen Marschälle Gassion und Rantzau waren derart zerstritten, daß man ihnen mit Villeroi einen dritten zur Seite stellte
Mazarin an Longueville, Amiens 1647 Juni 1; Kopie:
AE
,
CP
All.
100 fol. 206–206’; Konzept:
AE
,
CP
All.
84 fol. 25; Regest:
Mazarin,
Lettres II, 904.
und ihnen befahl, sich bis zum Eintreffen Turennes zurückzuhalten
Damit werde in den nächsten 14 Tagen gerechnet, bekundete der Hof (vgl.
[nr. 298] ).
. Erst ab Juli gelang es Gassion und Rantzau, einige Erfolge zu verbuchen
Bazin
III, 352f;
Chéruel,
Minorité II, 332–337;
Lonchay,
124ff.
. Derweil hatte Turenne schon seit April wegen ausstehender Soldzahlungen Schwierigkeiten, die Disziplin in der Weimarischen Truppe aufrechtzuerhalten
D’Avaux zweifelte bereits am 4. März an der künftigen Zuverlässigkeit der Weimarer Armee (vgl.
[nr. 157] ). Mitte Mai deuteten sich verschärft disziplinarische Probleme in der Armee Turennes an: Mehrere Soldzahlungen standen aus, und Turenne gab zu bedenken, die Truppen würden verärgert sein, ihre gegenwärtigen guten Quartiere verlassen zu müssen, um den Rhein zu überqueren (vgl.
[nr. 277] ).
. Im Juni weigerte sie sich, Turenne nach Luxemburg zu folgen. Mit ihrer Meuterei
Zu ihrer Vorgeschichte seit dem Ulmer Waffenstillstand und ihrem Verlauf vgl.
Turenne, Mémoires, 408–416;
Bérenger, Turenne, 241–251; zum grundsätzlichen Problem der Kontrolle der Weimarer Armee vgl.
Croxton, 82.
, die Turenne zwang, seinen Marsch abzubrechen, schwanden die großen Hoffnungen, die Mazarin auf seinen Einsatz gegen die Spanier gesetzt hatte
Bazin III,
350f;
Chéruel,
Minorité II, 337–345.
; Mazarin empfand dies als bittere Niederlage, die er noch ein Jahr später beklagte
. In den Korrespondenzen der vorliegenden Edition schlägt die Revolte der Weimarer sich noch nicht nieder, weil sie erst später bekannt wurde
Am französischen Hof am 25. Juni 1647 (
ebd., 342), bei der französischen Gesandtschaft in Münster am 28. Juni 1647 (Longueville und d’Avaux an Servien, Münster 1647 Juni 28; Ausfertigung:
AE
,
CP
All. 100 fol. 370–371) und bei Servien in Den Haag zwischen dem 27. Juni und dem 1. Juli 1647 (Servien an Longueville und d’Avaux, [Den Haag] 1647 Juli 1; Duplikat, vielleicht unvollständig:
AE
,
CP
All. 88 fol. 455–457; vgl. auch derselbe an dieselben, Den Haag 1647 Juni 27; Duplikat [für Mazarin]:
AE
,
CP
Holl. 44 fol. 568–569’).
. Fas-sen läßt sich in ihnen dagegen die Hoffnung, bald durch Turennes Eintref-fen auf dem niederländischen Kriegsschauplatz einen völligen Umschwung
[p. LXXXVII]
[scan. 87]
der militärischen Lage zu erleben
Mazarin schrieb am 1. Juni sogar, die Hoffnungen der Spanier würden mit Gewißheit ein für sie selbst tragisches Ende nehmen, und rechnete fest mit dem baldigen Eintreffen Tu-rennes (vgl.
[nr. 302] ); auch am 8. Juni vertraute er noch darauf (vgl. nr. 319). Longueville und d’Avaux äußerten am 10. Juni ihre Hoffnung auf die baldige Wende der militäri-schen Lage zum Nachteil Spaniens durch die Verstärkung der französischen Armee in Flandern (vgl. nr. 320). Servien erwartete am 10. Juni eine Änderung des Verhaltens der Spanier bei den voraussichtlichen militärischen Erfolgen der Franzosen in Katalonien und den Spanischen Niederlanden, die beim Eintreffen Turennes unausweichlich seien (vgl.
[nr. 323] ); auch am 11. Juni baute Servien auf das Eintreffen der Armee Turennes (vgl. nr. 325), ebenso Brienne und Mazarin am 22. Juni (vgl.
[nr.n 338] , 342), Longueville und d’Avaux am 24. Juni (vgl.
[nr. 344] ). Der Hof rechnete am 22. Juni fest mit der Ankunft Turennes in Flandern binnen vier bis sechs Tagen (vgl.
[nr.n 339] ,
[342] ).
, bisweilen auch die Unruhe angesichts seines langsamen Vormarsches bei zunehmenden spanischen Erfolgen
Zur Besorgnis über die Untätigkeit der Armee Turennes vgl. z.B.
[nr. 296] .
. In Italien gab es außer einem französischen Sieg in einem Seegefecht vor Nea-pel im Mai 1647
keine nennenswerten militärischen Vorkommnisse.
Auf den katalanischen Kriegsschauplatz setzte man in Frankreich 1647 besonders große Hoffnungen. Mit Enghien, der nach dem Tode seines Va-ters den Titel
prince de Condé führte, entsandte man am 23. März 1647 einen der berühmtesten Feldherrn des Landes
. Sein Einsatz in Katalo-nien sollte ein Signal für die französische Bereitschaft zur Unterstützung der Katalanen sein und deren befürchteter Abkehr von Frankreich ent-gegenwirken
Chéruel,
Minorité II, 312. – Zu einer anderen zeitgenössischen Interpretation vgl. aber
Béguin,
97.
. Auch das Jahr 1647 brachte aber einen französischen Miß-erfolg vor Lérida; eine neuerliche Belagerung der Stadt seit dem 27./28. Mai 1647, die diesmal von Condé persönlich geleitet wurde, mußte am 17. Juni
Bazin III, 349f, datiert die Aufhebung der Belagerung auf den 18. Juni.
wiederum erfolglos aufgehoben werden. Die politischen Folgen wogen diesmal noch schwerer als im Herbst 1646
Damals hatte die Niederlage das Vertrauen Mazarins auf die Überlegenheit Frankreichs nicht erschüttern können; vgl.
Chéruel, Minorité II, 306.
, vor allem aufgrund der Kritik, die sich in Frankreich gegen Mazarin erhob. Die Aufhebung der Belagerung fand dort einen starken publizistischen Niederschlag, Ma-zarin und Condé waren Gegenstand zahlreicher satirischer Schriften; un-ter ihren Autoren finden sich namhafte Persönlichkeiten, von denen meh-rere verhaftet, andere zum Exil gezwungen wurden
Ebd., 350–361, mit mehreren namentlichen Nachweisen zu den Autoren der Pamphlete.
.
Dieser Rückschlag Condés wurde aber in den Korrespondenzen unseres Editionszeitraumes noch nicht politisch wirksam; erst am Abend des
29. Juni 1647 erhielt man in Paris Kunde hiervon
. Die sich bedrohlich zuspit-zende militärische Defensivlage Frankreichs gegenüber Spanien konnte durch den am 7. Juli 1647 in Neapel ausbrechenden Masaniello-Aufstand
[p. LXXXVIII]
[scan. 88]
entschärft werden; dieser wurde am 24. Juli am französischen Hof bekannt und erfüllte Mazarin mit höchster Freude
. Nach dem venezianischen Bot-schafter in Paris, Nani, war diese Freude in ihrem Ausmaß unerklärlich und der Bedeutung der Vorgänge in Neapel nicht angemessen
So Nani in einem Brief vom 30. Juli 1647; zit.
ebd., 377 Anm. 2.
; man darf sie vermutlich als Folge der extremen Anspannung sehen, unter der Mazarin angesichts der französischen Mißerfolge an allen Fronten bis Juni 1647 ge-standen hatte und die sich jetzt mit einem Schlag zu lösen schien.
Einstweilen befand sich Frankreich aber bis einschließlich Juni 1647 militä-risch in einer sehr schwierigen Situation. Nach den Spannungen mit Schwe-den
Die Schweden hatten den Rückzug Turennes zwar mit Fassung getragen, Äußerungen Wrangels gegen Turenne verrieten allerdings aufgrund der unterschiedlichen Interessen-lagen neben diplomatischen auch militärische Spannungen mit dem schwedischen Alliier-ten im Reich (vgl.
[nr. 300] ).
und den Generalstaaten erwies sich zur Überraschung Mazarins auch Portugal als unzuverlässiger Partner: Es weigerte sich, seine Kriegsschiffe mit der französischen Flotte zu vereinen
. Die entscheidende Schwächung der Militärmacht und damit der Verhandlungsposition Frankreichs kam aber aus den Niederlanden. Denn sie waren der für Frankreich wichtigste Kriegs-schauplatz
. Die Bündnistreue der Generalstaaten, so betonte Servien, sei wesentlich für die Durchsetzung der französischen Positionen im allgemei-nen Frieden. Wenn Frankreich dort Stärke zeigen müsse, dann in erster Linie nicht, um Vorteile über seine Feinde zu erringen, sondern um die Verbünde-ten in der Pflicht zu halten. Gelinge dies, dann werde Frankreich im Frieden sowieso alles bekommen, und aus diesem Grunde sei eben der niederlän-dische Kriegsschauplatz wichtiger als Katalonien oder selbst Italien
Vgl. ebd. Das Reich als Kriegsschauplatz erwähnt Servien nicht einmal.
. Die von Servien befürwortete Demonstration der Stärke gelang jedoch nicht.
b. Die Verhandlungen Serviens über eine niederländische Teilnahme am Feldzug
Die spanisch-niederländischen Provisional-Artikel bedeuteten faktisch mehr, als ihre Form erkennen ließ. Die Vereinigten Provinzen konnten sich noch im Frühjahr 1647 über die letzten an Spanien zu stellenden, in den Provisional-Artikeln vom 8. Januar 1647 nicht berücksichtigten For-derungen einigen, die das Oberquartier von Geldern, die Meierei ’s-Her-togenbosch, die Festungen in Flandern und Westindien betrafen
Vgl.
Arend, 706–711, 729ff. Servien berichtete darüber am 20. Mai 1647 (vgl.
[nr. 282] ).
. D’Avaux sprach am 24. Juni 1647 in bezug auf die Provisional-Artikel von einer Waffenruhe
(cessation)
. Auch in der Historiographie sind sie
[p. LXXXIX]
[scan. 89]
daher mit rechtlich verbindlicheren Bezeichnungen belegt worden;
Ché-ruel spricht in Parallele zum Ulmer Waffenstillstand davon, Spanier und Niederländer hätten ihrerseits zuvor einen Waffenstillstand geschlossen
Chéruel, Minorité II, 329. Die Unterzeichnung der Provisional-Artikel ist in der Lite-ratur auch als Paraphierung des Friedensvertrages bezeichnet worden (vgl. z.B.
Groen-veld, Nederlaag, 124).
. Dies ist zwar rechtlich unzutreffend, kennzeichnet jedoch korrekt die fak-tische Situation; bereits Anfang Februar 1647 wies Longueville auf die de-monstrative Bekundung spanischer Sorglosigkeit bei der Grenzsicherung zu den Vereinigten Provinzen hin
.
Angesichts des Ausfalles des traditionellen Verbündeten faßte Servien am 12. Februar 1647 eine eventuelle Truppenvereinigung Turennes mit Her-zog Karl IV. von Lothringen und eine gemeinsame Eroberung Luxem-burgs ins Auge; ohne eine solche Maßnahme, die ebenso von Mazarin er-wogen wurde
Vgl.
[nr. 154] zu Verhandlungen mit Herzog Karl IV. von Lothringen, um durch seine Ge-winnung gegebenenfalls den Abfall des niederländischen Bündnispartners zu kompensieren.
, seien die militärischen Aussichten in den Niederlanden äußerst ungünstig
. Daher kam Servien am 19. Februar 1647 in einem Schreiben an Mazarin erneut auf die von ihm vorgeschlagene gemeinsame Eroberung Luxemburgs mit Herzog Karl IV. zurück und regte den später tatsächlich umgesetzten Plan einer Trennung der Armee Turennes von den Schweden an, deren Zurückbeorderung über den Rhein er, schon vor dem Abschluß des Ulmer Waffenstillstandes, im Falle einer bayerischen Nichtangriffszusage für ungefährlich hielt
. Die Rückbeorderung der Ar-mee Turennes wurde von allen französischen Gesandten gefordert, im einzelnen aber aus durchaus unterschiedlichen Erwägungen: Servien be-gründete sie vornehmlich mit der Notwendigkeit, Spanien im kommenden Feldzug die Stirn zu bieten und damit auch die Generalstaaten gefügig zu machen, d’Avaux hingegen wollte sie im Rahmen einer eigenständigeren französischen Reichspolitik als Druckmittel gegen die Schweden und na-mentlich gegen ihre Gravaminaforderungen einsetzen. Der Tod des Prin-zen Friedrich Heinrich von Oranien, der am 14. März 1647 verstorben war, gab am französischen Hof Ende März wieder Anlaß zur Zuversicht bezüglich einer niederländischen Teilnahme am Feldzug, die etwaige spa-nische Hoffnungen auf eine Separation der Generalstaaten von Frankreich oder auf wachsende militärische Schwierigkeiten für die Franzosen im Reich von vornherein enttäuschen würde
. Mazarin äußerte jedoch, von Friedrich Heinrichs Sohn, Prinz Wilhelm II. von Oranien, sei schon we-gen der fehlenden Unterstützung durch die Provinz Holland militärisch nichts zu erwarten
.
[p. XC]
[scan. 90]
Servien war seit Januar 1647 zu Feldzugsverhandlungen mit den General-staaten bevollmächtigt. Er schob eine Proposition jedoch immer wieder heraus, weil er sie für wenig erfolgversprechend hielt. Zur gleichen Zeit, als Pauws Ankunft in den Generalstaaten die französische Verhandlungs-position und Glaubwürdigkeit merklich geschwächt und die Provinz Hol-land sich intransigenter denn je gezeigt hatte, entschloß sich Servien auf Anraten Prinz Wilhelms II., den Generalstaaten die seit seiner Ankunft in Den Haag aufgeschobene Proposition zum Abschluß eines Feldzugsver-trages vorzulegen. Er hoffte, die Vorschläge mit Unterstützung der übri-gen Provinzen gegen Holland durchbringen zu können; sie wurden jedoch von den Generalstaaten zur Beratung in die einzelnen Provinzen verwie-sen, womit aus zeitlichen Gründen die niederländische Teilnahme zumin-dest am Beginn des Feldzuges bereits ausgeschlossen war
. Mehr noch als die Sache an sich war die Art und Weise bezeichnend, wie Frankreich mit dieser Proposition Schiffbruch erlitt; der Prinz von Oranien, der Servien zu ihrer Unterbreitung geraten hatte, war entgegen seiner ursprünglichen Absicht erst gar nicht zu der Sitzung der Generalstaaten erschienen, bei der sie debattiert werden sollte, nachdem er von dem Unwetter erfahren hatte, das sich zusammenbraute. Prinz Wilhelm II. war Servien in jenen Apriltagen des Jahres 1647 keine große Hilfe, zumal er Rücksicht auf die Provinz Holland nehmen mußte, die zögerte, ihm die Statthaltervoll-machten zu übertragen, um, wie Servien vermutete, den Prinzen politisch zu zügeln; sogar von einer grundsätzlichen Beschneidung seiner Amts-befugnisse war die Rede, die durch eine Sonderinstruktion geregelt wer-den sollten
. Der Hof reagierte auf diese Neuigkeit, wie auch auf die üb-rigen schlechten Nachrichten aus Den Haag mit Vertrauens- und Lobes-bezeigungen gegenüber Servien, der durch seine Mißerfolge anfechtbar geworden war, aber auf die Protektion Mazarins zählen konnte.
Die Generalstaaten selbst hatten im Gegensatz zu Prinz Wilhelm II.
Das Haupthindernis für die Beteiligung der Generalstaaten am Feldzug war nach Servien ihre Furcht, Prinz Wilhelm II., der nach Kriegsruhm strebte, werde den Krieg in einer von ihnen nicht zu kontrollierenden Weise fortführen und ihnen selbst werde dadurch die militärische und politische Autorität entgleiten (vgl.
[nr. 325] ). Servien bedauerte den durch des Prinzen Kriegspolitik nicht nur ihm selbst, sondern auch Frankreich entstandenen Schaden (vgl.
[nr. 239] ).
in einem Feldzug nichts zu gewinnen, denn sie waren gegenüber Spanien saturiert. Das erkannte auch Servien. Sie hatten im übrigen kein Interesse an Erfolgen Frankreichs – im Gegenteil: Am 28. Mai, als die Spanier Ar-mentières belagerten, beklagte Servien, die Niederländer freuten sich mehr über diese Belagerung als über den eigenen Gewinn einer der besten Städte der Spanischen Niederlande
. Eine Idee Serviens, um die General-staaten doch noch zur Teilnahme am Feldzug zu bewegen, war es, ihnen
[p. XCI]
[scan. 91]
Angriffe auf und dauerhaften Besitz von Plätzen aus dem französischen Teilungsbereich
in den Niederlanden zu gestatten. Aber eine Überlas-sung Dünkirchens an die Prinzessin von Oranien lehnte Servien rundweg ab, obwohl Frankreich mit dessen Besitz in Handelsrivalität zu Seeland getreten war, was das französisch-niederländische Verhältnis schon seit 1646 belastete
Chéruel,
Minorité II, 258f.
. Nach der Einschätzung
Chéruels
war die französi-sche Einnahme Dünkirchens einer der Gründe, welche die Generalstaaten zum Bruch des Bündnisses mit Frankreich bewogen. Ende April glaubte Servien, ein Feldzug mit den Generalstaaten komme wider Erwarten doch noch zustande; er beging jedoch den Fehler, auf die Stimmenmehr-heit in den Generalstaaten zu setzen: Fünf der sieben Provinzen hätten sich für Frankreich ausgesprochen, obwohl man nur vier brauche
. Als entscheidend erwies sich jedoch, daß Servien Holland nicht für einen Feld-zug gewinnen konnte, denn in den Generalstaaten war eine solch wichtige Resolution wie die zum Feldzug nur einstimmig zu erreichen und schon gar nicht gegen Holland, das allein über die Hälfte der Finanzen auf-brachte
Dies erkannte schließlich auch Servien (vgl.
[nr. 262] ).
.
Eine größere Militäraktion von niederländischer Seite war also ohne Be-teiligung Hollands nicht zu erwarten; dennoch bekundete Servien gegen-über Mazarin die hohe Bedeutung einer noch so geringen Anstrengung der Generalstaaten, denn damit werde neben ihrem (wenn auch gerin-gem) militärischem Wert dem Volk in den Niederlanden der Glaube ge-nommen, sein Friede mit Spanien sei schon geschlossen
. Doch für seine Bitte an die Generalstaaten um ein militärisches Ablenkungsmanöver konnte er nur die Stimmen Seelands und Utrechts gewinnen
. Im Mai schien es vorübergehend, als sollte Prinz Wilhelm II. von Oranien doch noch an der Seite Frankreichs in den Feldzug eingreifen
Er zog zwanzig Kompanien Infanterie und sechs Kompanien Kavallerie an der flä-mischen Grenze zusammen (
ebd., 721).
. Verdächtigun-gen gegen den Prinzen wegen seines Einvernehmens mit Frankreich führ-ten jedoch zu einem großen Aufruhr in der Provinz Holland gegen seine Pläne, deren Durchführung Servien daher von Beginn an unwahrschein-lich erschien
. Tatsächlich mußte Wilhelm II. auf holländischen Druck die gerade zur Grenze beorderten Truppen unverzüglich wieder zurück-ziehen
Holland drohte, ihn gegebenfalls nicht als Statthalter einzusetzen (
Arend, 721; vgl. auch
[nr. 239] ).
.
[p. XCII]
[scan. 92]
Die Generalstaaten blieben schließlich – trotz weiterer Bemühungen Ser-viens – dem Feldzug fern
Letztlich freute sich sogar Prinz Wilhelm II. von Oranien über die Nichtteilnahme der Generalstaaten am Feldzug, allerdings in der irrigen Annahme, daraus werde eine Ver-längerung des Krieges, an der ihm gelegen war, resultieren (vgl.
[nr. 297] ).
, ja nicht einmal ihre Truppen durfte Frank-reich abwerben
. Servien fürchtete im übrigen, daß die 22 Kriegsschiffe, welche die Generalstaaten 1647 zu unterhalten beschlossen, weniger zum Kampf gegen den Kriegsfeind Spanien bestimmt waren als gegen einen eventuellen französischen Machtzuwachs an der flandrischen Küste
.
Im Mai 1647 beschlossen die Generalstaaten, keine Subsidien mehr von Frankreich anzunehmen und ihre Armee auf eigene Kosten zu unterhal-ten, um politisch und militärisch von den Franzosen unabhängig zu sein
Durch Resolutionen der Generalstaaten vom 4., 21. und 22. Mai sowie vom 22. Juni 1647; dazu durch die Resolutionen der Staaten von Holland vom 11., 12. und 18. April sowie vom 3., 9., 17., 21. und 25. Mai 1647 (vgl.
Arend, 731).
. Ende Mai sah daher auch Servien selbst keine Aussicht mehr auf eine Feldzugsbeteiligung der Generalstaaten; er formulierte die Verhinderung ihres Separatfriedens als einziges realistisches Ziel. Die Generalstaaten warteten, so urteilte er, den Ausgang der französisch-spanischen Traktate in Münster ab
. Vor allem aus dem militärischen Übergewicht der Spa-nier resultierte seiner Ansicht nach die Schwäche der profranzösischen Partei in den Niederlanden
.
Servien baute im Frühjahr 1647, als die Hoffnung auf niederländische Hilfe wegen des hartnäckigen holländischen Widerstandes
Die Provinz Holland hatte bereits am 6. Februar 1647 in den Generalstaaten durch ihre Abgeordneten erklären lassen, nicht am Feldzug teilnehmen zu wollen (vgl.
[Anm. 10 zu nr. 117] ). Am 13. April 1647 erneuerte sie ihre Erklärung vor den Generalstaaten, in de-nen ihre Provinzial-Deputierten vollzählig erschienen waren, stieß damit aber auf Be-denken der übrigen Provinzen (
Arend, 718f).
mit der fort-schreitenden Jahreszeit mehr und mehr schwand, auf starke französische Militärpräsenz und das Erscheinen Turennes in den Niederlanden, um die Generalstaaten gegenüber den französischen Forderungen zum Einlenken zu zwingen
. Zwar hatte er auch zuvor eine starke französische Militär-macht gefordert (und für die Umsetzung seiner Politik vorausgesetzt), aber nunmehr wurde der feste Glaube
Dessen Bekundungen schließen nicht aus, daß Servien, der nachhaltig die notwendige eigenständige Feldzugsvorbereitung Frankreichs betonte, für den Fall ihres Versäumnis-ses einen verheerenden militärischen Mißerfolg befürchtete (vgl.
[nr. 311] ). Dennoch mahnte Servien Brienne am 19. Juni zur Festigkeit gegenüber Spanien und zeigte sich zuversichtlich, daß die militärische Lage sich bald zugunsten Frankreichs wenden werde (vgl.
[nr. 336] ); Mazarin riet er am selben Tage von Konzessionen bei den Verhandlungen zum Garantie- sowie zum allgemeinen Friedensvertrag vor der Verstärkung der könig-lichen Armee ab, da die Verhandlungsergebnisse völlig von der weiteren militärischen Entwicklung abhängig seien (vgl.
[nr. 337] ). Auch d’Avaux urteilte am 24. Juni, neben die Notwendigkeit für den Kaiser, Frieden zu schließen, und das Interesse der Reichs-stände am Friedensschluß müßten militärische Erfolge Frankreichs in Flandern oder Ka-talonien treten, damit französische Konzessionen gegenüber Spanien wieder Früchte tra-gen könnten (vgl.
[nr. 346] ).
an deren Realisierung zum Fun-
[p. XCIII]
[scan. 93]
dament, auf das allein er seine Politik gründete und mit dem diese stand und fiel. Dies tat Servien, obwohl er selbst die Fragilität der militärischen Position Frankreichs sah und Mazarin davor warnte, durch einen einzigen militärischen Mißerfolg alle Früchte des Krieges zu verlieren, wie es Frankreich auch in den vorhergehenden Kriegen durch eine einzige Schlacht widerfahren sei
.
Wenn man die politische Intransigenz Frankreichs gegenüber den Gene-ralstaaten im Jahre 1647 und die Bereitschaft betrachtet, es eher auf einen Feldzug ohne die Niederländer ankommen zu lassen, als ihnen in auch nur einem einzigen wichtigen Punkte nachzugeben, muß jedoch berück-sichtigt werden, daß Frankreich schon 1646 weitgehend ohne niederlän-dische Unterstützung hatte auskommen müssen und trotz hoher Verluste einen insgesamt erfolgreichen Flandern-Feldzug geführt hatte. 1646 war zu einem der ruhmreichsten Jahre der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. geworden
Chéruel,
Minorité II, 306.
. Ein ähnlicher Coup wie die Einnahme der Stadt Kortrijk, die im Juni 1646 auch ohne niederländischen Beistand gelungen war und Mazarin nachhaltig beeindruckt hatte
Vgl.
Tischer,
Einleitung, XLII mit Anm. 14.
, wurde zwar in den Korrespon-denzen des Jahres 1647 mehrfach beschworen, gelang aber tatsächlich nicht. Die Erfolge des Vorjahres ließen sich nicht wiederholen. Die schlechte militärische Lage Frankreichs in Flandern, die sich seit Mai und besonders im Juni 1647 abzeichnete, hatte laut Servien eine verheerende Wirkung auf die Stimmung in den Vereinigten Provinzen. Er unterstrich einerseits die unbedingte Notwendigkeit großer Anstrengungen zur Behe-bung des entstandenen Schadens, mutmaßte aber andererseits am 11. Juni, dieser könnte bereits irreparabel sein. Gelinge eine Wendung der militäri-schen Situation nicht, werde Frankreich weder seiner Feinde noch seiner Verbündeten Herr werden und entweder gar keinen Frieden oder einen Frieden zu nachteiligen Bedingungen schließen
. Doch nicht genug da-mit, daß die Generalstaaten keinen Feldzug beschlossen: Der spanische Agent in den Generalstaaten, Philippe Le Roy, war am 4. Mai 1647 von der Brüsseler Regierung durch Erzherzog Leopold Wilhelm zu Friedens- und Waffenstillstandsverhandlungen mit den Generalstaaten in Den Haag bevollmächtigt worden
Text der Vollmacht:
Aitzema,
Historia Pacis, 566f (lat.);
Aitzema,
Vreede-Handeling, 359f (frz.).
. Am 15. Juni 1647 publizierte Erzherzog
[p. XCIV]
[scan. 94]
Leopold Wilhelm im Feldlager vor Armentières ein Mandat, das weitere Feindseligkeiten gegen Schiffe der Vereinigten Provinzen untersagte
Text:
Aitzema,
Historia Pacis, 566 (lat.);
Aitzema,
Vreede-Handeling, 358f (frz.);
Ait-zema,
Vreede-Handeling (1653), 214f (ndl.); vielleicht stammt es schon vom 5.
; am 24. Juni 1647 wurde in Brügge ein gleichlautendes Mandat veröffent-licht
Text:
Knuttel
nr. 5483 (ndl.).
. Damit zeichnete sich eine weitere spanisch-niederländische Annä-herung ab. Die Generalstaaten weigerten sich am 15. Juni zunächst sogar, Servien schriftlich zu bestätigen, daß sie keine formellen Waffenstillstands-verhandlungen mit Spanien führten; eine solche Bescheinigung stellten sie auf dessen erneutes Ersuchen dann aber doch noch aus
.
Dies waren für Serviens Garantieverhandlungen
Als am 11. Juni die Deputierten sämtlicher Provinzen noch immer nicht in Den Haag anwesend waren, urteilte Servien, es bestehe keine Aussicht auf eine Entschließung ihrer-seits bei einem fortbestehenden Kräftegleichgewicht zwischen Spanien und Frankreich in den Niederlanden; nur eine französische militärische Übermacht werde voraussichtlich ihr Einlenken bewirken (vgl.
[nr. 324] ). Aber noch nicht einmal das angebliche Gleichge-wicht der Kräfte existierte.
wie für die franzö-sisch-spanischen Verhandlungen in Münster
Peñaranda verbreitete damals auf dem Kongreß das Gerücht, die Spanier würden gar Arras belagern (vgl.
[nr. 346] ).
denkbar schlechte Rahmen-bedingungen in einem Augenblick, in dem der Ausgang des Feldzuges von entscheidender Bedeutung für das Einlenken der Verbündeten wie der Gegner zu sein schien
.
III. Verhandlungsmodalitäten und Friedensvermittlung
Der Modus, nach dem auf dem Westfälischen Friedenskongreß und in Den Haag 1646/1647 verhandelt wurde, ist für das Verständnis der Ver-handlungen selbst wichtig. Zudem wurde er in den französischen Korre-spondenzen jener Zeit mehrfach erörtert
Zum Problem der Friedensvermittlung allgemein, das hier nicht abzuhandeln ist, vgl.
Duchhardt, Friedensvermittlung; zum Westfälischen Friedenskongreß
Repgen, Frie-densvermittlung. Die Einschaltung Dritter in die Verhandlungen zwischen den Parteien wird von der Völkerrechtswissenschaft in verschiedene Kategorien geteilt, die in der fran-zösischen Rechtsterminologie mit den Begriffen
bons offices, médiation und
arbitrage als Formen der
négociations bénévoles oder
à l’amiable differenziert werden (
Pradier
-
Fo-déré I, 501–509). Diese Begriffe werden in den vorliegenden Korrespondenzen weniger streng unterschieden als nach den klassischen Definitionen der Diplomatie des 19. Jahr-hunderts mit ihren institutionalisierten Vermittlungsformen. Zur bis zum Westfälischen Friedenskongreß erschienenen Literatur
de pace und
de mediatione und zum geringen Institutionalisierungsgrad der zwischenstaatlichen Vermittlung vor 1648 vgl.
Repgen, Friedensvermittlung, 700–703; zum Begriff des
arbiter ist zudem auf die noch unge-druckte Habilitationsschrift von Christoph Kampmann zu verweisen.
. Hierbei sind zu unterscheiden: 1) die französischen Verhandlungen mit dem Kaiser; 2) diejenigen mit Spanien, soweit sie in Münster geführt wurden; 3) die Guten Dienste
[p. XCV]
[scan. 95]
d’Avaux’ bei den Verhandlungen in Osnabrück in der ersten Jahreshälfte 1647; 4) die Garantieverhandlungen Serviens in Den Haag; 5) die franzö-sischen und spanischen Vorschläge für ein niederländisches Schiedsgericht in Den Haag im Frühjahr 1647.
Ad 1: Intensive Verhandlungen mit den Kaiserlichen wurden in Münster nur im Mai und Juni 1647 geführt; sie fanden, wie zuvor, unter päpst-licher und venezianischer Mediation statt. Darüber hinaus sind die regel-mäßigen persönlichen Kontakte zwischen Trauttmansdorff und d’Avaux in Osnabrück bemerkenswert; hierbei handelte es sich zwar, soweit das französisch-kaiserliche Verhältnis betroffen war, nicht um formelle Ver-handlungen, sondern um informelle Gespräche, in denen man vorab be-stimmte Positionen sondieren wollte, etwa in bezug auf die von den Franzosen gewünschte Verpflichtung des Kaisers, Spanien nach einem Friedensschluß nicht zu assistieren. Da es sich nicht um Verhandlungen handelte, wurden verbindliche Ergebnisse weder erzielt noch überhaupt gesucht; direkte Gespräche dienten der Vorbereitung und Begleitung der Verhandlungen.
Ad 2: Auch in den französisch-spanischen Verhandlungen gab es keine Abkehr vom Prinzip der päpstlich-venezianischen Mediation, neben die seit September 1646 die niederländische Interposition getreten war. Jedoch gab es hier, anders als in den Verhandlungen mit dem Kaiser, im Editions-zeitraum durchaus Überlegungen, von der hergebrachten Verhandlungs-weise abzurücken. Servien befürwortete direkte Verhandlungen mit den Spaniern und hielt die Einschaltung von Vermittlern generell für nachtei-lig
. Damit stand er durchaus in Übereinstimmung mit Mazarin, der sich gegenüber direkten Verhandlungen mit der Gegenpartei 1646 auf-geschlossen gezeigt, über die Mediatoren dagegen kritisch geäußert hat-te
Vgl. z.B. das Memorandum Mazarins für Longueville, d’Avaux und Servien, Amiens 1646 Mai 30 (Druck:
APW II B 3 nr. 294): Darin bezeichnet er die Mediatoren gar als größte Feinde Frankreichs und regt ihren formellen Ausschluß zugunsten direkter fran-zösisch-spanischer Verhandlungen an.
. Die französischen Gesandten auf dem Kongreß hatten darauf eine zurückhaltendere Stellungnahme abgegeben
. Nachdem französisch-spa-nische Direktverhandlungen nicht zustandegekommen waren
Dieser französische Vorstoß war im Juni 1646 an spanischem Widerstand gescheitert (
Ti-scher, 96f mit Anm. 235).
und sich die Generalstaaten seit Juni/Juli 1646
de facto in die französisch-spa-nischen Verhandlungen (vom 22. September 1646 an mit der ausdrück-lichen Zustimmung der Verhandlungsparteien) als Vermittler eingeschal-tet hatten
Repgen,
Friedensvermittlung, 707.
, führte diese Stellungnahme zwar zu einer weitgehenden Ein-schränkung der Mediation durch Chigi und Contarini, vermied aber ihren förmlichen Ausschluß von der Vermittlung. Zur besseren Unterscheidung
[p. XCVI]
[scan. 96]
von der päpstlich-venezianischen „Mediation“ bezeichnen wir in dieser Einleitung
Sowie in den Regesten, im Sachkommentar und bei den Aktenbezeichnungen, soweit dadurch Uneinheitlichkeiten in der Quellenterminologie nicht nivelliert werden. Der Be-griff „Vermittlung“ dient uns als Sammelbegriff.
die niederländische Vermittlung, der zeitgenössischen Termi-nologie folgend, als „Interposition“
In den Korrespondenzen des vorliegenden Bandes werden mit dem Begriff (Messieurs) les Médiateurs
fast immer die Mediatoren Chigi und Contarini bezeichnet, die Nieder-länder dagegen – auch in ihrer Funktion als Vermittler – als Gesandte der Generalstaa-ten (vgl. z.B.
[nr. 111] ) oder aber als
interpositaires
oder entremetteurs;
selten ist ihre Be-zeichnung als nouveaux médiateurs
im Gegensatz zu den anciens médiateurs
Chigi und Contarini. Zur französischen Terminologie vgl. auch
Tischer, 79
Anm. 146 und, betr. die niederländische Vermittlung,
ebd.,
84 Anm. 174.
.
Nachdem die Mediatoren von der zunächst geheimgehaltenen niederlän-dischen Interposition erfahren hatten, wiesen die französischen Gesandten sie im Dezember 1646 daher ausdrücklich darauf hin, daß man erklärt habe, den Abschluß des Vertrages nur auf dem Wege der ordentlichen Vermittlung
In nr. 36: médiation ordinaire.
vollziehen zu wollen, das heißt über Chigi und Contarini, und setzten sie im einzelnen über die geklärten und ungeklärten Verhand-lungsgegenstände in Kenntnis
. Mazarin wies Servien darüber hinaus, nach Abstimmung mit den anderen Gesandten, zu kontinuierlichen Un-terredungen mit Brun an
Nr. 19. Auch d’Avaux hatte direkte Kontakte zu Brun (vgl. nr. 201).
. Zu Direktverhandlungen mit Spanien kam es jedoch wiederum nicht; direkte Kontakte blieben im unverbindlichen Rahmen von Gesprächen, eigentliche Verhandlungen wurden dabei nicht geführt. Es gab aber 1646/1647 durchaus weitere diesbezügliche Über-legungen Mazarins
Der zu erwartende Nutzen direkter Verhandlungen mit den Gegenparteien wurde von Mazarin Anfang Februar 1647 erneut betont (vgl. nr. 97); auch Mitte März kam Maza-rin wieder explizit auf seinen alten Gedanken zurück, direkt (ohne Mediatoren) zu ver-handeln (vgl. nr. 178). Die Vermittlung durch die Mediatoren erschien Mazarin vor al-lem deshalb wenig erfolgversprechend, weil jene seiner Ansicht nach den Frieden um jeden Preis suchten, ohne den französischen (Sicherheits-)Interessen angemessen Rech-nung zu tragen; daher erhielt d’Avaux die Anweisung, nach seiner Rückkehr nach Mün-ster direkten Kontakt bzw. Umgang
(commerce) mit einem spanischen Gesandten zu suchen (vgl. nr. 180); von Verhandlungen (diesen hätte der Begriff
négociations entspro-chen) war in diesem Zusammenhang allerdings nicht die Rede.
und im Dezember 1646 einen (allerdings im Keim erstickten) Versuch Serviens, über kontinuierliche Kontakte Verhandlun-gen mit Brun einzuleiten
Vgl. nr. 23; d’Avaux hatte dagegen jedoch, wie Servien selbst eingestand, Bedenken (vgl. ebd.), und Mazarin glaubte, Brun habe Servien bei seiner Visite übervorteilt, weshalb er dessen Absicht kritisch beäugte, die Kontakte mit Brun unter etwaiger Hinzuziehung Saint-Romains zu institutionalisieren. Letztlich wurde durch die Reise Serviens nach Den Haag ohnehin nichts aus diesem Vorhaben, und Servien verhinderte dort mit allen Mitteln Bruns Einreise.
. Durch die spanisch-niederländischen Pro-visional-Artikel, die am 8. Januar 1647 gegen den Widerstand der franzö-
[p. XCVII]
[scan. 97]
sischen Gesandten von sieben niederländischen Gesandten unterzeichnet worden waren, geriet die Interposition durch die Generalstaaten zwar nicht prinzipiell in Mißkredit
Im Gegenteil erhoffte man sich einen neuen Elan, weil die Generalstaaten daran inter-essiert sein mußten, einen französisch-spanischen Friedensschluß herbeizuführen, an den das Inkrafttreten ihrer eigenen Provisional-Artikel mit Spanien gemäß einem Rechtsvor-behalt geknüpft war.
, durchaus aber die Integrität einiger nie-derländischer Gesandter, die an der Vermittlung beteiligt waren
Daß die Franzosen die niederländische Interposition trotzdem fortführten, erregte nach französischer Kenntnis den Ärger Contarinis (vgl. nr. 108).
, und vor allem die Adriaen Pauws. Nach mehrwöchigem Ringen zwischen Ser-vien in Den Haag, der deshalb auf den Ausschluß Pauws von der Inter-position drängte
Servien bekundete nicht nur gegenüber Longueville, sondern auch gegenüber Mazarin seinen Wunsch nach Entzug der Interposition aus den Händen der niederländischen Ge-sandten, die Frankreich in Münster als Interpositoren dienen wollten, während sie in Den Haag als dessen Ankläger aufträten (vgl. nr. 133), und attackierte vor allem Pauw. Noch Ende November 1646 hatte Servien hingegen dessen große Verdienste um das Vor-ankommen der französisch-spanischen Verhandlungen gewürdigt, obwohl Pauw
fort es-pagnol sei (vgl. nr. 3). D’Avaux distanzierte sich erst im nachhinein, am 15. April 1647, in einem Schreiben an Mazarin (nr. 228) von der Verhandlungsführung Longuevilles in Münster und insbesondere von dessen Verhalten gegenüber Pauw.
, und Longueville in Münster, der sie weiterhin für sinnvoll hielt, zumal Pauw seinerzeit der einzige dort anwesende nieder-ländische Gesandte war
Longueville übte unverhohlen Kritik an den von Servien in Den Haag vorgebrachten Beschwerden über Pauw und Knuyt; die geäußerten Vorwürfe seien zum Teil unbeweis-bar. Er selbst verwies zur Rechtfertigung für den Rückgriff auf Pauw als Interpositor in Münster vor allem auf dessen Nützlichkeit gerade durch seine guten Beziehungen zu den Spaniern; im Gegensatz zu Den Haag sei in Münster zudem keine Trennung zwischen Pauw als Privatperson und seiner Eigenschaft als (derzeit alleinigem) niederländischem Botschafter möglich (vgl. nr.n 169, 170, 189).
, schloß Longueville Pauw offiziell von der In-terposition aus. Formal vollzog er diesen Schritt am 17. März
Die formelle königliche Anweisung an Longueville zum Abbruch der Beziehungen zu Pauw erfolgte erst am 29. März 1647 in nr. 197; dort wird präzisiert, im Ausschluß Pauws und Knuyts von der Interposition sei keine prinzipielle Aufhebung der niederlän-dischen Vermittlung zu sehen. Die Rückforderung des französischen Gesamtentwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien war von Servien bereits am 18. Februar 1647, in nr. 131, angeregt worden.
durch die Rückgabe der spanischen Verhandlungsakten aus der niederländischen In-terposition und die Rückforderung der ausgehändigten französischen Schriftsätze
. Obwohl die Mediatoren auch vorher nicht völlig von der Vermittlung ausgeschlossen waren, sprach Longueville davon, die Frie-densvermittlung wieder in die Hände der Mediatoren zu legen
Vgl. ebd., wo es heißt: remettre la médiation en leurs mains
[Chigis und Contarinis]. Ähnlich drückte sich auch Contarini am 12. April 1647 aus (
Repgen,
Friedensvermitt-lung, 707).
. Lon-gueville vollzog diesen Bruch mit Pauw gegen eigene Überzeugung und stieß durch die Schärfe, mit der er es dennoch tat, in Paris auf Kritik; ei-
[p. XCVIII]
[scan. 98]
gentlich verantwortlich für diesen Schritt war jedoch Servien durch seine Interventionen in Den Haag
In der Tat legt Longueville nachvollziehbar dar, daß Servien mit seiner Erklärung gegen Knuyt und vor allem Pauw in Den Haag wesentlich dazu beitrug, daß die französisch-spanischen Verhandlungen in Münster zum Stillstand kamen; Servien brachte (ebenso wie die widersprüchlichen Anweisungen des Hofes, die Longueville beklagte) den Prin-zipalgesandten in Münster damit in eine ausweglose Lage: Bevor Pauw nicht abberufen worden war (und zumal, als er im März 1647 sogar die Niederlande allein auf dem Kon-greß vertrat), konnte die Entziehung der Interposition aus seinen Händen nur die Ab-sicht auf ihren Entzug aus denen der Generalstaaten schlechthin implizieren und damit die Verhandlungen mit Spanien der Fortschritte berauben, die unbestreitbar unter nie-derländischer Interposition erreicht worden waren (vgl. nr. 189, in der Longueville seine zuvor geäußerten Einschätzungen zusammenfaßt und begründet).
. Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, daß Longueville mit seiner Entscheidung, die ausgetauschten Verhand-lungsakten zurückzugeben bzw. -zufordern, Gefahr lief, die Verhand-lungen seit September 1646 gewissermaßen wieder auf den Nullpunkt zurückzustellen; selbst die Mediatoren warnten vor einem Bruch. Diese Gefahren konnten zwar vermieden werden, als mit Meinerswijk ein an-derer niederländischer Gesandter am Kongreß weilte und die Interposi-tion weiterführte, aber Servien konterkarierte auch dessen Interposition aus Den Haag erfolgreich
In einem Memorandum für die Generalstaaten vom 15. Mai 1647 (frz.) bezichtigte Ser-vien Meinerswijk der nicht wahrheitsgemäßen Berichterstattung nach Den Haag (eigh. Konzept:
AE
,
CP
Holl 41 fol. 285; Druck:
Brun, Pierre de Touche, 209, exh. 1647 Mai 15;
NS IV, 320, ebenso datiert); dieser lehnte daraufhin in einem Brief an die General-staaten vom 24. Mai 1647 die weitere Interposition zwischen Frankreich und Spanien ab und zog sich zeitweise in ein Landhaus bei Münster zurück (
Arend, 728f); die französi-schen Gesandten konnten dem Hof bereits am 20. Mai 1647 den Rücktritt Meinerswijks von der Vermittlung berichten (vgl.
[nr. 279] ).
. Ergebnis der widersprüchlichen französi-schen Position zur Vermittlungsfrage in den Verhandlungen mit Spanien war, daß Frankreich sich weiterhin der päpstlich-venezianischen und der niederländischen Vermittlung bedienen konnte (oder mußte, betrachtet man Mazarins Abneigung hiergegen), aber ersterer keinen dauerhaften Schwung verleihen konnte
Trotz einiger Anfangserfolge mußten die französischen Gesandten im Juni 1647 konsta-tieren, die Mediatoren zeigten sich bezüglich der französisch-spanischen Verhandlungen verstimmt und unzugänglich (vgl.
[nr. 332] ).
, weil man sie nicht mit allem Nachdruck förderte, und letztere fast völlig diskreditierte
Servien erwog sogar, die Abberufung Pauws zu betreiben, sah aber schließlich ein, daß ein solcher Versuch nicht aussichtsreich sei; er hoffte allerdings, Pauw, der im April 1647 nach Den Haag gekommen war, werde möglicherweise freiwillig dort verbleiben (vgl.
[nr. 231] ).
, denn Prestige (das
Koller und
Repgen als ein wesentliches Merkmal der Friedensvermitt-lung herausgearbeitet haben
Vgl. insbesondere
Repgen,
Friedensvermittlung, 706ff.
) war mit der Interposition für die Nie-derländer kaum mehr zu gewinnen
Im Gegenteil sahen sie sich scharfen persönlichen Attacken Serviens ausgesetzt, der damit Anweisungen aus Paris umsetzte; Mazarin wies Servien namentlich zur Einschüchterung Pauws an (vgl.
[nr. 220] ), dem gedroht wurde, Frankreich werde sich seiner Untreue noch erinnern, wenn er keinen diplomatischen Schutz mehr genieße, und konnte am 26. April befriedigt nach Den Haag berichten, aus Brüssel höre man, Pauw fürchte aufgrund der Ungnade Ludwigs XIV. den Ruin seines Hauses und werde daher versuchen, die Fran-zosen zu besänftigen; bedeutende politische Hilfe für Spanien sei damit von seiner Seite nicht mehr zu erwarten (vgl.
[nr. 246] ).
, nachdem man sie der Korrupti-
[p. XCIX]
[scan. 99]
on
Der Vorwurf der Vorteilsnahme basierte zwar auf konkreten Anhaltspunkten, die daraus auf französischer Seite gezogene Schlußfolgerung der Bestechlichkeit war aber nur eine Vermutung, keine beweisbare Tatsache (vgl.
[nr. 71] ). Die Franzosen selbst verfügten im übrigen auch über
parties secrètes et inopinées in ihrem Budget (vgl. Longueville und d’Avaux an Brienne, Münster 1647 Januar 13; s. Anm. 1 zu nr. 57), auch in Den Haag (vgl.
[nr. 77] ), und zeigten sich gegenüber Nederhorst erkenntlich, der die Unterzeichnung der Provisional-Artikel abgelehnt hatte (vgl.
[ebd.] ).
und des Vertragsbruchs bezichtigt hatte. Daher erwog man, die Streitfragen mit Spanien einem niederländischen Schiedsgericht zu unter-werfen, sowohl um die Verhandlungen voranzubringen, als auch um den Generalstaaten das französische Vertrauen zu beweisen
.
Ad 3: Die Rolle d’Avaux’ in Osnabrück wird später näher erörtert wer-den
. Vorab sei angemerkt, daß sie wahrscheinlich insgesamt besser mit dem Begriff der Guten Dienste als mit dem Terminus Vermittlung
So
Philippson,
104 (nur in bezug auf die schwedisch-kurbrandenburgischen Verhand-lungen) und
Dickmann,
312–316.
beschrieben ist
D’Avaux selbst laviert zwischen verschiedenen Begriffen zur Beschreibung seiner Tätig-keit; vgl. v.a.
[nr. 73] . Eine spätere Abschriftensammlung seiner Korrespondenzen aus Os-nabrück (vgl. Abschnitt XII) spricht zwar in ihrem Titel von
médiation, der Titel ist aber nicht zeitgenössisch und daher keine Quelle für d’Avaux’ Selbstverständnis.
, denn wenngleich die Friedensvermittlung, wie
Rep-gen betont
Repgen,
Friedensvermittlung, 700.
, beim Westfälischen Friedenskongreß keine völkerrechtlich etablierte Institution und eher eine Tätigkeit denn ein Amt war, be-durfte es als Voraussetzung doch der Zustimmung aller Verhandlungs-parteien. Und diese besaß d’Avaux nicht, der einerseits zwischen den Schweden und Kurbrandenburgern sowie zwischen jenen und den Kai-serlichen in den schwedischen Satisfaktionsverhandlungen, andererseits zwischen den Protestanten und Katholiken in den Gravaminaverhand-lungen einen Ausgleich durch seine Dienste befördern wollte. Auch war er nicht über das gesamte Verhandlungsgeschehen informiert. Das gilt namentlich für den Text des am 18. Februar 1647 vom schwedischen und vom kaiserlichen Gesandtschaftssekretär unterzeichneten Satisfakti-onsabkommens. Dieses war d’Avaux zwar nicht gänzlich unbekannt, wie Volmar nach der mit den Schweden vereinbarten Geheimhaltung des Abkommens vermutete
Vgl. Volmar an Nassau, Osnabrück 1647 Februar 25 (Druck:
APW
[II A 5 nr. 273] , hier 543 z. 8–22).
. Aber er erhielt erst im nachhinein und dann inoffiziell, gegen die Absprache der Parteien, eine Kopie des Tex-
[p. C]
[scan. 100]
tes
Entscheidend war für die Franzosen darin die Aufnahme des suspensiven Bündnisvor-behaltes, der das Inkrafttreten an den kaiserlichen Abschluß mit Frankreich band und der auf nachdrückliches Drängen d’Avaux’, gegen den Willen nicht nur der Kaiserlichen, sondern auch der Schweden, dort eingefügt worden war (vgl. nr. 143).
. Am 22. Februar 1647 konnte d’Avaux tatsächlich nur eine aus dem Gedächtnis nach einem Vortrag Mylonius’ und nach seiner Kennt-nis der Entwürfe rekonstruierte Fassung des Abkommens übersenden
. Am 25. Februar 1647 berichtet er jedoch in einem Memorandum an Ludwig XIV.
, Salvius habe ihm unterdessen eine Kopie des Textes zukommen lassen, ohne das Eingangsdatum anzugeben; er bezeichnet die Kopie dieses Textes, die er als Beilage 1 zum genannten Schreiben nach Paris schickt, als
plus correcte que la première du traitté. Der Text muß also bei d’Avaux zwischen dem 22. und dem 25. Februar 1647 eingegangen sein
Vgl. hierzu auch
Repgen,
Öffentlichkeit, 744f.
.
Daher scheint der formlosere Terminus der Guten Dienste, die d’Avaux in verschiedenen Situationen zwischen verschiedenen Parteien leistete, die Sache besser zu treffen. Daneben trat d’Avaux, zum Beispiel in den Ver-handlungen mit Trauttmansdorff über die hessen-kasselische Satisfaktion, als Verbündeter der Landgräfin und damit als Partei auf.
Ad 4: Die Verhandlungen Serviens in Den Haag vollzogen sich in der traditionellen Verhandlungsweise der Generalstaaten: Diese deputierten, wie bei Verhandlungen mit anderen Mächten üblich, sieben Kommissare (einen für jede Provinz)
, die von den Generalstaaten beauftragt wur-den, ihnen Bericht zu erstatten hatten und von ihnen weitere Weisung erhielten. Aber im eigentlichen Sinne verhandelt wurde zwischen Servien und diesen Kommissaren nur selten. Einen Großteil seiner Zeit in Den Haag verbrachte Servien im informellen Austausch mit den Niederlän-dern, in dem beide Seiten ihre jeweilige Konzessionsbereitschaft bei den Garantieverhandlungen zu eruieren versuchten. Dies verlief jedoch zum Nachteil Serviens, der, wie er selbst eingestand, kaum unterscheiden konnte, inwieweit er es jeweils mit Staatsvertretern oder aber mit Privat-personen zu tun hatte, deren Vorschläge keinerlei Verbindlichkeit besa-ßen. Servien beklagte, sich im unklaren über seine Ansprechpartner zu sein, denn außer den deputierten Kommissaren spielten aufgrund der komplexen politischen Entscheidungsfindung in den Niederlanden auch die Generalstaaten selbst, die einzelnen Provinzen und das Haus Oranien eine bedeutende Rolle, aber auch mehrere einflußreiche Staatsmänner. An sie alle wandte er sich daher mehrfach schriftlich oder persönlich, zum Beispiel mit Rechtfertigungsschreiben der französischen Garantieforde-rungen. Daneben gab es einen Versuch, die Prinzessin von Oranien als Schiedsrichterin direkt in die Garantieverhandlungen einzubinden und
[p. CI]
[scan. 101]
deren Stocken dadurch zu überwinden. Dieser Plan scheiterte jedoch so-wohl an den Bedenken der Generalstaaten als auch an den mannigfachen Einschränkungen, die Servien ihrem Schiedsgericht auferlegen wollte, um ein für Frankreich positives Urteil zu präjudizieren. Das führte zu einer heftigen Auseinandersetzung und zu einem dauerhaften Zerwürfnis zwi-schen Servien und der Prinzessin
. Die Freude, die ihr Sohn Prinz Wil-helm II. über das Scheitern des Planes seiner Mutter empfand, führte die-sen zwar näher an Frankreich heran, zeigte aber gleichzeitig die Unver-einbarkeit der verschiedenen politischen Positionen in den Niederlanden, die Servien zu einer Mehrheit für die französischen Garantieforderungen zu bündeln versuchte.
Ad 5: Angesichts der Tatsache, daß die Generalstaaten in Münster durch Gesandte vertreten waren, denen Servien in Den Haag sein Mißtrauen aussprach, verfiel man bereits im Februar und März 1647 auf den Gedan-ken, die Generalstaaten direkt in die französisch-spanischen Verhandlun-gen einzubinden, und zwar zunächst weiterhin in der Funktion als Inter-positoren, ab April 1647 als Schiedsrichter. Servien hielt von der her-kömmlichen Verhandlungsweise auf dem Kongreß in Münster wenig; ver-mutlich nicht zuletzt, um in Den Haag größeren Einfluß zu gewinnen, versuchte er daher, die Verhandlungen dorthin zu ziehen, wollte aller-dings keinen spanischen Vertreter zulassen. Er kritisierte die Übergabe des französischen Gesamtentwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien, die Longueville am 25. Januar 1647 in Münster vollzogen hatte, als un-passenden Vertrauensbeweis an die niederländischen Gesandten, und er bemerkte, Longueville hätte das Projekt unter Umgehung ihrer Gesand-ten direkt den Generalstaaten überschicken sollen. Longueville wandte dagegen (nicht zu Unrecht) ein, daß die Übergabe oder Übersendung des französischen Gesamtentwurfes an die Generalstaaten eine grundsätzliche Änderung
(changement notable) in der Verfahrensweise des Westfälischen Friedenskongresses bedeutet hätte, welche die Mediatoren beleidigt hätte und zu der er sich nicht hinreichend ermächtigt fühlte
Vgl. seine zusammenfassende Rechtfertigung gegenüber Brienne in
[nr. 169] .
. Longueville er-kannte auch klar, daß ein solches Vorgehen dem Hauptziel der Spanier, die Generalstaaten in eine neutrale Stellung zwischen beiden Kronen zu manövrieren, Vorschub geleistet hätte
. Mazarin aber stellte sich auch hier auf die Seite Serviens und wies Longueville vermeintliche Unzuläng-lichkeiten und Fehleinschätzungen in seiner Argumentation nach
. Es bleiben jedoch erhebliche Zweifel daran, ob Mazarins Intention, die Ge-neralstaaten durch die Unterbreitung des Gesamtentwurfes in Den Haag mittels Serviens zur Zustimmung zu den französischen Bedingungen zu bewegen, realistisch war; den Generalstaaten sollte demnach nur eine ein-
[p. CII]
[scan. 102]
zige Option offenstehen, nämlich den französischen Forderungen ihre Ap-probation zu erteilen, sie zunächst diplomatisch durchzusetzen zu ver-suchen und andernfalls hierfür militärische Unterstützung zuzusichern. Im Grunde genommen zielte dieser Plan nicht darauf ab, Verhandlungen zu führen, sondern Spanien unter Mithilfe der Generalstaaten einen Dik-tatfrieden aufzuzwingen. Welchen Grund sollten die Generalstaaten ha-ben, sich darauf einzulassen?
In den Niederlanden machten jedoch nicht diese in ihren Erfolgsaussich-ten zweifelhaften französischen Pläne großen Eindruck, sondern ein An-gebot der Spanier, die meisten mit Frankreich strittigen Punkte durch ei-nen Schiedsspruch der Generalstaaten zu entscheiden. Dieses barg erheb-liche Nachteile
Diese werden im einzelnen in
[nr. 209] dargelegt.
für Frankreich. Insbesondere störte es die französisch-niederländischen Garantievertrags- und Feldzugsverhandlungen. Doch man war gezwungen, auf das Angebot zu reagieren, um die französisch-niederländischen Beziehungen nicht durch eine Mißtrauensbekundung noch schwerer zu belasten. Der französische Gegenvorschlag
wollte die Entscheidung gerade der Punkte, die Spanien ausgenommen hatte, den Generalstaaten zuweisen, setzte spanisches Einlenken in allen übrigen Fragen voraus und schränkte den Schiedsspruch zu Portugal auf die Form des französischen Assistenzrechts ein. Dessen prinzipielle Gewäh-rung sollte nicht im Ermessen der Generalstaaten liegen, sondern vorab zugesichert werden. Im April 1647 war Mazarin sich gleichwohl bewußt, daß die Forderung nach einem französischen Assistenzrecht für Portugal das Haupthindernis für den französisch-spanischen Frieden war, weil Spa-nien kein Interesse haben konnte, durch einen Friedensschluß in Münster den Krieg
dans l’Espagne mesme zu transferieren
.
Das französische Angebot zum Schiedsspruch unterschied sich also (trotz gegenteiliger französischer Beteuerungen) keineswegs von dem spanischen dadurch, daß es zentrale Friedensanliegen umfaßte, das spanische hin-gegen nur Nebensächliches.
Bei der Interpretation der Korrespondenzen sind die (impliziten) Argu-mentationshilfen, die den französischen Gesandten an die Hand gegeben wurden, um das Angebot zu begründen, von den tatsächlichen Einschät-zungen des Hofes zu unterscheiden. In einem königlichen Memorandum für Servien vom 3. Mai 1647
beschuldigte man beispielsweise Spanien, dem Schiedsgericht der Generalstaaten nur solche Punkte unterbreiten zu wollen, die schon längst entschieden seien oder bei denen das Einverständ-nis bereits signalisiert worden sei; das aber war tatsächlich durchaus nicht der Fall. Hingegen verwahrte sich das königliche Schreiben ausdrücklich gegen Vorwürfe, mit Spanien geheime Heiratsverhandlungen zu führen
[p. CIII]
[scan. 103]
oder den Frieden zu hintertreiben
Diese beiden in den Niederlanden erhobenen und von den Generalstaaten sehr ernst genommenen Vorwürfe gehören in den Zusammenhang des französischen Schieds-gerichts-Angebotes, das als Vertrauensbeweis an die Generalstaaten dienen sollte.
, und betonte zur Begründung der ei-genen Friedensbereitschaft die große Bedeutung der Punkte, die Frank-reich den Generalstaaten zur Entscheidung übertragen wolle. Unmittelbar darauf bekundete man jedoch (im selben Schreiben!), wegen all dieser Punkte wolle der König ohnehin den Krieg nicht fortsetzen
In nr. 267 wird präzisiert, wegen der Punkte, die dem Schiedsgericht der Generalstaaten unterbreitet werden sollen, wolle Frankreich nicht einmal sechs Wochen den Krieg fort-setzen.
. Für den wichtigsten unter ihnen, den Waffenstillstand für Portugal, waren im üb-rigen am selben Tag die Gesandten in Münster zum Nachgeben ermächtigt worden
. Ein Schiedsspruch der Generalstaaten, so betonte man, sei oh-nehin die beste Lösung in dieser Sache, denn er rechtfertige Frankreich in der Öffentlichkeit und namentlich gegenüber Portugal, wenn es sich auf diesem Wege ehrenhaft von der Forderung zurückziehe
So auch die Einschätzung Serviens in
[nr. 273] .
, während man ohnedies in den Verhandlungen in Münster höchstens einen sehr kurzen Waffenstillstand durchsetzen könne. Man suchte also in dieser Frage eher einen ehrenvollen Ausweg, als daß man sie unbedingt für sich entschieden wissen wollte. Das französische Angebot zum Schiedsgericht war damit aber keineswegs der in der öffentlichen Wirkung intendierte Vertrauens-beweis an die Generalstaaten, sondern eine willkommene Gelegenheit, sich unwichtiger oder gar unliebsamer Verhandlungspunkte zu entledigen. Es handelte sich also insgesamt betrachtet um ein Scheinangebot, mit dem das Ziel der Wiederherstellung des französisch-niederländischen Vertrau-ensverhältnisses nicht erreicht werden konnte.
Servien hielt selbst dieses französische Angebot für zu weitgehend. Daher kam es zwischen ihm und dem gerade aus Münster nach Den Haag zu-rückgereisten Pauw in einer ohnehin schon aufgeheizten Atmosphäre zu einem heftigen Streit. Pauw hielt nach seiner Ankunft eine dreistündige Rede vor den Staaten von Holland, in der er unter Eid die von Servien erhobenen Vorwürfe zurückwies, er sei von den Spaniern bestochen wor-den; dagegen gab er an, die Franzosen hätten ihn zu bestechen versucht
Mazarin zeigte zumindest seine unzweifelhafte Bereitschaft zur Bestechung Knuyts (vgl.
[nr. 109] ); auch vorher, im März 1646, hatte er erwogen, an die niederländischen Gesand-ten bis zu 100 000 Ecus zu verteilen (vgl.
APW II B 3 nr. 161). Servien erwähnte ebenso offen die Verteilung von Geld als Mittel seiner Politik (vgl.
[nr. 204] ). Weitere Quellen zum Beleg der französischen Bestechung bzw. der Bereitschaft dazu:
[nr. 217] ; Ausgaben-liste von September 1647 (s. Anm. 11). Vgl. auch
Dickmann, 442, 468, 545; zum Problem der Bestechung und des Pensionswesens auf dem Westfälischen Friedenskongreß all-gemein vgl.
ebd. 204ff;
Bosbach, passim (s. Register, 282 s.v. Verehrungen).
. Frankreich sei, so schloß er, nicht zum Frieden mit Spanien bereit, behan-dele die Generalstaaten mit Verachtung und habe daher auch die schieds-
[p. CIV]
[scan. 104]
richterliche Entscheidung der französisch-spanischen Streitpunkte durch diese zurückgewiesen. Servien bezichtigte Pauw deswegen in einem Brief an Longueville der Falschheit, obwohl er selbst (trotz entsprechender kö-niglicher Vollmacht) dieses Schiedsgericht tatsächlich nicht zugestanden hatte; es sei zu gefährlich, es in die Hände eines konfusen Staates zu legen, der weder Vernunft noch Ehre achte, und gegen Frankreich parteiisch sei
. Wenige Tage später hielt er die Übertragung der mit den Spaniern strittigen Punkte zur schiedsrichterlichen Entscheidung an die General-staaten zwar grundsätzlich für möglich, aber nur nach vorheriger Über-einkunft in den wesentlichen Angelegenheiten
. Servien trug weiterhin erhebliche Bedenken gegen einen Schiedsspruch der Generalstaaten in al-len strittigen Punkten. Die Vorsichtsmaßnahmen, die er bei einem solchen Procedere für unerläßlich hielt, betrafen nicht nur die Gegenstände des Schiedsspruches, sondern auch die Zusammensetzung des Gerichts; er wollte nur Richter zulassen, von denen ein für Frankreich positiver Schiedsspruch zu erwarten war. Am liebsten wäre ihm nicht ein förmliches Schiedsgericht, sondern ein Verfahren unter völliger Ausschaltung der Spanier gewesen. Daher unterbreitete er den Generalstaaten einen Vor-schlag zu einer gemeinsamen Vorabsprache über die Sach-Entscheidun-
gen
Servien war durch ein königliches Memorandum vom 12. April 1647 (
[nr. 217] ) zu Ver-handlungen mit den Generalstaaten über den Inhalt des französisch-spanischen Vertra-ges für den Fall ermächtigt worden, daß jene die allgemeine Garantie zugestanden. Seine Vollmacht erlaubte ihm eigentlich nur, mit mindestens einem seiner Kollegen gemeinsam zu verhandeln (vgl. Anm. 4 zu nr. 70). Das Memorandum unterstreicht besonders die Bedeutung der Durchsetzung der französischen Forderungen zu Portugal.
, der die nachträgliche Erzwingung des spanischen Zugeständnisses vorsah. Dieses sollte durch Androhung gemeinsamer Kriegsfortsetzung er-reicht werden. Servien nannte als vorrangig zu behandelnde Punkte die Überlassung aller Eroberungen, die Sicherheit Casales, den Waffenstill-stand in Katalonien sowie die Vertragsgarantie (einschließlich der Liga-pläne und des Assistenzrechts für Portugal)
. Damit fand er jedoch in Den Haag kein Gehör.
Indessen wurde die Schiedsgerichts-Offerte von den französischen Ge-sandten in Münster den Mediatoren vorgetragen
Vgl. den Bericht der Gesandten vom 17. Mai 1647 in
[nr. 276] .
. Die Waffenstillstands-forderung für Portugal wurde jedoch aus diesem Angebot ausgenommen. Daraufhin wies Peñaranda eine Visite der Mediatoren zurück. Deren Bit-ten um Verzicht auf die Forderung nach einem Waffenstillstand für Por-tugal setzten die Franzosen ihr Beharren auf der Übermittlung des fran-zösischen Angebots entgegen. Sie taten dies trotz der von den Mediatoren bekundeten Aussichtslosigkeit des Unterfangens, nicht um die Verhand-lungen mit Spanien tatsächlich voranzubringen, sondern allein um die
[p. CV]
[scan. 105]
spanische Propaganda in den Niederlanden zu entkräften
. In der Kon-ferenz mit den Mediatoren vom 20. Mai 1647 ließ Peñaranda den Fran-zosen als Antwort auf ihre Offerte zunächst weitere Verhandlungen in Münster anbieten, an die sich ein Schiedsspruch der Generalstaaten zu den ungelösten Fragen anschließen sollte. Aus der Reihe der von den Ge-neralstaaten zu entscheidenden Fragen sollten aber der Waffenstillstand für Portugal und die Restitution der Lütticher Enklaven ausgenommen werden
Vgl.
[nr. 279] . Peñaranda dürfte gewußt haben, daß die Franzosen gerade in diesen beiden Punkten zum Nachgeben bevollmächtigt waren (zu seiner Kenntnis der französischen Kor-respondenzen s.u.). Nach
Arend bot Spanien im Frühjahr (April oder Mai) 1647 an, na-mentlich auch die Porto Longone- und Piombino-Frage einem Schiedsspruch der General-staaten zu unterwerfen, aber nur unter der Bedingung, daß, wenn Frankreich sich damit nicht zufrieden zeige, sich die Generalstaaten zum Separatfrieden bereit fänden (
ebd., 724).
. Auch Meinerswijk als Interpositor übermittelte das französi-sche Angebot und legte es schriftlich nieder
, ebenso wie dies zuvor die Mediatoren getan hatten
. Aufgrund des Memorandums Meinerswijks hielten es die französischen Gesandten jedoch für angezeigt, zwei weitere Ausnahmen vom niederländischen Schiedsspruch zu machen (Barberini-frage und Exekution des Vertrages mit Monaco von 1635) und vor allem die Elemente der Vertragsassekuration näher zu definieren, die Frank-reich in erster Linie vom Schiedsspruch ausgenommen wissen wollte: Sie faßten darunter namentlich die italienische Liga, die Bestätigung der Ver-träge von Cherasco und das Verbot der Assistenz für Herzog Karl von Lothringen
Servien regte im November 1646, im Zusammenhang seiner Vorschläge zu Karl IV. von Lothringen, zur Sicherung des künftigen Friedens seine Registrierung durch das Parle-ment an (vgl.
[nr. 3] ).
.
Keines dieser Angebote, weder das französische noch das spanische, führte zum Erfolg. Man könnte sie deshalb als Intermezzo abtun, aber für die politischen Akteure bedeuteten sie erheblich mehr: Trotz der Möglichkei-ten zur Verständigung, welche die jeweilige Position in vielen substantiel-len Fragen offenließ, war die fehlende Bereitschaft, sich auf die Form des Verhandelns festzulegen, ein Zeichen des mangelnden letzten Verständi-gungswillens, der zum Fortschritt bei den Verhandlungen und zum Frie-densschluß unerläßlich war. Das zeigt sich besonders deutlich in einem Memorandum Longuevilles und d’Avaux’ vom 17. Juni 1647
. Der Kla-ge, Spanien beschränke einerseits die schiedsrichterliche Entscheidung durch die Generalstaaten auf nebensächliche Punkte, folgt die Feststel-lung, daß andererseits in den spanischen
Puncta reservata
D.h. der Waffenstillstand für Portugal und die Restitution der Lütticher Enklaven (s.o. bei Anm. 187).
durchaus französische Konzessionsbereitschaft bestehe und damit dem Anschein
[p. CVI]
[scan. 106]
nach keine Schwierigkeiten mehr auf dem Weg zum Friedensschluß be-stünden. Bezeichnend für das französisch-niederländische Verhältnis ist dabei, daß man sämtliche Entscheidungen der Generalstaaten in prospa-nischem Sinne erwartete. Aber dennoch, so das Memorandum, bestehe wegen der fehlenden Friedensbereitschaft der Spanier keine Aussicht auf baldigen Friedensschluß, und die Regelung der Garantiefrage zwischen Frankreich und den Generalstaaten sei in jedem Falle vorher zu erwarten. Über die Differenzen in einzelnen Verhandlungspunkten hinaus war ein entscheidendes Hindernis, an dem die französisch-spanischen Verhandlun-gen im Frühjahr 1647 scheiterten, das Fehlen des zur Statuierung einer
pax christiana, universalis ac perpetua unerläßlichen Mindestmaßes an Ver-trauen unter den vertragschließenden Parteien, unter den gegebenen poli-tischen und militärischen Bedingungen ehrlich einen dauerhaften Frieden zu den ausgehandelten Bestimmungen eingehen zu wollen. Anders formu-liert: Wo Mißtrauen regiert, kann nicht erfolgreich verhandelt und schon gar kein christlicher Friede geschlossen werden. Für das Schwinden des Vertrauens waren die Verhandlungen im Herbst und Winter 1646/1647, das heißt im Vorfeld der Unterzeichnung der spanisch-niederländischen Provisional-Artikel, eine besonders wichtige Phase.
IV. Die französische Kongreßpolitik im Zeichen der spanisch-niederlän-dischen Annäherung bis zur Unterzeichnung der Provisional-Artikel am 8. Januar 1647
a. Frankreich und die spanisch-niederländischen Verhandlungen
Frankreich beobachtete argwöhnisch die seit dem Eintreffen der niederlän-dischen Gesandten auf dem Westfälischen Friedenskongreß im Januar 1646, besonders aber seit Mai 1646, rasch voranschreitenden spanisch-niederlän-dischen Verhandlungen, deren Erfolg, wie die Franzosen mutmaßten, darin bestand, daß Spanien die Generalstaaten aus dem französischen Bündnis lö-sen wolle und jene sich, um gute Vertragsbedingungen zu erreichen, unter Vernachlässigung der Interessen Frankreichs dazu bereit fänden. Schon An-fang Juli 1646 hatten sich Spanier und Niederländer auf 70 provisorische Vertragsartikel für den von ihnen angestrebten Waffenstillstand geeinigt
. Eine fundamentale Veränderung zuungunsten des französischen Einflusses auf den niederländischen Bündnispartner vollzog sich mit dem eingangs
erwähnten Beschluß der Generalstaaten, einen Frieden mit Spanien anzu-streben, der für die französische Diplomatie seit Ende November 1646 ein Faktum geworden war. War es schon zuvor sehr schwierig gewesen, die Ge-neralstaaten zur Einhaltung ihrer militärischen Bündnispflichten und zu ei-ner klaren Anerkennung dieser Verpflichtung zu bewegen, so hatte man
[p. CVII]
[scan. 107]
jetzt das letzte Druckmittel verloren, nämlich die Gewährung der Garan-tien, derer die Niederländer für die Zeit nach dem Auslaufen ihres Waffen-stillstandes mit Spanien bedurft hätten. Indes kam man in den spanisch-nie-derländischen Verhandlungen zwischen dem 15. und 27. Dezember 1646 in den meisten strittigen Punkten zu einer Einigung; die französischen Ge-sandten beklagten, hierüber nicht oder nur unzureichend informiert zu wer-den. Am 8. Januar 1647 unterzeichneten die spanischen und sieben der acht niederländischen Gesandten
Lediglich Nederhorst weigerte sich.
die im Dezember 1646 ausgehandelten Frie-densvertragsartikel, in denen nur wenige Fragen ungeklärt blieben und auf eine spätere Entscheidung verwiesen wurden. Damit stand der spanisch-nie-derländische Friede beinahe fest, wenngleich man auch auf französischen Druck hin die Artikel formal nicht zu einem einheitlichen Vorvertrag zu-sammenfaßte, sondern vier separate, unterschiedlich datierte Schriftsätze, jeweils in Niederländisch und in Französisch, aufsetzte und in beide Exem-plare einen Rechtsvorbehalt aufnahm, der den spanisch-niederländischen Friedensschluß an den Abschluß des französisch-spanischen band. Die Fran-zosen wandten sich in zwei Schriftsätzen
Druck:
[Beilagen 1 a und 1 b zu nr. 57] . Es handelt sich dabei nicht um förmliche Protest-noten (hier ungenau:
Arend, 703ff), die nach einigen Überlegungen tunlichst vermieden wurden
(
Dickmann, 440).
gegen die Unterzeichnung der Artikel, konnten sie aber nicht verhindern. Sie wurden nur im nachhinein über die Form der Provisional-Artikel unterrichtet und nahmen zunächst sogar an, man habe einen Vorvertrag ohne Bündnisvorbehalt abgeschlossen. Einen Text der Provisional-Artikel, der ihm wenige Tage zuvor von den niederländischen Gesandten überreicht worden war, konnte Longueville erst am 11. März 1647 an den Hof schicken
.
b. Die französisch-spanischen Verhandlungen
Versuchten die Franzosen vergeblich, den Elan der spanisch-niederlän-dischen Verhandlungen zu bremsen, so hatten die Niederländer ein Inter-esse daran, die französisch-spanischen durch ihre Interposition vor-anzutreiben, um bald gemeinsam mit ihrem Bundesgenossen Frieden schließen zu können. Textgrundlage dieser Verhandlungen waren seit dem
22. September 1646 die den niederländischen Interpositoren von den französischen Gesandten in Osnabrück ausgehändigten
Poincts plus im-portans
, eine Zusammenstellung der wichtigsten offenen Verhandlungs-punkte, auf die sich in der Folge mehrere spanische und französische Schriftsätze dem Inhalt und der Form
Insbesondere in bezug auf ihre Artikel-Gliederung.
nach bezogen
Die Verhandlungsakten werden jetzt in den
Acta
Pacis
Westphalicae (auch im vor-liegenden Band) durch ein chronologisches Verhandlungsaktenregister zu Ende eines je-den Bandes erschlossen; daher erübrigen sich vollständige Einzelnachweise an dieser Stel-le. Zu den französisch-spanischen Verhandlungen der behandelten Zeit sei auch verwie-sen auf
Tischer, 354–385.
. Der vorliegende
[p. CVIII]
[scan. 108]
Band setzt chronologisch mit dem am 24. November 1646 nach Paris übersandten französischen Schriftsatz vom 16. November 1646 ein, der auf den am 11. November 1646 erhaltenen spanischen Schriftsatz antwor-tete
. Daneben legten die Franzosen Textvorschläge zu einzelnen Ver-tragsartikeln vor; vor dem 26. November 1646 präsentierten sie den nie-derländischen Gesandten den französischen Entwurf eines Artikels
Pour le traitté de Querasque und den französischen Entwurf eines Artikels
Pour le fait des Grisons für den Frieden mit Spanien
Vgl. Beilagen 2 und 3 zu nr. 5.
. Zudem arbeiteten sie auf niederländischen Wunsch spätestens seit Anfang Dezember 1646 an einem Gesamtentwurf für den französischen Friedensvertrag mit Spanien
Vgl. nr. 12. Die Vorstufen des am 25. Januar 1647 von Longueville den niederländischen Gesandten präsentierten französischen Gesamtentwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien aus dem Dezember 1646 sind offenbar fast völlig verlorengegangen. Erhalten sind Serviens undatierte Entwürfe für einen
Article touchant l’assistance des alliez und einen
Article pour la ligue (d.h. die geplante italienische Fürstenliga) für den Frieden mit Spanien (vgl. Beilagen 1 und 2 zu nr. 23).
. Substantiell kreisten die Verhandlungen hauptsächlich um die Zession der Kriegseroberungen und um Fragen der Friedenssicherung im weiteren Sinne (worunter die Franzosen zum Beispiel auch die Casale-Frage und die Exekution der Verträge von Cherasco faßten). Doch trotz des Ent-gegenkommens, das sowohl die französische wie die spanische Gesandt-schaft seit September 1646 erfolgreich gezeigt hatten, beharrten beide Sei-ten auf grundsätzlichen Verhandlungspositionen
, die einer weiteren An-näherung im Wege standen. Die Präsentation der drei in der zweiten No-vemberhälfte vorgelegten französischen Verhandlungsakten konnte – obwohl oder gerade weil die Franzosen auf ein baldiges und fast bedin-gungsloses Einlenken der Spanier hofften
und daher nicht weiter nach-geben wollten – nicht darüber hinwegtäuschen, daß man sachlich an ei-nem toten Punkt angelangt war, über den die Verhandlungsparteien al-leine nicht mehr hinauskommen konnten. Daher ergriffen die niederlän-dischen Interpositoren mit eigenen Vorschlägen, die sie den Parteien in einem Schriftsatz
vorlegten, die Initiative
Die Spanier antworteten am 3. Dezember 1646 auf den am 17. November 1646 erhalte-nen französischen Schriftsatz sowie die ihnen am 1. Dezember 1646 präsentierten fran-zösischen Verhandlungsakten zum Vertrag von Cherasco sowie zu Graubünden und dem Veltlin; dieser spanische Schriftsatz vom 3. Dezember 1646, der keinen weiteren Fortschritt in den Sachfragen mehr brachte, ist aber weder in den französischen Akten überliefert noch wird er je in den französischen Korrespondenzen unseres Editionszeit-raumes erwähnt (vgl. Anm. 4 zu nr. 29).
. Die Franzosen unterstell-
[p. CIX]
[scan. 109]
ten dem Schriftsatz fälschlich eine spanische Provenienz und antworteten darauf mit einer ablehnenden Responsion, welche die Niederländer am 20. Dezember 1646 an die Spanier weiterreichten
. Gleichzeitig über-gaben die Niederländer den Spaniern einen für die weiteren französisch-spanischen Verhandlungen außerordentlich wichtigen französischen Schriftsatz, den
Article donné aux Holandois pour délivrer aux pléni-potentiaires d’Espagne touchant la rétention des conquestes
. Dieser Textvorschlag für den Zessionsartikel, in dem die französischen Gesandten den Umfang der Zession aller Eroberungen präzisierten und durch ihre Forderung nach der Abtretung nicht nur der einzelnen gehaltenen Plätze, sondern auch der von ihnen abhängigen Territorien und Rechte die lang-fristige Absicht auf den Erwerb umfangreicher Territorialherrschaft im niederländisch-flandrisch-burgundischen Raum verrieten, wurde von den Spaniern weder beantwortet noch mit einem Gegenvorschlag bedacht
Wahrscheinlich auch wegen der Entsetzung Léridas.
und stürzte die französisch-spanischen Verhandlungen endgültig in eine tiefe Vertrauenskrise, denn die Spanier mutmaßten, nach jedem ihrer Zu-geständnisse versuche Frankreich nur, seine Forderungen immer weiter in die Höhe zu schrauben. Es kam daher zu einem faktischen Verhandlungs-stillstand
bis Ende Januar 1647. Es war nicht mehr die Zeit des Verhan-delns, sondern die der Rechtfertigungen. Zunächst schlugen die Spanier diesen Weg ein; statt auf die jüngsten französischen Vorschläge zu antwor-ten, wandten sie sich in einem Memorandum an die niederländischen Ge-sandten
. Anfang Januar 1647 legte Pauw mit seinen
Demandes de la France pour la paix und den dazugehörigen
Responses de l’Espagne sur les demandes de la France einen die französischen und spanischen Ver-handlungspositionen unter niederländischer Interposition rekapitulieren-den Schriftsatz vor
. Dabei handelte es sich, wie die scharfe französische Kritik bemängelte, nicht um eine neutrale Aufstellung der jeweiligen For-derungen, denn Pauw hatte in Zusätzen mehrere französische Forderun-gen als
demandes nouvelles bezeichnet und damit den Vorwurf der Spa-nier erhärtet, Frankreich beantworte ihre Konzessionen durch immer neue Ansprüche. Offenbar versuchten die Spanier und Pauw, die Rechtferti-gung der bevorstehenden Unterzeichnung ihrer Provisional-Artikel da-durch vorzubereiten, daß sie den Franzosen die Schuld daran zuwiesen, daß die französisch-spanischen Verhandlungen nicht Schritt halten konn-ten. Die Niederlande drängten mit aller Macht auf Frieden; Frankreich konnte dem einerseits kaum Einhalt gebieten und mußte andererseits sei-
[p. CX]
[scan. 110]
nen hohe Satisfaktionsansprüche verfechtenden schwedischen Verbünde-ten auf den Weg zum Frieden lotsen.
c. Frankreich und sein schwedischer Verbündeter
Grundlegend für die französische Haltung gegenüber Schweden war wei-terhin die seit Sommer 1646 in Frankreich vorherrschende Einschätzung, Johan Oxenstierna folge mit seinem unbeirrbaren Beharren auf den hohen schwedischen Forderungen Anweisungen seines Vaters, des Reichskanzlers Axel Oxenstierna; dagegen glaubte man an den Friedenswillen Königin Christinas, der unablässig in Depeschen Chanuts, des französischen Ge-sandten in Stockholm und Vertrauten der schwedischen Königin, bestätigt wurde
Am 24. Juni 1647 urteilten die französischen Gesandten jedoch, Königin Christina neige zwar Frankreich zu, es mangele ihr aber an Autorität gegenüber ihren Gesandten (vgl. nr. 345).
. Man versuchte daher, die schwedische Friedenspartei zu unter-stützen und pflegte das Verhältnis zum offenbar friedenswilligeren schwe-dischen Gesandten Salvius sowie zur Faktion des Reichsmarschalls Jakob Pontusson de La Gardie
Dessen Sohn Magnus Gabriel hielt sich im Herbst 1646 auf einer Gesandtschaftsreise in Frankreich auf (vgl. Anm. 2 zu nr. 5), anläßlich derer sich Mazarin nachdrücklich um sein Vertrauen bemühte.
, jedoch ohne sich direkt in die innerschwe-dischen Machtkämpfe hineinziehen zu lassen
. Damit wurde im wesentli-chen die politische Linie befolgt, die Servien im September/Oktober 1646 vertreten und der Mazarin sich angeschlossen hatte
, jedenfalls bis d’Avaux mit seiner Reise nach Osnabrück im Januar 1647 die Oberhand über die Beziehungen zum Bündnispartner gewinnen sollte. Servien trat aus Den Haag weiterhin für Zurückhaltung gegenüber Schweden und den Protestanten ein und glaubte, der Kaiser und Spanien würden ein offeneres französisches Auftreten gegen die Verbündeten zum Schaden der Krone auszunutzen versuchen. Dagegen hielt d’Avaux eine eigene französische Reichs- und Konfessionspolitik für unverzichtbar, um der drohenden schwedischen Dominanz im Reich Einhalt zu gebieten. Nicht unterschied-liche religiöse Grundüberzeugungen oder divergierende Auffassungen über das Verhältnis von Religion und Staatsräson im allgemeinen waren für diese Differenzen verantwortlich – zumindest wenn man sich an den Buch-staben der Korrespondenzen hält –, sondern abweichende konkrete politi-sche Einschätzungen der gegenwärtigen und künftigen Kräfteverhältnisse im Reich und in Europa; deren Verfechtung ist auf beiden Seiten in den einschlägigen Depeschen d’Avaux’ und Serviens aus unserem Editionszeit-raum ein Leitmotiv
Die beiden Optionen werden skizziert bei
Tischer, 296f. Beide Positionen blieben 1646/1647 prinzipiell unverändert.
. Im November und Dezember 1646 versuchten die
[p. CXI]
[scan. 111]
französischen Gesandten, die schwedischen Satisfaktionsverhandlungen in Münster zu befördern
Dort hielten sich Oxenstierna vom 14.–21. November 1646, Salvius vom 2. November – 1. Dezember 1646 auf.
. Gleichzeitig beschlossen sie, durch Saint-Romain zugunsten der Schweden beim Kurfürsten von Brandenburg zu intervenie-ren, der sich gegenüber der schwedischen Forderung nach Pommern intran-sigent zeigte. Frankreich schaltete sich auf zweimaliges kaiserliches Ersu-chen in diese Verhandlungen ein
. Ihr Ergebnis war, daß sich Schweden, vor allem auf Betreiben Salvius’, auf einen Alternativvorschlag zu Pom-mern einließ: Es sollte danach entweder das Herzogtum Vorpommern mit Stettin und Garz sowie Bremen, Verden, Wismar und 1,2 Millionen Reichs-taler mit der Zustimmung des Kurfürsten von Brandenburg erhalten; je-nem sollten in diesem Falle ein verkleinertes Hinterpommern, Kammin, Halberstadt und Kolberg verbleiben. Die Alternative bestand darin, Schweden gegen den Widerspruch des Kurfürsten, aber mit der Garantie durch Kaiser und Reich, ganz Pommern
Zur kaiserlichen Genehmigung an Trauttmansdorff in der eigenhändigen Geheim-instruktion, Schweden ganz Pommern zu übertragen, vgl.
Dickmann, XIII bei Anm. 2.
zuzuschlagen
. Der Kurfürst lehnte ab
Vgl. die Relation Saint-Romains vom 31. Dezember 1646 über seine zweite Reise zum Kurfürsten von Brandenburg (Druck:
[Beilage 2 zu nr. 41] ); eine erste Reise zum Kurfür-sten hatte er zuvor, am 8. November 1646, gemeinsam mit Courtin unternommen (vgl.
[Anm. 15 zu nr. 2] ).
, und Oxenstierna schien vorübergehend von der Satisfaktion mit Pommern abzugehen und einer Übertragung von Kirchengut zuzunei-gen
. Die Regelung der schwedischen Satisfaktion sollte Verhandlungen in Osnabrück vorbehalten bleiben, zu denen d’Avaux, Trauttmansdorff folgend, am 16. Januar 1647 eintraf. Servien war am 29. Dezember 1646 nach Den Haag abgereist, wo er am 8. Januar 1647 auf den Kurfürsten von Brandenburg traf und mit ihm persönlich die Sache erörterte
.
V. Die Garantievertrags-Verhandlungen Serviens in Den Haag (Januar – Juni 1647)
a. Die Ziele der Mission Serviens und die politische Stimmung in den Nie-derlanden
Die Reise eines französischen Gesandten nach Den Haag war bereits 1645 erwogen worden
Am 14. Oktober 1645 war die Reise eines Gesandten von Münster nach Den Haag im Zu-sammenhang mit der Gefahr einer Separation der Generalstaaten (bei Spaltungsversuchen der Spanier) von Paris aus genehmigt worden (vgl.
APW
[II B 2 nr. 237] , hier
[752 z. 18–36] ).
, diesbezügliche Überlegungen hatten sich aber erst seit Sommer 1646 konkretisiert, als dort vorübergehend kein Bot-
[p. CXII]
[scan. 112]
schafter weilte
. Servien meldete am 21. September 1646 den Wunsch an, die Mission zu übernehmen
Servien an Lionne, Osnabrück 1646 September 21 (Druck:
APW
[II B 4 nr. 167] ). Servien hatte schon im Sommer 1646 einer französisch-niederländischen Garantie aufgeschlosse-ner gegenübergestanden als d’Avaux (
Tischer, 315).
; über die Besetzung gab es keine wei-tere Diskussion
Brienne war von der Entscheidung völlig ausgeschlossen; Servien teilte ihm am 24. De-zember 1646, die wahre Vorgeschichte verhehlend, mit, der Frondienst der Reise nach Den Haag sei auf ihn gefallen (vgl. nr. 38). Ob d’Avaux’ Fauxpas in den Generalstaaten mit seiner Abschiedsrede von 1644 (vgl.
APW
[II B 1, LV] ) ein Präjudiz für die Entsen-dung Serviens 1646/1647 darstellte, läßt sich anhand der Korrespondenzen nicht sagen. Vgl. auch
Tischer, 318; vgl. des weiteren
[S. LXXIV Anm. 4] in diesem Band.
. Seit Ende November 1646 schälte sich immer deutli-cher das Kernproblem des Friedens mit Spanien
heraus: das Garantie-abkommen mit den Generalstaaten, das durchzusetzen äußerst schwierig werden würde
Vgl. Longueville, d’Avaux und Servien an Brienne, Münster 1646 November 24 (s. Anm. 1 zu nr. 2).
. Servien brach am 29. Dezember 1646 auf und kam am 8. Januar 1647 in Den Haag an. Seine dortigen Verhandlungen haben bislang noch keine eigene Gesamtdarstellung erfahren
Bislang umfassendste und beste Darstellung bei
Arend,
696–748;
ebd.,
696 zu seinen materiellen Aufenhaltsbedingungen (Unterkunft); vgl. auch
Waddington,
Provinces-Unies II, 184–203;
Dickmann,
440ff.
.
Die Mission Serviens in die Niederlande diente genuin der Aushandlung eines Garantieabkommens mit den Generalstaaten
Eingangs wurde gesagt, der niederländische Beschluß, mit Spanien auf einen Frieden hin zu verhandeln (er hatte sich seit September 1646 abgezeichnet, u.a. weil die Generalstaa-ten eine Analogie zu Katalonien verhindern wollten; vgl. Beilage 1 zu nr. 64), habe die Koordinaten der französischen Kongreßpolitik verschoben. Dies gilt besonders für die bilaterale französisch-niederländische Vertragsgarantie. Vor dem Beschluß der General-staaten hatte Frankreich nämlich den Friedensvertrag, den es selbst mit Spanien schließen wollte, für dauerhafter gehalten als den präsumtiven spanisch-niederländischen Waffen-stillstand; daher hatten die Franzosen versucht, Garantie-Verpflichtungen gegenüber den Generalstaaten über den Vertragsschluß hinaus zu vermeiden, weil sie befürchtet hatten, nach Auslaufen des Waffenstillstandes durch die Garantie automatisch wieder in einen Krieg gegen Spanien verwickelt zu werden. Nunmehr gingen die Franzosen davon aus, Spanien werde mit den Generalstaaten einen dauerhaften Ausgleich finden, mit Frank-reich aber nur unter Zwang Frieden schließen und später, wenn Frankreich nicht mehr die Unterstützung der Generalstaaten genieße, seine Revision anstreben; daher war die Festlegung möglichst weitgehender Garantie-Verpflichtungen jetzt durchaus in französi-schem Interesse (
Tischer, 315f).
; dies geht aus der Instruktion für Servien hervor
Die Instruktion ist im Anhang zu diesem Band abgedruckt. Sie wurde nicht ausgefertigt. Zu den Gründen für den Abdruck des Konzepts und den Unterschieden zwischen dem ersten Entwurf Serviens und dem späteren Pariser Entwurf der Instruktion vgl. Anm. 1 zum Anhang.
, für die dieser selbst
Einen Vorentwurf der eigenen Instruktion zu erstellen, war in der französischen Diplo-matie im 17. Jahrhundert durchaus keine ungewöhnliche Tätigkeit und galt als Mittel zur Vorbereitung eines Diplomaten auf seine Mission (
Genet I, 194 Anm. 159).
einen ersten Ent-
[p. CXIII]
[scan. 113]
wurf geliefert hatte. Dies war nicht nur ein vorgeschobener Auftrag, hin-ter dem sich eine andere Absicht verbarg, nämlich die Verhinderung der Ratifikation der spanisch-niederländischen Provisional-Artikel
Gegen
Dickmann, 440. – Ein
Advis de Munster in den Akten Godefroys vom 1. Januar 1647, der Vermutungen in Münster über den Anlaß der Reise referiert, besagt, es gebe hierüber unterschiedliche Ansichten, und nennt als ersten angenommenen Grund, den Kurfürsten von Brandenburg in Den Haag zum Einlenken in Sachen Pommern zu be-wegen, als zweiten das Garantieabkommen (Kopie:
IF CG 22 fol. 264–264’).
. Diese Auffassung (oder die Behauptung, Servien habe die Präliminarien selbst verhindern sollen
) ist in der Literatur verbreitet
Vgl. neben den Genannten auch
Bazin
III, 547, der den Beginn der Mission ungenau, ohne Tagesangabe, auf Januar 1647 datiert;
Blok
IV, 527;
Smit,
20; ähnlich, wenn auch differenzierter, urteilen
Truchis
de
Varennes,
349f;
Waddington,
Provinces-Unies II, 184f.
, wird aber durch die Akten des vorliegenden Bandes klar widerlegt. Das heißt nicht, daß Ser-vien nicht später
Als Servien am 14. Januar 1647 seine Antrittsrede (s. Beilage 2 zu nr. 77) vortrug, wußte er im übrigen kaum Genaues von der Unterzeichnung der Provisional-Artikel (vgl. nr. 64). Daher ist es keineswegs merkwürdig, daß Servien den Generalstaaten die fran-zösische Friedenssicherungs-Konzeption vorstellte und ihnen einen Garantievertrag anbot, aber mit keinem Wort (dazu nr. 91) die Vorgänge in Münster erwähnte (anders
Dickmann, 441).
versucht hätte, gegen die spanisch-niederländische Ei-nigung zu intervenieren; aber er stellte selbst klar, daß dies anfänglich nicht das Ziel seiner Mission gewesen sei
. Die Frage, mit welchem Auf-trag Servien nach Den Haag reiste, ist von der zu trennen, was er dort tatsächlich unternahm. Denn indem die ältere Literatur auf die spanisch-niederländische Annäherung abhebt, verkennt sie die eminente Bedeu-tung der Vertragsgarantie als Element der Friedensassekuration
Auch Contarini urteilte nach französischen Informationen, der Friede hänge nur noch vom Garantieabkommen ab (vgl. nr. 138), zweifelte aber an dessen Zustandekommen (vgl. nr. 112). Auch nach Longueville bestand eine direkte Abhängigkeit des Friedens-schlusses von der Garantiefrage (vgl. ebd.).
, um de-rentwillen ein außerordentlicher französischer Botschafter nach Den Haag gesandt wurde. Nachdem die Unterzeichnung der Provisional-Artikel dort bekannt geworden war, mußte Servien selbstverständlich darauf rea-gieren. Brienne hielt eine äußerst moderate Kritik für angebracht
An Longueville und d’Avaux in nr. 81. Er räumte aber ein, daß die Generalstaaten selbst, und nicht eine persönliche Verfehlung der niederländischen Gesandten, für die Unterzeichnung verantwortlich seien (vgl. nr. 65).
, zu-mindest in den internen Depeschen führte Servien jedoch eine härtere Sprache als seine Kollegen: Statt von
manquement sprach er von
défection und
infraction scandaleuse
. Für die Öffentlichkeit war die Sprachrege-lung getroffen worden, die Unterzeichnung, die nicht mehr zu verhindern war, mit der Begründung gutzuheißen, Spanier und Niederländer verhan-delten nicht über Mediatoren und müßten deshalb Verhandlungsergeb-
[p. CXIV]
[scan. 114]
nisse durch ihre Unterschrift bestätigen; auf Kritik an den Generalstaaten selbst sollte verzichtet und nur eine solche an ihren Gesandten in Münster geübt werden
. Dieser Richtschnur folgte auch Servien, nur griff er die niederländischen Gesandten persönlich derart scharf an
Er regte sogar persönliche Racheandrohungen an, die durch göttliches Recht zu begrün-den seien (vgl. nr. 195). Umsichtiger verfuhr Nederhorst, der seine Verweigerung der Unterschrift rechtfertigte, ohne seine Kollegen zu attackieren; deshalb stellte er im Titel seiner Rechtfertigungsschrift klar, er liefere Gründe servans à la descharge de ses scrupu-les particuliers sans en charger personne
(vgl.
[Beilage 1 zu nr. 75] ).
, daß seine Kri-tik doch auf die Generalstaaten zurückfiel und das französisch-niederlän-dische Verhältnis belastete. Der Öffentlichkeit demonstrieren wollte die französische Regierung vor allem die rechtliche Unverbindlichkeit der Provisional-Artikel
Diese werden in den französischen Korrespondenzen durchaus auch als traité
(oder traité desjà faict;
vgl.
[nr. 149] ) bezeichnet, häufiger aber als
articles
und, wenn es um ihren rechtlichen Status geht, als articles provisionellement accordés;
in
[nr. 125] heißt es dage-gen sogar für die Provisional-Artikel:
conclusion de leur
[sc. des Espagnols
] paix avec Messieurs les Estatz.
Ebenso wie bei Contarinis Bezeichnung der September-Artikel als trattato
ist hier eine unklare Terminologie festzustellen (vgl.
Repgen,
Satisfaktionsarti-kel). Die Frage: Was ist ein Vertrag? ist auch ein Grundproblem bei der französischen Reaktion auf die spanisch-niederländischen Provisional-Artikel. Die interne Meinung über die vertragsrechtliche Einstufung dieser Artikel innerhalb der französischen Regie-rung und Gesandtschaft war durchaus differenzierter, als die nach außen hin propagierte Sprache vermuten läßt. – Zu falschen französischen Aktenbezeichnungen vgl. Anm. 14 zu nr. 169.
, denn in den Niederlanden
Dort wurde der Abschluß der Provisional-Artikel fast als Friedensschluß gefeiert und die Nachricht hiervon auch in Flugschriften verbreitet; sogar der Weg zu einem niederlän-disch-spanischen Bündnis schien offenzustehen (vgl. zur Rezeption der Provisional-Arti-kel in den Niederlanden
Knuttel nr.n 5434–5437).
und selbst in Paris glaubte man, es handele sich um einen
accord particulier [...]
achevé de tout point
Mazarin an Longueville, Paris 1647 Januar 25; Kopie:
AE
,
CP
All.
98 fol. 185–186; Konzept:
AE
,
CP
All.
80 fol. 373–373’; Regest:
Mazarin,
Lettres II, 849.
. Daher ließ Mazarin zwei anderslautende Artikel in der Ga-zette veröffentlichen
Vgl.
ebd. Die beiden Artikel in:
Gazette
de
France n° 11 (1647 Januar 26), 69–76, hier 72f (Meldung aus Münster vom 13. Januar 1647), 75f (aus Brüssel vom 18. Januar 1647): rechtliche Unverbindlichkeit der am 8. Januar 1647 unterzeichneten spanisch-niederlän-dischen Provisionalartikel; deren Konsequenz: mögliche Verschärfung des Krieges; Anga-ben zum Titel der Provisional-Artikel und ihrer äußeren Beschaffenheit (verschiedene, unterschiedlich datierte Schriftsätze, Bündnisvorbehalt zugunsten Frankreichs). – Zu Ge-rüchten, der spanisch-niederländische Friede sei geschlossen, vgl. auch nr. 83. Servien hielt es aufgrund dieser Gerüchte ebenfalls für nötig, kundzutun, daß der Frieden noch keineswegs geschlossen worden sei.
.
In der Historiographie besteht zu Recht Übereinstimmung darüber, daß Servien schon bei seinem ersten Auftritt vor den Generalstaaten am 14. Januar 1647, zu dem die Staaten von Holland vollzählig erschienen wa-ren, nicht den rechten Ton traf
Arend,
699–702;
Dickmann,
441 bezeichnet seine Sprache als hochfahrend.
. Doch was, vor allem bei
Dickmann,
[p. CXV]
[scan. 115]
nicht genügend Beachtung fand, durch die Korrespondenzen des vorlie-genden Bandes aber dokumentiert wird, ist die Tatsache, daß Servien in der Schärfe seines Auftretens durchaus durch Mazarin und die Memoran-den Ludwigs XIV. gestützt wurde
Vgl. z.B. nr.n 140, 153 (dort wird namentlich die harte Linie Serviens gegen Pauw und Knuyt gebilligt und konformes Verhalten in Münster gewünscht), 167 und 206 (in beiden Placet des Königs für die Unterstützung der Kriegspartei in den Niederlanden), 257 und 258 (in beiden Bekundung der uneingeschränkten Zustimmung des Hofes zu seinem Vorgehen seit der Ankunft in Den Haag, namentlich seiner harschen Kritik an Pauw).
; man ließ ihm alle Freiheit, sich nach seinem Eindruck am Ort zu verhalten
Mit seinen Berichten beeinflußte Servien zudem die Anweisungen aus Paris im Sinne eines härteren Vorgehens gegen die Niederländer (vgl. nr. 89).
. Dies ist insofern wichtig, als schon während des Aufenthaltes Serviens in Den Haag von niederlän-discher Seite vorgebracht wurde, Servien handele nur aus persönlichem Antrieb und vertrete nicht repräsentativ die Position seiner Regierung
. Angesichts des Mißerfolges Serviens stellt sich die Frage nach einer politi-schen Alternative. Zwar mahnte ein Memorandum Ludwigs XIV. am 1. Februar 1647
Geduld gegenüber den Generalstaaten an und wies auf die faktische Machtlosigkeit Frankreichs ihnen gegenüber hin, weshalb fe-stes, aber nicht unwirsches Auftreten Serviens angezeigt sei, aber dennoch wurde das Verhalten Serviens grundsätzlich unterstützt
Zum Teil auf dessen ausdrückliches Ersuchen hin (vgl. nr. 133).
, auch als dieser (angeblich auf Anregung befreundeter Niederländer) ein weniger mode-rates Vorgehen einschlug
Diese Konformität betonten Servien (vgl. nr. 103), Mazarin und königliche Memoranden immer wieder.
. Mazarin wies Servien bereits am 1. Februar 1647 an, als Reaktion auf die spanisch-niederländischen Provisional-Arti-kel in Den Haag mit
fermeté und
haulteur aufzutreten, und befürwortete verhandlungstaktisch überhöhte Forderungen an die Niederländer
. Le-diglich Brienne riet Servien nachdrücklicher, zumindest im Januar und Februar 1647, zu empfindsamerem Auftreten und hob die Bedeutung der Einhaltung des rechten Maßes hervor
Vgl. Anm. 1 zu nr. 75 und Anm. 6 zu nr. 81.
. In der Abwägung der Möglich-keiten und Grenzen der französischen Politik in Den Haag zeigte er sich sehr umsichtig; es ist unklar, ob dies auf Briennes genuin eigene Einschät-zung
Brienne verfügte bekanntlich über eine gute Ausbildung und großen Kenntnisreichtum, hatte aber häufig Schwierigkeiten, seine Gedanken in der Korrespondenz klar darzule-gen, und zeigte nicht selten mangelnde Einsicht in politische Probleme. Er war zwar von seinem Amt offenbar überfordert, aber nicht gänzlich unfähig, und so wechselten bei ihm Licht und Schatten (eine völlige Fehleinschätzung der niederländischen Politik in nr. 340; zu scharfsinnigen Stellungnahmen Briennes vgl. dagegen
Tischer, Diplomaten, Anm. 26). Seine Korrespondenz ist v.a. durch die Referate der Conseil-Beschlüsse und der Kon-ferenzen mit diplomatischen Vertretern bei Hofe wichtig. Durch deren Führung war er nicht völlig
to the level of mere letter writers reduziert, wie dies nach
Moote, 70 mit den Staatssekretären unter Mazarin geschehen sei, besaß aber keinen entscheidenden Einfluß auf die Führung der französischen Außenpolitik (
Tischer, 54).
zurückging oder ob er sich damit zum Sprachrohr etwaiger kriti-
[p. CXVI]
[scan. 116]
scher Stimmen im Conseil machte. Gegen Briennes Aufforderung zur Mä-ßigung hielt Servien harte Kritik an den niederländischen Gesandten für notwendig
und setzte sich mit dieser Auffassung durch. Servien hatte aber nicht allein Schwierigkeiten, den angemessenen Ton zu finden, son-dern auch, wie er selbst gestand
, die geeigneten Konsequenzen aus der besonderen niederländischen Staatsverfassung
Die Verfassung der Vereinigten Provinzen der Niederlande machte die (außenpolitische) Entscheidungsfindung in der Tat überaus schwierig. Die Souveränität lag nicht bei den Generalstaaten, daher waren die Provinzialversammlungen und in den Provinzen vor allem die Regierungen der großen Städte von Bedeutung.
Roosen schätzt für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts die Zahl der Personen, die die Außenpolitik der Vereinigten Provinzen (zumindest potentiell) beeinflussen konnten, auf 2000 (
ebd., 43). Diese kom-plizierte Verfassung, die Servien für ungeeignet hielt, ein Staatswesen zu organisieren, erlaubte es den Vereinigten Provinzen gleichwohl, eine europäische Großmacht zu wer-den und eine entsprechende Politik zu betreiben. Die Provinz Holland und in ihr die Stadt Amsterdam, der
griffier der Generalstaaten, Musch, übten, neben einigen anderen eminenten Politikern wie Andries Bicker, auf die Verhandlungen 1647 einen entschei-denden Einfluß aus. Sie alle standen Servien ebenso feindlich gegenüber wie das Haus Oranien; lediglich Prinz Wilhelm II. schien Anlaß zu (letztlich enttäuschten) französi-schen Hoffnungen auf Unterstützung durch die Oranier zu bieten.
für seine Verhandlungs-strategie zu ziehen
Servien selbst bezeichnete ihre
constitution irrégulière als Verhandlungshemmnis (vgl. nr. 118). Die Franzosen hatten grundsätzlich Schwierigkeiten, die politische Lage in den Niederlanden wegen deren komplexer Verfassung richtig einzuschätzen (
Tischer, 312). Dies wurde 1647 zusätzlich durch die Krankheit Prinz Friedrich Heinrichs von Oranien erschwert, denn jetzt war auch Rücksicht auf dessen Sohn (mit unsicherer politischer und militärischer Zukunft) zu nehmen. Zu Serviens mangelnder Einsicht in die Willensbil-dung in den Niederlanden und seiner Schwierigkeit, Vertrauenspersonen zu finden, vgl. nr. 117 (in
[nr. 148] beklagt Servien sogar, er wisse nicht einmal, wen er in Den Haag bestechen solle). Immerhin erkannte er, in einem
Estat populaire wie den Niederlanden seien andere Verhandlungsstrategien anzuwenden als in einem
Estat monarchique (vgl.
[nr. 133] ).
; er fürchtete die langwierige politische Entschei-dungsfindung
in den Vereinigten Provinzen, von denen jede völker-rechtlich souverän war. Begriffe wie
longueur
, irrésolution
, confu-sion, discorde, désordre
und
changement
Vgl. z.B.
[nr.n 102] ,
[103] ,
[196] ,
[202] . Die Beschreibungen häufiger Stimmungswechsel in den Niederlanden sind ebenso ein Leitmotiv in seinen Depeschen (vgl. z.B.
[nr. 252] ).
, welche die Mängel der repu-blikanischen Staatsform
Servien verachtete nicht nur die niederländische Staatsform, sondern auch die Nieder-länder als Volk, was sich immer wieder in Formulierungen seiner Depeschen nach Mün-ster und Paris niederschlägt; er hielt sie für von
passion geleitet und daher unberechenbar (vgl.
[nr. 120] ), unbeständig und eigensinnig (vgl.
[nr. 148] ), grundsätzlich korrupt (vgl.
[nr. 293] ) und behauptete, ihnen liege ihr wirtschaftliches Interesse mehr am Herzen als ihr religiöses Gewissen (vgl.
[nr. 325] ). Ihr Verhalten sei nicht vernunftgeleitet und daher un-stet, behauptete auch ein Memorandum Ludwigs XIV. (
[nr. 93] ). Servien führte seine ver-letzende Sprache durchaus nicht nur in der internen Korrespondenz; so warf er der Prin-zessin von Oranien vor, sie schade mit ihrer Politik nicht nur ihrem eigenen Sohn, Prinz Wilhelm II., sondern verstoße damit auch gegen das Andenken ihres (wenige Wochen zuvor verstorbenen) Ehemannes (vgl.
[nr. 213] ).
aus der Sicht Serviens kennzeichneten, wurden
[p. CXVII]
[scan. 117]
daher zu Leitbegriffen seiner Berichte zur politischen Lage in Den Haag,
patience und
flegme
zu Maximen politischen Handelns
Es handelt sich hierbei um Begriffe, die auch die anderen frz.
Ges.
benutzen, Servien aber besonders häufig; die systematische Untersuchung der Verwendung dieser Begriffe bei Servien dürfte wahrscheinlich zu einem besseren Verständnis seiner Politik in Den Haag beitragen.
, die von Ser-vien jedoch eher beschworen denn in die Tat umgesetzt wurden. Am 5. März 1647 berichtete er, er habe notwendigerweise bei einer erneuten Rede vor den Generalstaaten
handgreiflich
Vgl.
[nr. 160] :
venir aux mains. Ähnlich
[nr.n 159] und
[175] (Servien bekundet dort, er habe die Maske fallen lassen und den offenen Krieg beginnen müssen).
werden müssen.
Servien hatte von Beginn seiner Verhandlungen an die mächtige Provinz Holland, den exponiertesten Verfechter des Separatfriedensschlusses mit Spanien, zum Gegner
Vgl.
[nr. 78] . Dieser Umstand bedeutete einen großen Nachteil. Servien schwebte daher eine Mehrheitsentscheidung in den Generalstaaten zugunsten Frankreichs vor, wobei er sich auf Geldern, Groningen, Overijssel und Utrecht stützen wollte und auch Seeland und Friesland zu gewinnen hoffte (vgl.
[nr.n 148] ,
[149] ,
[167] ,
[187] ). Doch dieser Versuch beruhte auf einer politischen wie verfassungsrechtlichen Fehleinschätzung Serviens und erwies sich in der Praxis als nicht gegen den Widerstand Hollands durchsetzbar, was auch Servien selbst schließlich einsah (vgl.
[nr. 310] ). Vor einer solchen Arithmetik waren jedoch auch Mazarin (vgl.
[nr. 234] ) und die Niederländer selbst nicht immmer gefeit; ihr erlag z.B. Prinz Wilhelm II. im Sommer 1648 (
Groenveld, Holland, 105 mit Anm. 39).
, während sich Seeland als treuester Bundes-genosse Frankreichs erwies. Servien rang mit Holland um die Gunst der übrigen Provinzen. Immerhin konnte er den holländischen Plan
Dazu: Resolutionen der Staaten von Holland vom 8. Februar 1647 und der Generalstaa-ten vom 12. Februar 1647 (vgl.
Arend, 711).
ver-eiteln, eine allgemeine außerordentliche Versammlung aller Provinzial-Staaten in Den Haag zur Beschlußfassung über die mit Spanien strittigen Punkte abzuhalten
Holland errang mit seinem Plan einer allgemeinen Versammlung der Provinzial-Depu-tierten in Den Haag aber immerhin einen Teilerfolg: Namentlich die Provinzen Geldern und Seeland beschickten die Generalstaaten mit einer größeren Zahl von Deputierten als üblich (Zahlenangaben bei
Arend, 729 Anm. 2).
. Ein Rundbrief an die einzelnen Provinzen mit Aus-nahme Hollands, den Servien am 26. April 1647 verschickte
, weil seine Verhandlungen in Den Haag nicht vorankamen und Pauws Ankunft dort die Stimmung endgültig gegen ihn umschlagen zu lassen drohte, brachte hingegen keinen politischen Erfolg und verschärfte die Opposition Hol-
[p. CXVIII]
[scan. 118]
lands gegen seine Vorschläge nur noch mehr
. In bezug auf die politische Stimmung hatte er von Anfang an gegen die niederländische Überzeu-gung, Frankreich fehle jeglicher Friedenswille, zu kämpfen, die nach Ser-vien Grundlage aller Entscheidungen der Generalstaaten war
. Es ge-lang ihm im Laufe eines halben Jahres weder, Holland zu neutralisieren, geschweige denn, es auf seine Seite zu ziehen, noch, diesen Glauben zu zerstreuen
. Ein entscheidendes Moment der Verhandlungen in Den Haag war die Beeinflussung der wechselhaften
politischen Stimmung im Lande, um damit erfolgversprechende Rahmenbedingungen für die ei-gentlichen Verhandlungen zu schaffen; diesen auch über Flugschriften ge-führten Kampf verlor Servien gegen die prospanische Partei, deren Ge-schick man auch in Paris anerkannte
.
Die Dinge standen also für Frankreich denkbar schlecht
Charakteristisch für die allgemeine Lage und die Frankreich entgegengebrachten Schwierigkeiten war nach Servien die niederländische Reaktion auf Mazarins Vorschlag zur Nachfolge im Bistum Orange:
à présent tout ce qui vient icy de nostre part est long et dificile (vgl.
[nr. 133] ). Es gab eine Reihe ähnlicher, politisch nicht zentraler Streitpunkte zwischen Frankreich und den Generalstaaten, die zu einer insgesamt vergifteten politi-schen Stimmung beitrugen und die eigentlichen Garantieverhandlungen negativ präjudi-zierten bzw. begleiteten (sie reichen von kleineren Handelsstreitigkeiten bis zum Entfüh-rungsfall einer jungen französischen Adligen; bezeichnend ist z.B. Serviens Feilschen um die Herausgabe einzelner konfiszierter Schiffe in Zeiten großer politischer Krisen und eines gespannten Verhältnisses zum niederländischen Bündnispartner, über das er in
[nr. 148] berichtet).
. Man mut-maßte Anfang Februar am französischen Hof, Ziel der Spanier sei nicht allein das Inkrafttreten ihres Separatabkommens mit den Niederländern, sondern deren Gewinnung zu Schritten gegen Frankreich
Vgl.
[nr. 93] . Im April 1647 hielt man in Paris die Nachricht von einem offenen Um-schwung der niederländischen Politik zuungunsten Frankreichs in den nächsten acht bis zehn Tagen für vertrauenswürdig (vgl.
[nr. 217] ).
. Servien sah jedoch nur die Bereitschaft der Niederländer zur Ausreizung aller von Frankreich gewährten Spielräume, aber keinesfalls ihre Absicht zur Sepa-ration
Vgl.
[nr. 91] . Ganz anders urteilt er in
[nr. 148] : Der Separatfriede hänge möglicherweise nur noch an einem Punkt (Oberquartier von Geldern). Mazarin für seinen Teil hatte trotz anderslautender Einschätzungen Zweifel am Zustandekommen eines spanisch-nie-derländischen Separatfriedens (vgl.
[nr. 154] ). Er beobachtete im übrigen genau die öffent-liche Meinung in den Generalstaaten und ließ sich von Servien alle dort publizierten Flugschriften zuschicken (vgl.
[nr. 161] ).
. Um eine weitere spanisch-niederländische Annäherung zu ver-hindern, mußte er die beabsichtigte Einreise Bruns nach Den Haag ver-hindern, was ihm auch gelang; aber auch nach der Zurückweisung von Bruns Paßgesuch schwebte beständig das Damoklesschwert seiner An-kunft, um die weiterhin gerungen wurde, über Serviens Haupt, und der
[p. CXIX]
[scan. 119]
Kampf hiergegen band einen guten Teil seiner Kräfte
Nicht aus Den Haag ausweisen lassen konnte Servien den umtriebigen spanischen Agen-ten Philippe Le Roy, der sich schon bei seiner Ankunft in Den Haag Anfang Januar 1647 dort aufgehalten hatte; dessen Aufenthaltserlaubnis wurde durch Resolutionen der Ge-neralstaaten vom 13. Mai 1647 und der Staaten von Holland vom 11. und 13. Mai 1647 nochmals um vier Monate verlängert (
Arend, 730 Anm. 1).
; überhaupt ko-stete ihn der publizistische Kampf gegen die prospanische Seite viel Kraft und Zeit
.
Ebenso zweischneidig wie das Verhältnis Serviens zu den unterschiedli-chen Interessengruppierungen in den Generalstaaten
Vgl. v.a.
[nr.n 196] ,
[289] ,
[294] . Das grundsätzliche Dilemma der französischen Politik be-stand darin, daß die Generalstaaten angesichts der französischen Forderung nach all-gemeiner Friedensgarantie skeptisch waren, weil sie glaubten, Frankreich wolle mit deren Aushandlung nur den Frieden hinauszögern und die Generalstaaten gegebenenfalls in einen neuen Krieg mit Spanien involvieren; andererseits betonte Servien gegenüber Lon-gueville, man müsse wichtige Punkte der französisch-spanischen Verhandlungen ver-schleppen, weil nach einer Einigung zwischen den Kronen keine allgemeine Garantie mehr seitens der Generalstaaten zu erwarten sei, denn diese würden ihr höchstens zu-stimmen, um den Friedensprozeß zu befördern. Unterstützung fand Frankreich daher nur bei der Kriegspartei in den Niederlanden, deren Interessen sich aber auch nicht mit den französischen deckten (vgl.
[nr. 195] ). Es galt also, die Generalstaaten von der franzö-sischen Friedensbereitschaft zu überzeugen und gleichzeitig die substantiellen Friedens-verhandlungen hinauszuzögern, um die Generalstaaten zu einer Garantie zu bewegen, die diese nicht wollten und die ihren Interessen sogar, wie auch die Franzosen sahen, offen widersprach.
war jenes zum Hause Oranien
Auch Serviens Versuch, die Provinz Holland zu gewinnen und gleichzeitig die Interessen Prinz Wilhelms II. von Oranien zu wahren, erwies sich als Gratwanderung (vgl.
[nr. 297] ).
, vor allem wegen der Gegensätze innerhalb dessel-ben
. Seine größte Stütze war anscheinend Prinz Wilhelm II., der nach dem Tode seines Vaters Friedrich Heinrich am 14. März 1647
Zur politischen Bedeutung seines Todes vgl. ein anonymes Memorandum Sur la mort du prince d’Orange,
[Niederlande] 1647 [März 30/31?]; Ausfertigung (nicht unterfertigt, größtenteils de-/chiffriert):
AE
,
CP
Holl.
43 fol. 617–619’.
dessen Nachfolge antrat
Nach dem Tode Prinz Friedrich Heinrichs wurden, noch am 14. März 1647, in den Ge-neralstaaten die verfassungsrechtlichen Schriftsätze vorgetragen, die die Generalstatthal-terschaft regelten. Es kam zu einer ersten Eidesleistung Prinz Wilhelms II. (
Arend, 713). Da für die rechtliche und politische Bewertung der Handlungen und Stellungnahmen Wilhelms II. nicht unerheblich ist, ob er sie vor oder nach dem 14. März 1647 unternahm bzw. abgab, wird die Ordinalzahl in diesem Band bei allen Angaben, die sich eindeutig auf die Zeit vor dem Tod seines Vaters beziehen, in Klammern gesetzt.
. Aber daß die Position Serviens auch ihm gegenüber schwierig war, zeigte sich bereits Anfang Februar
Vgl.
[nr. 103] . Auch Wilhelm II. bekundete seine Abneigung gegen ein Garantieabkom-men, und Servien hielt die Unterstützung seines Eintretens für die Fortführung des Krie-ges mit der notwendigen Bekundung der französischen Friedensbereitschaft für unver-einbar (vgl.
[nr. 231] ).
; nach dem Tode seines Vaters gab er der französischen Politik zwar zunächst Anlaß zur Hoff-
[p. CXX]
[scan. 120]
nung
, erwies sich aber bald als kraftlose Persönlichkeit
, scheute öf-fentliche Erklärungen, militärische Aktionen
und riet auch Servien von der Vorlage strittiger Dossiers ab
. Serviens Verhandlungsposition ver-besserte sich mit dem Tode des an seinem Lebensende frankreichkritischen Prinzen Friedrich Heinrich nicht; es war unklar, welche verfassungs-mäßige Stellung und welches politische Gewicht Wilhelm II. zukommen werde, vor allem gegenüber seiner einflußreichen Mutter
Vgl.
[nr. 193] . Zumal es Schwierigkeiten bei der Ämterübernahme durch Prinz Wilhelm II. von Oranien gab (vgl.
[nr.n 196] ,
[213] ).
. Die Launen-haftigkeit der unter dem Einfluß Knuyts stehenden Prinzessin von Ora-nien beklagte Servien allenthalben
; bis Mai 1647 gelang es ihm immer-hin, ein Zerwürfnis zu vermeiden. Im Juni urteilte Servien abschließend, die Prinzessin von Oranien sei untrennbar der spanischen Partei verbun-den
Vgl.
[nr. 325] . Brienne bekundete zur gleichen Zeit, er habe größere Furcht vor der Prin-zessin von Oranien, die politisch sehr einflußreich sei und offen zu den Spaniern neige, als er Hoffnungen auf Prinz Wilhelm II. setze, denn dieser verfolge andere Ziele als Frankreich, und seine Macht sei noch keineswegs gefestigt (vgl.
[nr. 328] ); ähnlich auch Servien selbst in
[nr. 337] .
.
b. Die Garantieverhandlungen
Die Garantieverhandlungen kamen nur schwer in Gang, denn den Gene-ralstaaten wäre es am liebsten gewesen, gar kein Garantieabkommen zu schließen
So noch laut Resolutionen der Generalstaaten vom 20. und 21. März 1647
(
Arend, 718). Mazarin ließ Servien wissen, daß man zu Einschränkungen der Garantie durchaus bereit sei; grundsätzlich könne aber ein Friede ohne sie nicht geschlossen werden (vgl.
[nr. 118] ).
. Daran hatten sie auch kein sachliches Interesse, weil, wie Ma-zarin selbst eingestand, sich für die Niederlande nur aus der gegenseitigen Friedensgarantie die Gefahr ergab, wieder in einen Krieg mit Spanien ver-wickelt zu werden
Vgl.
[nr. 96] . Servien hatte dies schon im November 1646 erkannt (vgl.
[nr. 3] ).
. Auch als Argumentationshilfe gegenüber dem krie-gerischen Prinzen Wilhelm II. von Oranien äußerte Mazarin gegenüber Servien, der Abschluß der Garantie mit Frankreich mache einen zukünf-tigen Krieg für die Generalstaaten wahrscheinlicher
Vgl.
[nr. 126] . Servien war sich durchaus der Zweischneidigkeit des von Mazarin ange-führten Arguments bewußt (vgl.
[nr. 161] ).
. Aber warum soll-ten die Generalstaaten diese Gefahr freiwillig aufrechterhalten, ohne dar-aus irgendeinen Vorteil zu ziehen
Sie wünschten zudem keine Stärkung der Franzosen in ihrer Nachbarschaft und verfolg-ten andere Interessen als diese, namentlich wollten sie die Spanier nur schwächen, nicht aber ganz aus den Niederlanden vertreiben (vgl.
[nr.n 118] ,
[132] ,
[149] ; zum treffenden Sprichwort
Gallus amicus, non vicinus vgl. auch
Groenveld, Nederlaag, 122). Serviens Ziel war, Frankreich in die gleiche politische Position zu manövrieren, welche die Nieder-länder innehatten, nämlich die eigenen Interessen gesichert zu haben und von der Gegen-partei gebraucht zu werden, um die Alliierten zum Friedensschluß zu bewegen (vgl.
[nr. 196] ). Sich darauf einzulassen, hatten die Generalstaaten gleichwohl ebensowenig Grund.
? Der Weg, die Generalstaaten zu ei-
[p. CXXI]
[scan. 121]
nem Garantieabkommen zu bewegen, konnte also nur darin liegen, ihnen – was nicht gelang – die mögliche Gefahr eines Krieges mit Spanien vor Augen zu führen, die gar nicht bestand, oder sie auf Grund der Allianz-verträge zur Vertragsgarantie zu verpflichten – was zu einem Garantie-abkommen führte, an dessen Einhaltung schon am Tage seiner Unter-schrift niemand, auch Servien selbst nicht, glauben konnte. Die Allianzverträge von 1635
Mit diesem Vertrag beriefen sich die Franzosen in der Garantiefrage auf einen Rechtsakt, den sie in anderer Hinsicht selbst nicht vollständig ausführen wollten (vgl.
[nr. 206] ).
und 1644 waren rechtlich bindend
Daneben ging es gelegentlich auch um die Interpretation des Vertrages von 1634 (s.
[Anm. 34 zu nr. 2] ), der jedoch auf sieben Jahre befristet gewesen und damit ausgelaufen war; auf dieser eindeutigen Rechtslage beharrten auch die Niederländer und betonten daher, daß aus dem Vertrag von 1634 keinerlei Garantieverpflichtungen erwüchsen (vgl. z.B. den Bericht eines anonymen Informanten aus den Generalstaaten, [Den Haag] 1647 März s. die; s.
[Anm. 4 zu nr. 196] ).
, aber gerade der französische Wunsch, sie um ein eigenständiges Garantie-abkommen zu ergänzen, war Ausdruck der Befürchtungen, die Nieder-länder würden ihre Garantiebestimmungen nicht erfüllen, weil sie poli-tisch obsolet geworden waren. Ungeachtet des Prinzips
rebus sic stantibus zog man sich daher französischerseits auf die Rechtsverbindlichkeit der Allianzverträge zurück
. Deren Interpretation war aber durchaus um-stritten, und um sie wurde in den kommenden Monaten in Den Haag gerungen.
Die Verhandlungen mit den Kommissaren der Generalstaaten erwiesen sich von Beginn an als schwierig. Der mit einem bilateralen Garantie-abkommen konkurrierende Plan einer französisch-spanisch-niederlän-dischen Liga
war für die Generalstaaten vorteilhafter, denn sie hätte die Niederländer nach allgemeinem Dafürhalten von aller Kriegsgefahr befreit
Genau dieses Argument brachte Servien gegenüber Prinz Wilhelm II. von Oranien vor, um ihm die Gefahr der Abdankung der niederländischen Truppen und damit das Ende seines Amtes als Oberbefehlshaber vor Augen zu führen (vgl.
[nr. 196] ). Die französische Argumentation zugunsten eines bilateralen Abkommens, die sich am jeweiligen Ver-handlungspartner auszurichten versuchte, war also in sich widersprüchlich.
. Servien eröffnete die Verhandlungen am 20. Januar 1647 mit einer Proposition, die diesen Realitäten keine Rechnung trug
.
Darin wurde zunächst die völlige Vertreibung der Spanier aus den Niederlanden gefordert, et que les Estats dudit pays se rendent cautions dudit traicté ainsy qu’il fut convenu par le traicté de Gand faict an l’année 1577 et qui fut proposé en la conférence de l’année 1632 et en celle de 1634, la prin-
[p. CXXII]
[scan. 122]
cipalle seureté du traicté consistant à cette retraitte et en cette caution
[...]; werde das Projekt der Vertreibung der Spanier von 1635 nicht ver-wirklicht, il fauderoit
[!] au moins obtenir par le traicté qu’elles
[die Phil-ipp IV. belassenen Teile der Niederlande] demeurent soubs l’obéissance dudit roy en estat de ne donner point de jalousie, sans quoy il seroit ma-laisé de jouir de la paix avec seureté ny avec mesnage
Zit. nach der Kopie
Ass.
Nat.
277, hier fol. 108.
.
Die bedrohte Sicherheit Frankreichs und der Generalstaaten sei der Hauptgrund des ge-meinsam gegen Spanien eröffneten Krieges gewesen; daher seien die fol-genden unabdingbaren Vorsichtsmaßnahmen (précautions
[...] absolu-ment nécessaires)
zu treffen:
1) Da 1644 zwischen Frankreich und den Generalstaaten vereinbart wur-de, gemeinsam für die Sicherheit des in Münster zu schließenden Friedens und die öffentliche Ruhe Sorge zu tragen, die Gesandten der Generalstaa-ten dazu jedoch nicht bevollmächtigt zu sein bekundeten, müsse von neuem festgehalten werden, daß alles, was bislang französischer- respek-tive niederländischerseits mit Spanien verhandelt, vereinbart und unter-schrieben worden sei, bis zum gemeinsamen Friedensschluß aller drei Mächte null und nichtig sein solle.
2) Es wird ein désadveu formel
der Generalstaaten zu den spanisch-nie-derländischen Provisionalartikeln vom 8. Januar 1647 gefordert.
3) Die Generalstaaten müssen bis zum Abschluß der Verträge die Kampf-handlungen fortsetzen; es wird ihnen aber freigestellt, diese bei Unterzeich-nung der Verträge oder bei Austausch der Ratifikationen einzustellen.
4) Die Alliierten werden allen weiteren Bemühungen Spaniens, das franzö-sisch-niederländische Bündnis aufzubrechen, mit toutes les déclarations et actes nécessaires
begegnen, die den Feinden jede Hoffnung darauf nehmen.
5) Für den Fall, daß die Spanier einer Seite die Ratifikation des Verein-barten oder Entworfenen anbieten sollten, ohne daß die andere Seite zu-friedengestellt sei, müsse von neuem eine Übereinkunft darüber erzielt werden, daß die Verträge Frankreichs und der Generalstaaten mit Spa-nien nur gemeinsam, mit beiderseitigem Einverständnis und gleichzeitig geschlossen und unterfertigt werden, die Kampfhandlungen nur gleichzei-tig eingestellt und die Ratifikation nur gleichzeitig und in der gleichen (jetzt zu vereinbarenden) Form entgegengenommen werden dürfen.
6) Eine allgemeine und unbeschränkte gegenseitige Friedens- oder Waf-fenstillstandsgarantie wird vereinbart.
7) Es wird festgehalten, daß die gegenseitige Beistandsverpflichtung nicht gilt, wenn die Vertragsverletzung von Frankreich oder den Generalstaa-ten ausgeht.
8) Da die Generalstaaten einen Frieden statt eines Waffenstillstandes mit Spanien anstreben, verpflichten sie sich auf französischen Wunsch, auf den Einschluß Kataloniens in den Friedensschluß hinzuwirken, wobei der dor-
[p. CXXIII]
[scan. 123]
tige gegenwärtige französische bzw. spanische Besitzstand festgeschrieben werden soll; sollte dieser Einschluß nicht durchgesetzt und nur ein 30jäh-riger Waffenstillstand erreicht werden können, sind die Generalstaaten verpflichtet, nach dessen Auslaufen den Krieg gemeinsam mit Frankreich wiederaufzunehmen, wenn Spanien den Waffenstillstand nicht zu den al-ten Bedingungen fortsetzen will.
9) Es wird verfügt, daß diese allgemeinen französischen und niederlän-dischen Garantieverpflichtungen den Spaniern bei Vertragsunterzeich-nung zu erklären sind.
10) Ein Vorbehalt bestätigt die Gültigkeit aller Abmachungen der frühe-ren Verträge, sofern deren Bestimmungen durch den neuen Vertrag nicht explizit aufgehoben werden.
Bis zum 19. Februar konnte Servien nur ein Gegenangebot Hollands vor-weisen, das eine Bestätigung des Allianzvertrages von 1635 mit seiner all-gemeinen Garantieverpflichtung vorsah. Dieses sei nur im Extremfall ak-zeptabel und von ihm daher bislang scharf zurückgewiesen worden, je-doch einem Bruch mit den Niederländern vorzuziehen
. Nachdem keine Instruktion für die Mission Serviens in Den Haag ergangen war, defi-nierte ein Memorandum Ludwigs XIV.
nach Beratung im Conseil ge-nauer das Verhandlungsziel und formulierte stufenweise verschiedene Konzessionsmöglichkeiten. Es gab einem eigenen französisch-niederlän-dischen Garantieabkommen für den Frieden mit Spanien, selbst mit Ein-schränkungen, den Vorzug gegenüber der Bestätigung des Vertrages von 1635. Servien erhielt verhandlungstaktische Anweisungen zum Zurück-weichen in vier Stufen von den Maximal- zu den Minimalforderungen
1) Allgemeine, unbeschränkte Vertragsgarantie; 2) Beschränkung der Garantie auf das Territorium Frankreichs (gemeint: in den Grenzen bei Allianzschluß 1635), die Erobe-rungen in den Niederlanden, Lothringen, Elsaß und Pinerolo, dazu Hilfstruppen oder Schiffe für Katalonien, Roussillon und Toskana; 3) dito, aber für das Elsaß keine Garan-tie, sondern nur Hilfstruppen; 4) dito, aber auch für Lothringen nur Hilfstruppen.
. Doch Servien wollte von Konzessionen zunächst nichts wissen und kriti-sierte, daß der Hof von seinen Konzessionsmöglichkeiten in der Garantie-frage nach Münster berichtet hatte, woraufhin Mazarin Serviens völlige Entscheidungsfreiheit in der Garantiefrage versicherte
. Doch Ende März mußte Servien erkennen, daß auf Mehrheitsentscheidungen in den Generalstaaten nicht zu bauen war, weil Holland in den Garantiever-handlungen den Ton angebe, und daß ein Weiterkommen ohne die Be-rücksichtigung der Vorschläge dieser Provinz als schriftlicher Verhand-lungsgrundlage nicht möglich sei
. Nach dem Stillstand der Garantiever-handlungen mit den Generalstaaten infolge der schweren Krankheit und des Todes des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien kam es Ende März
[p. CXXIV]
[scan. 124]
zu zwei Konferenzen Serviens mit den niederländischen Kommissaren, die zu keinerlei Annäherung führten
. Holland beschränkte sich am 1. April 1647 darauf, die Kommissare anzuweisen, Servien nochmals die Bedenken gegen die geforderte allgemeine Garantie vorzustellen, und verschob die weitere Beschlußfassung auf die Zeit nach deren erneuter Anhörung, ohne ein konkretes Angebot vorzulegen
. Servien mußte nun sogar einen Rückschritt konstatieren: Holland war nicht mehr bereit, eine zuvor (un-verbindlich) in Aussicht gestellte
assistance für die Gebiete anzubieten, auf die sich die
garentie nicht erstreckte
. Am 16. April vermutete Servien, Hol-land wolle den Ausgang des kommenden Feldzugs abwarten; daher seien seine eigenen Eingaben an die Generalstaaten und seine Verhandlungen mit den niederländischen Kommissaren wirkungslos
. Er glaubte deshalb selbst nicht an die Annahme der neuerlichen Proposition, die er den General-staaten am 13. April 1647 präsentiert hatte
Escrit de monsieur Servien présenté aux Estats Généraux concernant l’obligation portée par le 9
e article du traité de 1635, qui regarde la garantie réciproque
(vgl.
[Beilage 2 zu nr. 229] ).
, denn es bestünden grundsätz-liche Differenzen zwischen den französischen und den niederländischen In-teressen an einem Garantieabkommen: Die Niederländer hätten kein Inter-esse an der Garantie der Eroberungen, zumal wenn diese die französischen Besitzungen in ihrer Nachbarschaft umfaßten, und müßten fürchten, auch einen etwaigen Tausch Kataloniens und des Roussillon gegen die Spanischen Niederlande garantieren zu müssen, wenn sie der Garantie vor Abschluß des französisch-spanischen Friedens zustimmten; ihr Interesse bestehe vor-nehmlich in der Garantie anderer Vertragsbestimmungen, namentlich ihrer Souveränität
.
Durch die Ankunft Pauws in Den Haag am Abend des 15. April
wurde Serviens Position kompromittiert, denn Pauw erhob Vorwürfe über an-gebliche französisch-spanische Heiratsverhandlungen und geheime Tausch- und Friedenstraktate, die das niederländische Vertrauen in Frankreich weiter erschütterten. Dies wog umso schwerer, als man sich auf französischer Seite der Abhängigkeit der französischen von der nieder-ländischen Politik bewußt war, der man folgen müsse, um nicht einer Se-paration der Generalstaaten oder gar einem spanisch-niederländischen Bündnis Vorschub zu leisten
Vgl.
[nr. 240] . Letzteres war nach
[nr. 258] unausbleibliche Folge eines Separatfriedens.
. Eine mündliche Erklärung der hollän-dischen Deputierten in den Generalstaaten vom 19. April 1647
Copie de ce que les Estatz de Hollande ont dict de bouche en l’assemblée de Messieurs les Estatz Généraux,
[Den Haag] 1647 April 19 (s.
[Anm. 21 zu nr. 238] ).
ließ sol-
[p. CXXV]
[scan. 125]
che Befürchtungen nicht unwahrscheinlich erscheinen
Die holländischen Deputierten stellten darin aufgrund eines Gutachtens von der Provinz bestellter Kommissare fest: tout de mesme que les princes de la chrestienté ont procuré l’égalité de la balance du costé d’Espagne en nous assistant, l’on doit faire le mesme à présent contre la France. Que l’on doit avoir tousjours la Flandre pour une muraille entre deux
(zit. nach der Kopie
AE
,
CP
Holl.
41, hier fol. 157); zum Begriff der balance
als politischen und militärischen Idealzustandes für die Niederlande vgl. auch
[nr. 324] ;
NS
IV, 413;
Truchis
de
Varennes,
349.
. Ende April spitzte sich die Lage derart bedrohlich zu, daß an Garantieverhandlungen kaum noch zu denken war; sie wurden daher ausgesetzt
. Nach Aus-schreitungen gegen Niederländer in Nantes mußte Servien fürchten, der Mob werde ihn ins Wasser werfen, was öffentlich auf dem Markt gefor-dert wurde; da kurz zuvor das moskauische Gesandtschaftsquartier bela-gert worden war, entbehrte dies nicht einer gewissen Wahrscheinlichkeit, und Servien traf in seinem Hause entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Er schrieb, alles, was aus Frankreich komme, sorge in den Niederlanden für böses Blut
. Nur aus verhandlungstaktischen Gründen
Zur Verhinderung der Beratung einer holländischen Eingabe, die einen Separatfriedens-schluß vorbereiten sollte (vgl.
[nr. 294] ).
legte er am 22. Mai 1647 den Generalstaaten eine weitere Proposition zum Garantie-abkommen
vor. Diese Proposition sah die Bestätigung der Allianzver-träge von 1635 und 1644 und eine bilaterale französisch-niederländische Vertragsgarantie vor. Diese sollte nicht nur für Frankreich, sondern auch für Pinerolo, Lothringen, Burgund, die Niederlande, das Roussillon und Katalonien (aber nur für die Dauer des Waffenstillstandes) gelten; für Deutschland, das Elsaß, Breisach, Philippsburg, Italien und Katalonien (nach Auslaufen des Waffenstillstandes) sollten die Niederländer
secours nach noch festzulegenden Bedingungen leisten. Mazarin ermächtigte Ser-vien ausdrücklich, weitergehende Zugeständnisse als in dieser Proposition zu machen und diese Bereitschaft auch öffentlich zu bekunden, um den französischen Friedenswillen unter Beweis zu stellen
. Sie ging auf einen informellen niederländischen Vorschlag zurück; Servien verband die Über-gabe mit der Erklärung, daß er damit seine Vollmacht überschreite
.
Mit dieser Proposition traten die Garantieverhandlungen in ihre entschei-dende Phase ein; Holland konnte sie militärisch und politisch eindeutig in der Position des Stärkeren angehen
. Aber noch hatte Servien selbst sich nicht eindeutig zu seinem Vorschlag bekannt und der Proposition durch den öffentlichen Verweis auf die fehlende Vollmacht
Aufgrund des am 1. März 1647 übermittelten Conseil-Beschlusses hatte er diese durch-aus!
viel Rechtskraft
[p. CXXVI]
[scan. 126]
genommen. Er ging am 11. Juni davon aus, daß seine Proposition wahr-scheinlich angenommen würde, erwartete aber von Holland noch ver-handlungstaktischen Widerstand
. Am 19. Juni erwog Servien, sich für Katalonien generell mit Hilfstruppen (anstelle einer formellen Garantie-verpflichtung der Generalstaaten) zufriedenzugeben
. Bis dahin hatte Servien trotz aller Bemühungen in den zentralen Punkten der Garantie-verhandlungen
Diese spezifiziert Servien nicht; es ging aber hauptsächlich um die genaue territoriale Festschreibung, für welche Gebiete die Garantiepflicht gelten solle. Die Generalstaaten versuchten, Servien (wie dieser kritisierte) darin mit unverbindlichen Sondierungen hin-zuhalten, hatten aber gleichwohl einige Vorschläge in der Garantiefrage gemacht, die im wesentlichen darauf abzielten, die Verträge von 1635 und 1644 zu bestätigen und gege-benenfalls eine Erklärung über die aus Artikel VI des Vertrages von 1635 erwachsenden Pflichten abzugeben (
Arend, 718); vgl.
[Beilage 1 zu nr. 102] (mit den Stellungnahmen Serviens hierzu in
[nr.n 102] ,
[103] ,
[117] ,
[118] und
[133] sowie denen des Hofes in
[nr.n 125] und
[138] ),
[nr. 132] (mit der Anwort des Hofes in
[nr. 153] ) sowie
[Beilage 1 und Anm. 12 zu nr. 202] .
noch keine Proposition seitens der Generalstaaten erhal-ten können, obwohl er schon sechs Monate in Den Haag verhandelte
Dies stellte Servien fest, als er am 19. Juni 1647 in einem Brief an Brienne (
[nr. 336] ) in einem vorläufigen Rückblick seine Verhandlungen und die politische Stimmung in den Niederlanden seit seinem Eintreffen vor einem halben Jahr zusammenfaßte. Nicht der Form, aber dem Inhalt nach handelt es sich um eine vorläufige Abschlußrelation. Ihr Vergleich mit der von Servien entworfenen Instruktion und dem Garantieabkommen vom 29. Juli 1647 ist für die Entwicklung der Ziele Serviens aufschlußreich.
. Am 24. Juni erklärte er den Generalstaaten schriftlich die königliche Zu-stimmung zur Proposition vom
22. Mai
Servien datiert diese am 24. Juni auf 22 ou 23
e may.
, bot an, in die Detailverhand-lungen einzutreten und, in Gegenwart des Prinzen von Oranien, ebenfalls über die französisch-spanischen Streitfragen zu verhandeln; er bekundete die Bereitschaft, diese mit Ausnahme weniger Punkte einem niederlän-dischen Schiedsspruch zu unterwerfen
Vgl. die schriftliche Erklärung Serviens an die Generalstaaten zur Garantieproposition vom 22. Mai 1647, Den Haag 1647 Juni 24; Kopien:
AE
,
CP
All. 84 fol. 103–104;
AE
,
CP
Holl. 41 fol. 438–439;
Ass.
Nat. 278 fol. 111–111A; Eingang in Amiens laut Dorsal, fol. 111A’: 1647 Juli 1.
.
Damit war der Weg zum Garantieabkommen frei. Am 28. Juni faßten die Generalstaaten den Beschluß, einen Garantievertragsentwurf aufzusetzen und Servien zu unterbreiten
. Am 2. Juli war das niederländische Projekt fertig, am 4. beschlossen die Generalstaaten in Gegenwart des Prinzen von Oranien, es zu ihrem Maximalangebot zu erklären; bei Nicht-annahme drohten sie mit niederländisch-spanischem Separatfrieden
. La Thuillerie, der im Juli 1647 wieder nach Den Haag zurückgekehrt war
Am 13. Juli hatte er seine erste Audienz bei den Generalstaaten.
, unterzeichnete am 29. Juli 1647, zusammen mit Servien, das französisch-
[p. CXXVII]
[scan. 127]
niederländische Garantieabkommen
Arend,
746;
Tischer,
318f.
. Die vertragschließenden Parteien verpflichteten sich zur Garantie des künftigen Friedens bei Vertragsbrü-chen durch den König von Spanien, den Kaiser und das Haus Habsburg. In bezug auf Frankreich erstreckte sich die Garantiepflicht der General-staaten auch auf Pinerolo, das Roussillon, Lothringen
Im Vertragstext erfolgt keine nähere Bestimmung des Begriffs; es ist also unklar, ob das Herzogtum oder die Bistümer gemeint sind.
und die Erobe-rungen in den Niederlanden, wenn es dort durch Feindseligkeiten zu ei-nem allgemeinen Bruch zwischen den Kronen komme; das Gleiche galt für Katalonien für die Dauer des 30jährigen Waffenstillstandes. Darüber hinaus sagten die vertragschließenden Parteien zu, ihre übrigen Allierten nicht gegen die andere Partei zu unterstützen
Servien und La Thuillerie gaben bei Vertragsunterzeichnung eine mündliche Erklärung ab, wonach Frankreich sich vorbehielt, Schweden und Portugal weiterhin zu unterstüt-zen; die Generalstaaten weigerten sich jedoch, eine Kopie ihrer Registrierung dieser Pas-sage durch Musch herauszugeben; vgl. Servien und La Thuillerie an Brienne, Den Haag 1647 Juli 30; Ausfertigung:
Ass.
Nat. 278 fol. 221–226; Eingang in Neufchâtel[-en-Bray] laut Dorsal, fol. 226’: 1647 August 6.
. Die vorherigen Verträge wurden allgemein bestätigt, allerdings nicht einzeln aufgeführt und schon gar nicht in ihren Garantiebestimmungen näher interpretiert. Das In-krafttreten des Abkommens wurde an den Abschluß des französisch-spa-nischen Friedens gebunden
Vgl. den Text des Abkommens:
Aitzema
VI, 419–422 (ndl. Text);
Aitzema,
Vreede-Handeling, 370–373 (frz. Text);
DuMont
VI.1, 396f (frz. Text);
Aitzema,
Historia Pa-cis, 572ff (lat. ÜS).
.
Damit war das Hauptziel Serviens, ein Garantieabkommen durchzuset-zen, erreicht. Doch die schlechte Stimmung, die Servien trotz dieses Ver-tragsschlusses in den Niederlanden hinterließ, zeigte sich schon am folgen-den Tag, als er die Niederländer zu einem Gastmahl bat: Die geladenen holländischen Vertreter Jan van Mathenesse und Willem Boreel blieben fern
Arend,
747; vgl. auch
ebd.,
737f und
Dickmann,
442 zu weiteren Bekundungen der niederländischen Unzufriedenheit anläßlich der Abschiednahme Serviens am 31. Juli 1647.
. Schon am 1. August 1647 faßte Holland wieder einen Separatfrie-den mit Spanien für den Fall ins Auge, daß Frankreich in seinen Verhand-lungen mit Spanien auf den alten Extrempositionen verharre
Dazu: Resolutionen der Staaten von Holland und der Generalstaaten von diesem Tage (vgl.
Arend, 748).
. Servien trat indes die Rückreise nach Münster an, wo er am 7. August eintraf
.
c. Servien und die niederländisch-portugiesischen Spannungen
Servien war auch mit dem Auftrag nach Den Haag gereist, einen nieder-ländisch-portugiesischen Ausgleich zu vermitteln
. Aber er wagte es
[p. CXXVIII]
[scan. 128]
nicht, dieses heiße Eisen anzufassen, und schob bis Juni 1647 die Vorlage einer Proposition zu Portugal immer wieder auf
. Verhandlungen dar-über kamen daher nicht zustande. Servien hielt dennoch eine niederlän-disch-portugiesische Einigung über die Restitution der okkupierten Besit-zungen der Westindischen Kompanie und damit die Beilegung der nieder-ländisch-portugiesischen Streitigkeiten in Brasilien
für sehr wichtig, weil der niederländisch-portugiesische Antagonismus zu einem ersten Einver-nehmen zwischen den Generalstaaten und Spanien geführt habe und die französisch-niederländischen Beziehungen aufs schwerste belastete
. Ser-vien wollte die Restitution an die niederländische Befürwortung der Auf-nahme Portugals in den Friedens- oder Waffenstillstandsvertrag knüpfen; dies war nach Mazarin und Brienne ohne Aussicht auf Erfolg
. Mazarin wies Servien jedoch an, den Generalstaaten zunächst nicht zu versichern, daß Frankreich Portugal nicht gegen sie unterstützen werde. Dies tat er unter anderem, um die Generalstaaten zu einer gleichlautenden Erklä-rung zu bringen, Spanien weder direkt noch indirekt gegen Frankreich zu unterstützen
. Er hielt einen Bündniswechsel der Generalstaaten zu Spanien also offensichtlich für politisch und militärisch denkbar.
d. Ergebnisse der Mission Serviens
Am 4. Juni 1647 hielt Servien den weiteren Verbleib der Vereinigten Pro-vinzen in einem Zustand zwischen Krieg und Frieden für wahrschein-lich
. Eigentliches politisches Ziel der Generalstaaten sei es, gleichzeitig von beiden Kronen umworben zu werden
. Ein Separatfriedensschluß sei daher unwahrscheinlich
, obwohl die Niederländer ihm offen damit drohten
. Aber welchen Weg sollte Frankreich gegenüber den General-staaten künftig einschlagen? Servien glaubte nach dem Fall Armentières’,
quelque autre conduite avisieren zu müssen, ohne einen konkreten Vor-schlag zu unterbreiten; nur e negativo hält er fest, diese könne nicht in
persuasion, justice und
raisons bestehen
. Mit Zwang ließ sich aber kein Bündnispartner auf Dauer in der Allianz halten – weder vor noch nach dem Abschluß des Garantieabkommens war darauf zu hoffen. Der Inhalt des Garantievertrages vom 29. Juli 1647 war nach dem Urteil
[p. CXXIX]
[scan. 129]
Smit
s von geringer Bedeutung
Smit,
20. Ähnlich urteilt auch
Tischer,
319f.
. Dieser Bewertung ist grundsätzlich zu-zustimmen, aber man darf dabei nicht nur den Wortlaut des Abkommens betrachten. Denn Frankreich wäre zu noch größeren Konzessionen bereit gewesen; in bezug auf Katalonien hatte Servien dies noch am 19. Juni 1647 intern bekundet
Dickmann, 441f beurteilt das Ergebnis im Vergleich zu den ursprünglichen Forderungen Serviens vom Januar 1647 und vernachlässigt seine Konzessions-Vollmachten.
. Problematisch war allerdings, daß der Vertrag erst mit dem französisch-spanischen Friedensschluß in Kraft treten sollte. Zwar hatte Mazarin auch in diese Konzession eingewilligt, aber Ziel der französischen Politik war es gewesen, die Garantie vor dem Friedens-schluß mit Spanien unter Dach und Fach zu bringen, um damit Spanien unter Druck zu setzen. Das Garantieabkommen als bedeutendstes Ele-ment der Vertragssicherheit
war damit nicht in der gewünschten Form zustandegekommen, denn es war in vielen Punkten auch zu allgemein formuliert
Etwa in bezug auf die Bestätigung früherer Bündnisverträge; vgl.
Tischer, 319.
und daher interpretationsbedürftig. Wie zu Beginn der Mis-sion Serviens in Den Haag lag der Schlüssel zur Auslegung der Garantie bei den französisch-spanischen Verhandlungen in Münster. Servien selbst gestand dies am Tag des Vertragsschlusses gegenüber Mazarin offen ein
Vgl. Servien an Mazarin, Den Haag 1647 Juli 30; Ausfertigung:
AE
,
CP
Holl.
45 fol. 183–189.
. Es war Servien weder gelungen, das französisch-niederländische Vertrau-ensverhältnis wiederherzustellen, noch durch ein in seiner Auslegung un-bestreitbares und unmittelbar rechtskräftiges Garantieabkommen Ver-handlungsdruck auf Spanien auszuüben.
Die holländischen Vertreter hatten im übrigen in der Zeremonialsprache ihrer Zeit deutlich gemacht, daß sie das Abkommen für wertlos hielten und mißachteten. 1648 haben die Generalstaaten den letzten Schritt in die Unabhängigkeit von Spanien getan
Vgl. dazu
Poelhekke;
Lademacher.
und damit eine Fehleinschät-zung Mazarins entlarvt, der die Spanier als ennemys irréconciliables
der Niederländer bezeichnet hatte
. Die Akzeptanz der niederländischen Selbständigkeit von seiten Spaniens war jedoch, wie
Sánchez
Marcos
festhält, nicht etwas Plötzliches,
sondern wurde spätestens seit dem Waf-fenstillstand von 1609 vorbereitet und stand, wie die spanische Politik auf dem Westfälischen Friedenskongreß überhaupt, in engem Zusammenhang mit der kritischen innenpolitischen Situation der spanischen Monarchie Philipps IV.;
sie war die Folge der Anerkennung einer militärischen und wirtschaftlichen Realität, die nicht mehr negiert werden konnte
Nach
Sánchez
Marcos,
6, 10; vgl. auch
Poelhekke,
passim.
.
[p. CXXX]
[scan. 130]
VI. Die von Longueville geführten Friedensverhandlungen mit Spanien in Münster (Januar – April 1647)
Longuevilles Rolle auf dem Westfälischen Friedenskongreß wird in der Literatur häufig – zu Unrecht – als die einer Repräsentationsfigur bewer-tet
Philippson
bezeichnet Longueville als glänzende Null
(
ebd.
, 100); ähnlich urteilt
Waddington
(
ders.,
Grand Electeur, 185); dagegen treffende Bewertung der Rolle und der Fähigkeiten Longuevilles bei
Tischer,
104f. Einigkeit besteht jedoch zu Recht darüber, daß Longuevilles Können hinter dem diplomatischen Geschick d’Avaux’ und dem erfolgreichen Ränkespiel Serviens zurückstand (vgl. z.B.
Pradier-
Fodéré
I, 591f;
Genet
I, 28f).
. Immerhin führte der Prinzipalgesandte fast vier Monate lang al-lein
Praktisch, nicht rechtlich, denn selbst Longueville als Prinzipalgesandter war zur alleini-gen Verhandlungsführung nicht bevollmächtigt (vgl. Anm. 4 zu nr. 70), obwohl man dies 1645 beabsichtigt hatte, damit aber auf den Widerstand Peñarandas gestoßen war (vgl. Longueville, d’Avaux und Servien an Brienne, Münster 1645 August 12; Druck:
APW
[II B 2 nr. 185] , hier
[590 z. 13–29] ). Doch der Westfälische Friedenskongreß wurde ja als Einheit aufgefaßt, und in Osnabrück, dem zweiten Kongreßort, weilte d’Avaux, mit dem Longueville sich abstimmen konnte.
die Friedensverhandlungen mit Spanien, dem wichtigsten
Kriegs-gegner Frankreichs. Dennoch ist es richtig, daß seine diplomatischen Fä-higkeiten schon während dieser Verhandlungen in Zweifel gezogen wur-den
Ebenso wie die d’Avaux’ (vgl.
[nr. 182] ), des vermutlich erfahrensten französischen Diplo-maten auf dem Kongreß!
. Mazarin hielt von diesen wesentlich weniger als von Longuevilles militärischen Kompetenzen und wünschte sich, dieser würde leichter guten Rat annehmen, wenn es nicht darum gehe, einen Platz einzunehmen oder eine Schlacht zu schlagen. Longueville indes bewies durchaus Eigenstän-digkeit und verteidigte seine Ansichten auch hartnäckig gegen Kritik
. Mazarin war über Longuevilles ständige Rechtfertigungen seiner von den Einschätzungen aus Paris abweichenden Positionen derart verärgert, daß er gegenüber d’Avaux drohte, bei der Abfassung der Memoranden aus Paris in den Befehlston überzugehen
.
Bereits neun Tage, nachdem d’Avaux in Osnabrück eingetroffen war, fällte Longueville am 25. Januar mit der Übergabe des französischen Ge-samtentwurfes
Longueville übergab am 25. Januar 1647 durchaus ein (im Februar/April 1647 um meh-rere Artikel ergänztes) vollständiges Vertragsprojekt, nicht nur
some definitive articles, wie
Sonnino schreibt; seine falsche Auffassung rührt daher, daß er nicht die vollständi-gen, sondern nur Teil-Überlieferungen des Schriftsatzes ermitteln konnte (
ebd.,
[229 mit Anm. 19] ).
für den Friedensvertrag mit Spanien
Zur Überlieferung und den Umständen seiner Übergabe durch Longueville vgl. nr. 86 mit Anm. 7 und
[nr. 88] ; Ergänzungen zu diesem Entwurf wurden von Longueville bis zum 16. April 1647 (vgl.
[Beilage 1 zu nr. 247] ) nachgereicht. Der Schriftsatz vom 25. Januar konnte nicht als Beilage zu einem in diesem Band abgedruckten Stück nach-gewiesen werden, muß aber von Münster an den Hof übersandt worden sein (vgl.
[Anm. 1 zu nr. 107] ,
[Beilage 1 zu nr. 86] sowie die Passage eines Briefes von Longueville und d’Avaux vom 25. März 1647:
[nr. 194, bei Anm. 3] ), der Eingang in Paris wurde allerdings nicht bestätigt. Er wurde auch nach Den Haag geschickt (Teilkopien als Beila-gen
[2, 3 zu nr. 105] ; nicht ermittelt werden konnte eine vollständige Kopie, die laut nr. 229 vor 1647 April 15 übersandt wurde).
an die niederlän-
[p. CXXXI]
[scan. 131]
dischen Interpositoren eine erste eigene weitreichende Entscheidung und zog schon von diesem Moment an die Kritik aus Den Haag
und Paris
auf sich, denn dort hielt man die Auslieferung für inopportun. Doch nicht nur über diese, sondern auch über den Text selbst befand Longueville ohne Rücksprache mit seinen Kollegen oder Paris. Alle drei französischen Gesandten waren an seiner Abfassung beteiligt gewesen
. Servien hatte nach eigener Aussage vom 24. Dezember 1646 wesentlichen Anteil an den bis zu seiner Abreise erarbeiteten Vertragsartikeln
. Danach war der Entwurf von d’Avaux überarbeit und ergänzt worden, wie Mazarin am 1. Februar 1647 schrieb
. Servien übersandte Longueville im April 1647, als er in Den Haag weilte, einen Artikelentwurf zu Herzog Karl IV. von Lothringen sowie einen solchen zur Assistenz der Alliierten, mit einer Kor-rektur des Gesamtentwurfes
. Allerdings ist es schwierig, den Anteil der einzelnen Gesandten am Text des Entwurfes genau zu bestimmen, denn Vorstufen und insbesondere das Projekt Serviens sind nicht überliefert. Die Korrespondenzen bieten einerseits jedoch in mehreren nicht unerheb-lichen Detailfragen dazu Aufschluß; dies gilt namentlich für den Text des wichtigen Portugal-Artikels, denn für den französischen Gesamtentwurf des Friedensvertrags mit Spanien waren zunächst zwei Alternativartikel (mit respektive ohne Nennung des Königs von Portugal) ausgearbeitet worden, wie sich aus einer Anfrage Serviens an Longueville über die tat-sächlich präsentierte Fassung ergibt. Longueville traf also zumindest in ei-nem Punkt eine wichtige inhaltliche Entscheidung zum Textvorschlag, ein Beweis der Selbständigkeit seiner Verhandlungsführung. Der Gesamtent-wurf lag noch nicht fertig vor, als Servien und d’Avaux aus Münster ab-reisten; spätere Konsultationen mit dem Hof oder seinen Kollegen unter-blieben bis zur Übergabe. Andererseits entstehen aber Interpretations-schwierigkeiten der Korrespondenzen dadurch, daß der Servien vorlie-gende Text des französischen Gesamtentwurfes, den Longueville ihm überschickt hatte, in mehreren Punkten nicht mit der den Interpositoren am 25. Januar 1647 überreichten Fassung übereinstimmte. Solche Abwei-chungen lassen sich an einigen Stellen identifizieren: 1) Der überreichte Restitutionsartikel enthielt im Gegensatz zu dem Text, von dem Servien ausging, keine Klausel, die seine Exekution an den Abschluß der italie-
[p. CXXXII]
[scan. 132]
nischen Fürstenliga band
; 2) der französische Gesamtentwurf vom 25. Januar 1647 ließ den genauen Zeitpunkt der Einstellung der Feindselig-keiten offen (Lücke im Text), im Exemplar Serviens wurde der Tag der Publizierung des Friedens hierfür festgelegt
Vgl. nr. 229 mit Anm. 22.
; 3) der Text vom
25. Januar 1647 enthielt einen Rechtsvorbehalt, der die Gültigkeit des Schriftsatzes an den Abschluß der spanisch-niederländischen Verhandlungen band
, in der Version, die Servien erhalten hatte, aber fehlte
. Als Möglichkeit muß die Existenz dieser Abweichungen generell (nicht nur an den Stellen, an denen sie erwiesen ist) bei der Interpretation der Stellungnahmen Ser-viens zum Gesamtentwurf berücksichtigt werden.
Noch vor der Abreise Serviens waren sich die drei französischen Gesand-ten zwar grundsätzlich darin einig gewesen, den Entwurf an die Nieder-länder zu übergeben
. Aber daran wollten d’Avaux und Servien ver-schiedene verhandlungstaktische Bedingungen knüpfen, die Longueville nicht berücksichtigte. Die Übergabe des Entwurfes durch diesen erfolgte nicht nur auf niederländischen Wunsch, sondern auch auf spanische Bitten, die Contarini übermittelt hatte
. Er wurde den Spaniern nur artikel-weise mitgeteilt
Tischer, 387 mit Anm. 252. – Chigi erhielt ihn am 5. Februar 1647 (s.
[Anm. 7 zu nr. 99] ). Am 25. Januar 1647 überschickte er Pamfili eine Kopie des französischen Textvorschlages für die Zessionsartikel (vgl.
[Beilage 2 zu nr. 35] ; der Text entspricht Artikel 21 des Ge-samtentwurfes); vgl. Chigi an Pamfili, Münster 1647 Januar 25; Kopie:
NP 23 fol. 51–52’. Zur Aushändigung des Gesamtentwurfes vgl. ders. an dens., Münster 1647 Februar 15; Kopie:
NP 23 fol. 124–127’. Zu den Kopien der genannten Schriftsätze in der päpstlichen Überlieferung vgl. Anm. 7 zu nr. 86.
.
D’Avaux wurde während der weiteren Verhandlungen von Longueville bisweilen schriftlich oder mündlich konsultiert, schwieg aber im übrigen über die von dem Herzog eingeschlagene Verhandlungsführung und di-stanzierte sich erst nachträglich hiervon
. Bei der Bewertung der letztlich erfolglosen Politik Longuevilles gegenüber den Spaniern ist aber zu be-rücksichtigen, daß über den Ausgang dieser Verhandlungen nicht allein zwischen den französischen und spanischen Delegationen in Münster ent-schieden wurde; die Verhandlungsbereitschaft der Spanier gegenüber Frankreich, so sah man es auch am französischen Hof, war wesentlich ab-hängig vom niederländischen Verhalten
, und darauf hatte Longueville kaum Einfluß. Der Einschätzung der niederländischen Politik in den Me-moranden aus Paris lagen im wesentlichen die Stellungnahmen Serviens aus Den Haag zugrunde; er betrachtete unnachgiebiges Beharren auf
[p. CXXXIII]
[scan. 133]
den Forderungen als Schlüssel zum Einlenken Spaniens und der Nieder-lande gegenüber Frankreich
Vgl.
[nr. 91] ; die Argumentation Serviens in der Frage, wie der Frieden zu erreichen sei, entbehrt nicht einer offensichtlichen Widersprüchlichkeit (vgl.
[ebd.] ) und vermochte daher seine niederländischen Verhandlungspartner nicht zu überzeugen.
.
Obwohl die Spanier durch die Initiative Longuevilles dazu bewegt wer-den konnten, sich auf die französischen Vorschläge schriftlich zu äußern
Aber erst nach Abschluß des kaiserlich-schwedischen Satisfaktionsabkommens vom 18. Februar 1647, das die spanische Verhandlungsbereitschaft nach französischem Eindruck wieder beflügelte; vgl. Saint-Romain an Chavigny, Münster 1647 Februar 18; Ausferti-gung:
AE
,
CP
All. 87 fol. 348–348’. Zuvor hatte es auf französischer Seite Überlegungen gegeben, die Spanier durch ein Ultimatum zur Herausgabe eines eigenen Schriftsatzes zu bewegen, worauf aber letztlich verzichtet werden konnte.
, kam es in keiner der wichtigen Sachfragen zu einem Fortschritt. Neben den substantiellen Fragen
Longueville urteilte am 25. Februar 1647 grundsätzlich, die spanisch-französischen Ge-gensätze seien eher formaler denn substantieller Natur; was die Sachfragen betrifft, zeigte er sich in Sachen Portugal besonders vorsichtig, denn die Schwierigkeiten, die die Spanier hier machten, verfolgten seiner Ansicht nach wahrscheinlich das Ziel, die Gunst der Niederländer zu gewinnen (vgl.
[nr. 144] ). Mitte April 1647 hielt Mazarin, nach den schon errungenen Zugeständnissen der Spanier, deren Widerstand in den noch offenen Fragen für lächerlich
(ridicule), wenn, wie er einschränkte, sie nicht immer noch hoffen konnten, Frankreich von seinen Alliierten zu trennen (vgl.
[nr. 219] ) – wozu sie allerdings berechtigten Anlaß hatten.
behinderte aber auch die Unnachgiebigkeit bei nebensächlicheren, formalen Problemen wie dem der Vertragssprache die französisch-spanischen Friedensverhandlungen im Februar 1647
. Das ohnehin schon gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Spanien und Frankreich wurde des weiteren dadurch getrübt, daß Ludwig XIV. Lon-gueville und d’Avaux ausdrücklich anwies, aus verhandlungstaktischen Gründen mit der Erhöhung der Forderungen an Spanien zu drohen
Vgl.
[nr.n 93] ,
[106] . In
[nr. 121] wurde angeordnet, das Rezept der französischen Verhand-lungsführung, Druck auf Spanien auszuüben, konkret durch die Androhung eines fran-zösisch-portugiesischen Abkommens über den Einschluß Portugals in den Friedensvertrag umzusetzen. Am 12. April 1647 bekundete und rechtfertigte der Hof den französischen Anspruch, notfalls monatlich die Forderungen an Spanien zu erhöhen, wenn Frankreich entsprechende militärische Fortschritte erringe, ohne daß dies als Wortbruch bezeichnet werden könne (vgl.
[nr. 215] ). Dieses Prinzip wurde bis zum 24. Juni 1647 unverändert beibehalten; Longueville berichtete an diesem Tag von der gegenüber den Mediatoren beabsichtigten Drohung mit Erhöhung der Forderungen an Spanien (vgl.
[nr. 345] ).
, womit er den spanischen Vorwurf der Friedensunwilligkeit selbst unter-mauerte. Dies geschah, obwohl in Paris der päpstliche Nuntius, Bagni, und der venezianische Botschafter, Nani, bekundet hatten, der Zession Piombinos und Porto Longones durch die Spanier stünde nichts mehr im Wege
Sie gingen auch davon aus, daß der Friedensschluß unmittelbar bevorstehe, wenn Frank-reich bei den bisherigen Forderungen bleibe (vgl.
[nr. 121] ).
, wenn sie sicher sein könnten, daß es keine weitere Erhöhung der französischen Forderungen geben werde; damit bestand Aussicht, ein wichtiges Problem der Verhandlungen im Winter 1646/1647 nach zähem
[p. CXXXIV]
[scan. 134]
Widerstand der Spanier zugunsten Frankreichs zu entscheiden
Auch Longueville erkannte die französische Drohung mit weiterer Erhöhung der Forde-rungen als Hinderungsgrund für die Zession Porto Longones und Piombinos (vgl.
[nr. 130] ).
. Doch der Hof wollte demonstrieren, daß Frankreich sich nicht durch die Unter-zeichnung der spanisch-niederländischen Provisional-Artikel unter Druck setzen lasse
Mazarin hielt sich trotz dieses Mißerfolges für einen der
véritables fortunés und versuch-te, ihm durch seine Schicksalsmaximen positive Seiten abzugewinnen (vgl.
[nr. 96] ); der bekundete Glaube an schicksalhafte Fügungen ist nicht nur als persönlicher Charakter-zug Mazarins von Interesse, sondern kann auch dazu beitragen, seine politische Unbe-irrbarkeit angesichts von Rückschlägen zu erklären. Er forderte Longueville explizit auf, in der Situation, der sich Frankreich nach dem 8. Januar 1647 ausgesetzt sah, eher mehr als weniger zu fordern und eher zehn Jahre lang alleine Krieg zu führen als in irgend-einem Punkt nachzugeben; als Reaktion auf die Unterzeichnung der spanisch-niederlän-dischen Provisional-Artikel riet er konkret von Konzessionen in Sachen Lothringen und Portugal ab, um jeglichem Anschein französischer Nachgiebigkeit vorzubeugen (vgl. nr. 108). Aber Mazarin erlag durchaus auch einer politisch-militärischen Fehleinschätzung: Er sah die Lage der Spanier Anfang März 1647 als hoffnungslos an; entweder würden sie bis Feldzugsbeginn den Frieden zu den französischen Bedingungen schließen oder aber im selben Jahr den Todesstoß erleiden (vgl.
[nr. 168] ).
. Man ging fest von der Prämisse aus, daß der Friede im Reich (den man auf gutem Wege glaubte)
Vgl. z.B.
[nr.n 126] (Glaube Mazarins an einen Friedensschluß zwischen Frankreich und Spanien bis Ende April und an den unmittelbar bevorstehenden Abschluß im Reich) und
[136] .
notwendigerweise denjenigen mit Spanien nach sich ziehe
.
Als für die Spanier inakzeptabel erwies sich jedoch, daß die französische Po-litik auf einem dynamischen Element aufbaute, das die spanische Furcht vor weiteren Forderungen, namentlich der Zession neuer Eroberungen, schüren sollte
Dies war die Verhandlungsstrategie der Franzosen. Während es die Regel ist, zu Beginn von Verhandlungen Maximalpositionen zu formulieren, um im weiteren Verlauf Kon-zessionen zu machen und Kompromisse zu schließen, beharrten die Franzosen auf dem Westfälischen Friedenskongreß (besonders Servien) vom Herbst 1646 bis Sommer 1647 zumeist auf ihren eingangs gestellten Forderungen und drohten deren Erhöhung an, wenn man zögere, sie zu akzeptieren (zum gleichen französischen Verfahren auf dem Kongreß von Nimwegen vgl.
Garden II, 111f).
. Dagegen verzichteten die Generalstaaten, obwohl auch sie im Tei-lungsplan des französisch-niederländischen Bündnisvertrages von 1635 wei-tergehende territorialpolitische Ziele formuliert hatten, auf die Aufnahme eines solchen dynamischen Elements in ihre Provisional-Artikel mit Spa-nien
und konnten, indem sie sich saturiert zeigten, zu einem dauerhaften Ausgleich gelangen; dies war vermutlich einer der Schlüssel für ihren erfolg-reichen Abschluß der Friedensverhandlungen. Das dynamische Element der französischen Zessionsforderung ging im übrigen noch über die Friedens-unterzeichnung hinaus. Ende April 1647 forderte Longueville von den Me-diatoren, Artikel 21 des französischen Gesamtentwurfes für den Friedens-vertrag mit Spanien um die französische Forderung nach Überlassung aller
[p. CXXXV]
[scan. 135]
zum Zeitpunkt des Austausches der Ratifikationen gehaltenen Plätze zu er-weitern
; dies ging auf eine Anweisung des Hofes zurück, die in einem Me-morandum vom 3. Mai 1647 wiederholt und näher erläutert wurde
Vgl.
[nr. 255] . Am 3. Mai 1647 hielt man in Paris trotz der Schwierigkeiten mit Schweden den Frieden im Reich für kurz bevorstehend. Daher, so mutmaßte man, sei Trauttmans-dorff nach Münster zurückgekehrt, um aus dynastiepolitischen Gründen den spanisch-französischen Frieden gleichzeitig mit dem Reichsfrieden abschließen zu können (vgl.
[ebd.] ). Man glaubte sich also zu dieser Zeit in einer Position politischer Stärke.
.
Ein zweites dynamisches Element wurde von Longueville selbst in die Verhandlungen mit Spanien eingeführt
Die Umsetzung der königlichen Order zur Androhung erhöhter Forderungen an Spanien in Sachen Portugal hielt er aber im Februar 1647 zurück und erkannte den fehlenden spanischen und niederländischen Glauben an die französische Friedensbereitschaft als zentrales Problem der französischen Politik (vgl.
[nr. 129] ). Der Hof wies ihn, aufgrund von Nachrichten über den dringenden spanischen Wunsch, Frieden zu schließen, am 22. Februar erneut an, die portugiesische (und katalonische) Schlinge um den Hals der Spa-nier zuzuziehen (vgl.
[nr. 138] ).
, indem er die Gültigkeit der französischen Schriftsätze an das Zustandekommen des französischen Ga-rantieabkommens mit den Niederlanden knüpfte
; die Spanier konnten sich also, selbst wenn sie einem französischen Schriftsatz ihre Zustimmung erteilten, keineswegs sicher sein, daß Frankreich bei den gestellten Bedin-gungen bleibe. Sie fanden sich dennoch bereit, sowohl einen eigenen Ver-tragsentwurf als auch eine Replik auf den französischen Entwurf vorzule-gen. Der spanische Gesamtentwurf für den Friedensvertrag mit Frank-reich, der wesentlich kürzer ist als der französische und bestimmte Pro-bleme (zum Beispiel Portugal) gänzlich ausklammert, datiert vom 24. Februar 1647
und wurde den Franzosen am 26. Februar 1647 über-reicht
. Doch Longueville, d’Avaux, Servien und der Hof waren sich unmittelbar darüber einig, daß er weder dem Inhalt noch der Form nach eine hinreichende Grundlage für weitere Verhandlungen biete. Daher bedachte ihn Longueville nicht mit einer Replik
Aufgrund einer fehlerhaften Bezeichnung durch den kaiserlichen Gesandten Nassau ist irrtümlich das Gegenteil angenommen worden (zuletzt von
Tischer, 393). Nassau ver-fügte über die Kopie eines französischen Schriftsatzes, die er Trauttmansdorff am 22. März 1647 nach Osnabrück sandte (
APW
[II A 5 Beilage [1] zu nr. 334] ). Die kaiserliche Kopie hat kein zeitgenössisches Lemma, Nassau bezeichnete sie jedoch als
der Frantzosen replicam (so die Ausfertigung des Briefes an Trauttmansdorff:
TA Ka. 114 Z 8 nr. 78 unfol.; die betr. Stelle ist im Druck regestiert). Dieser Schriftsatz wurde jedoch französi-scherseits nicht als Replik verstanden. Der Hof untersagte Longueville ausdrücklich, auf den spanischen Gesamtentwurf für den Friedensvertrag mit Frankreich vom 24. Februar 1647 zu antworten, und wies ihn an, auf dem französischen als Textgrundlage für die weiteren Verhandlungen zu bestehen. Longueville erstellte jedoch als Arbeitspapier
Not-tes (Anmerkungen) zum spanischen Entwurf, die er, zusammen mit der spanischen Re-plik, an den Hof schickte (vgl.
[Beilage 1 b zu nr. 194](#bsb00056890_00106_dok0194-1-b)) und auch durchaus, wie er selbst schreibt, in den Verhandlungen
offenlegte (faire voir), wobei er aber ausdrücklich betont habe, daß es sich nicht um eine Replik handele; er berichtet nicht, den Schriftsatz aus-gehändigt zu haben. Diese
Nottes sind im Zusammenhang der französischen Korrespon-denz mehrfach überliefert; daß sie bislang nicht mit der angeblichen französischen Replik aus der kaiserlichen Korrespondenz identifiziert wurden, liegt daran, daß sie in der fran-zösischen Überlieferung ein divergierendes, zeitgenössisches Lemma tragen und anders datiert sind (1647 März 25, nach ihrem Übersendungsdatum an den Hof); durch Text-vergleich erweisen sich die
Nottes und die
Replik jedoch als identisch. Es handelte sich bei diesem Schriftsatz also, zumindest nach der Rechtsauffassung Longuevilles und der des französischen Hofes, nicht um eine Replik; die niederländische und die päpstliche Überlieferung (Kopien:
AR SG 8412 fol. 686–689’;
AR SG 8413 fol. 137’-140’, datiert auf 1647 März 17;
NP 23 fol. 250–253, s.d.) tragen dementsprechend, ebenso wie die französische Anlagekopie für den Hof (
AE
,
CP
All. 82 fol. 134–138), das rechtlich un-verbindliche Lemma
Pour mettre sur les articles du project de messieurs les plénipoten-tiaires d’Espagne; eine andere französische Kopie (
AE
,
CP
All. 99 fol. 233–239’) hat das Lemma
Nottes de monsieur le duc de Longueville sur le projet des plénipotentiaires d’Espagne. Pauw spricht in seinem Bericht an die Generalstaaten vom 19. März 1647 von Schriftstücken, die er seitens der Franzosen und der Spanier zu den französisch-spa-nischen Verhandlungen erhalten habe und jetzt nach Den Haag sende (Kopie seines Briefes:
AR SG 8412 fol. 685–686, hier fol. 685): Das sind die französischen
Nottes und die spanische Replik auf den französischen Gesamtentwurf; nach Pauws Darstellung wurden ihm die
Nottes von Longueville zu Händen gegeben. Trotz dieser Abweichung vom Bericht Longuevilles bestätigen die übrigen Provenienzen also grundsätzlich dessen Rechtsauffassung.
An der Redaktion der
Nottes war auch d’Avaux beteiligt; am 13. März 1647 übersandte Longueville ihm einen Entwurf seiner
Nottes (im Begleitschreiben so bezeichnet) und bat um Korrektur und um Beantwortung der Frage, ob darin
une mention plus expresse Portugals gemacht werden solle (vgl. Anm. 1 zu nr. 183). D’Avaux nahm zu dem Ent-wurf Longuevilles Stellung und billigte ihn bis auf wenige Details (vgl. nr. 183; der von d’Avaux korrigierte Textentwurf Longuevilles, der näheren Aufschluß über seine Ände-rungen bieten könnte, fehlt). D’Avaux hielt diese
Nottes vielleicht für eine Replik auf das spanische Projekt, denn er gebrauchte neben dem Begriff Notes auch
Responses (im Plural), um den Schriftsatz zu bezeichnen (vgl. ebd.), kannte aber die Order des Hofes noch nicht, keine Replik herauszugeben.
. Am 16.
[p. CXXXVI]
[scan. 136]
März 1647 gaben die Spanier ihrerseits eine Replik auf den französi-schen Vertragsentwurf heraus
. Die Franzosen konnten jetzt durchset-zen, daß ihr Entwurf Textgrundlage der weiteren Verhandlungen wur-de. Im April 1647 gerieten die französisch-spanischen Verhandlungen jedoch in eine Krise, obwohl zu Beginn des Monats
Longueville war zu dieser Zeit von d’Avaux unterstützt worden, der am 18. März aus Osnabrück nach Münster gereist war und am 3. April wieder dorthin zurückkehrte (vgl.
[Anm. 2 zu nr. 1] ).
die intensive Befassung Chigis und Contarinis mit deren Problemen unbestreitbar zu einigen Erfolgen geführt hatte, zu denen neben der genannten Ak-zeptierung der französischen Schriftsätze als Verhandlungsgrundlage vor allem eine am 10. April 1647 von den Mediatoren übergebene be-friedigende spanische Überarbeitung der ersten zwanzig Artikel
des französischen Gesamtentwurfes für den Friedensvertrag mit Spanien
[p. CXXXVII]
[scan. 137]
vom 25. Januar 1647 gehörte
; damit war man sich erstmals über den Wortlaut konkreter Vertragsartikel weitgehend
einig geworden. Wei-tere sachliche Fortschritte blieben jedoch aus
Nur vorübergehend belebte die Rückkehr d’Avaux’ aus Osnabrück am 26. April 1647 die Verhandlungen.
; im Mai und Juni 1647 kamen die Verhandlungen fast völlig zum Erliegen. Obwohl Frank-reich die Textgrundlage für die Verhandlungen geliefert hatte, gestan-den Longueville und d’Avaux im April 1647 ein, sie seien nicht
mais-tre des termes et des paroles bei der Formulierung des Vertragstextes, und erkannten die Notwendigkeit französischer Konzessionen in den Verhandlungen mit Spanien
.
Substantiell stellte sich dort seit Ende Februar
und vor allem ab Ende März Portugal als das zentrale Problem heraus, wie Longueville und d’Avaux nach mehreren Konferenzen mit Pauw und den Mediatoren be-richteten; sie baten um diesbezügliche Instruktion und schlugen als Mini-malziel bei weiterer spanischer Unzugänglichkeit in der Assistenzfrage ein Zertifikat der Mediatoren und Niederländer vor, das das Assistenzrecht außervertraglich zusichern sollte
Vgl.
[nr. 194] . Dieses Zertifikat spielte bei den weiteren Verhandlungen eine wichtige Rol-le; vgl. Abschnitt IX.
. Longueville zeigte sich in der Portugal-frage sehr kompromißbereit und hielt die Vorschläge der Mediatoren
Allgemein formulierte Erlaubnis zur Unterstützung der Verbündeten im Friedensvertrag (ohne Nennung Portugals, weder im Friedensvertrag, noch in einem Zusatzdokument) und Verpflichtung der Spanier zum Türkenkrieg mit doppelt so hohem Beitrag wie Frankreich.
für annehmbar
, traf damit aber nicht auf die Zustimmung des Hofes. Auch Ende April konzentrierten sich die trotz des nachdrücklichen Einsatzes der Mediatoren
Gewürdigt wurde ihr Einsatz auf französischer Seite allerdings nur wenig; im Juni 1647 bezichtigte Brienne sie wieder der Parteilichkeit zugunsten der Spanier (vgl.
[nr. 326] ).
schwierigen Verhandlungen mit Spanien auf die strittige Portugalfrage; nach der Einschätzung der Mediatoren drohte gar der Ab-bruch der Verhandlungen bei ausbleibendem französischen Einlenken. Maximalangebot der Spanier in der Assistenzfrage war weiterhin, die Un-terstützung der Verbündeten zu gestatten und sich zum Türkenkrieg mit doppelt so hohem Beitrag wie Frankreich zu verpflichten
. Servien glaub-te, durch einen allgemeinen Artikel zur Assistenz der Verbündeten und ein gesondertes Attestat der Mediatoren, der Niederländer und möglichst auch der Kaiserlichen sei in diesem Punkt ausreichende Sicherheit geschaffen
.
[p. CXXXVIII]
[scan. 138]
Der französische Gesamtentwurf wurde bis zum Ende unseres Editions-zeitraumes die Textgrundlage der weiteren französisch-spanischen Ver-handlungen, die zwar von Longueville im Frühjahr 1647 nicht festge-fahren wurden
Sie waren dies schon spätestens seit Mitte Dezember 1646.
, aber durch die Initiative, die er mit der Vorlage des Vertragsprojektes ergriff, auch nicht dauerhaft in Gang gesetzt werden konnten.
Ein erhebliches Problem in den Verhandlungen mit Spanien, dessen sich die Franzosen noch nicht bewußt waren, war die spanische Kenntnis der französischen Korrespondenz. In den Peñaranda-Akten finden sich die Kopien von neunzig Briefen und Memoranden, die vom 4. Januar bis zum
22. Juni 1647 zwischen dem französischen Hof und der Gesandt-schaft in Münster ausgetauscht wurden
AHN, SN DF
36/1 fol. 29–330. Vgl. auch die Edition dieser Kopien in CDI
82 und 83.
. Erst im Dezember 1647 wurde den Franzosen bekannt, daß die Spanier sich Zugang zu ihrer Korrespon-denz verschafft hatten; die Umstände, unter denen das gelang, konnten nie aufgeklärt werden
Bosbach,
215;
Tischer,
33.
. Um einen Diebstahl der bei Longueville ver-wahrten Originale handelte es sich jedenfalls nicht; den Spaniern gelang es offenbar, die dechiffrierten Depeschen durch einen Vertrauten in der Kanzlei Longuevilles zu kopieren oder sich deren Kopien zu verschaffen. Dies geschah vermutlich noch während der ersten Jahreshälfte 1647
Am 4. Mai 1647 erhielt Meinerswijk Besuch von Brun. Dieser teilte ihm mit, am Vortage hätten die Spanier einen Brief vom französischen Hof abgefangen, und referierte ihm dessen Inhalt (
Arend, 727). Nach der Inhaltsangabe, die
Arend von diesem Brief gibt (vgl.
ebd.), handelt es sich sehr wahrscheinlich um die beiden (zusammen verschickten) königlichen Memoranden vom 22. und 26. April 1647 (
[nr.n 235] und
[242] ). Nach
Arend interpretierten die Spanier ihren Inhalt als faktischen Bruch der Friedensverhandlungen durch Frankreich, das seine Hoffnungen auf große Gewinne im kommenden Feldzug setze und unerhörte Forderungen stellen wolle, und erwogen als einzig angemessene Re-aktion darauf ihre Abreise vom Kongreß
(
ebd.
).
. Zudem zeigten sich die Spanier über Memoranden informiert, die in die-sen Abschriften fehlen
. Es ist also davon auszugehen, daß sie in der er-sten Jahreshälfte 1647 Kenntnis (fast) der gesamten Korrespondenz zwi-schen dem Hof und Münster hatten
Zur Dokumentation der betreffenden Schreiben in unserer Edition vgl. Abschnitt XII mit Anm. 676.
.
VII. Die Verhandlungen d’Avaux’ mit Kaiserlichen, Schweden und Reichsständen in Osnabrück (Januar – April 1647)
Am 15. Januar 1647 hatte d’Avaux die Reise nach Osnabrück angetreten, um durch seine Guten Dienste einen Ausgleich zwischen Kaiserlichen, Schweden und Kurbrandenburgern in den Verhandlungen über die schwedische Satisfaktion zu befördern; seinem Bundesgenossen zur Satis-
[p. CXXXIX]
[scan. 139]
faktion zu verhelfen, war Frankreich durch die Allianzverträge verpflich-tet. Über diese Verpflichtung hinaus galt es, durch den Beitrag d’Avaux’ die Sicherung des französischen Bündnissystems (auch mit Blick auf die calvinistischen Generalstaaten) und der französischen Stellung im Reich zu betreiben. Schwierige und langwierige Pommern-Verhandlungen
Lionnes metaphorische Aussage nous sçavons fort bien que la négotiation d’Osnabruk est toute parsemée de roses comme celle de La Haye est remplie d’espines
ist aus per-sönlichen Voraussetzungen (seine Verbundenheit mit Servien) heraus zu verstehen; vgl. Lionne an La Court, [Paris] 1647 März 9; eigh. Konzept:
AE
,
CP
All.
81 fol. 247.
hatten die Franzosen aus mehreren Gründen, die sowohl die schwedische als auch die kurbrandenburgische Politik
Zu den Pommern-Verhandlungen aus kurbrandenburgischer Perspektive vgl.
Baumgart, 477–481.
betrafen, schon Anfang De-zember 1646 vorausgesehen und sich daher auf eine Fortführung des Krie-ges im Reich eingestellt
. Longueville stellte die allgemeine Bedeutung des Erfolges der Verhandlungen d’Avaux’ für die Sicherung des Wohlwol-lens Kurbrandenburgs und der Niederländer für Frankreich heraus
und fürchtete, das obstinate Verhalten der Schweden könne zur Bildung einer neuen Partei im Reich beitragen
. Das Wohlwollen Kurbrandenburgs
Um die Gunst des Kurfürsten warb auch Spanien durch Rückenstärkung in der Pom-mernfrage, und zwar schon spätestens seit April 1646 (vgl.
APW II B 3 nr. 243).
konnte sich Frankreich in der Tat durch den Einsatz d’Avaux’
Servien beanspruchte gegenüber Brienne selbst einen Anteil an der Zustimmung des Kur-fürsten zur Teilzession Pommerns (vgl.
[nr. 102] ).
in den Verhandlungen sichern, und dies schien im Hinblick auf die Tatsache, daß der Kurfürst am 7. Dezember 1646 Louise Henriette von Oranien, die Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, geheiratet hat-te
, für die Verhandlungen Serviens in Den Haag ein gutes Omen zu sein. Es zeigte sich rasch, daß die Kaiserlichen umgänglicher waren als die Schweden
Vgl.
[nr. 143] :
plus civilz que les Suédois.
; auch Longueville
Vgl. Longueville an Brienne, Münster 1647 Februar 4 (s. Anm. 3 zu nr. 122); darin spricht Longueville von les difficultez qui se trouvent dans la négotiation |:plus grandes souvent avec noz alliez qu’avec les parties mesmes:|.
und Brienne
urteilten mit Blick auf die schwedische Satisfaktion, die Franzosen hätten in den Verhand-lungen mehr Mühe mit den Verbündeten als mit den Kriegsgegnern
Mazarin bedauerte die
peines indicibles, die die Verbündeten Frankreich durch zuviel (Generalstaaten) oder zuwenig (Schweden) Friedensneigung bereiteten (vgl.
[nr. 108] ). Auch Servien beklagte die Schwierigkeit, das rechte Verhalten gegenüber den schwe-dischen und niederländischen Verbündeten zu finden, sowie deren Eigensinnigkeit (vgl.
[nr. 118] ). Ein grundsätzliches Dilemma der französischen Politik 1646/1647 lag darin, daß sie die Interessen von Friedens-/Kriegsparteien in ihrer Bündnispolitik ausgleichen mußte. Dies galt nicht nur auf der Ebene der Mächte, sondern auch ihrer inneren Partei-ungen, vor allem für die innerniederländischen Faktionen, wo die Grenze zwischen Frie-dens- und Kriegspartei nicht mehr mit der Linie der Wahrung der französischen Inter-essen übereinstimmte. Zu den prinzipiellen französischen Sorgen mit Blick auf die Ver-bündeten vgl. v.a. auch
[nr.n 2] ,
[73] ,
[258] ; La Court an Brienne, Osnabrück 1646 Novem-ber 26 (s. Chronologisches Register mit Kurzregest); La Court an Brienne, [Münster] 1647 März 25 (s.
[ebd.] mit Kurzregest); auch Tracy bemerkte, mit Blick auf die Ulmer Verhandlungen, man habe
jusques à présent plus de |:difficultez avec nos alliez qu’avec nos ennemis:| gehabt; Tracy an Mazarin, Ulm 1647 März 8; Ausfertigung:
AE
,
CP
Ba-vière 2 fol. 65–66.
.
[p. CXL]
[scan. 140]
Diese Satisfaktionsverhandlungen wurden am 18. Februar 1647 durch das kaiserlich-schwedische Satisfaktionsabkommen abgeschlossen, in dem Schweden das Herzogtum Vorpommern, dazu die hinterpommerschen Städte Stettin, Garz und Gollnow, die Insel Wollin, einen Uferstreifen östlich der Oder und des Haffs, in Mecklenburg den Ostseehafen Wismar sowie die Ämter Poel und Neukloster und schließlich, jeweils unter dem Titel eines säkularisierten Herzogtums, die Stifte Bremen-Hamburg und Verden (mit dem Amt Wildeshausen) als ewige Reichslehen erhielt und dadurch Reichsstand wurde
Diese Einigung über die schwedische Satisfaktion wurde im Friedensvertrag von Osna-brück 1648 bestätigt (
Lundkvist, 354). Mit ihr hatte Schweden eines seiner bedeutend-sten Friedensziele erreicht; es blieben nun v.a. die Gravamina und die schwedische Mi-litärsatisfaktion (
APW
[II A 5, LXIII] ). Zur Begründung und zur Höhe der schwedischen Militärsatisfaktions-Forderung im Frühjahr 1647 vgl.
Lundkvist, 355f.
. D’Avaux blieb jedoch weiterhin in Osna-brück, um in den Gravaminaverhandlungen nicht den Schweden das Feld der Reichsangelegenheiten überlassen zu müssen
. Er riet zum offenen französischen Widerstand gegen die schwedischen Forderungen zugunsten der evangelischen Sache
und befürchtete den drohenden Verlust jeden französischen Kredits im Reich bei Nachgiebigkeit gegenüber den Schwe-den und den Protestanten
. Daher betonte er die Notwendigkeit einer eigenen Reichspolitik für die Reputation Frankreichs und war nicht bereit, hierauf um der Schweden und protestantischen Reichsstände willen zu verzichten; er legte detailliert die Nachteile eines französischen Rückzuges aus den Religionsverhandlungen dar
. Konfessionspolitische Befürchtun-gen äußerte d’Avaux in seiner Korrespondenz aber schon vor dem Ab-schluß der Satisfaktionsverhandlungen, nämlich am 11. Februar 1647, als er die
Plünderung der katholischen Kirche durch die Protestanten voraus-sagte
. Damit stand er, wie schon im Herbst 1646, zwar nicht notwendi-gerweise in genuin religiös motivierter Kontradiktion zu Servien, durch-aus aber in bezug auf seine Konzeption der praktischen Umsetzung fran-zösischer Konfessionspolitik. Auch Servien sah sich in religionspolitischer
[p. CXLI]
[scan. 141]
Verantwortung
Aus Den Haag betonte er dies im Zusammenhang der spanisch-niederländischen Ver-handlungen über die geistliche Jurisdiktion in ’s-Hertogenbosch, hielt aber ein Eintreten für den Erhalt der katholischen Religion in den Niederlanden im März aufgrund der von Spanien signalisierten Nachgiebigkeit für politisch unwirksam und schädlich für Frank-reich (vgl.
[nr. 196] ).
und befürchtete weitreichende macht- und religions-politische Absichten der Schweden im Reich, die zu Forderungen führen könnten, die Frankreich weder aus
raison d’Estat noch
conscience dulden könne
. Dennoch wollte er auf eine eigene, sich von der Schwedens ab-setzende oder gar gegen Schweden gerichtete französische Reichs- und Konfessionspolitik verzichten
Servien stand dabei einer Zusammenarbeit mit den Kaiserlichen, die er der Unaufrichtig-keit bezichtigte, sehr kritisch gegenüber; bezeichnend ist aber, daß er den eigenen Alli-ierten, v.a. den Schweden, noch schädlichere Absichten unterstellte: Ihr Ziel sei es, Frank-reich bei den Protestanten zu diskreditieren und, unter Einbeziehung des englischen Par-liaments, eine internationale protestantische Partei aufzubauen (vgl.
[nr. 212] ). Seine poli-tischen Bedenken stimmten also weitgehend mit denen d’Avaux’ überein, nur eben nicht in bezug auf die mögliche Zusammenarbeit mit Trauttmansdorff.
und sah die Beförderung der Reichsange-legenheiten im Sinne Frankreichs nur durch strikte Einhaltung folgender Reihenfolge gesichert: erstens sofortige Rückbeorderung Turennes über den Rhein, zweitens Abschluß des Garantieabkommens mit den Nieder-ländern, drittens Abschluß des Friedensvertrages mit Spanien; erst danach sei viertens ein entschiedenes Auftreten in den das Reich betreffenden Fra-gen und gegen die Ansprüche Schwedens möglich
Vgl.
[nr. 204] . Am 22. April betonte Servien nochmals, ein Frieden im Reich sei derzeit nicht opportun, denn er fürchtete, die Generalstaaten könnten sich erst recht dazu ver-leitet fühlen, ohne Frankreich mit Spanien abzuschließen, wenn einmal Ruhe und Frie-den in ihrer Nachbarschaft eingekehrt sei (vgl.
[nr. 238] ); dagegen baute Mazarin darauf, der Glaube der Niederländer an einen baldigen Frieden im Reich werde ihr Entgegen-kommen gegenüber Frankreich begünstigen (vgl.
[nr. 94] ). Zu der nach Servien notwendi-gen Einhaltung der von ihm vorgeschlagenen Reihenfolge vgl. auch
[nr.n 250] ,
[253] und
[262] sowie zur Bedeutung guten Einvernehmens mit den Schweden wegen des wankel-mütigen niederländischen Verbündeten nr. 275.
. Aber nunmehr ver-mochte sich d’Avaux aufgrund seines Standortvorteils weitgehend durch-zusetzen, obwohl Mazarin Serviens Bedenken teilte und obwohl mit La Court ein Gefolgsmann Serviens in Osnabrück weilte, der mitunter sogar Anweisungen aus Den Haag einholte
.
Doch die Gravaminaverhandlungen in Osnabrück kamen trotz großer kaiserlicher Konzessionsbereitschaft nur schwer voran
La Court an Servien, Osnabrück 1647 März 14 (s.
[Anm. 3 zu nr. 188] ):
je désespère de la paix de l’Empire.
. D’Avaux sprach am 4. März, nachdem die Euphorie über den Abschluß der schwedischen Satisfaktion erstaunlich rasch großer Ernüchterung Platz gemacht hatte, sogar von Rückschritten bei den Verhandlungen im Reich. Er hielt es für absolut notwendig, daß der Hof eine eindeutige Erklärung gegen die schwedische Obstruktion abgab und praktische Konsequenzen in Form ei-
[p. CXLII]
[scan. 142]
ner eigenen französischen Reichspolitik zog. Andernfalls drohe die Lösung der Pfalzfrage und die Beilegung der Gravamina nicht vor Jahresfrist zu gelingen
. Doch obwohl d’Avaux in Osnabrück schärfer gegen die Schweden, namentlich gegen Oxenstierna, auftrat, als er dies im Beisein Serviens hätte tun können, vermochte er nicht, die Rahmenbedingungen seiner Kongreßpolitik zu verändern, denn dies ging nicht ohne einen Wechsel der konfessionspolitischen Vorzeichen, die der Hof setzte. Daher führte sein diplomatisches Wirken nicht in dem Maße zur Stärkung der katholischen Sache, wie es nötig gewesen wäre, um mit dem Kaiser und den großen katholischen Reichsständen, wie Kurbayern, den Protestanten erfolgreich die Stirn bieten zu können. D’Avaux konstatierte selbst dieses Dilemma der französischen Reichs- und Religionspolitik. Um seinen An-liegen Nachdruck zu verleihen, verschärfte er ab dem 11. März 1647 in seinen Depeschen an den Hof den Ton. Er betonte die Mitschuld Frank-reichs an der möglichen Überlassung von Kirchengut an die Protestanten durch die ihnen gewährte militärische und finanzielle Unterstützung, die sein Auftreten in Osnabrück zugunsten des Katholizismus unglaubwürdig erscheinen lasse
. Die alleinige Schuldzuweisung Briennes an den Kaiser für diese Konzessionen sei daher nicht schlüssig; die den Protestanten ge-währte militärische Assistenz sei nicht durch diplomatischen Einsatz für die katholische Sache aufzuwiegen
. Er ließ des weiteren unumwunden den Vorwurf erkennen, Frankreich bereite durch seine Zurückhaltung ge-genüber Schweden einer schwedischen Kurfürstenwürde und einem damit drohenden lutherischen Kaisertum Vorschub
Vgl.
[nr. 172] . Als d’Avaux sich auf Anweisung Mazarins kurzzeitig in Münster aufhielt, malte er dieses Tableau (in einem gemeinsamen Memorandum mit Longueville) in noch düstereren Farben, indem er nicht nur den lutherischen Angriff auf das katholische Kai-sertum bevorstehen sah, sondern auch eine internationale Verschwörung aller Protestan-ten gegen die katholische Religion unter Zurückstellung aller innerprotestantischen Kon-flikte, auch unter Erzfeinden wie Schweden und Dänemark, für möglich hielt (vgl. nr. 194; hier führte vermutlich d’Avaux, nicht Longueville, die Feder).
. Es stellt sich die Frage, ob d’Avaux nur für den Augenblick der intensiven Gravaminaverhandlun-gen eine punktuelle Revision der französischen Politik den Protestanten gegenüber avisierte oder ob ihm ein prinzipielles Überdenken der Riche-lieuschen Bündnispolitik vorschwebte, die er selbst als Diplomat über Jahrzehnte hin mitgetragen hatte.
D’Avaux konstatierte zudem seit März 1647, die Schweden seien viel-leicht gewillt, die Friedensverhandlungen scheitern zu lassen, jedenfalls sei für sie ein Friede jetzt nicht besser als in sieben oder acht Monaten
. Das war durchaus auch die Meinung Mazarins. Bereits am 15. März zog er in Zweifel, ob Schweden sich überhaupt an die Satisfaktionsverein-
[p. CXLIII]
[scan. 143]
barung halten werde
Tatsächlich erhoben die Schweden kleinere Nachforderungen, um deren Unterstützung sie d’Avaux ersuchten; dieser berichtete am 18. März sogar von einer weitgehenden Miß-billigung des schwedisch-kurbrandenburgischen Rezesses betreffend die Überlassung Pommerns durch die Schweden (vgl.
[nr. 186] ). Bald erahnte man aufgrund der Briefe Chanuts auch ihre exorbitanten Militärsatisfaktions-Forderungen und fürchtete, diese seien ein Vorwand zur Rechtfertigung des Unterhalts einer ständigen Armee im Reich (vgl. z.B.
[nr. 262] ).
oder auf Umwegen, indem es Schwierigkeiten bei den Verhandlungen über die Reichsangelegenheiten provoziere, nicht doch versuchen werde, ganz Pommern zu bekommen; wie d’Avaux hielt er es aber auch für möglich, daß Schweden die Friedensverhandlungen schlechthin scheitern lassen wolle
. Aber obgleich man am französischen Hof unzweideutig den großen Mißmut formulierte, den das schwedische Verhalten auslöste, glaubte man sich in der praktischen Politik doch zu-rückhaltender geben zu müssen, um nicht die gemeinsamen Feinde von den französisch-schwedischen Spannungen profitierten zu lassen
. Maza-rin erteilte d’Avaux am 15. März die Anweisung zur Rückkehr nach Münster, mit der Option, gegebenenfalls wieder nach Osnabrück zurück-kehren zu dürfen
, von der d’Avaux am 3. April Gebrauch machte
Er hielt einen Friedensschluß innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen für notwen-dig, damit Schweden nach einem neuen erfolgreichen Feldzug nicht bis zum Äußersten gehe und damit unzweifelhaft für Frankreich ein gefährlicherer Nachbar würde als das Haus Habsburg (vgl.
[nr. 194] ).
.
D’Avaux zeigte sich während seiner Aufenthalte in Osnabrück zwi-schen dem 16. Januar und dem 23. April vor allem Trauttmansdorff sehr verbunden. Am 18. März berichtete er, der kaiserliche Prinzipalge-sandte, in den auch Mazarin gerade in jenen Tagen große Hoffnung setzte, beabsichtige, den Kongreß bei weiterem Widerstand gegen seine Politik nach Ostern zu verlassen. Nun waren Abreiseandrohungen zwar auf dem Westfälischen Friedenskongreß nichts Seltenes oder Außerge-wöhnliches, sondern ein übliches verhandlungstaktisches Instrument; die tatsächlichen Probleme
Man mag auch an den redundanten Bemerkungen in den Memoranden d’Avaux’ aus dem März und April 1647, die Verhandlungen hätten in der vergangenen Woche wie-derum zu nichts geführt, ermessen, welche Schwermut auf den Diplomaten angesichts dieses endlos scheinenden Auf-der-Stelle-Tretens lastete.
, denen sich Trauttmansdorff ausgesetzt sah, mußten d’Avaux aber veranlassen, sie in diesem Fall sehr ernst zu neh-men – was er tat –, und tatsächlich wünschte der kaiserliche Prinzipal-gesandte (aus verschiedenen – persönlichen wie politischen – Gründen) im Frühjahr 1647 dringend seine Heimkehr nach Wien
Dazu
Repgen,
Trauttmansdorff.
. D’Avaux glaubte nun, nachdrücklicher gegen die Schweden auftreten zu müssen. Am 15. April schrieb er an Ludwig XIV., Oxenstierna gebärde sich, als
[p. CXLIV]
[scan. 144]
säße er auf dem göttlichen Thron über die zwölf Stämme Israels zu Gericht. Er bekräftigte seine Behauptung, die Schweden arbeiteten mit den Protestanten an der Etablierung eines lutherischen Kaisertums; man sei übereingekommen, den künftigen Gemahl Königin Christinas von Schweden zum Kaiser oder Römischen König zu wählen. Nach heftigen Wortwechseln mit Oxenstierna habe er daher erklärt, Frankreich werde seinen Subsidienzahlungen an Schweden zum nächsten Termin nicht nachkommen
Vgl.
[nr. 227] . Die Subsidienverhandlungen wurden schließlich nach Stockholm verwiesen; Longueville und d’Avaux vermieden es trotz häufiger Bitten der Schweden bis zum 24. Juni 1647, ihnen auf dem Kongreß ihre Auszahlung zuzusagen (vgl.
[nr. 345] ). Zu den frz. Subsidienzahlungen an Schweden vgl. auch
Lorenz, Hilfsgelder.
. Er setzte sich nachdrücklich für den Erhalt des katho-lischen Kirchengutes ein, namentlich bei den Hochstiften Minden und Osnabrück, und verließ sich dabei auch auf Berichte Chanuts aus Stockholm, die eine weitgehende Indifferenz der schwedischen Königin bei den religionspolitischen Forderungen suggerierten. D’Avaux stellte gegenüber den Schweden mehrfach klar, Frankreich sei ihnen durch die Allianz nur in bezug auf ihre Satisfaktion verpflichtet; Konfessions-fragen seien aus ihr namentlich ausgenommen
Obschon d’Avaux keinen Zweifel an der schwedischen Bündnistreue hatte, drohte Oxen-stierna La Court offen mit seinem Bruch, wenn Schweden die geforderten Hochstifte nicht erhalte (vgl.
[nr. 260 mit Anm. 13] ).
.
Mazarin hingegen glaubte, daß Frankreich kaum über wirksame Mittel verfüge, um Druck auf Schweden auszuüben. Denn Schweden wisse, daß Frankreich aller Drohungen zum Trotz letztlich nicht mit ihm brechen und es im Falle eines Mißerfolges auch wieder mit aller Kraft unterstützen werde, um das für Frankreich wichtige politische Gleichgewicht
Vgl.
[nr. 218] :
l’équilibre qui luy
[sc. à la France
] convient.
wieder-herzustellen. Mazarin versuchte daher, auf d’Avaux’ Bestrebungen mäßi-gend einzuwirken. Er tat dies am 15. März 1647 in einer ungewöhnlichen, im vorliegenden Korrespondenzband einzigartigen Form; schon im Titel seines Memorandums für d’Avaux
stellte Mazarin klar, daß der Inhalt dem Conseil unterbreitet worden sei und dessen Zustimmung erfahren habe. Auch im Text selbst spezifizierte er die Rechtsgrundlagen der erteil-ten Instruktionen, nämlich den Beschluß des Conseil und eine königliche Order; die Anweisungen in diesem Memorandum seien daher die ver-bindliche Richtschnur für die Verhandlungen d’Avaux’ mit den Schwe-den; ein Abweichen hiervon wurde nur in Absprache mit Longueville und bei geänderter Sachlage gestattet. Im Grunde kam dieses Memoran-dum d’Avaux weit entgegen. Es betonte beispielsweise die Unmöglichkeit weiterer Subsidienzahlungen an Schweden in gewohnter Höhe und des Unterhalts einer bedeutenden französischen Streitmacht in Deutschland. Aber indem die Unterstützung durch die Kaiserlichen zur Voraussetzung für ein festeres französisches Auftreten gegenüber den Schweden und den
[p. CXLV]
[scan. 145]
Protestanten erhoben wurde, war ein interpretationsbedürftiges Moment in die Anweisungen eingeflochten worden; denn es bestanden durchaus unterschiedliche Ansichten in der Frage, inwieweit man sich überhaupt des Vertrauens der Kaiserlichen versichern könne. Mazarin war am 15. März 1647 diesbezüglich noch wesentlich zuversichtlicher als nur eine Woche später.
Zusammenfassend stellten sich die Lage Frankreichs und seine Anliegen an die Kaiserlichen folgendermaßen dar: Frankreich hatte großes Interesse daran, den Frieden im Reich zu schließen, während von einer Fortführung des Krieges dort nichts zu erhoffen stand. Da die Schweden den Frieden hingegen hinauszögern wollten und hohe Forderungen in der pfälzischen Sache und den Religionsgravamina formulierten, bedurfte Frankreich der Unterstützung der Kaiserlichen, deren Interessen in diesen Punkten mit denen der Franzosen koinzidierten, denn allein konnte man sich nicht Schweden und Protestanten in den Weg stellen, ohne die Anhängerschaft unter den Reichsständen zu verlieren, die nach französischem Eindruck ohnehin mehrheitlich zu den Schweden tendierten. Diese in Abstimmung mit den Kaiserlichen zu führende Politik, bei der letztere und ihre Kon-fessionsverwandten, vor allem Kurbayern, als die Antriebskräfte des Wi-derstandes erscheinen sollten, setzte jedoch voraus, daß man ihnen größe-res Vertrauen entgegenbringen konnte als den Spaniern, bei denen die Franzosen davon ausgingen, daß sie Abweichungen in der französischen Reichspolitik gegenüber dem schwedischen Verbündeten zum Schaden der Allianz auszuschlachten versuchen würden. Vermutlich weil diese in-teressengeleitete Politik mit einem Kriegsgegner gegen einen Verbündeten eine brisante politische Angelegenheit war
Als
cause de Dieu schien eine solche Politik bei den Religionsgravamina zwar eine sach-lich und formal besondere Rechtfertigung zu erfordern, diese aber immerhin legitim und möglich zu sein.
, mußte das Vertrauensver-hältnis zu den Kaiserlichen von Mazarin daher in seinem vom Conseil verabschiedeten Memorandum für d’Avaux
, das auf die unerwartete Härte der Schweden bei den Verhandlungen der Reichsangelegenheiten nach Abschluß ihrer Satisfaktion reagierte, zur Grundlage der weiteren Reichs- und Bündnispolitik Frankreichs gemacht werden. Ohne kaiserli-che Hilfe und schnellen Frieden im Reich, so fürchteten die Franzosen (Mazarin ebenso wie d’Avaux), würde Frankreich seine Stellung bei den Reichsständen so oder so verlieren. Schweden mache sich zum Protektor der protestantischen Partei und könne sie damit ungeachtet des Ausgangs der Verhandlungen, so schloß Mazarin, in seinen Bannkreis ziehen. Setze sich Frankreich den protestantischen und schwedischen Forderungen ent-gegen, mache es sich beide zu Feinden, verzichte es darauf, könne Schwe-den seine Vormacht und die beherrschende Stellung des Protestantismus im Reich ungehindert ausbauen. Der Kaiser wurde für Frankreich damit
[p. CXLVI]
[scan. 146]
zum unentbehrlichen Instrument einer Reichspolitik, die es selbst nicht offen führen konnte; werde die französische Festigkeit von den Kaiserli-chen gedeckt, könne auch Frankreich den Schweden gegenüber offener auftreten. Sich der Kaiserlichen und Bayerns zu versichern, sah Mazarin am 15. März noch keine größeren Schwierigkeiten, weil ihre Interessen noch mehr von diesen Verhandlungsfragen betroffen seien als die Frank-reichs. Der Mittelsmann, um sich Trauttmansdorffs zu versichern, sollte der kurbayerische Gesandte Krebs sein.
Zur Zeit der Abfassung seines grundlegenden Memorandums
Auch schon eine Woche zuvor, am 8. März 1647 (vgl.
[nr. 166] ).
setzte Mazarin große Hoffnungen auf die Zusammenarbeit mit Trauttmans-dorff
Am selben Tage schrieb er einen Brief an d’Avaux (
[nr. 180] ), in dem er sich sehr zufrieden mit dem kürzlich vorgetragenen Bericht Préfontaines über die Haltung des kaiserlichen Prinzipalgesandten zeigte und sich daher, insbesondere für die Religionspolitik, große Vorteile aus einer möglichen Zusammenarbeit versprach.
.
Doch im selben Augenblick, als Mazarin seine Hoffnung daran setzte, durch Krebs Trauttmansdorff zur Förderung der gemeinsamen Interessen bewegen zu können, war das Band zwischen dem Kaiser und Kurbayern durch den tags zuvor abgeschlossenen Ulmer Waffenstillstand zwar nicht zerschnitten, aber doch immerhin so gespannt, daß man sich von einer kurbayerischen Interzession beim Kaiser nicht viel erhoffen durfte. Maza-rin betonte zwar gegenüber d’Avaux
, als er – noch in Unkenntnis über den Vertragsschluß – die vermutliche Aufrichtigkeit des bayerischen Kur-fürsten notierte, man müsse Trauttmansdorff der lauteren französischen Absichten bei der Politik gegenüber dem Kurfürsten versichern und ihm deutlich machen, daß es Frankreich nur darum zu tun sei, den Frieden zu fördern, nicht Kurbayern vom Kaiser zu trennen; diese künstliche Argu-mentation war jedoch illusorisch und nicht dazu angetan, Trauttmansdorff zu überzeugen. Schon am 22. März schien Mazarin selbst die mögliche Zusammenarbeit mit den Kaiserlichen durch deren mangelnde Initiative fraglich, und man sah in Paris auch die Gefahr, die Kaiserlichen könnten sich mit Schweden auf Kosten Frankreichs und Kurbayerns einigen
; an-sonsten wurde die am 15. März vorgegebene Linie jedoch bestätigt.
Am 25. März
antworteten d’Avaux und Longueville auf das Memoran-dum vom 15., man könne in Religionssachen, vermutlich jedoch nicht bei den Verhandlungen über die Oberpfalz, durchaus den Kaiserlichen ver-trauen, weil sie hier die gleichen Interessen verfolgten, obgleich man sich ihrer Loyalität während der Dauer des Krieges selbstverständlich nicht völlig versichern könne; die Gesandten merkten auch an, daß die Kaiser-lichen selbst angelegentlich um französische Unterstützung ersuchten. In der Tat ließ Nassau die Franzosen Ende März offiziell über die Media-
[p. CXLVII]
[scan. 147]
toren um ihren Beistand in Religionssachen bitten; er dankte dabei im Auftrag von Trauttmansdorff für die schon geleisteten französischen Dienste, betonte aber – dies zeigt die praktischen Grenzen der durch das schwedische Bündnis determinierten französischen Reichspolitik –, diplo-matische Hilfe sei nicht nützlich, solange die Protestanten militärisch und finanziell unterstützt würden
Auch darüber berichteten d’Avaux und Longueville ebd.
. Die praktische Umsetzung der Zusam-menarbeit mit Trauttmansdorff in Religionsfragen wurde durch den fran-zösischen (vor allem aus Paris zu vernehmenden) Wunsch nach Gewäh-rung umfangreicher Sicherheiten durch die Kaiserlichen für die Wahrung der französischen Stellung bei den protestantischen Reichsständen unter-miniert; vertraute man zudem Trauttmansdorff bis zu einem gewissen Grade, so galt dieses Vertrauen jedoch nicht der gesamten kaiserlichen Gesandtschaft: Besonders Lamberg galt den Franzosen als Freund der Spanier, weshalb sie die Mediatoren ersuchten, jenem keine Mitteilung über die französische Bereitschaft zur Unterstützung der Kaiserlichen zu machen
.
Nachdem Servien, der auf französischer Seite nach dem, was sich aus den Korrespondenzen erkennen läßt, als einziger die persönliche Integrität
Diese hatte Godefroy schon in einer eigenhändigen Aktennotiz vom Dezember 1645 ge-lobt und geschlossen: Noz ambassadeurs espèrent plus que jamais une conclusion de paix ou de trefve
(IF CG 22
fol. 280–280’; IF CG
496 fol. 257–258’; vgl. auch
Repgen,
Trauttmansdorff). Ähnliche persönliche Einschätzungen anderer Politiker oder Gesand-ten konnten in den Akten des bei Wertungen überaus zurückhaltenden Godefroy nicht ermittelt werden; vgl. auch: Extraict d’une lettre
[Godefroys?] de Munster, le 17 mars 1646,
mit Informationen, die der Schreiber von einem Sekretär Trauttmansdorffs erhal-ten hatte; Kopie: IF CG
21 fol. 120–120’.
Trauttmansdorffs in Zweifel zog
Vgl.
[nr. 204] . Vgl. dagegen zu Mazarins beachtlicher Wertschätzung Trauttmansdorffs: derselbe an d’Avaux, Paris 1647 Februar 22 (s.
[Anm. 10 zu nr. 157] ). D’Avaux wußte zu berichten, Trauttmansdorff sehne Tag und Nacht den Frieden herbei, die Schweden je-doch nutzten seine Krankheit nur aus (vgl.
[nr. 201] ; zur Friedensliebe Trauttmansdorffs vgl. auch
[nr. 93] ). Trauttmansdorff, der, wie man wußte, mit Komplimenten nicht frei-gebig war, zeigte zur Freude der Franzosen und insbesondere Mazarins auch großen Re-spekt vor Frankreich und erkannte kongreßöffentlich dessen Friedensbereitschaft an (vgl.
[nr.n 114] ,
[115] ,
[129] ,
[143] ).
, sich aus Den Haag kritisch zur Zu-sammenarbeit mit den Kaiserlichen in Religionsfragen geäußert hatte, mahnte auch der Hof die Gesandten in Münster zu größerer Vorsicht, und zwar nicht allein (wie schon zuvor geschehen) wegen des bedenk-lichen Einflusses der Spanier, sondern hauptsächlich weil Zweifel an der Aufrichtigkeit Trauttmansdorffs bestünden
. Dabei wurden zum Teil wörtlich die Formulierungen übernommen, die Servien zuvor in seinem Schreiben an Mazarin benutzt hatte
. Der Hof schränkte d’Avaux’ Handlungsmöglichkeiten auf Serviens Intervention hin also in einem
[p. CXLVIII]
[scan. 148]
Maße ein, das die erfolgreiche Verwirklichung der projizierten gemein-samen Politik mit den Kaiserlichen erheblich erschwerte. Zudem wurde d’Avaux schon im Memorandum vom 15. März 1647
nur eine möglichst geheim zu haltende Sekundierung der katholischen Stände, kein offenes Auftreten zu ihren Gunsten erlaubt; die Schärfe der gegenüber den Schweden zu führenden Sprache wurde durch einen Stufenplan geregelt, der zunächst ein maßvolles Auftreten vorsah. Nach Mazarins eigenem Be-kunden hat sich d’Avaux an diese Konzeption nicht gehalten. Gegenüber d’Avaux sprach er diesen Vorwurf zwar nicht offen aus, durchaus aber gegenüber Servien, dem er unumwunden erklärte
, d’Avaux handele be-wußt den erteilten Anweisungen zuwider, obwohl er es in seinen Berich-ten zu dissimulieren versuche. Jedenfalls ahnte d’Avaux wohl, daß seine Politik in Paris Mißtrauen erweckte, denn er glaubte sich unmittelbar nach seiner endgültigen Rückkehr aus Osnabrück genötigt, in einem Brief an Mazarin vom 29. April 1647
seine Osnabrücker Religionspolitik zu verteidigen. Er wies, viele von ihm widerspruchslos akzeptierte Änderun-gen zugunsten der Protestanten notifizierend, den Vorwurf von sich, die katholischen Interessen über Gebühr verfochten zu haben; La Court rief er zum Zeugen an, falls sein religiöser Eifer Verdacht erregt haben sollte; mehr Zugeständnisse, als er gemacht habe, hätte er den Protestanten nicht einräumen können, ohne selbst zur Augsburgischen Konfession überzutre-ten; man habe sich zudem bei der Zusammenarbeit in Religionssachen der Aufrichtigkeit Trauttmansdorffs glaubhaft versichern können. Der Auf-fassung d’Avaux’ schloß sich Brienne an, der noch im Februar 1647 den Kaiserlichen die Alleinschuld für Konzessionen bei den Gravamina zuge-wiesen hatte. Im April und Mai betonte er jedoch ausdrücklich, Frank-reich könne auf eine eigene Reichs- und Religionspolitik nicht verzich-ten
und hieß die von d’Avaux betriebene ausdrücklich gut; Frankreich habe sich damit sowohl um den Erhalt der katholischen Religion als auch um die Freiheiten der Protestanten verdient gemacht
.
Tatsächlich hatten die Kaiserlichen den Protestanten aber in vielem nach-geben müssen, und zu einer umfassenden französisch-kaiserlichen Koope-ration ist es in den Gravaminaverhandlungen nie gekommen. Dennoch waren die Monate Januar bis April 1647 vermutlich die Zeit, in der Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongreß am ehesten zu einer eigenen Reichs- und Konfessionspolitik ansetzte
Hermann Weber hat auf dem Studientag Westfälischer Friede im Deutschen Historischen Institut Paris am 8. Oktober 1998 (im Rahmen der sich an die Vorträge anschließenden Diskussion) die wichtige Frage nach dem Einfluß der Geistlichen, insbesondere des Al-moseniers d’Avaux’, François Ogier, auf die französische Kongreßpolitik gestellt. Dies ist in der Tat eine sehr schwer zu beantwortende Frage, und sie hat vielleicht deshalb bis-lang noch keine systematische Untersuchung erfahren. Explizite Antworten wird man auch in der französischen Korrespondenz des hier vorgelegten Bandes vergeblich suchen; die Rolle der Geistlichen bleibt ebenso wie der Einfluß der Rechtsgelehrten, die Ogiers also ebenso wie die Godefroys, in den Ausführungen der Gesandten im Dunkeln. Selten fällt ein indirektes Schlaglicht auf die gestellte Frage: Am 14. Mai 1647 bekundete Ser-vien, es sei nicht sinnvoll, in seinen Briefen an Longueville und d’Avaux weiterhin zu den von ihnen geführten Verhandlungen Stellung zu nehmen, denn in Münster folge man eher der Stimme der Mönche als der seinen (vgl. nr. 274). Wenn diese von Servien als Vorwurf formulierte Behauptung zutrifft, handelt es sich um ein Indiz dafür, daß die Geistlichkeit durchaus einen Einfluß auf die französische Kongreßpolitik ausübte. Im einzelnen kann die Frage im Rahmen dieser Einleitung nicht weiterverfolgt werden.
; dies erklärt vielleicht,
[p. CXLIX]
[scan. 149]
warum man schon im 17. Jahrhundert die Osnabrücker Verhandlungen d’Avaux’ als Einheit begriff und ihnen eine eigene Sammlung von Korre-spondenz-Abschriften widmete
.
In den kommenden beiden Monaten verkehrten sich allerdings die Seiten: Jetzt waren es die Schweden und die Protestanten, deren Interessen sämt-lich erledigt schienen und an deren Festigkeit man daher zweifelte
. An-gesichts des ihrer Meinung nach drohenden militärischen Erstarkens der Kaiserlichen, Bayern und Spanier drängten diese nun tatsächlich auf Frie-densschluß. Sie nahmen wenig Rücksicht auf die französische Forderung nach einem Verbot der Assistenz für Spanien durch den Kaiser und das Haus Habsburg; diese Forderung wurde von den Franzosen aber als not-wendige Voraussetzung für einen Friedensschluß betrachtet
. Doch einst-weilen schien durch den Ulmer Waffenstillstand die kaiserlich-spanische Partei zumindest eines wichtigen Bundesgenossen beraubt.
VIII. Der Waffenstillstand mit Kurbayern (14. März 1647)
Bereits im Frühjahr 1646 hatte Frankreich Kurbayern eine allgemeine Waffenruhe in Aussicht gestellt, weil es an einer weiteren Schwächung dieses wichtigen katholischen Reichsstandes nicht interessiert war
Eine Waffenruhe im Reich oder militärische Vereinbarungen mit Kurbayern spielten bei den französischen Überlegungen fast im ganzen Jahr 1646 eine wichtige Rolle, nicht zu-letzt, weil man auf französischer Seite den Einsatz Kurbayerns für die französische Satis-faktion würdigte; vgl. z.B. das Memorandum Serviens für Lionne, Münster 1646 Februar 3 (Druck:
APW II B 3 nr. 105). Die Bände
APW II B 3 und
APW II B 4 bieten daher wichtiges Material zur Vorgeschichte des Ulmer Waffenstillstandes.
. Dazu fand sich Schweden jedoch nicht bereit, und auch über eine separate Waffenruhe beider Kronen mit Kurbayern kamen erst, nach einem Vor-stoß Contarinis im September, seit Oktober 1646 ernsthaftere Verhand-lungen in Gang. Die bayerische Armee hatte indes 1646 bereits Weisung erhalten, auf Angriffe gegen französische Stellungen zu verzichten
Vgl.
Tischer,
Einleitung, XLIIIff.
.
[p. CL]
[scan. 150]
Nach der französisch-schwedischen Truppenvereinigung im August 1646 und den Erfolgen der vereinigten Kronen über die Reichsarmada aber war Bayern von feindlichen Truppen besetzt worden, und der Kurfürst hatte aus München nach Wasserburg am Inn flüchten müssen. Am 12. November 1646 teilte er dem Kaiser daher nach mehrmaliger Vorwar-nung mit, daß er Separatverhandlungen anzuknüpfen gedenke. Besonders im Februar 1647 konstatierte man in der französischen Gesandtschaft den nachdrücklichen Friedenswillen des bayerischen Kurfürsten, aber auch des Kaisers
. Die Verhandlungen über einen Waffenstillstand waren mittler-weile gegen den Willen des Kaisers
vom Kongreß getrennt und nach Ulm verlagert worden, wo sie trotz eines Versuches der Mediatoren, sie im Februar 1647 wieder auf den Kongreß zu ziehen, weitergeführt wur-den. Mitte Januar hatten sich in Ulm die kaiserlichen, kurbayerischen, französischen und schwedischen Vertreter zusammengefunden
Zur Geschichte der Ulmer Waffenstillstandsverhandlungen vgl.
Ruppert,
266–273;
Imm-ler,
398–431;
Albrecht,
Maximilian I., 1059–1062.
. Frank-reich wurde durch Croissy und Tracy vertreten, die zum Teil direkt aus Münster und Osnabrück instruiert wurden. Trotz der großen Bedeutung, die die Franzosen dem Waffenstillstand mit Kurbayern schon vor dessen Abschluß beimaßen
Servien schrieb am 19. März 1647 über eine Waffenruhe mit Kurbayern – in Unkenntnis über ihren Abschluß –, wenn ein solcher glänzender Erfolg ausbleibe, laufe man Gefahr, sich auch der Generalstaaten auf absehbare Zeit nicht sicher sein zu können (vgl.
[nr. 188] ).
, wird in den Korrespondenzen zwischen der fran-zösischen Gesandtschaft auf dem Westfälischen Friedenskongreß und Paris über diese Verhandlungen wenig berichtet, denn Tracy und Croissy kor-respondierten zwar auch mit den Gesandten in Westfalen, aber vor allem mit dem Hof, insbesondere mit Mazarin. Detailfragen mußten daher in der Korrespondenz zwischen dem Hof und dem Kongreß nicht erörtert werden; hier spielten vor allem die Versuche eine Rolle, die sich wankel-mütig zeigenden schwedischen Gesandten in Westfalen um ihre Unter-stützung der Waffenstillstandsverhandlungen gegenüber Wrangel anzu-halten oder zumindest einen französisch-kurbayerischen Waffenstillstand ohne schwedischen Beitritt zu tolerieren, sowie weitergehende politische und militärische Reflexionen über die Zeit nach dem Abschluß eines Waf-fenstillstandes.
Der Kaiser wollte zunächst einen auf wenige Monate begrenzten all-gemeinen Waffenstillstand durchsetzen und die alliierten Kronen zur Herausgabe der ersten Propositionen zwingen, befand sich damit aber nicht in Übereinstimmung mit seinem konzessionsbereiteren kurbayeri-schen Bundesgenossen, der sich im Laufe der Ulmer Verhandlungen seit Ende Januar mehr und mehr von ihm trennte
und am 14. März 1647
[p. CLI]
[scan. 151]
mit der Unterzeichnung des Ulmer Waffenstillstandsabkommens den Schritt zur militärischen Separation vollzog
Zu den Bestimmungen der beiden getrennten Waffenstillstandsverträge, die Frankreich bzw. Schweden in Ulm mit Kurbayern abschlossen, vgl.
Immler, 444–459.
.
Nach dem zu erwartenden faktischen Ausscheiden der Generalstaaten aus dem Krieg gegen Spanien hoffte Frankreich, mit dem Ulmer Waffenstill-stand immerhin eine gewisse Kompensation der militärischen Kräfte zu erreichen. Man bereitete sich auf einen Feldzug vor, in dem Frankreich einen Alliierten weniger gegen Spanien, aber auch einen Feind weniger im Lager des Kaisers haben würde
. Der bedeutendste Vorteil, den sich Mazarin durch den Ulmer Waffenstillstand versprach, war, freie Hand für die Beorderung Turennes in die Spanischen Niederlande zu bekom-men
Chéruel,
Minorité II, 329.
; die Hoffnung darauf sollte sich jedoch, wie oben dargestellt, durch die Meuterei der Weimarer Armee zerschlagen. Als entscheidend erwies sich die Wiederannäherung des Kaisers an Bayern seit Sommer 1647. Wenn der geplante Übergang des gesamten kurbayerischen Heeres unter Jan van Werth zu den Kaiserlichen nicht durch einen Zufall gescheitert wäre, hätten Frankreich und Schweden im Sommer 1647 auch im Reich gänzlich die Frucht eingebüßt, die man sich durch den Waffenstillstand erhofft hatte
Diese Dinge sind hier nicht mehr darzulegen; vgl. zu den Konsequenzen für die franzö-sische Politik überblicksweise
Chéruel, Minorité II, 344ff; zum Plan Jan van Werths vgl.
Heilmann II.2, 730f.
.
Aber nicht nur gegenüber den Generalstaaten, sondern auch gegenüber Schweden hoffte man, den Waffenstillstand politisch ausnutzen zu kön-nen. Der Ulmer Waffenstillstand wurde in Paris als Krisis der Reichsange-legenheiten interpretiert; wenn man sich der Kaiserlichen versichern kön-ne, sei nunmehr ein offeneres Auftreten gegen die schwedischen Ansprüche im Reich möglich
. Darüber hinaus erwartete man, daß auch die Spanier nach Versuchen zur Verhinderung der Exekution des Ulmer Waffenstill-standes gegenüber Frankreich einlenken würden
. Der Waffenstillstand schien also nicht nur die Probleme Frankreichs mit seinen Verbündeten zu lösen, sondern auch den Frieden im Reich und den Ausgleich mit Spanien entscheidend voranbringen zu können. Doch in Paris hielt man ersteren jetzt nicht mehr für so dringlich wie zuvor
Die Bedenken des Kaisers, ein Waffenstillstand könne zur Verzögerung des allgemeinen Friedens führen, waren also nicht ganz unberechtigt.
.
Der Abschluß des Ulmer Waffenstillstandes war für Frankreich im Winter 1646/1647 und Frühjahr 1647 der große Lichtblick. Ein königliches Me-morandum vom 12. April 1647
zählte die vielen Vorteile auf, die Frank-
[p. CLII]
[scan. 152]
reich dadurch zu erwerben schien und die militärisch vornehmlich in einer erheblichen Kriegskostendämpfung, in der (oben genannten) Möglichkeit des Einsatzes der Armee Turennes gegen Spanien und in der Vereitelung kaiserlicher und bayerischer Assistenz für die Truppen Philipps IV. bestan-den. Der Waffenstillstand mit Kurbayern, der die kaiserlichen durch die schwedischen Truppen weiterhin band, schien damit militärisch sogar vor-teilhafter als der Friede im Reich. Dennoch glaubte man nicht an den dau-erhaften Bestand dieses Waffenstillstandes, weil der Kaiser nunmehr ge-zwungen sei, in allem nachzugeben; der Friede im Reich sollte zwar nicht hinausgezögert werden, die gegenüber den Schweden zu führende Sprache wurde aber in den Anweisungen an d’Avaux deutlich abgemildert: Man habe kein Recht, die Schweden gegen ihren Willen zum Friedensschluß zu zwingen, müsse aber völlige französische Dispositionsfreiheit über die Ar-mee Turennes durchsetzen
.
Doch in Paris war man sich Maximilians von Bayern trotz des Ulmer Waffenstillstandes nicht völlig sicher; unmittelbar nach Eingang der Nachrichten von der Ratifikation durch den Kurfürsten, die am
27. März 1647 erfolgt war, entschloß man sich daher (vorbehaltlich der Zustim-mung durch die Gesandten in Münster), Croissy an den bayerischen Hof zu entsenden, um die Einhaltung des Waffenstillstandes sicherzustellen. Man befürchtete nämlich, der Kurfürst habe ihn mit kaiserlichem Einver-ständnis geschlossen
. Zwar glaubte man im Mai und Juni 1647, den Kurfürsten sicher in der Hand zu halten, besonders, nachdem dieser fran-zösische Protektion erbeten und durch die beiden Sondergesandten Grons-feld und Krebs direkte Verhandlungen am französischen Hof über eine weitergehende französisch-kurbayerische Annäherung aufgenommen hat-te
Albrecht,
Maximilian I., 1066f;
Tischer,
Krebs.
; doch die Euphorie, die nach den französischen Korrespondenzen je-ner beiden Monate in den französisch-kurbayerischen Beziehungen be-stand, hat den Sommer 1647 nicht überdauert
Albrecht,
Maximilian I., 1067.
.
Ebenso beunruhigend wie die Vermutung geheimen kaiserlich-kurbayeri-schen Einvernehmens waren die bis Juni 1647 und darüber hinaus andau-ernden Spannungen zwischen den Bayern und Schweden; und gerade die Rücksicht auf den Bundesgenossen hielt Mazarin von einer weiteren An-näherung an Kurbayern ab
. Angesichts des schwedisch-bayerischen Prä-zedenzstreites über die Sitzordnung im Fürstenrat
erklärten die Franzo-sen den Schweden im Juni 1647, sie spielten hierdurch und durch ihr Ver-halten gegenüber dem Kurfürsten von Bayern allgemein den Kaiserlichen in die Hände und es drohe angesichts dessen sein erneuter Übertritt auf
[p. CLIII]
[scan. 153]
deren Seite
Vgl.
[nr. 345] . Das besorgniserregende Verhalten der Schweden gegenüber dem Kurfürsten von Bayern war bereits früher bemängelt worden (vgl. z.B.
[nr. 332] ).
. Zugleich berichteten die französischen Gesandten am 24. Juni 1647 von einem von Haslang kolportierten Gerücht, Schweden suche den Waffenstillstand mit dem Kaiser und sei dafür bereit, das Abkommen mit Bayern zu brechen. Wenngleich sie dem Bericht Haslangs keinen vol-len Glauben schenkten, konstatierten sie jedoch, daß die Schweden im Einvernehmen mit den Kaiserlichen vorgingen und das Problem der Ar-meesatisfaktion auf die Zeit nach dem Frieden verschieben wollten, so daß der Kaiser und die Schweden ihre Armeen zunächst unter Waffen halten würden. Trauttmansdorff habe gesagt, der Friede werde auch gegen den Willen derer, die ihn nicht wollten, geschlossen werden
; damit waren offenbar die Franzosen gemeint.
Der Ulmer Waffenstillstand hielt also durch seine tatsächlichen politischen und militärischen Konsequenzen keineswegs das, was man sich anfangs von ihm versprochen hatte
Nach
Albrecht, Maximilian I., 1063 beeinflußte er auch die Westfälischen Friedensver-handlungen weniger als erwartet. Ein erheblicher Einfluß auf die Religionsrechts- und den Beginn der Pfalz-Verhandlungen ist jedoch unverkennbar.
. Doch im April 1647 stellte sich einstweilen die Gesamtlage Frankreichs, das zudem am 9. Mai 1647 (nach Kurbayern und Kurköln, die in den Ulmer Waffenstillstand eingeschlossen waren) durch den Neutralitätsvertrag mit Kurmainz ein weiteres Kurfürstentum ausschalten konnte, wesentlich günstiger dar als zu Jahresbeginn. Am 26. April 1647 hob man in Paris die seit kurzem eingetretene positive Wen-dung der Dinge zugunsten Frankreichs hervor und resümierte sie in sechs Punkten
: 1) Im Reich sei der Friede auf gutem Wege, der Waffenstill-stand mit Kurbayern habe Frankreich eine ganze Armee (und zwar eine der besten Europas)
Gemeint sind die Truppen Turennes.
zum Krieg gegen Spanien geschenkt; 2) die General-staaten würden sich nicht von Frankreich trennen oder gar gegen dieses stellen; 3) in Flandern werde die Ernennung Erzherzog Leopold Wilhelms zum Generalgouverneur für Neid unter den Führungskräften sorgen; 4) Katalonien sei durch die Ankunft Condés in einem besseren Zustand als je zuvor; 5) der Vizekönig von Neapel habe keine ausreichenden Truppen aufstellen können, um die toskanischen Plätze anzugreifen, ein bedeuten-der Finanztransfer nach Spanien führe zudem zu Unmut in der Bevölke-rung; dagegen sei Frankreich imstande, weitere Plätze in Italien anzugrei-fen; 6) die innere Lage Frankreichs sei ruhig und könne durch keinen Zwi-schenfall getrübt werden, mit der Eintracht im Königshause stehe es zu-dem, ebenso wie mit dem Gehorsam der Untertanen, zum besten. Mit dieser Einschätzung ging man im Mai und Juni 1647 in die Verhandlungen mit dem Kaiser und Spanien, der letzten im vorliegenden Band dokumen-tierten Phase der französischen Kongreßpolitik.
[p. CLIV]
[scan. 154]
IX. Die Krisis der Verhandlungen mit Spanien (Mai/Juni 1647)
Franzosen und Spanier verhandelten während beider Monate fast aus-schließlich über Portugal
D.h. über die französischen Forderungen nach Waffenstillstand für Portugal, Freilassung Eduards von Braganza und französischem Assistenzrecht. Letzteres erwies sich als Hauptschwierigkeit in den Verhandlungen. Zu den Portugal-Verhandlungen seit März 1647 vgl.
Cardim, 311f.
. In der Assistenzfrage wurden zwei Punkte thematisiert: 1) die Formulierung des Friedensvertrags-Artikels über das Assistenzrecht der (portugiesischen) Verbündeten (im fortdauernden spa-nisch-portugiesischen Krieg); 2) ein von den Franzosen gewünschtes Atte-stat der Mediatoren, Niederländer und Kaiserlichen zur Auslegung dieses Artikels im Hinblick auf Portugal. Textgrundlage der Verhandlungen über den Vertrags-Artikel war die den Franzosen von den Mediatoren seitens der Spanier am 10. April 1647 überreichte Fassung
. Longueville und d’Avaux legten am 5. Mai in einer schriftlichen Erklärung an die Me-diatoren ihre Forderung nach einem Attestat zum französischen Assistenz-recht für Portugal
Vgl. Beilage 1 zu nr. 260.
nieder. Am 28. Mai 1647 präsentierten die Media-toren daraufhin den Spaniern einen Textvorschlag für einen neuen Artikel 3 des französisch-spanischen Friedensvertrages
Zunächst fanden sich die Bestimmungen zur Assistenz der Alliierten am Ende von Art. 2 (s.o.) und wurden hier, erweitert, als eigenständiger dritter Art. ausgegliedert.
, die Assistenz der Alliier-ten betreffend
, und einen Textvorschlag für das Attestat der Media-toren, das französische Assistenzrecht für Portugal betreffend
.
Doch an Portugal schieden sich die Geister: Die Spanier waren zum Nach-geben ebensowenig bereit wie die Franzosen, die das Assistenzrecht als unverzichtbaren Bestandteil der Friedensassekuration
Das französische Assistenzrecht für Portugal in seiner Bedeutung als Element der Ver-tragssicherheit wurde den Gesandten am 10. Mai 1647 nachdrücklich ans Herz gelegt; darauf bestehen hieß, Spanien auf der Iberischen Halbinsel militärisch zu binden und ihm somit für eine gewisse Zeit die Möglichkeit zu nehmen, eine Revision der unter dem Druck der militärischen Lage zugestandenen Friedensbedingungen zu suchen (vgl.
[nr. 267] ). Daher wies Ludwig XIV. Longueville und d’Avaux an, einerseits den Friedens-schluß wegen der Waffenstillstandsforderung für Portugal nicht einmal um vier Tage aufzuschieben, andererseits aber auf dem Recht zur Unterstützung Portugals und einem entsprechenden schriftlichen Attestat der Mediatoren bis zum Äußersten zu bestehen (vgl.
[nr. 277] ).
betrachteten. Dies gilt auch für Servien, der aus Den Haag zu den beiden Hauptpunk-ten, um die die französisch-spanischen Verhandlungen seit April 1647 kreisten (also: erstens kurzer Waffenstillstand für Portugal, zweitens fran-zösisches Assistenzrecht) Stellung nahm. Er betonte einerseits (trotz der sich hierfür aussprechenden Anweisungen des Hofes) die Nachteile des Be-stehens auf einem voraussichtlich nicht durchsetzbaren kurzen Waffen-
[p. CLV]
[scan. 155]
stillstand für Portugal, besonders weil die Niederländer dies als neue For-derung und als Verstoß gegen das, was unter ihrer Interposition beschlos-sen worden war, interpretieren könnten. Andererseits sei die Forderung nach möglicher Unterstützung Portugals durch Frankreich von den Spa-niern bereits quasi zugestanden, ein vertraglicher Vorbehalt des Assistenz-rechts für Verbündete zudem historisch begründet; er unterstellte den Spa-niern daher unlautere Absichten bei der Ablehnung eines schriftlichen At-testates der Mediatoren, nämlich die Wahrung eines Vorwandes zur Wie-deraufnahme des Krieges unter Zuweisung der Schuld an Frankreich. Er vermutete zudem eine Hinhaltetaktik der Spanier bei Portugal in Erwar-tung der weiteren Entwicklung in den Generalstaaten; die Spanier wollten abwarten, ob die Generalstaaten den französischen Wünschen entsprä-chen, sich aber andernfalls vorbehalten, die Verhandlungen an Portugal scheitern zu lassen, weil dieses ein den Generalstaaten verhaßtes Thema sei, bei dem sie sich Frankreich gegenüber nicht verpflichtet fühlten
. Er interpretierte die spanische Position zu Portugal also als (zumindest teil-weise) verhandlungstaktisch bedingt.
Auf beiden Seiten war das Mißtrauen zu groß; die Spanier mutmaßten, Frankreich wolle den Krieg über Auxiliartruppen in ihr Land tragen, d’Avaux befürchtete, die von den Spaniern vorgeschlagene Textfassung des Assistenzartikels sei für sie ein Mittel, nach Belieben den Krieg wieder aufnehmen zu können, sobald sie es wünschten
. Die französischen Ge-sandten berichteten am 17. Mai 1647, die Verhandlungen in Münster stünden seit der Abreise Pauws still und die Spanier warteten die weitere Entwicklung in den Generalstaaten ab
Vgl.
[nr. 276] . Am 20. Mai berichteten sie von der geplanten Abreise Peñarandas aufs Land und von dort nach Spa, urteilten jedoch, die Spanier warteten zwar auf den Aus-gang des kommenden Feldzuges, suchten aber nicht den Abbruch der Verhandlungen (vgl.
[nr. 279] ). D’Avaux wies Mazarin jedoch darauf hin, daß in Münster derzeit keinerlei Aussicht auf Frieden bestehe, und wiederholte ihm gegenüber seine den Mediatoren vor-getragene Kritik an der Selbstherrlichkeit, mit der Peñaranda die Waffenstillstandsfrage für Portugal und die Restitution der Lütticher Enklaven von jeglicher Verhandlung aus-geschlossen habe (vgl.
[nr. 281] ). Longueville betonte am selben Tage ebenfalls den man-gelnden Friedenswillen der Spanier und schloß Verhandlungsfortschritte vor Feldzugs-ende aus (vgl.
[nr. 280] ).
. Auch die ausdrücklich erneuer-te
Diese Möglichkeit war den Gesandten schon am 19. April 1647 eröffnet worden (vgl.
[nr. 233] ).
Vollmacht, die Forderung nach Waffenstillstand
Als unantastbar galt hingegen das französische Assistenzrecht, das in Memoranden Lud-wigs XIV. für Longueville, d’Avaux und Servien vom 17. und 24. August 1646 (Druck:
APW
[II B 4 nr.n 116] ,
[125] ) – ursprünglich neben dem Waffenstillstand – zur Vorausset-zung für die Bereitschaft zum Verzicht auf die Aufnahme Portugals in den Frieden er-hoben worden war.
fallen zu lassen
Ein königliches Memorandum vom 3. Mai 1647 (
[nr. 255] ) erteilte den Gesandten die Er-laubnis zur Hintanstellung dieses Punktes; sie sollten gegenüber den Mediatoren den Verzicht auf diese Forderung erklären, wenn eine zufriedenstellende Lösung anderer Sachfragen gefunden werde. Das Memorandum betonte, der König habe niemals beab-sichtigt, wegen dieser Sache den Krieg fortzusetzen.
,
[p. CLVI]
[scan. 156]
konnte daran nichts ändern
Zumal der Hof entgegen der Einschätzung durch die Gesandten ein Nachgeben der Spa-nier für wahrscheinlich hielt und daher das Beharren auf den Forderungen, besonders zu Portugal, verordnete, denn den Spaniern gehe es so schlecht, daß sie zum Nachgeben gezwungen seien und sogar die Drohung mit Erhöhen der Forderungen vielversprechend sei (vgl.
[nr. 267] und, zur persönlichen Einschätzung Mazarins,
[nr. 265] ). Longueville und d’Avaux entschlossen sich gleichwohl am 13. Mai 1647 zum Nachgeben und sahen beim Verzicht auf die Waffenstillstandsforderung Aussicht auf eine Lösung des Problems des Attestates der Mediatoren zur Unterstützung Portugals (vgl.
[nr. 271] ).
, als die Gesandten endlich Ende Mai hier-von Gebrauch machten. Am
27. Mai 1647 berichteten sie, auf Drängen der Mediatoren auf die Waffenstillstandsforderung für Portugal verzichtet zu haben, nachdem sie erstens ihr Einverständnis mit der Hintanstellung des Punktes und seiner nicht friedenverzögernden Wirkung bei Einigung über die anderen Fragen zur französischen Zufriedenheit bekundet und zweitens auf seine mögliche Entscheidung durch die Generalstaaten ver-wiesen hätten; sie beharrten aber im Gegenzug auf dem Einverständnis der Spanier mit einem schriftlichen Attestat zum französischen Assistenz-recht für Portugal sowie der Freilassung Eduards von Braganza bei Frie-densschluß; die Rechtsverbindlichkeit dieser Konzession wurde an die Ei-nigung über die anderen Vertragsartikel gekoppelt
Vgl.
[nr. 291] . Bis zum 25. Mai 1647 teilte Mazarin auch Nani die Bereitschaft zum Ab-schluß des Vertrages bei Lösung aller anderen Punkte zur Zufriedenheit Frankreichs mit, ohne auf der Waffenstillstandsforderung zu bestehen (vgl.
[nr. 286] ).
.
Inzwischen waren die Verhandlungen mit den Spaniern wegen der für sie erfolgversprechenden Phase der Belagerung Armentières’ faktisch aus-gesetzt worden, so daß das französische Angebot an die Mediatoren keine konkreten Verhandlungserfolge, geschweige denn Aussicht auf einen Frie-densschluß bewirkte
. Der Versuch, die Verhandlungen mit dieser Kon-zession wieder in Gang zu bringen, war gescheitert. Substantiell war seit Herbst 1646 wenig erreicht worden; am 10. Mai schrieben Longueville und d’Avaux an Servien, man sei über die Präliminarien noch nicht hin-ausgekommen
. Selbst Servien änderte seine Lagebeurteilung und be-tonte am 16. Mai die große Bedeutung eines zurückhaltenden Auftretens in den Verhandlungen in Münster wie in Den Haag; aufgrund der prospa-nischen Stimmung in den Niederlanden seien jetzt Mäßigung und Geduld dringend geboten
Vgl.
[nr. 275] . Mit diesem Rat setzte sich Servien in Widerspruch zu den königlichen An-weisungen, die spanische Furcht vor einer weiteren Erhöhung der französischen Forde-rungen zu schüren (vgl.
[nr.n 285] ,
[327] ). Diese waren jedoch nur rein verhandlungstakti-scher Natur, denn tatsächlich war sie nicht beabsichtigt (vgl.
[nr. 298] ).
, aber die Sicherstellung des Verbotes der Unterstüt-zung Herzog Karls IV. von Lothringen durch die Spanier sei dennoch
[p. CLVII]
[scan. 157]
dringend notwendig, denn diesbezüglich habe man noch keineswegs
Dies widerspricht eigenen früheren Darlegungen Serviens und ist ein Beispiel für die ge-legentliche Überzeichnung der Verhandlungsergebnisse mit Spanien in den französischen Korrespondenzen (vgl. z.B. nr. 23 mit Anm. 15).
Klarheit geschaffen
Vgl.
[nr. 275] . Die Spanier weigerten sich, Herzog Karl IV. von Lothringen ausdrücklich aus dem Assistenz-Artikel des Friedensvertrages mit Frankreich auszuschließen, worüber sich der Hof verwundert zeigte; man hielt dort ein Scheitern der Friedensverhandlungen an dieser Frage für unwahrscheinlich und glaubte, die Spanier würden den Herzog letzt-lich fallen lassen, ja dieser selbst resigniere bereits (vgl.
[nr. 327] ).
. Auch dieser Punkt galt als Element der Friedens-assekuration, deren Lösung französischerseits zwingende Voraussetzung für einen Friedensschluß war. Eine Einigung gelang aber auch in den kommenden Monaten nicht
Zu den drei Hauptpunkten, bei denen die französisch-spanischen Verhandlungen im Juni 1647 trotz intensiver Bemühungen der Mediatoren nicht weiterkamen, vgl. nr. 306. Nach ihren ausführlichen Konferenzen mit den Mediatoren urteilten die französischen Ge-sandten, die spanische Unnachgiebigkeit sei ein Anzeichen für die grundsätzlich fehlende Bereitschaft zum Frieden (vgl.
[ebd.] und
[nr. 308] ). Die notwendigen Bestimmungen zur Friedenssicherung wurden von d’Avaux gegen alle Einwände der Spanier verteidigt (vgl.
[nr. 307] ).
, obwohl man am französischen Hof Anfang Juni schon spanische Kuriere mit der Anweisung zum Friedensschluß auf dem Weg nach Münster wähnte
Vgl.
[nr. 298] . Gleichzeitig zeigte man sich verwundert über das Ausbleiben des Friedens-schlusses mit Spanien und erneuerte die Vollmacht zum völligen Nachgeben in zwei der spanischen
Puncta reservata (Waffenstillstand für Portugal, Lüttich). Man schloß, die Kälte der Spanier sei durch ihre militärischen Hoffnungen bedingt, und bat die Gesand-ten um Mitteilung eventueller weiterer anzuratender Konzessionen. Ausgenommen wurde die Erlaubnis zur Unterstützung Portugals, die man als prinzipiell zugestanden betrachtete und die nur noch in ihrer Form der Regelung bedürfe; zwischen einem Atte-stat der Mediatoren und einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde sah Brienne keinen wesentlichen rechtlichen Unterschied (vgl.
[nr. 299] ). Die französischen Gesandten verneinten daraufhin die Frage nach der Möglichkeit der Beförderung des Friedens durch größere französische Nachgiebigkeit, sowohl im Hinblick auf das Reich als auch besonders auf Spanien, denn es sei prinzipiell keine spanische Bereitschaft zum Friedensschluß erkennbar; sich unnachgiebiger zu zeigen als zuvor, schien ihnen deshalb das probateste Mittel zum Erfolg (vgl.
[nr. 320] ). Brienne zeigte sich mit ihrer generellen Antwort jedoch nicht zufrieden und hielt am 22. Juni eine kritische Selbstreflexion über die französischen Forderungen für angezeigt, um diese nach der Prüfung entweder zu mäßigen oder besser rechtfertigen zu können (vgl. nr. 338).
, denn entgegen diesen Erwartungen, die sich nicht mit den Berichten der französischen Gesandten vom Kon-greß
Vgl. z.B.
[nr.n 305] ,
[313] . Der Eindruck der französischen Gesandten wurde auch von den schwedischen geteilt (vgl. z.B.
APW
[II C 3 nr. 236] , hier
[443 z. 30] ) und von Meinerswijk in den Niederlanden verbreitet (vgl.
[nr. 335] ). Aus dem Rahmen fällt ein in Schweden kolportiertes Gerücht über den angeblichen Abschluß des französisch-spanischen Frie-dens; vgl. Chanut an Saint-Romain, [Stockholm] 1647 Mai 11; Kopie (nicht zeitgenös-sisch):
AE
,
CP
Suède 12 fol. 132–134’.
deckten
Mazarin lavierte in jenen Tagen zwischen dem Glauben an baldiges Einlenken Peñar-andas und Zweifel am Frieden und konnte dessen Ausbleiben sowie das Verhalten der Generalstaaten nicht nachvollziehen (vgl.
[nr. 302] ). Er zeigte sich mit d’Avaux bezüglich der fehlenden Bereitschaft der Spanier zu baldigem Friedensschluß mit Frankreich einig, aber Uneinigkeit bestand zwischen ihnen über die Anzeichen für deren Fehlen (vgl.
[nr. 301] ). Das Unverständnis des Hofes angesichts des Ausbleibens des Friedensschlusses mit Spanien gründete sich auf die offenkundige spanische Bereitschaft, sich in den meisten Punkten einem Schiedsspruch der Generalstaaten zu unterwerfen, und der von Frank-reich signalisierten Nachgiebigkeit in den übrigen Punkten (Waffenstillstand für Portu-gal, Lüttich) (vgl.
[nr. 315] ). Doch diese Argumentation war widersprüchlich, denn erstens machten die Franzosen ihrerseits Ausnahmen vom Schiedsgericht, die die Spanier nicht zugestehen wollten, und zweitens ging man davon aus, die Generalstaaten würden nicht als neutrale Schiedsrichter, sondern wie französische Verbündete urteilen, mißtraute ih-nen aber gleichzeitig und bemerkte, zwischen den Spaniern und den Generalstaaten wachse eine immer größere Freundschaft (vgl.
[nr. 315] ).
, sollte erst im September 1647 vorübergehend wieder
[p. CLVIII]
[scan. 158]
Bewegung in die französisch-spanischen Verhandlungen kommen
. Auch seitens der Generalstaaten erhoben sich Schwierigkeiten; Servien mut-maßte, das gewünschte Attestat zum Beistand für Portugal, das man nicht nur von den Mediatoren, sondern auch von den niederländischen Gesand-ten ausstellen lassen wollte, sei wahrscheinlich von letzteren nicht zu er-halten, denn die Generalstaaten fürchteten, möglicherweise ihrerseits ei-nen Krieg gegen Portugal führen und dann selbst gegen französische Hilfstruppen kämpfen zu müssen
Vgl.
[nr. 310] . Servien befürchtete des weiteren sogar mögliche Geheimverhandlungen über einen spanisch-portugiesischen Separatfrieden als Grund für die spanische Wider-spenstigkeit bei den allgemeinen Friedensverhandlungen (vgl.
[ebd.] ).
. Die Sicherung des französischen Assi-stenzrechtes war, wie gesagt, für die Franzosen ein zentrales Element der Friedenssicherung. Die Verhandlungen hierüber konnten nach einem Me-morandum Ludwigs XIV. vom 15. Juni 1647
auf der Grundlage einer positiven Einschätzung der politisch-militärischen Gesamtlage für Frank-reich geführt werden. Doch in Münster wurde zu dieser Zeit zwischen Frankreich und Spanien fast gar nicht mehr verhandelt, nicht zuletzt we-gen der Abwesenheit der gesamten niederländischen Gesandtschaft
; hingegen war weiteres spanisches Entgegenkommen gegenüber den Gene-ralstaaten (Gewährung freien Zugangs zu den spanischen Häfen) zu kon-statieren, die spanische Hoffnung auf eine Separation der Verbündeten Frankreichs erschien selbst Longueville nicht unbegründet
, und Servien kolportierte das Gerücht, der spanisch-niederländische Separatfrieden werde von den Schweden befürwortet, ein Gerücht, dem er offenbar Glauben schenkte
; jedenfalls fühlten sich die französischen Gesandten in Münster von den Schweden mit Macht zum Frieden gedrängt
, am 24. Juni berichteten sie sogar, der gesamte Kongreß dränge sie in der As-sistenzfrage zu Kompromissen
. Die französische Diplomatie im Reich und in den Niederlanden machte (ebenso wie das Militär) in der Praxis
[p. CLIX]
[scan. 159]
Erfahrungen, die mit den positiven Generalbeurteilungen kontrastierten, die vom Hof zu erhalten waren.
Als Hindernisse erwiesen sich in den Verhandlungen neben der Assistenz-frage aber gerade die Punkte, die Frankreich als zur Assekuration gehö-rend betrachtete, Spanien hingegen (zumindest wie die Franzosen ver-muteten) kategorisch von jeglichen Verhandlungen ausschloß, um einen dauerhaften Frieden zu vermeiden. Die Restitution der Lütticher Enkla-ven war Frankreich (im Gegensatz zur Assistenz) dabei bereit aufzuge-ben. Aber auf diese Forderung zumindest vorläufig nicht zu verzichten, war für Frankreich deshalb wichtig, weil die Generalstaaten nach eigenem Bekunden im davon betroffenen geographischen Raum zur Garantie der Friedensbestimmungen verpflichtet waren und ihre Garantie wiederum der Sicherung des Friedens dienen sollte. Hierbei nicht nachzugeben, bis das Garantieabkommen unter Dach und Fach war, gebot sich daher zwin-gend. Diese Zusammenhänge zeigen aber auch, daß die Spanier vermut-lich nicht schlecht damit beraten waren, ihre attentistische Politik bis zum Ausgang der Verhandlungen Serviens in Den Haag
fortzusetzen. Dies schienen sie solange ohne Gefahr tun zu können, als ein Friedensschluß im Reich nicht unmittelbar bevorstand; und hier traten im Mai und Juni 1647 in der Tat Probleme auf, mit denen die Franzosen nicht gerechnet hatten.
X. Trauttmansdorff und die französische Kongreßpolitik im Mai/Juni 1647
In Münster erhofften sich die Franzosen von Trauttmansdorff in erster Linie Einflußnahme auf die spanische Kongreßpolitik in ihrem Sinne; doch Trauttmansdorff hatte auf die Spanier nur einen begrenzten Einfluß, abge-sehen von der Tatsache, daß er in Münster aufgrund der Verhandlungsfüh-rung über die Mediatoren generell weniger direkt auf die Verhandlungspar-teien einwirken konnte als in Osnabrück, wo ihm das unter anderen struk-turellen Voraussetzungen vor allem gegenüber den Reichsständen gelang
Vgl.
Repgen,
Trauttmansdorff.
. Aber statt der erwarteten Hilfe gegenüber Spanien zeigten sich in den kaiserlich-französischen Verhandlungen, die seit den September-Artikeln 1646 weitgehend geruht hatten, unerwartete
Obwohl sich mögliche Schwierigkeiten bei den französisch-kaiserlichen Verhandlungen schon im Februar 1647 angedeutet hatten (vgl.
[nr. 134] ).
Probleme. Dabei war den Franzosen selbstverständlich bewußt, daß man 1646 mit den Kaiserlichen nur ein befristetes
Auf die Befristung bis Ende September 1646 wies d’Avaux Trauttmansdorff im Februar 1647 noch einmal ausdrücklich hin (vgl.
[nr. 143 bei Anm. 14] ).
Agreement, keinen rechtlich verbindlichen Vorver-trag geschlossen hatte
Vgl.
Repgen,
Satisfaktionsartikel.
. Dennoch glaubte man, die französische Satisfak-
[p. CLX]
[scan. 160]
tion im Reich gewissermaßen unter Dach und Fach zu haben
Am 14. Dezember 1646 wurde sie als adjustée
bezeichnet (vgl.
[nr. 25] ), ähnlich am 22. Februar 1647 (vgl.
[nr. 138] ). Sinngemäß äußerte sich auch Servien am 19. Februar 1647 (vgl.
[nr. 133] , wo es heißt:
quoyque la France n’ayt plus rien à prétendre de l’Empereur ny de l’Empire).
Am 5. März 1647 betonte er hingegen, man habe sich ausdrücklich vor-behalten, die französischen Satisfaktionsforderungen gegenüber den September-Artikeln zu erhöhen (vgl.
[nr. 161] ); am 22. April 1647 sprach er wiederum davon, die französischen Satisfaktionsansprüche seien
accordez il y a longtems
(vgl.
[nr. 238] ).
– zumin-dest in den wesentlichen Punkten, denn daß in Details Nachverhandlun-gen kommen würden, zweifelte man nicht an. Daher arbeitete auch d’Avaux im Februar 1647 darauf hin, die Möglichkeit zu weiteren fran-zösischen Forderungen an die Kaiserlichen offenzuhalten
Vgl.
[nr. 143] . Ins Auge gefaßt wurde z.B. der Erwerb der Dekapolis, über die man bisher nur einige Protektionsrechte erhalten hatte (vgl.
[ebd.] ). Frankreich erwog also, die Zessio-nen im Elsaß ausgehend von dem bei den September-Artikeln Erreichten auszudehnen und dabei die damals zugesprochenen Einzelrechte und verstreuten Territorien in eine geschlossene Gebietsherrschaft umzuwandeln (vgl.
[nr. 166] ). Auch wurde die Notwendig-keit Lothringens zur Sicherung der französischen Eroberungen im Reich betont (vgl.
[nr. 77] ).
. Bisweilen konträre Aussagen über die Verbindlichkeit der September-Artikel sind aus dem jeweiligen Verhandlungs- respektive Gesprächskontext heraus zu verstehen, denn selbstverständlich versuchten beide Seiten, den Gegner auf das in den September-Artikeln Zugestandene festzunageln
So ist zu verstehen, daß Lamberg und Krane sie am 17. Februar 1647 gegenüber d’Avaux als
verbindtliche[n] schluß bezeichneten; vgl. das Protokoll Kranes, [Osnabrück] 1647 Februar 17 (Druck:
APW
[II A 5 Beilage 3 zu nr. 262] , hier
[524 z. 28] ). Ebenso, daß d’Avaux eine Parallele zwischen den kaiserlich-französischen Satisfaktionsartikeln und dem (unbefristeten und aufgrund der Paraphierung durch die Gesandtschaftssekretäre rechtsverbindlichen) kaiserlich-schwedischen Satisfaktionsabkommen zog (vgl.
[nr. 237] ).
. Eine ge-wisse Rechtsunsicherheit bestand dagegen tatsächlich am französischen Hof, der daher Rat von den Gesandten einholte. Am 10. Mai warf ein königliches Memorandum
erneut die Frage auf, ob Frankreich die elsäs-sischen Besitzungen nicht doch zu Reichslehen nehmen solle. Anlaß dafür war zum einen die Forderung Oxenstiernas, Frankreich solle sich aus den Gravaminaverhandlungen heraushalten, weil es kein Reichsstand sei, zum anderen ein kurbayerischer Vorschlag, der erneut Erwägungen über ein mögliches zukünftiges französisches Kaisertum in Gang brachte. Die Ge-sandten wurden erneut um eine Stellungnahme zur Sache sowie um Auf-klärung über die noch oder nicht mehr bestehende rechtliche Möglichkeit einer Lehnsnahme des Elsaß gebeten
. D’Avaux und Longueville wiesen auf den zu erwartenden scharfen Widerstand des Kaisers hin; man hielt eine solche Option zwar offenbar grundsätzlich noch für möglich und glaubte an ihre Befürwortung durch die Reichsstände, zog aber die Zu-stimmung Schwedens in Zweifel und erwartete in jedem Fall Präzedenz-
[p. CLXI]
[scan. 161]
streitigkeiten mit ihnen auf dem Reichstag
. Gegenüber Servien bekun-deten d’Avaux und Longueville, Widerstand gegen kaiserliche Ände-rungswünsche an den Zessionsbestimmungen leisten zu wollen; es sei aber schwierig, daran selbst etwas zugunsten Frankreichs hinzuzufügen oder zu ändern
. Die September-Artikel waren also kein verbindlicher Rechtsakt, sie erwiesen sich jedoch in der Praxis als Plattform der Verstän-digung, auf die den Gegner zu verpflichten einfacher erschien, als selbst von ihr abzuweichen
Vgl. auch Longueville und d’Avaux an Brienne in
[nr. 344] :
il n’est pas facille de changer les choses une fois arrestées.
. Vermutlich ist es deshalb im wesentlichen bei ih-ren Bestimmungen geblieben. Der Hof wies am 1. Juni darauf hin, daß Frankreich trotz militärischer Erfolge an den September-Artikeln festhal-ten wolle
.
Der Wille dazu bestand auch bei den Zessionsbestimmungen betreffend Metz, Toul und Verdun, wo jedoch auf kaiserlicher und französischer Seite unterschiedliche Rechtsauffassungen über den Umfang des durch den Text der September-Artikel Zedierten bestanden
; die französischen Gesandten hatten im September 1646 in ihrem Kommentar
zu den Sa-tisfaktionsartikeln dem Hof zwar mitgeteilt, die Sache sei zugunsten Frankreichs entschieden, tatsächlich bestand hier aber durchaus noch Klä-rungsbedarf. Longueville und d’Avaux holten zum kaiserlichen Textvor-schlag
Serviens Stellungnahme ein. Dieser wies den Zusatz
temporales hinter
districtus, der die Zession auf die Stifte beschränkte, zurück und konsultierte zur Begründung auch einen niederländischen Juristen
. Er riet nachdrücklich dazu, auf der uneingeschränkten Zession aller Rechte des Kaisers und des Reiches in den Diözesen und ihrem gesamten geist-lichen und weltlichen Herrschaftsgebiet zu insistieren
. Der Hof
Namentlich Mazarin (vgl.
[nr. 330] ), nicht aber Brienne, der die kaiserliche Interpretation der Zessionsbestimmungen für richtig hielt und urteilte, daß aufgrund der
jurisdiction spirituelle des Bischofs demjenigen, dem die
évêché zediert werde, nicht das
droict sou-verain zuteil werde und damit auch nicht die Herrschaft über die (lehnsrechtlich) abhän-gigen Gebiete (vgl.
[nr. 328] ).
teilte Serviens Einschätzung und wies Longueville und d’Avaux zur Sicherung dieser Rechte für Frankreich an
.
Ausgehend von den September-Artikeln wurde also über die französische Satisfaktion verhandelt. Das zweite beherrschende Thema im Mai/Juni 1647 war die französische Forderung nach dem Verbot kaiserlicher Assi-
[p. CLXII]
[scan. 162]
stenz für Spanien nach dem Friedensschluß im Reich. Daß dessen Durch-setzung nicht einfach werden würde, deutete sich spätestens seit Januar 1647 an
Zumindest in der Eigenschaft des Kaisers als Erzherzog von Österreich lehnte Trautt-mansdorff dies ab; vgl. d’Avaux an Longueville, Osnabrück 1647 Januar 29 (s.
[Anm. 3 zu nr. 86] ).
. Trauttmansdorff zeigte sich im Juni 1647 in dieser Frage völlig unzugänglich, und selbst bei den Schweden fanden die Franzosen keine Unterstützung in diesem für wesentlich erachteten Punkt der Friedens-assekuration, die im Einvernehmen mit den Verbündeten von Anbeginn der Verhandlungen an öffentlich gefordert worden sei
. In verschiedenen Konferenzen fühlten sich die Franzosen nicht nur dem Drängen der Kai-serlichen, sondern auch dem der Mediatoren und der Schweden auf fran-zösische Zustimmung zum Friedensschluß im Reich ausgesetzt; diese for-derten auch, Frankreich solle dem Kaiser in seiner Eigenschaft als Landes-herr die Beistandsleistung für Spanien zugestehen
. Der schwedische Re-sident Rosenhane tat nicht nur offen kund, daß er das Assistenzverbot nicht befürworte, sondern auch, daß er es nicht für sinnvoll halte, den Frieden mit dem Kaiser wegen der französisch-spanischen Verhandlungen aufzuhalten
. Nach Salvius stand jedoch die Unterstützung der französi-schen Forderung nach dem Assistenzverbot seitens der Reichsstände im Falle einer Lehensnahme des Elsaß zu erwarten
. Servien hielt seine Ge-sandtschaftskollegen aus Den Haag dazu an, gegenüber den schwedischen und deutschen Alliierten auf den Bestimmungen der Bündnisverträge zur Friedensassekuration zu bestehen, um ihre Unterstützung zu erlangen, und ihnen die weiterhin bestehende vertragliche Verpflichtung zur Krieg-führung an der Seite Frankreichs in den kaiserlichen Erblanden vorzustel-len; lediglich die Beschränkung des Verbots auf den gegenwärtigen Krieg wollte er zugestehen
. Die Bemühungen der französischen Gesandten in dieser Angelegenheit blieben jedoch im Juni 1647 erfolglos.
Mit der Präsentation des Trauttmansdorffschen Projektes für den Frie-densvertrag mit Frankreich geriet wieder die Gesamtheit der Verhand-lungsgegenstände in den Blick, und es wurde deutlich, daß noch zahlreiche andere Punkte der Klärung bedurften. Die französischen Gesandten schickten die beiden Dokumente (mit respektive ohne Nennung des Pap-stes), die am 11. bzw. 12. Juni 1647 von den Kaiserlichen herausgegeben worden waren und die sie am 14. Juni von den Mediatoren erhalten hat-ten, erst am 24. Juni 1647 an den Hof
, weil die umfangreichen Schrift-sätze bis zum Abgang der Post vom 17. (angeblich) nicht mehr kopiert
[p. CLXIII]
[scan. 163]
werden konnten
. Sie legten in ihrem Memorandum vom 17. Juni 1647
jedoch schon vorab ihre scharfe Kritik am
Instrumentum Pacis Monasteriense Trauttmansdorffianum (IPM/T) dar, denn es enthalte Be-stimmungen, die Frankreich nicht konzediert habe
Longueville hielt es für ein Zeugnis der Geringschätzung Trauttmansdorffs für Frank-reich (vgl.
[nr. 333] ).
. Man beabsichtigte, in der französischen Replik, an der man bereits arbeitete
Zur Arbeit am IPM/F, für die man bewußt auf die September-Artikel von 1646 zurück-griff, vgl.
[nr.n 332] ,
[345] . Es wurden zwei Fassungen ausgearbeitet: IPM/F-I, ohne Nen-nung des Papstes, [1647 Juli 19]; Druck (separat, s.l., datiert 1647):
AE
,
CP
All. 88 fol. 569–582’ (mit handschriftlichen kaiserlichen Notationes [unvollständig] am Rande);
Mei-ern
V, 141–161 – IPM/F-II, mit Nennung des Papstes, [1647 Juli 20]; vgl. das Memoran-dum Longuevilles und d’Avaux’ [für Ludwig XIV.], Münster 1647 Juli 19; Ausfertigung:
Ass.
Nat. 278 fol. 165–170; Duplikat [für Mazarin]:
AE
,
CP
All. 84 fol. 226–231; Kopie:
AE
,
CP
All. 101 fol. 141–147’; Druck:
NS IV, 133ff.
, die königli-chen Rechte in den Zessionsbestimmungen möglichst zu erweitern, ohne aber grundsätzlich neue Forderungen zu erheben
. Diese Absicht zeigt jedoch, daß das IPM/T eigentlich keine so schlechte Verhandlungsgrund-lage bot, wie die Franzosen darzulegen versuchten. Und wenn sie behaup-teten, es gebe eine
quantité de choses à réformer dans ce project
, dann bedeutete dies zwar viel Arbeit, aber es machte doch immerhin deutlich, daß Trauttmansdorff (aller notwendigen Nachbesserungen zum Trotz) ei-nen Text vorgelegt hatte, über den man weiter verhandeln konnte
Deshalb wurde er auch Grundlage des kaiserlich-französischen Vorvertrages vom 11. und 14. November 1647 und des Friedensvertrages mit Frankreich vom 24. Oktober 1648, den Trauttmansdorff in der Zeremonialsprache seiner Zeit als sein Werk aner-kannte (
Repgen, Trauttmansdorff).
– was von seiten Spaniens nicht der Fall gewesen war.
Mit dem
Trauttmansdorffianum erwies sich jedoch, daß Mazarin die Lage des Kaisers insgesamt zu negativ bewertet und daher die kaiserliche Politik falsch eingeschätzt hatte; noch am 12. April 1647 hatte er d’Avaux gegenüber mit Blick auf die schwedischen und protestantischen Wünsche geäußert, am Frieden mit dem Kaiser bestehe kein Zweifel
Vgl.
[nr. 218] :
la paix de l’Empire est indubitable.
, weil Trauttmansdorff letztlich absolut allen Forderungen zustimmen werde, denn er wisse, der einzige Weg, den Ruin des Kaisers zu verhindern, sei, um jeden Preis den Frieden zu schließen. Mazarin glaubte, die Kaiserli-chen würden am Ende sogar die Gewissensfreiheit
(liberté de conscience) in den Erblanden anerkennen. Mazarin rechnete daher fest mit einem baldigen, alle Seiten zufriedenstellenden Abschluß der Verhandlungen in
[p. CLXIV]
[scan. 164]
Osnabrück
Mazarin schrieb am 21. Mai 1647 an den Herzog von Orléans: Les lettres de Munster viennent tout presentement d’arriver, et, à ce que j’ay peu voir en gros, avant qu’elles soient entierement deschiffrés, je crois pouvoir asseurer, cette fois-cy, Vostre Altesse Royale de la conclusion de la paix d’Allemagne
(Druck:
Mazarin,
Lettres II, 429–435, hier 431). Er glaubte, Trauttmansdorff werde nach dem Eintreffen der schwedischen Ge-sandten in Münster innerhalb weniger Tage mit ihnen abschließen (vgl.
ebd.,
431f). Daß noch wichtige Punkte zwischen dem Kaiser und Frankreich zu regeln waren, sah er of-fenbar nicht: Der Reichsfriede hing aus seiner Sicht nur vom Nachgeben Schwedens ab.
; sollte dieser allerdings ausbleiben, bemerkte er, so werde man davon ausgehen müssen, daß es überhaupt nicht zu einem Friedens-schluß komme, aber das sei sehr unwahrscheinlich
. Gerade in der Auto-nomiefrage wiesen jedoch die Mediatoren Ende Mai darauf hin, daß ein Nachgeben Trauttmansdorffs unmöglich sei, und berichteten von seinen Abreiseplänen
.
Mit dem
Trauttmansdorffianum schloß die Politik Trauttmansdorffs auf dem Westfälischen Friedenskongreß im wesentlichen ab
Trauttmansdorff verließ den Kongreß am 16. Juli 1647, au grand déplaisir de tous les esprits pacifiques
(
Ogier,
190).
, und diese Tat-sache bedeutete für die französische Kongreßdiplomatie einen ebenso gro-ßen Einschnitt wie sein Kommen als
alter ego des Kaisers
, das man in Frankreich als kaiserlicherseits gewollte politische Zäsur der Friedensver-handlungen interpretiert hatte
Der Band II B 2 der französischen Korrespondenzen endet daher mit der daraufhin aus-gegebenen französischen Zusatzinstruktion für die französischen Gesandten vom 23. No-vember 1645 (Druck:
ebd.
[nr. 267] ). Zur Begründung der entsprechenden Bandeinteilung in den kaiserlichen Korrespondenzen vgl.
APW
[II A 3, XXVI] .
. Sie war als Friedenssignal empfunden worden und hatte große Hoffnungen auf einen baldigen Vertragsschluß geweckt
Vgl. z.B. die französische Zusatzinstruktion (Druck:
APW
[II B 2 nr. 267] , hier
[873 z. 2ff] ): Nach der Präambel gehörte die Anreise Trauttmansdorffs zu den verbesserten Rahmen-bedingungen für die Kongreßverhandlungen, die den Zusatz zur Hauptinstruktion be-gründeten; vgl. auch Servien an Lionne, Münster 1645 Oktober 21 (Druck:
ebd.
[nr. 244] , hier
[776 z. 36 – 777 z. 3] ); ders. an dens., Münster 1645 November 11 (Druck:
ebd.
[nr. 260] , hier
[839 z. 29f] ): Mit dem Eintreffen Trauttmansdorffs und der niederländischen Gesandten werde der Kongreß nach allgemeiner Auffassung in seine entscheidende Phase
(crise) treten.
APW
[II B 2 nr. 246] kann hingegen nicht als Quelle für die Hoffnungen auf Trauttmansdorffs Abneigung gegen Spanien herangezogen werden, denn entgegen dem Inhaltsregest (
[ebd., 785 z. 1f] ) ist im Schreiben selbst (
[ebd. z. 23–43] ) nur die Rede von dieser Abneigung beim Kurfürsten von Bayern. Es wurde allerdings auch gemut-maßt, die Mission auf dem Westfälischen Friedenskongreß könne als Ausdruck des Machtverlusts Trauttmansdorffs interpretiert werden (so Longueville an Mazarin, Mün-ster 1645 November 11, Druck:
APW
[II B 2 nr. 259] , hier
[838 z. 8ff] [in
[z. 9] lies
marque statt
manque]). Vgl. auch
Tischer, 239.
.
[p. CLXV]
[scan. 165]
Die Abreise Trauttmansdorffs
Zur letzten Zeit Trauttmansdorffs auf dem Westfälischen Friedenskongreß vgl.
Auer, 167f;
Repgen, Trauttmansdorff.
wirkte in dem Augenblick, in dem man den Frieden mit dem Kaiser für greifbar nahe hielt
Noch am 10. Juni 1647 berichteten Longueville und d’Avaux aus Münster (obwohl sie zu dieser Zeit bereits
de grandz inconvéniens de tous costez auf sich zukommen sahen), die in den Verhandlungen zum Frieden im Reich verbleibenden Punkte seien lösbar, und hielten es gar für schwierig, den Frieden im Reich bis zu einem vertragsreifen Stand der Verhandlungen mit Spanien aufzuhalten (vgl.
[nr. 320] ). Der Glaube an einen baldigen Abschluß im Reich bestand in unserem Editionszeitraum v.a. in den beiden ersten Wo-chen nach Abschluß der schwedischen Satisfaktion, dann wieder nach dem Zustandekom-men des Ulmer Waffenstillstandes und schließich Ende Mai/Anfang Juni. Daran wurden auch über das Reich hinausgehende Hoffnungen geknüpft. Ein Schreiben Ludwigs XIV. vom 1. März 1647 (
[nr. 153] ) ging z.B. von einem baldigen Friedensschluß im Reich aus, der auch Niederländer und Spanier zum Einlenken veranlassen werde; am 15. März glaubte Mazarin
qu’on va fondre la cloche (vgl.
[nr. 181] ).
, auf Mazarin wie ein Schock; er hatte bis zuletzt gehofft, Trauttmansdorff werde am Ende doch bleiben
Er glaubte nicht, daß Trauttmansdorff sich tatsächlich vom Kongreß zurückziehen wer-de, und sah in seiner Abreisedrohung eher ein geeignetes Mittel, die Schweden zum Nachgeben zu zwingen; allerdings hätten die Spanier ein begründetes Interesse an seiner Abreise, denn mit seinen Kollegen würden sie leichteres Spiel haben und sie nach ihrem Willen lenken (vgl.
[nr. 315] ).
.
Chéruel hat die große allgemeine Krise, in die die fran-zösische Politik im Sommer 1647
Zur schlechten diplomatischen und militärischen Lage im Frühjahr 1647 vgl.
Sonnino, 229f, 232.
durch diese enttäuschte Hoffnung auf Ausgleich mit dem Kaiser und durch den Mißerfolg Serviens in Den Haag geriet, der auch die weiteren Verhandlungen mit Spanien unter negative Vorzeichen stellte, in lebhaften Farben dramatisch geschildert
Vgl.
Chéruel, Minorité II, 465–469; sachlich ist die Darstellung jedoch z.T. fehlerhaft.
. Dabei hat er unter anderem die Relationen des venezianischen Botschafters Nani benutzt, der Mazarin als
scolorito nel viso, et imbiancato nel capo beschrieb
. Mazarin selbst urteilte, das Jahr 1647 stehe unter einer schlechten Konstellation
.
XI. Zusammenfassung: Universalfriede oder Partikularfriedensschlüsse?
Die Verhandlungen auf dem Westfälischen Friedenskongreß im Editions-zeitraum scheinen durch den Titel
Krise und Neubeginn, den Fritz
Dick-mann dem 14. Kapitel seines Werkes über den Westfälischen Frieden gab und in dem ein Großteil dieser Ereignisse und Entwicklungen dargestellt werden, treffend charakterisiert. Diese Einteilung orientiert sich in erster Linie an der kaiserlichen Politik und der allgemeinen Lage am Kongreß. Für die französische Politik hingegen sind Anfang und (vorläufiges) Ende der Krise zeitlich etwas anders zu begrenzen.
[p. CLXVI]
[scan. 166]
Ihre Krise lag vornehmlich in den divergierenden Interessen der französi-schen Bundesgenossen begründet. Dadurch ergab sich eine seltsame Kon-stellation: Die Interessen Spaniens konvergierten in vielem mit denen der Generalstaaten; so verhielt es sich auch (jedenfalls in französischer Sicht) mit Frankreich und dem Kaiser. Man war sich seit September 1646 in puncto französische Satisfaktion im wesentlichen einig und hatte vor allem ein gemeinsames aktuelles Ziel: einen raschen Frieden. Dazu aber hätten die Schweden und die Protestanten zur Vernunft gebracht und ihre künf-tige Vorherrschaft im Reich verhindert werden müssen. Man sah in Paris deutlich, daß man mit Ausnahme einiger Stände (Hessen-Kassel, Kurbay-ern) nur in Trauttmansdorff auf dem Kongreß eine Stütze fand.
In dieser Situation markierte das IPM/T aus französischer Sicht eine Krisis der Verhandlungen
Longueville erwartete in Kürze Klarheit über den weiteren Gang der Dinge und schob daher seine Entscheidung über den Verbleib am Kongreß auf (vgl.
[nr. 333] ). D’Avaux verwies am 24. Juni 1647 auf schwebende Streitfragen, die einen baldigen Abschluß un-wahrscheinlich machten, urteilte aber gleichzeitig optimistisch über den möglichen Reichsfrieden, denn jeder sei dazu bereit (vgl.
[nr. 346] ) – und eben diese Bereitschaft war es, die in den französisch-spanischen Verhandlungen fehlte.
. Diese erwies sich im nachhinein aber als Neuanfang: Neuanfang der Auseinandersetzung um zentrale Inhalte und Begriffe des Friedensvertrages mit dem Kaiser, der erst durch den Vorvertrag vom 11. und 14. November 1647
wieder vorangebracht wurde. Die Geschichte die-ser Einigung wird im kommenden sechsten Band unserer Reihe dokumen-tiert werden. Daß nicht ein von den Franzosen ausgehändigter Vertragsent-wurf das Ende des vorliegenden Bandes der französischen Korrespondenzen bildet, sondern ein kaiserlicher, entspricht der Lage der französischen Diplo-matie, der das Heft weitgehend aus der Hand entglitten war und der es nur noch darum gehen konnte, die Bündnispartner, an deren Zuverlässigkeit er-hebliche Zweifel bestanden, nicht vollends zu verlieren
Brienne zeigte sich im Februar 1647 bezüglich der Aufrichtigkeit des von den Gesandten berichteten schwedischen (und spanischen) Friedenswillens sowie bezüglich des künftigen Verhaltens der Niederländer sehr skeptisch (vgl.
[nr. 139] ).
. War Frankreich ohne zuverlässigen Bundesgenossen unter den Großmächten, so offenbarte sich auch, daß die Gemeinsamkeit der Interessen mit den Kaiserlichen durch-aus begrenzt war
Auch in der Politik gegenüber den Reichsständen (vgl.
[nr. 303] ).
; aber die Probleme, die sich einer Einigung hier noch ent-gegenstellten, schätzte man – irrig – als relativ leicht überwindbar ein.
Anders verhielt es sich mit Spanien, und die Frage nach dem Warum be-schäftigte angesichts der scheinbaren Geringfügigkeit der noch offenen Probleme schon die Zeitgenossen: Und nicht alle Protagonisten wußten darauf eine schlüssige Antwort
Dies gestand namentlich ein königliches Memorandum für die französischen Gesandten vom 1. Juni 1647 (
[nr. 298] ) ein; das Memorandum spiegelt die Meinung Mazarins wider, der den Inhalt der königlichen Schreiben maßgeblich bestimmte, indem er ihre Konzipie-rung leitete.
. Nach Servien war die Abkehr der Spa-
[p. CLXVII]
[scan. 167]
nier von einem Universalfrieden nach französischem Muster
Der Begriff „Universalfriede“
(paix universelle) wird selbstverständlich in den französi-schen Korrespondenzen immer mit französischen Vorzeichen versehen, d.h. es handelt sich um einen Universalfrieden zu französischen Bedingungen.
durch ihre Hoffnung auf einen Separatfrieden mit den Generalstaaten begründet; er machte für diese Entwicklung Contarini mit verantwortlich und bedau-erte den Ersatz des „allgemeinen Friedens“ durch die Suche nach Sonder-wegen
.
Im Juni 1647 war, nach den französischen Depeschen zu urteilen, die Zeit der kritischen Rückschau und des Ausblicks gekommen. So blickte ein kö-nigliches Memorandum vom 22. Juni 1647
auf die Verhandlungen seit Herbst 1646 zurück und schätzte die vermutliche künftige Entwicklung ein: Danach waren die Kaiserlichen und nicht die Franzosen für das Nach-geben in den Religionsrechtsfragen verantwortlich
Dies gelte insbesondere für Trauttmansdorffs Nachgiebigkeit beim Hochstift Osnabrück.
. Dennoch blieb man hinsichtlich der Möglichkeit eines baldigen Friedensschlusses skeptisch, ob-wohl anscheinend nur wenige Punkte für das Reich offen seien; die zu er-wartenden außerordentlich hohen Forderungen zur schwedischen Militär-satisfaktion seien ein bedeutendes Hindernis auf dem Weg hierzu.
Dessenungeachtet gab man das Grundkonzept nicht preis: Die Verträge mit dem Kaiser und mit Spanien sollten möglichst pari passu, aber ohne formel-les Junktim, verhandelt werden. Die militärische Stärke Spaniens wurde auch bei alleinigem Friedensschluß mit dem Kaiser zumindest für den lau-fenden Feldzug 1647 und den kommenden Winter als nicht besorgniserre-gend eingestuft. Dabei glaubte man jedoch im Falle des Friedens im Reich und der Weigerung Spaniens zum Beitritt an den Schulterschluß der Gene-ralstaaten mit Frankreich, und daß diese den Krieg an seiner Seite ebenso kraftvoll wie in der Vergangenheit weiterführen würden. In Portugal sah man kein entscheidendes Hindernis für den Frieden, sondern eher in Spa-niens Willen zur Fortsetzung des Krieges. Mazarin hielt es im übrigen nicht für ein Unglück, in Katalonien mit Spanien im Krieg zu bleiben
.
Obgleich Servien im Ausscheiden eines Verbündeten aus der französischen Allianz die einzige Gefahr sah, den Krieg zu verlieren
, und Mazarin erhebliche (innen- wie außenpolitische) Gründe hatte, einen raschen Frie-densschluß zu wünschen
Catalano, 109 Anm. 5;
Mazarin, Lettres II, 293, 307f, 374. Zu innenpolitischen Pro-blemen vgl. auch
[nr. 138] und (zur landesverräterischen Kontaktaufnahme eines franzö-sischen Edelmannes mit den Spaniern und Befürchtungen, die spanische Unnachgiebig-keit gegenüber Frankreich sei durch die Hoffnung auf innenpolitische Probleme begrün-det)
[nr.n 319] ,
[337] .
, blieben der Prinzipalminister und sein ge-treuester Kongreßdiplomat bei zwei Prinzipien, die Grundlagen der ge-
[p. CLXVIII]
[scan. 168]
samten französischen Kongreßdiplomatie waren, deren Einhaltung aber vor allem von ihnen immer wieder gefordert wurde: erstens auch beim Abfall eines Allierten unverminderte Härte zu zeigen
Dies hatte Mazarin schon in einem Memorandum für Longueville, d’Avaux und Servien, Amiens 1646 Mai 30 (Druck:
APW II B 3 nr. 294), mit Blick auf die voranschreitenden spanisch-niederländischen Verhandlungen getan.
; zweitens den Frieden mit Spanien nicht
par force ou par appréhention
, sondern
par inclination
zu schließen
Belege aus den Jahren 1644 und 1648 für denselben Grundsatz bietet
Tischer, 49.
. Das implizierte die Notwendigkeit, gegen-über Freunden und Feinden zu demonstrieren, daß Frankreich zu alleini-ger Kriegführung fähig war
. In den Korrespondenzen wurden den Ge-sandten dazu Argumente an die Hand gegeben oder zwischen den Ge-sandten ausgetauscht; sie spiegeln nicht immer die tatsächliche Beurteilung der Lage
Vgl. z.B.
[nr. 70] , deren Anfang mit den Zuversichtsbekundungen für die Kongreßöffent-lichkeit (durch Vorlage an Contarini) konzipiert war, während die tatsächliche Lage Frankreichs erst am Ende erörtert wird.
. Obwohl Mazarin immer wieder die Stärke Frankreichs be-tonte
, fürchtete er im Januar 1647 insgeheim
Eine Stellungnahme Serviens ließ Mazarin, separiert von seiner Depesche, durch Lionne einholen (vgl.
[nr. 68] ).
, die Lage könne völlig umschlagen und Frankreich zum Verzicht auf seine noch offenen Forde-rungen gezwungen sein.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ergab sich nach der Unterzeichnung der Provisional-Artikel die Notwendigkeit, die Eventualität eines Frie-densschlusses im Reich bei fortdauerndem Krieg mit Spanien in ihren kon-kreten militärpraktischen Konsequenzen zu erörtern
, denn die Realisie-rung einer solchen Möglichkeit schien jetzt kurz bevor zu stehen. Man hatte das Bewußtsein
Vgl. z.B. Servien am 19. Februar 1647 in
[nr. 133] :
nous sommes à la crise.
, eine Krisis zu erleben
Der Begriff
crise taucht daher in den französischen Korrespondenzen des Jahres 1647 mehrfach auf; seine Verwendung ist über das Register erschlossen.
. Es gab aber durchaus auch Momente, in denen wieder alles auf einen allgemeinen Frieden zuzu-steuern schien, zum Beispiel nach Abschluß der schwedischen Satisfakti-on
oder nach dem Eintreffen Condés in Katalonien
Vgl.
[nr. 235] . Condés und Turennes Armeen galten als Hoffnungsträger für Frankreich.
, die sich dann je-doch aufgrund der kritisierten Haltung der Alliierten Frankreichs wieder verflüchtigten, zumindest was einen gleichzeitigen Vertragsschluß be-traf
. Dennoch wollte der Hof Ende Mai den Abschluß der Verträge mit Spanien und dem Kaiser aneinander koppeln, weil man sich davon Druck von seiten Trauttmansdorffs und des Kaisers auf Peñaranda erhoffte; die
[p. CLXIX]
[scan. 169]
bestehende Vollmacht der Gesandten zum getrennten Vertragsschluß wurde gleichwohl nicht angetastet
. Servien unterstrich am 17. Juni, Frankreich führe zwei Kriege, den einen gegen Spanien und den andern im Reich; in beiden habe es unterschiedliche Alliierte, weshalb einer auch ohne den andern beendet werden könne
.
Obwohl der Hof im Juni 1647 noch an einem allgemeinen Friedensschluß festhielt, trug die unbeirrte Umsetzung der beiden genannten kongreßpoli-tischen Prinzipien 1648 mit dazu bei, daß es zu Separatfriedensschlüssen zwischen dem Kaiser, Schweden und Frankreich zum einen und Spanien und den Generalstaaten zum anderen kam. Ein Fatum war diese spätere Entwicklung 1646/1647 wohl noch nicht
Vgl. dagegen
Groenveld,
Nederlaag, 124.
; die Akten dieses Bandes dienen jedoch der Beantwortung der Frage, warum und wie die Dinge so kamen.
XII. Zur Einrichtung der Edition
Über die Auswahl der in diesem Band gedruckten Korrespondenz-Stücke wurde bereits oben das Notwendige gesagt
Vgl. Abschnitt I. Die Anzahl der abgedruckten Schreiben der Hauptkorrespondenten ist im Verhältnis zu deren Gesamtzahl (wegen der Verteilung der Gesandten auf bis zu drei Orte und dem damit verbundenen Anschwellen der Korrespondenz) geringer als in den Vorgängerbänden. Dadurch entsteht aber kein Verlust an qualitativer Information, da häufig an mehrere Empfänger dasselbe berichtet wurde; der Kommentar versucht zu-dem, darzulegen, wann welcher Gesandte über welche Informationen verfügte.
. Für die Grundsätze zur Ein-richtung der Edition der französischen Korrespondenzen im Rahmen der
Acta
Pacis
Westphalicae ist auf die Einleitungen der Vorgängerbände zu verweisen. In Ergänzung zu diesen Prinzipien, nach denen auch wir uns richten, sei für den vorliegenden Band hinsichtlich seiner spezifischen Edi-tionsprobleme und der benutzten Archivalien folgendes angemerkt:
a. Zur Auswahl der benutzten Archivalien (Nachträge zu früheren Bän-den
Vgl. auch das Chronologische Register für den Zeitraum 1644–1646. In
AE
,
CP
Hon-grie 1 finden sich Korrespondenzen zwischen den französischen Kongreßgesandten und Croissy, dem polnischen König etc. 1644–1646, die nicht einzeln im Chronologischen Re-gister nachgetragen wurden; das Gleiche gilt für die Korrespondenzen zwischen den Kon-greßgesandten und Caumartin 1644–1646 in
AE
,
CP
Suisse 29 und derjenigen zwischen den französischen Gesandten in Münster und Lüttich 1644–1646 in
AE
,
CP
Liège 1 (die Briefe aus Münster sind dort in der Regel als Konzepte überliefert). Stücke, die so wichtig sind, daß sie in früheren Bänden abzudrucken gewesen wären, wurden nicht ermittelt.
)
Grundsätzlich werden die Ausfertigungen, Konzepte, Duplikate und zeit-genössischen Kopien berücksichtigt, die in den Kanzleien der Korrespon-denten oder ihres Gefolges angefallen sind. Diese befinden sich für unsere
[p. CLXX]
[scan. 170]
Edition zum größten Teil im Archiv des Pariser Außenministeriums
Namentlich in den Serien
AE
,
CP
All.
und
AE
,
CP
Holl.
so-wie in der Handschriftenabteilung der Nationalversammlung. Bei den Verhandlungsakten sind daneben die Papiere Godefroys, vor allem aus dem
Institut
de
France, für unseren Editionszeitraum besonders wich-tig und schließen mehrere Überlieferungslücken; im Gegensatz zu den Vorgängerbänden, wo die Überlieferungssituation anders lag, werden sie daher in diesem Band (soweit ermittelt) lückenlos erfaßt. Die Ausferti-gung eines einzelnen Korrespondenz-Stückes findet sich in der von uns erstmals für die Edition der
Acta
Pacis
Westphalicae gesichteten Auto-graphensammlung Victor Cousins
Nr. 74. Dazu sei auf folgenden Nachtrag zu
APW II B 3 hingewiesen: Servien an [Brien-ne?], Münster 1646 Januar 16; eigh. Ausfertigung:
BVC 1 n° 24 unfol. Neben
APW
[II B 4 nr. 160A] sind dies die einzigen für den Westfälischen Friedenskongreß relevanten Stücke aus dieser Autographensammlung.
.
Unter den benutzten ausländischen Provenienzen sei namentlich auf die von Franz Bosbach für die Edition der
Acta
Pacis
Westphalicae er-schlossenen Akten aus Den Haag hingewiesen, die besonders für die Zeit der niederländischen Interposition und des Aufenthaltes Serviens in Den Haag interessantes Material bieten und daher für diese Edition herange-zogen wurden
Aber nur, insoweit dort Zusätzliches zu finden war; ein vollständiger Nachweis der fran-zösisch-spanischen Verhandlungsakten aus der niederländischen Interposition wird nicht gegeben.
.
Nachträglich angelegte Abschriftensammlungen westfälischer Friedens-akten, insbesondere die von Colbert seit 1656 angelegten Kopienbände
Für APW
II B 5 sind die einschlägigen Bände zahlreich:
AE
,
CP
All.
71;
AE
,
CP
All.
73;
AE
,
CP
All.
74;
AE
,
CP
All.
91;
AE
,
CP
All.
92;
AE
,
CP
All.
93;
AE
,
CP
All.
94;
AE
,
CP
All.
96;
AE
,
CP
All.
97.
, werden nur dann berücksichtigt, wenn sie Aktenstücke enthalten, die an-derweitig nicht ermittelt werden konnten
In
APW II B 4 wurden die Colbert-Kopien erstmals überhaupt für die Edition der fran-zösischen Korrespondenzen herangezogen; vgl. zu den Kopiensammlungen jeweils auch die Einleitungen der vorhergehenden Bände der französischen Korrespondenzen und zu-sammenfassend
Tischer, 28ff; vgl. auch
APW II A 3, XXXVIII zu Abschriften der kaiserlichen Korrespondenzen.
. Obwohl diese Kopiensamm-lungen großteils kurz nach Ende des Westfälischen Friedenskongresses ent-standen, als einige der Korrespondenten noch am französischen Hofe weil-ten, ist ihnen mit größter Vorsicht zu begegnen: Falsche Aktenbezeichnun-gen, fehlerhafte Datierungen und unkorrekte Identifikationen von Absender oder Empfänger treten zum Teil allein, zum Teil in Kombina-tion auf
AE
,
CP
All. 93 fol. 149–149’ ist angeblich ein Schreiben der
Plénipotentiaires (Longue-ville und d’Avaux) an Servien vom 27. April 1647; tatsächlich handelt es sich um einen Brief Longuevilles und d’Avaux’ an Brienne vom 27. April 1646 (Regest:
APW II B 3 nr. 247). Nicht selten ist auch die falsche Zuordnung von Beilagen zu Korrespondenz-Stüc-ken, zu denen sie gar nicht gehören.
und machen die richtige Einordnung des Aktenstückes, beson-
[p. CLXXI]
[scan. 171]
ders in letzterem Fall, sehr schwierig. Aus den vielen Fehlern in den Col-bert-Kopien folgt, daß sie nicht nur für Quelleneditionen wenig Wert ha-ben, sondern auch für Darstellungen, für die sie (vermutlich aus paläogra-phischen Gründen) nicht selten herangezogen werden, eigentlich unbe-nutzbar sind
Durchaus wertvoll sind sie aber für die Rezeptionsgeschichte des Westfälischen Friedens. Es ist davon auszugehen, daß systematische Textvergleiche zwischen den Original-Ak-tenbeständen, den zahlreichen handschriftlichen Kopiensammlungen und den Drucken in
MN und
NS Aufschluß über den textlichen Ursprung dieser Publikationen und ihre Vorlagen bieten können.
. Da wir im Einzelfall dennoch auf diese Sammlungen zu-rückgreifen mußten, werden alle Nachweise daraus als
Kopie, nicht zeitgenössisch bezeichnet
Nicht zeitgenössisch
bezeichnet somit Kopien aus der Zeit zwischen den 1650er Jahren und dem 18. Jh.; als qualitativ entscheidender Unterschied erwies sich bei Textverglei-chen die Zugehörigkeit des Stückes zu den ursprünglichen Kanzlei-Akten oder zu einer späteren Kopiensammlung, während der Zeitpunkt der Anfertigung der Kopie nicht not-wendigerweise Aufschluß über ihre Zuverlässigkeit gibt. In seltenen Fällen enthalten auch die Konvolute mit den zeitgenössischen Akten spätere Kopien; vgl. z.B.: Extrait de la proposition faitte au nom et par les plénipotentiaires de l’Empereur aux estats de l’Empire le 16 mars 1647
in
AE
,
CP
All.
87 fol. 573; die Kopie hat am Rande den Ver-merk: Envoyé avec la dépesche de monsieur de Chamoy du 28 septembre 1700,
ist also wesentlich späteren Datums. Neben den Händen aus den Kanzleien der Korresponden-ten ist in den Überlieferungen der zeitgenössischen Akten in
AE
,
CP
All.
eine Kopisten-Hand nachweisbar, die keiner Kanzlei zugewiesen werden konnte und vielleicht erst nach Ende des Kongresses Abschriften anfertigte; da die Kopien von dieser Hand jedoch die oben skizzierten Mängel der Colbert-Kopien und anderer späterer Abschriftensamm-lungen nicht aufweisen, werden sie in den archivalischen Nachweisen und bei der Texter-stellung berücksichtigt (von dieser Hand stammt z.B. die Druckvorlage von nr. 341).
, um sie von den ursprünglichen Kanzlei-Ak-ten der Korrespondenten zu unterscheiden
Wir geben grundsätzlich nur eine ermittelte nicht zeitgenössische Kopie an, um die archi-valischen Nachweise nicht übermäßig anschwellen zu lassen; nicht selten beträgt die Zahl solcher Kopien deutlich mehr als ein Dutzend pro Korrespondenz-Stück, da immer wie-der dieselben Stücke kopiert wurden.
. Neben den oben genannten Manuskripten ist im Außenministerium vor allem in den Kopien-Bänden von Chanut-Korrespondenzen
AE
,
CP
Suède
10 und
AE
,
CP
Suède 12.
ergänzendes Material zu finden.
Zu den Verhandlungen d’Avaux’ in Osnabrück 1647 wurden unter dem Titel La négociation d’Osnabrug. Par monsieur le comte d’Avaux, pléni-potentiaire de France pour la paix générale, et médiateur pour terminer les différens d’entre l’Empereur, le roy
[!] de Suède, les électeurs et princes de l’Empire 1647
Vollständiger Titel gemäß AN KK
1392 (unten jeweils als Langtitel bezeichnet); einige andere Überlieferungen haben nur den Kurztitel: La négociation d’Osnabrug par mon-sieur d’Avaux 1647
(s.u.).
eigene Abschriftensammlungen ausgewählter Briefe und Memoranden d’Avaux’ an Ludwig XIV., Brienne, Mazarin, Longueville, Saint-Romain, Chanut, Beauregard, Croissy und den Kurfürsten von Brandenburg aus der Zeit vom 31. Dezember 1646 bis zum 23. April 1647
[p. CLXXII]
[scan. 172]
angefertigt; es konnten zehn separat überlieferte Exemplare und vier mit anderen Kopien zusammengebundene Abschriften ermittelt werden:
AE
,
MD
All.
20 fol. 101–181’
Die
d’Avaux-Sammlung trägt den Kurztitel; der Band ist betitelt: Négociations des trai-tés de Munster et d’Osnabrug. Seconde partie;
es handelt sich um die Fortsetzung von
AE
,
MD
All.
19 (Première partie
dieser Abschriftensammlung aus dem 17. Jh., die am Ende des zweiten Bandes mitten im Satz abbricht, also vermutlich ursprünglich minde-stens noch einen dritten Band umfaßte). In
AE
,
MD
All.
20 gehen der d’Avaux-Sammlung voraus: fol. 3–100 Kopien von Depeschen der französischen Gesandten an den Hof; es folgen fol. 182–350’ Kopien weiterer Briefe d’Avaux’ von 1644 bis Februar 1648.
; AN KK
1392
Mit dem Langtitel; wahrscheinlich 17. Jh.
; AR SG
8453
Mit dem Langtitel; enthält zu Beginn des Bandes ein chronologisches Inhaltsverzeichnis (unfol.); 17. Jh.
; BAP
4709
Manuskript aus dem 17. Jh.; statt l’Empire 1647
heißt es am Ende des Langtitels: l’Em-pire. Et autres choses touchant le traité de paix d’entre la France et l’Espagne. 1647.
; BL EM
2211 fol. 1–210’
Mit (leicht abweichendem) Langtitel: La négociation particulière faicte à Osnabrug par monsieur d’Avaux en qualité de médiateur, pour terminer les différends d’entre l’Empe-reur, le roy
[!] de Suède, les électeurs et princes de l’Empire, etc., 1647;
18. Jh. Der Band enthält daneben Kopien zweier am 18. Januar 1643 von Richelieu bzw. am 20. Dezem-ber 1635 von Jérôme Bignon, avocat général, im Parlement gehaltener Reden und hat einen Einband mit dem Wappen des französischen Kanzlers Henri François d’Aguesseau.
; BNF
Coll.
Clairambault
608
Mit dem Langtitel und chronologischem Inhaltsverzeichnis zu Beginn des (paginierten) Manuskripts (p. 1–9); aus einer zwölfbändigen Abschriftensammlung zum Westfälischen Frieden (1638–1647) aus dem 17. Jh.:
BNF
Coll.
Clairambault 600–611.
; BNF
Coll.
des 500
de
Colbert
404 fol. 1–161
Mit dem Langtitel; 17. Jh.; fol. 163–226 folgt eine Denkschrift: Motifz de la France pour la guerre d’Allemagne, et quelle y a esté sa conduicte.
Dieser Aktenzusammenhang gibt möglicherweise Aufschluß über den Zweck der Abschriftensammlung der Korresponden-zen d’Avaux’. 1665 rezensierte das
Journal
Des
Sçavans
nämlich einen in Köln (fikti-ver Druckort; vgl. unser Literaturverzeichnis,
[XLVII] ) gedruckten
Recueil
de
diverses
Pieces
curieuses,
der als viertes Stück die motifs de la France pour la guerre d’Alle-magne
enthielt. In der Rezension wird dazu angemerkt: Les motifs de la guerre d’Alle-magne justifient la France du reproche que luy faisoient ses ennemis, d’avoir fait cette guerre en faveur de la Religion Protestante, & au prejudice de la Catholique: & ils font voir manifestement qu’au contraire c’est la maison d’Austriche qui dans la conclusion de la paix de Munster, consentit, nonobstant la resistance de la France, que les Protestans s’emparassent des biens de l’Eglise
(
Journal
Des
Sçavans
1665, 67f). Die Briefe d’Avaux’ sind vermutlich in der gleichen propagandistischen Absicht kopiert worden.
; BNF F.
fr.
3853
Mit dem Kurztitel; sehr viele Abkürzungen, vermutlich spätere Überlieferungsstufe; pa-läographisch erscheint eine eindeutige Einordnung in das 17. (so im Katalog der
BNF) oder das 18. Jh. jedoch nicht möglich.
; BNF F.
fr.
10647
Mit dem Langtitel und chronologischem Inhaltsverzeichnis zu Ende des Bandes (fol. 285–289’); 17. Jh.; Teil einer Abschriftensammlung zum WFK, die z. T. auf Denis II Go-defroy zurückgeht:
BNF F.
fr. 10640–10652.
; BNF F.
fr.
15858
Mit dem Langtitel und nachträglich angebrachten Korrekturen; Teil einer 35bändigen Sammlung von Mélanges d’histoire diplomatique
(BNF F.
fr.
15834–15868) aus dem 16.–18. Jh.
; BNF F.
fr.
17913
Mit dem Langtitel und chronologischem Inhaltsverzeichnis zu Beginn des Bandes (fol. 1–4’); vermutlich 17. Jh.; gedrucktes Ex-libris (fol. I): Ex Bibliotheca Mss. Coisliniana, olim Segueriana, quam Illust. Henricus Du Cambout, Dux De Coislin, Par Franciæ, Episcopus Metensis, &c. Monasterio S. Germani à Pratis legavit. An. M.DCC.XXXII.
; BNF F.
fr.
23347 fol. 1–351
Mit dem Langtitel. Laut Katalog der BNF
aus dem 18. Jh.; es scheint allerdings nicht sicher, daß diese Datierung zutrifft. Allein aufgrund paläographischer Kriterien ist sie nicht zu belegen; sie könnte auf einem Ex-bibliotheca-Vermerk (De la bibliothèque de monsieur le Père Bouhier)
fol. 1 beruhen, der zwar auf 1721 datiert ist, aber von anderer Hand stammt als die Kopie selbst und somit über deren Entstehungszeit keinen sicheren Aufschluß geben kann. Fol. 354–389’ folgen auf die d’Avaux-Sammlung Kopien der Te-stamente Richelieus und Mazarins. Das Titelblatt fol. 1 kündigt auch die Denkschrift Motifz de la France pour la guerre d’Allemagne, et quelle y a esté sa conduitte
an; ihr Text fehlt jedoch.
; BNF F.
fr.
23527
Mit dem Langtitel und chronologischem Inhaltsverzeichnis zu Beginn des Bandes (fol. 1–4’); 17. Jh.
; IF CG
53
Mit dem Langtitel; wahrscheinlich 17. Jh.
.
[p. CLXXIII]
[scan. 173]
Auch die Colbert-Kopien
Hier
AE
,
CP
All.
71;
AE
,
CP
All.
91;
AE
,
CP
All.
92;
AE
,
CP
All.
93;
AE
,
CP
All.
96.
enthalten die d’Avaux-Korrespondenzen aus seiner Tätigkeit in Osnabrück, allerdings noch nicht als geschlossenen Bestand. Jedem Aktenband vorangestellt ist aber ein nach den Namen der Korrespondenten alphabetisch geordnetes Inhaltsverzeichnis. Daher könnte man vermuten, daß die Colbert-Kopien als Vorlage für die aus-gegliederte Sondersammlung der d’Avaux-Korrespondenzen dienten, die mithin zeitlich nach den Colbert-Kopien (also nach 1656) entstanden wären. Dies läßt sich jedoch nur zum Teil nachvollziehen. Von den 48 Stücken, die die d’Avaux-Sondersammlung aus seiner Zeit in Osna-brück
Bzw. Korrespondenzen, die die dortigen Verhandlungen vorbereiteten.
enthält, sind nämlich nur 44 in den Colbert-Kopien überlie-fert
Die Gesamtzahl der unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Überlieferungen ermit-telten d’Avaux-Stücke, die für die Sondersammlung zeitlich oder sachlich relevant gewe-sen wären, beträgt 73.
. Es fehlen dort vier Schreiben d’Avaux’ an Longueville
Vom 17., 18., 20. und 29. Januar 1647; diese sind in
AE
,
CP
All.
87 bzw.
AE
,
CP
All.
98 zeitgenössisch überliefert (vgl. das Chronologische Register).
; wenn man nicht unterstellt, daß diese vier Briefe auf mittlerweile verloren-gegangenen Colbert-Kopien basieren, können jene also nicht als allei-nige Vorlage der d’Avaux-Sammlung gedient haben. Im Gegenzug ent-halten die Colbert-Kopien zehn Schreiben, die nicht in der d’Avaux-Sammlung überliefert sind
Den Brief d’Avaux’ an Mazarin vom 21. Januar 1647, sein Memorandum [für Ludwig XIV.] vom 4. Februar 1647, seine Briefe an Brienne vom 18. Februar 1647, an Mazarin vom 22. und 25. Februar 1647, an Brienne vom selben Tage (bisher nur als Colbert-Ko-pie, nicht zeitgenössisch, ermittelt), an denselben vom 4. März 1647, an Mazarin vom 11. März 1647, sein Memorandum [für Ludwig XIV.] vom 15. April 1647 und seinen Brief an Mazarin vom selben Tage (vgl. das Chronologische Register).
. Die d’Avaux-Sammlung enthält aber ein Stück, das scheinbar sonst nur in den Colbert-Kopien überliefert ist; es konnte jedenfalls bisher in zeitgenössischer Überlieferung nicht ermittelt
[p. CLXXIV]
[scan. 174]
werden
Es handelt sich um die umfangreichen Randbemerkungen d’Avaux’ zu einem Memoran-dum Croissys (vgl. Anm. 9 zu nr. 172).
. Alle anderen Stücke, die diese Sammlung enthält, sind aber auch in zeitgenössischer Überlieferung nachzuweisen, zumindest als (besseres) Konzept
Dies gilt u.a. für nr.n 135 und 183, die wir nach den Konzepten drucken; sie sind auch in den Colbert-Kopien (
AE
,
CP
All. 96 fol. 100’-103’;
AE
,
CP
All. 96 fol. 155–158’) und den d’Avaux-Sammlungen überliefert, durch Textvergleich erwies sich aber, daß die dort überlieferten Kopien auf die Konzepte oder wörtlich mit ihnen übereinstimmende Vor-lagen zurückgehen und nur durch Schreibfehler sowie Auslassungen gegenüber dem Wortlaut der Konzepte mehr oder minder korrumpiert sind; aus den Kopien ergab sich daher keine notwendige Emendation der Konzepte, aber ein Hinweis auf Text im Falz.
. Nach dem heutigen Kenntnisstand läßt sich die Verwandtschaft der d’Avaux-Sammlung mit den Colbert-Kopien also weder beweisen noch widerlegen; festzuhalten ist aber, daß die Stücke, die sie enthält, ansonsten nur in den Akten des Außenministeriums überliefert sind, sie also wahrscheinlich
Wenn man unterstellt, daß es nicht andernorts Überlieferungen gab, die wir nicht mehr ermitteln konnten.
dort entstand.
Die ermittelten Abschriften der d’Avaux-Sammlung stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Aufgrund von Übereinstimmungen bei Überschrif-ten und Bezeichnungen von Stücken sowie aufgrund stichprobenartiger Textvergleiche ist davon auszugehen, daß nur eine dieser Abschriften-sammlungen anhand der (Colbert- oder Kanzleiakten-)Vorlagen erstellt wurde und die anderen Kopien Abschriften dieser einen Sammlung sind. Die Überlieferungen aus den
Archives
Nationales
und dem
Institut
de
France
kommen nach unseren Ergebnissen anscheinend am ehesten als Archetyp in Betracht, vermutlich handelt es sich bei diesem aber um eine nicht ermittelte Kopie. Eine spätere Abschrift dieser Sammlung (viel-leicht eine unbekannte Kopie aus dem 18. Jahrhundert) diente als Vorlage für ihren Abdruck in den
Négociations
secrètes
In NS
IV, 1–67 ist die Sammlung ebenfalls als gesonderter Bestand abgedruckt; sie hat den o.g. Titel (also auch: Roi de Suéde
) und, statt der Jahreszahl, den kursiv gesetzten Zusatz: Depuis Janvier jusqu’en Avril 1647.
.
Für diesen Teil der
Négociations
secrètes
ist damit wahrscheinlich, daß er auf Akten des Dépôt des Affaires étrangères
zurückgeht, und zwar über eine offenbar weit verbreitete Kopiensammlung, die dort auf der Grundlage der Col-bert-Kopien und/oder originaler Kanzlei-Akten erstellt wurde; die
Négo-ciations
secrètes
können daher, wenn dieser Wahrscheinlichkeitsschluß zutrifft, nicht auf einen einzigen Godefroy-Bestand zurückgehen
So mutmaßt hingegen
Dickmann, 506. In den erhaltenen, umfangreichen Godefroy-Ak-ten findet sich aber kein einziges Stück aus der d’Avaux-Sammlung. Ein Indiz dafür, daß die
NS, anders als
Dickmann glaubt, aus verschiedenen Provenienzen zusammengestellt wurden, ist auch die Tatsache, daß manche Stücke in einem Band mehrfach, in anderen Zusammenhängen und z.T. mit anderen Bezeichnungen, gedruckt wurden (vgl. z.B. in
NS IV die drei Drucke der Beilage 1 zu nr. 250). Vgl. auch
Tischer, 28 mit Anm. 81, 32f.
.
[p. CLXXV]
[scan. 175]
Neben den in den Vorgängerbänden und bei
Tischer
genannten wei-teren Abschriftensammlungen, die für unseren Band nichts Zusätzliches erbrachten, wurden diejenigen in der
Bibliothèque-
Médiathèque
d’
Evreux
und in der
Bibliothèque
universitaire
de
la
Sorbonne
be-nutzt.
Bei den Manuskripten F10, F11, F12 und F13 der
Bibliothèque
-
Média-thèque
d
’
Evreux handelt es sich ebenfalls um reine Kopiensammlungen, sehr wahrscheinlich sämtlich aus dem 17. Jahrhundert. Die Handschriften sind nach dem Schriftbefund mit keiner der uns aus dem Kreis der franzö-sischen Gesandtschaft auf dem Westfälischen Friedenskongreß oder in der Pariser Zentrale bekannten Handschriften identisch.
F10 und F11 enthalten für die Geschichte der Verhandlungen Serviens in den Niederlanden interessante Korrespondenzen der französischen Ge-sandten bei den Generalstaaten in Den Haag mit der Zentrale in Paris, der Gesandtschaft auf dem Westfälischen Friedenskongreß, der Prinzessin von Oranien, den Generalstaaten und anderen Korrespondenten (zum Teil mit Beilagen) vom 5. Juli 1647 bis zum 28. Januar 1648 bzw. vom 24. Januar 1648 bis zum 6. Juni 1648; daneben enthalten sie auch Kopien von Briefen der niederländischen Gesandten in Münster an die General-staaten und Kopien der nach Den Haag geschickten Duplikate der Briefe und Memoranden der französischen Gesandtschaft in Münster an den Hof. In Den Haag eingegangene Briefe sind chronologisch nach dem Empfangsdatum eingeordnet. Diese Kopiensammlung ist sehr wahrschein-lich auf der Grundlage der Papiere La Thuilleries erstellt worden
Einige Schreiben sind z.T. nicht dechiffriert, weil La Thuillerie die Chiffre Serviens nicht besaß. Der Zeitpunkt der Entstehung der Kopien scheint zeitlich nah am Entstehungs-zeitraum der Akten zu liegen.
und vielleicht über dessen ehemaligen Sekretär Hennequin überliefert, der 1645–1649 Resident in Dänemark war
Auf S. [1] der (paginierten) Manuskripte findet sich neben der Angabe Tome 6
me
respek-tive Tome 7
ème
jeweils der Name Hennequin.
. Die Briefe tragen aus der Sicht La Thuilleries formulierte Vermerke. Für die Monate Juli und Anfang August 1647 enthält F10 auch die Korrespondenz Serviens, der nach der Unterzeichnung des französisch-niederländischen Garantieabkommens vom 29. Juli 1647 am 3. August wieder nach Münster abreiste. Zu den französisch-niederländischen Garantievertragsverhandlungen in Den Haag befinden sich in diesem Manuskript zudem wichtige Verhandlungs-akten
Obwohl die beiden Manuskripte chronologisch erst den kommenden sechsten Band der Serie
APW II B betreffen, ist deshalb bereits hier auf ihre Existenz hinzuweisen. Da diese Verhandlungsakten sehr wahrscheinlich auf die Kanzlei La Thuilleries zurück-gehen, sind sie neben den Überlieferungen im Außenministerium und in der National-versammlung zu benutzen. Die nicht unseren Editionszeitraum betreffenden Verhand-lungsakten aus diesem Bestand wurden mit den dort überlieferten Verhandlungsakten noch nicht systematisch abgeglichen und auf ihre Identität hin überprüft.
.
[p. CLXXVI]
[scan. 176]
Die Manuskripte F12 und F13 tragen auf dem Einband den Titel
Négo-ciation de Munster. Tom[e] I und
Négociation de Munster. Tom[e] II
Auf S. 1 des (paginierten) Manuskripts F12 findet sich folgender überlieferungsgeschicht-licher Vermerk: Manuscript original provenant de monsieur Mirlau qui l’a eu de mon-sieur Servien; il a esté donné à la Bibliotèque du Couvent des Religieux de Pi〈c〉pus par le Révérend Père Louis, Provincial desdits Religieux, le 14 juillet 1716.
Auf S. 1 des Manuskripts F13 fehlt der Hinweis auf Servien; dort heißt es: Manuscript original pro-venant de monsieur Mirlau et qui a esté donné
[...].
. Es handelt sich wiederum ausschließlich um Kopien. F12 enthält Briefe Briennes, der Königin, des Königs und Saint-Romains an Servien, d’Avaux und La Thuillerie von Januar bis Dezember 1644. F13 setzt am 23. Dezember 1643 ein und enthält Schreiben der französischen Gesand-ten an den Hof und die Reichsstände sowie Verhandlungsakten zu den französisch-niederländischen Verhandlungen 1644. Die Kopien beider Manuskripte stammen von denselben Händen. Daß diese Kopien tatsäch-lich auf Papiere Serviens zurückgehen, legen neben dem Titelblatt von F12 auch die aus der Sicht Serviens verfaßten Bezeichnungen der Briefe nahe. Sie enthalten Anstreichungen und Marginalien, die den jeweiligen Anteil Serviens und d’Avaux’ an der Formulierung gemeinsamer Ge-sandtschaftsschreiben dokumentieren
Als Nachtrag zu
APW II B 1 sei namentlich hingewiesen auf: Königin Anna an d’Avaux und Servien, Paris 1644 Mai 1; Kopie:
BME F12 p. 283–284 – Paß für Pfalz-Neuburg; Kopie:
BME F12 p. [306] = Beilage zu
APW
[II B 1 nr. 135] (hier explizit als Beilage ausgewiesen). Die Datierungen in F12 und F13 sind teilweise fragwürdig (und in sich widersprüchlich: Abweichungen zwischen Datum am Kopf und am Ende des Stückes); daher ist die Identifikation mit den Überlieferungen, die in
APW II B 1 nachgewiesen sind, nicht immer eindeutig.
. Als Absender respektive Empfän-ger der gemeinsamen Gesandtschaftskorrespondenz aus der Zeit der Ver-handlungen in Den Haag 1643/1644 wird in der Regel neben d’Avaux und Servien
So jeweils die Angaben in
APW II B 1.
in F12 und F13 auch La Thuillerie aufgeführt.
Die Handschriftenabteilung der
Bibliothèque
Universitaire
de
la
Sorbonne besitzt mit den Manuskripten 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353, 354 und 355 eine stattliche Abschriftensammlung zum Westfälischen Frieden. Die einzelnen Bände tragen jeweils den Titel
Negotiations de Munster mit den Jahresangaben 1643 bis 1648; für die Jahre 1645–1647 liegen je zwei Bände vor. Diese Sammlung stammt, nach dem Ex-libris, aus dem Besitz des Pariser Parlamentsrates Claude de Sallo. Es handelt sich um eine reine Kopiensammlung, die jedoch von anderen bekannten Abschriftensammlungen darin abweicht, daß sie vornehmlich Verhand-lungsakten und nur in geringem Maße Korrespondenzen umfaßt. Für un-sere Edition wurde punktuell auf diese Sammlung
Stein, Quellen, 664 datiert sie auf das 18. Jh., der
Catalogue
général, 104 jedoch auf das 17. Jh.; eine genaue zeitliche Bestimmung geht aus dem Text der Manuskripte oder Vermerken nicht hervor. Ungeachtet der ausstehenden genaueren Datierung handelt es sich jedoch sicherlich um eine nicht zeitgenössische Kopiensammlung. Die Lemmata der Schriftstücke ähneln z.T. sehr denen in
NS.
zurückgegriffen, die trotz ihres Umfanges nur einen geringen Erkenntniswert besitzt.
[p. CLXXVII]
[scan. 177]
Die von den Spaniern heimlich angefertigten Kopien
französischer Kor-respondenz-Stücke werden nicht einzeln nachgewiesen
Nachgewiesen wird aber ihr Abdruck in CDI,
wodurch der Kenntnisstand der Spanier hinreichend dokumentiert ist. Zu den in dieser Edition nicht nachgewiesenen späteren Kopiensammlungen zählen auch BNF F.
fr.
3783, BNF F.
fr.
3784 sowie BNF
Coll.
Dupuy
642; sie bieten nichts Zusätzliches.
.
b. Hinweise zur Edition
Zu den abgedruckten Korrespondenz-Stücken: In den Kopfregesten wird die Erschließung von Absender, Empfänger, Ort und Datum nicht in zweiwinklige Klammern gesetzt, sofern sie auf der Grundlage einer zeit-genössischen handschriftlichen Überlieferung
Nicht notwendigerweise die Druckvorlage; auch besondere Formen der Anrede, Akten-vermerke und den Aktenbänden vorangestellte Inhaltsverzeichnisse werden berücksich-tigt.
erfolgte. Aufgrund der be-schriebenen Geschäftsordnung konnte in diesem Band bei den Schreiben des Königs und Mazarins jeweils auf einen eigenen Hinweis verzichtet werden, daß das Konzept von Lionne stammt. Die Notifizierung von Va-rianten zur Druckvorlage wird in den Editionstechnischen Regeln erläu-tert
Die Abweichungen der Konzepte von den Druckvorlagen sind gering; die auf der Ta-gung des französischen Außenministeriums zum Westfälischen Frieden im September 1998 (in Kürze durch einen Tagungsband dokumentiert) vorgetragene These Sonninos, daß sich aus der Textgenese der Stücke wesentliche Rückschlüsse auf die französische Kongreßpolitik schließen lassen, wird durch die in diesem Band abgedruckten Korrespon-denzen (mit Ausnahme der im Anhang abgedruckten Instruktion Serviens, die aber nicht ausgefertigt wurde) nicht bestätigt.
. Rubra
In der Regel am Kopf von Kopien aus der Kanzlei Briennes in
Ass.
Nat. 272 und
Ass.
Nat. 273 (es handelt sich hierbei meist um Abschriften der Konzepte).
bleiben unberücksichtigt; Kanzleivermerke werden nur berücksichtigt, sofern sie nicht nur den üblichen Geschäftsgang betreffen, sondern (für die Interpretation der Schreiben relevante) Besonderheiten notieren; Gleiches gilt für Anstreichungen und Marginalien
Deren Existenz wird zwar prinzipiell vermerkt, sofern sie aber dem Empfänger nur als Arbeitsvorlage für die Antwort dienten und sachlich in diese einflossen, werden sie nicht wörtlich wiedergegeben.
.
In den Inhaltsregesten wurde, wie seit APW
II B 2 üblich, suspension
in der Regel mit Waffenruhe, trêve
mit Waffenstillstand
übersetzt. Die Wen-dung paix de l’Empire
wurde mit Friede im Reich
oder Reichsfriede
über-setzt. Der Begriff Holland
bezeichnet ausschließlich die gleichnamige Pro-vinz und wird nicht synonym für die Niederlande gebraucht
In den Quellen wird dieser Terminus jedoch mitunter auch als Synekdoche für die nörd-lichen Niederlande verwendet.
. Für „Auf-nahme in den Friedensvertrag“ wird vorzugsweise der Fachterminus In-klusion (inkludieren)
benutzt.
[p. CLXXVIII]
[scan. 178]
Die Ermittlung und Zuweisung von Beilagen
Beilagen werden nur vermerkt, wenn sie im Hauptschreiben angekündigt werden oder aber aus einem Aktenvermerk oder einer sonstigen Angabe hervorgeht, daß sie mit dem betreffenden Schreiben übersandt wurden. Es ist anzunehmen, daß die Zahl der tatsäch-lich überschickten Beilagen wesentlich höher war, als heute rekonstruiert werden kann; es gibt z.B. eine Reihe von Kopien aus der Kanzlei Serviens, die in den Akten Briennes überliefert sind und ihm vermutlich einmal als Beilage übersandt wurden; es läßt sich allerdings nicht mehr sagen, wann und mit welchem Brief.
ist bei den französischen Korrespondenzen wegen häufig fehlender Kennzeichnung und Vermerke schwierig
Seit etwa 1740 kam man im Dépôt des Archives
überein: de détacher des dépêches les différentes pièces qui peuvent y être jointes, comme mémoires, extraits, etc., etc., et de les placer à leur date respective. On a le soin d’indiquer sur ces pièces le numéro et la date de la dépêche à laquelle elles étaitent jointes, et on fait également mention en marge de la dépêche et vis-à-vis le paragraphe où elle est relatée, de la date que porte cette même pièce, conséquemment de la place qu’elle occupe dans l’ordre de la correspondan-ce. Par ce moyen, il n’y a aucune difficulté pour retrouver les unes ou les autres;
vgl. Mémoire sur les Archives des Relations extérieures;
Kopie, s.l. s.d.:
AE
,
Dépôt
des
Ar-chives
1 fol. 7–38, hier fol. 12–12’. Für die von uns benutzten früheren Korrespondenzen ist jedoch nur das erste der um 1740 festgehaltenen Prinzipien, die Trennung von Schrei-ben und Beilage(n) umgesetzt, das zweite, die reziproken Verweise, leider nicht oder nur in Ansätzen, z.B. durch Dorsalvermerke, die sich in der Regel in den Akten Briennes, seltener in denen Mazarins und anderer finden. Bei Brienne (dessen Papiere sich größ-tenteils nicht im Außenministerium, sondern in der Nationalversammlung befinden) ist oft auch der Aktenzusammenhang zwischen Korrespondenz und Beilagen beibehalten worden.
. Numerierungen von Beilagen sind grundsätzlich Ergänzun-gen des Bearbeiters. Werden sie in zweiwinklige Klammern gesetzt, ist die Beilage erschlossen, das heißt weder im Hauptschreiben erwähnt noch durch Aktenvermerk ausgewiesen; ist die Zuordnung der Beilage unsicher, wird dies durch ein zusätzliches Fragezeichen kenntlich gemacht. Ein Fra-gezeichen ohne zweiwinklige Klammern bedeutet, daß die Beilage ange-kündigt wurde, an ihrer tatsächlichen Übersendung jedoch Zweifel beste-hen.
Da in der französischen Überlieferung Beilagen bei der Archivierung häufig in einen anderen Aktenzusammenhang eingefügt wurden als die Korrespondenzen, mit denen sie überschickt wurden, ist des öfteren nicht eindeutig festzustellen, ob eine Anlagekopie fehlt oder nicht. Der Ver-merk
fehlt oder
fehlen wird beim Nachweis der archivalischen Überlie-ferung einer Beilage nur dann benutzt, wenn keine Überlieferung des in den Korrespondenzen angekündigten Schriftstückes ermittelt werden konnte oder alle ermittelten Überlieferungen (z.B. durch Schriftbefund) nicht als Anlagen in Frage kommen. Wenn gesichert ist, daß eine Über-lieferung die tatsächliche Beilage ist, wird deren Archivsignatur, wie in den
APW üblich, vor die Bezeichnung des Aktenstückes gesetzt, andere Überlieferungen werden nachgestellt, gegebenenfalls mit einem Hinweis, daß es sich vielleicht, vermutlich oder (sehr) wahrscheinlich um die An-lage handelt.
[p. CLXXIX]
[scan. 179]
Wird eine Beilage aufgrund eines routinemäßigen Geschäftsvorganges übersandt
D.h. als Bestandteil derselben Postsendung; dies gilt v.a. für königliche Memoranden als Beilagen zu Brienne-Schreiben. Vgl. zur einschlägigen Geschäftsordnung
Tischer, 22, 26.
, durch die Akten aber nicht explizit als Beilage ausgewiesen, wird sie auch in der Edition nicht notifiziert. Beilagen kommen wegen des Umfanges des Textcorpus in geringerer Zahl als in den Vorgängerbänden üblich zum Abdruck.
Aus Verhandlungsakten wird im Sachkommentar – in Erwartung ihrer Publikation in der Serie III B der
Acta
Pacis
Westphalicae
– nur aus-nahmsweise wörtlich zitiert
Nur wenn der Text noch nicht gedruckt ist oder nur in einem sehr mangelhaften Druck vorliegt; dies ist v.a. bei Akten der französisch-spanischen Verhandlungen der Fall, aus denen zitiert wird, sofern dies für das Textverständnis der Korrespondenzen erforderlich ist. Namentlich der französische Gesamtentwurf für den Friedensvertrag mit Spanien vom 25. Januar 1647 wird wegen der Mängel der Drucke nach einer Kopie aus der Kanz-lei Godefroys zitiert.
. In der Regel wird neben der französischen Überlieferung auf die älteren Drucke, gegebenenfalls auf die kaiserliche, niederländische, päpstliche, schwedische oder spanische Überlieferung hin-gewiesen
Lemmata werden bei Beilagen nicht grundsätzlich den Anlagekopien, sondern möglichst einem Druck oder der sachlich treffendsten und sprachlich korrektesten Bezeichnung ei-ner handschriftlichen Überlieferung entnommen. Generell werden bei gedruckten Lem-mata kleinere, offensichtliche Druckfehler (Fliegenkopf etc.) stillschweigend emendiert (möglichst aufgrund der archivalischen Überlieferungen).
.
Bei den Drucknachweisen wurden für diesen Band zusätzlich zu den in den Vorgängerbänden nachgewiesenen Drucken
Arnauld, Négociations,
Brun, Pierre de Touche
(in der Erstauflage),
Knüttel
(niederländische Flugschriften),
van
Prinsterer,
Hudita
und an einigen Stellen
Aitzema, Vreede-Handeling
in der Auflage von 1653 berücksichtigt.
Im Sachkommentar ist zum Gebrauch der Wendungen wurde nicht er-mittelt / konnte nicht ermittelt werden
auf die Definition
Oschmanns
hinzuweisen, zu Begriffen, die die Plausibilität von Aussagen abstufen, auf die Definition
Repgens
.
In den Personalanmerkungen wurden die in den nationalen Biographi-schen Archiven
ABEPI; ABF; ABI; BAB; BBA; DBA; SBA
(s. Literaturverzeichnis).
erfaßten älteren Werke nicht mehr eigens aufgenom-men
Artikel aus der
Neuen
Deutschen
Biographie (NDB),
die schon im
Deutschen
Bio-graphischen
Archiv (DBA)
II enthalten sind, werden jedoch weiterhin unter dem Verfasser des NDB
-Artikels geführt.
.
Archivalien, die der Bearbeiter selbst nicht benutzt hat und die ihm nur in Antworten auf Archivanfragen mitgeteilt wurden, werden im Archiva-lienverzeichnis nicht erwähnt, sondern nur im Kommentar im Zusam-menhang mit dem Zitat der Archivauskunft.
[p. CLXXX]
[scan. 180]
Im Chronologischen Register wurde auch die Chanut-Korrespondenz mit dem Hof, soweit ermittelt, berücksichtigt, da diese wegen der Verhand-lungen d’Avaux’ mit den Schweden in Osnabrück im Editionszeitraum und der französischerseits unterstellten Divergenz zwischen der Politik Königin Christinas und Axel Oxenstiernas und den sich daraus ergeben-den Auswirkungen auf die Bewertung der schwedischen Kongreßpolitik eine besondere Bedeutung erlangt.
*
Es bleibt mir die angenehme Pflicht, Dank zu sagen. Zunächst möchte ich das gegenüber den Mitarbeitern der benutzten Archive und Bibliotheken tun, weil sie mir die Konsultation ihrer Bestände ermöglichten und durch ihren Rat erleichterten. An erster Stelle danke ich den Mitarbeitern der
Archives
diplomatiques
du
Ministère
des
Affaires
Étrangères
(na-mentlich, für ihren fachlichen Rat, Frau Monique Constant und Frau Isa-belle Richefort, beide Conservateur en chef du patrimoine) sowie der
Bi-bliothèque
de
l’
Assemblée
Nationale
in Paris, die mir auch freund-licherweise die Benutzung der Originale von Akten gestatteten, die übli-cherweise nur noch als Mikrofilm zu konsultieren sind. Bei meinen Archivbesuchen erfuhr ich daneben in Evreux durch die
Bibliothèque-
Médiathèque,
in Paris durch die
Archives
Nationales,
die
Biblio-thèque
de
l’
Arsenal,
die
Bibliothèque
de
l’
Institut,
die
Biblio-thèque
nationale
de
France,
die
Bibliothèque
universitaire
de
la
Sorbonne
und die
Bibliothèque
Victor-
Cousin,
in London durch die
British
Library
sowie in Stuttgart durch das
Hauptstaatsarchiv
vielfältige Unterstützung. Gedankt sei ebenso Familie Jean de La Brune-tière, die mich während meiner Aufenthalte in Paris kostenlos beherbergte und damit die Erstellung dieses Bandes materiell förderte.
Für kritische Anregungen und Hinweise danke ich Herrn Professor Luden Bély und besonders meinem akademischen Lehrer in Paris, Herrn Profes-sor Jean Bérenger. Herrn Professor Hermann Weber und Herrn Professor Theo Kölzer sei herzlich für die Durchsicht der Gesamtedition und na-mentlich für ihre kritischen Hinweise zur Einleitung gedankt.
Für wertvolle Anregungen und vor allem für die Hilfe bei der Identifika-tion und der Übersetzung mehrerer Zitate und Sprichworte aus der latei-nischen und spanischen Sprache danke ich Herrn Professor Claus Winkler und seiner Frau Eva.
Gedankt sei jedoch vor allem jenen, die durch ihre Tätigkeit bei der Ver-einigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. zum Werden dieses Bandes beigetragen haben. Mein erster Dank gilt dabei denen, deren Vor-arbeiten für diese Edition herangezogen werden konnten: Frau Dr. Kriemhild Goronzy und Herrn Achim Tröster. Frau Annette Jucknat, die – noch unter der Anleitung meines Vorgängers – die Hauptlast der Tran-skriptionen der hier publizierten Quellen getragen hat und mir einige
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wertvolle Hinweise zu den übernommenen Materialien geben konnte, danke ich ebenfalls herzlich. Frau Dagmar Blüm, Herr Jens Schneider, Frau Eva Feig und Frau Tatjana Jurek übernahmen es dann (in dieser Reihenfolge) dankenswerterweise, das Corpus der Transkriptionen unter meiner Anleitung zu vervollständigen und parallel überlieferte Kopien und Duplikate mit den Druckvorlagen zu kollationieren. Mein besonderer Dank gilt hierbei Frau Eva Feig, die den größten Teil dieser Arbeiten er-ledigte und neben zahlreichen anderen Aufgaben auch die Einarbeitung umfangreicher handschriftlicher Korrekturen sowie die Übertragung des größten Teils des Chronologischen Registers auf EDV übernahm. Den Grundstein dafür hatte schon Frau Dr. Anuschka Tischer, Bearbeiterin des Bandes
APW II B 4, gelegt. Hierfür, für jahrelange hervorragende Zusammenarbeit und kollegialen Austausch sei ihr herzlichst gedankt, ins-besondere auch für die vielen fruchtbaren Hinweise auf die Ergebnisse ihrer laufenden Forschungen zur französischen Diplomatie auf dem West-fälischen Friedenskongreß, die sie mir freundlicherweise zuteil werden ließ. Bei der Korrektur des Manuskripts und letzten Verifikationen wurde ich von Herrn Thomas Rott und wiederum von Frau Tatjana Jurek unter-stützt; beiden schulde ich hierfür meine Dankbarkeit. Ebenso danke ich meinen Kollegen Frau Dr. Maria-Elisabeth Brunert und Herrn Dr. Mi-chael Rohrschneider für verschiedene Hinweise. Im übrigen sei für die weitere mir zuteil gewordene Hilfe auf die Einzelnachweise in den Sach-anmerkungen verwiesen.
Besonderen Dank schulde ich Frau Dr. Antje Oschmann, Geschäftsführe-rin der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., die meine Arbeit in allen Stadien tatkräftig, mit kritischem Rat und steter Hilfsbereitschaft bei der Lösung vielfältiger Probleme begleitet hat.
Mein vornehmster Dank aber gilt selbstverständlich meinem akademi-schen Lehrer Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Konrad Repgen, dem Herausgeber der
Acta
Pacis
Westphalicae, der mir das Vertrauen entgegenbrachte, mich mit der Bearbeitung dieses Bandes zu beauftragen, sie kritisch be-gleitete und mir dabei vielfältige Unterstützung und Förderung zuteil werden ließ.
Guido
Braun
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