Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
Wir haben nr. 222 am 27. April erhalten. Weisen auf nr. 229 hin. Dieweil wir nun
auf der interpositoren an uns beschechne anmahnung vermerkht, das wir
mit eröffnung solcher unserer bedencken (ohne ungleichen argwohn sue-
chenden aufzugs) nit wol lenger innhalten khönnen, auch die Spannischen
ministri selbst daran getriben und sich negstverwichenen sontag mit iren
oppositionibus zu denen interpositoren verfüegt, alß haben wir nach ein-
gelangtem guetachten dero Kayserlichen gsandten zu Oßnabrugg eben-
mesßig am montag hernach, den 25. diß, uns zu dem herrn nuncio aposto-
lico in sein quartier begeben, alwo sich zugleich der Venedigische ambassa-
tor eingefunden und inen samentlich unsere bedenckhen, wie bereits in
unserer vorigen relation angeregt worden, auf drey underschidliche absöz
gerichtet, vorgetragen: Als nemblich und erstlich, das der Franzosen
gwaldtsbrief allein undterm titl, namen und undterschrifft deß iezigen
unmundtbaren königs, ohne meldung und beythuen der königlichen vor-
mundtschafft und also nit in einer zu recht bestendiger formb außgeförttiget
worden. Zum anderen, das in dem eingang ein iustification deß kriegs
eingefüert wurde, dardurch Eur Kayserlichen Mayestät und deroselben
könig-, chur- und fürstliche mitverwandte per consequentiam nit wenig
verunglimpf oder, da die sich mit gleichem anzug bewahren solten, zue
beschwerlicher weiterung anlaß gegeben werden möchte. Und drittens, das
es sich ansechen liesse, als hetten die Franzößischen gsandten keinen weitern
gwaldt, dann allein sich mit der cron Franckreich confoederierten coniunc-
tim in die fridenstractaten einzulassen, so umb zwayerley ursachen willen
sehr nachdenckhlich: Erstens, weil solcher anzug nit allein auf etliche speci-
ficierte, sondern auch insgemein auf alle ahnverwandte und anhänger der
cron Franckreich im reich und Italien gestelt, da dann Eur Mayestät mit
Savoya noch einigem andern standt in Italia wie auch mit denn Hollenderen,
in keinem unfriden und krieg verfangen, consequenter auch mit inen deß
fridens halber an disem ort nit zu handlen hetten, vil weniger dero zuezu-
muetten, das sie solche confoederatos Galliae in fortsezung der tractaten
neben selbiger cron als ein mitpartey stehen lassen solten. Zum andern, das
die im gwalt angedeüte alliance zwischen dem könig in Frankreich und denn
reichsständten wider die Kayserliche auctoritet und reichsconstitutiones
lauffen thet und darumben in namen Eur Kayserlichen Mayestät mit still-
schweigen nit übergangen noch einiger handlung darauf deferiert werden
khöndte, alles mit angehengtem schliesßlichen begeren, das sie, herren
mediatores, der sachen wichtigkeit an die Franzößischen gsandten bringen
und die billichmesßige verbesserung verschaffen wolten, damit man unver-
lengterdingen zu dem haubtwerkh möchte greiffen khönnen, dann ie Eur
Kayserlichen Mayestät höchers nicht angelegen, als das alle dergleichen
beschwärungen, und was zue zweifelhafften außlegungen anlaaß geben
möcht, aus dem weeg gehalten und die principalfridenshandlung vor die
handt genommen werde. Im übrigen aber haben wir nit thuenlich gehalten,
was in dem Spanischen hievor Eur Kayserlichen Mayestät überschickhten
memorial, als wann die Franzosen allein de mediis tractandi und nit directe
pacem concludendi gewaldt hetten, eingefüert würdet, unserstheils auch
für ein mangel anzuziechen, weil sich diser passus mit dem stylo Eur
Mayestät uns ufgebener vollmacht zimblichermassen vergleichen lasst.
Disen unsern vortrag hat der herr nuncius erstens recapituliert und bald
darauf auch die puncten nacheinander zu papyr notiert, sich mit dem Vene-
tianischen ambassator benommen, hiervon mit denn Franzößischen pleni-
potentiariis ze handlen, aber gleichwol mit einer vorlauffenden bedingung,
das sie unsere einwendungen nit zu widerlegen, sondern allein mehrere
erlaütterungen zu haben begerten, vermeldet, sovil die ausförtigung undter
deß königs handt etc. anlangen thet, das sie vermeinten, es were ein modus,
so in mehr anderen mit außwerttigen cronen und ständten gefüerten hand-
lungen, von altem und, wie die Franzosen sagten, von 1000 jahren her, so-
offt sich ein casus minorennitatis begeben het, gebraucht worden, und
khöndte der sachen in nachfolgender ratification der fridenshandlung ge-
holffen und solche ratification zumalen von den statibus Franciae ertheilt
werden. Warauf auch die Spanische andeüttung gethan und sich mit einem
solchen modo befridigen ze lassen erclärt hetten.
Bey dem dritten einwurff, in welchem wir die coniunction der confoede-
rierten vornemblich getriben, sagten sie, man wüste wol, das Eur Kayser-
liche Mayestät mit denn Hollenderen, herzogin in Savoy
andern standt in Italia in keinem offnen bruch und krieg stüende und
dessentwegen auch mit inen nichts zu tractieren hete; es were aber die
Franzößisch plenipotenz nit nur uf ein handlung mit uns als Kayserlichen,
sondern auch mit denen Spanischen gsandten gerichtet, welche diser passus
eigenlich betreffen wurde. Was aber die confoederierte im reich anlangte,
da vermeinten sie, es were diser punct bereits in den praeliminaribus zu
richtigkheit gelangt, wurde auch den verstandt nit haben, wann schon in
namen Eur Kayserlichen Mayestät die Franzößische plenipotenz accep-
tiert, das darumben auch solche zuezüchung und coniunction mit denn
reichsständten, von deroselben approbiert ze sein, gehalten werden solte,
sondern es wurden hernach die tractaten selbst, was es darmit vor eine
meinung habe, an die handt geben.
Den andern von uns angebrachten puncten wegen im eingang der Fran-
zößischen plenipotenz angezogner befuegsambe deß kriegs haben sie,
mediatores, vor genuegsamb erheblich gehalten und bekendt, das diß ein
anzug were, so nit passiert werden khöndt, sondern verendert werden
müeßte. Hierauf haben wir auch nit underlassen, bey einem und anderm
die ferrere notdurfft zu repraesentieren und es endtlich dahin ze sezen, das
wir vorderist zu vernemmen begerten, was die Franzößischen gsandten vor
erleütterung geben wolten. So sich dann befinden solt, das hieraus Eur
Kayserlichen Mayestät kein praeiudicierliche consequenz zu befahren, so
wurden wir uns alßdann weiter zu erclären haben. Immassen Eur Mayestät
aus beyligendem extract protocolli [ Beilage 1] die mehrere particulariteten
genedigist anzuhören geruchen wollen.
In diser conversation hat sonst der Venetianische ambassator angezeigt,
das die Franzosen wider unser vollmacht nichts einzewenden begerten;
wider die Spanischen aber, wie wir berichtet werden, wenden sie diß vor-
nemblich ein, das in dennselben allezeit die clausula „que concurra con los
otros mis plenipotentiarios etc.“ gesezt, aber nirgendts exprimiert oder
außgetruckht, wer dieselben sein sollen; dahero man in denn tractaten nit
versichert sein khönte, das nit etwan angezogen werden möcht, es weren
die andere, so darzue gehörig, nit darbei gewest
Über die Verhandlungen vom 25. April wurden Auersperg und Krane ausführlich am 26. April
unterrichtet. Konzept: RK , FrA Fasz. 92 II nr. 238 fol. 260–261’; die Verhandlungen mit
Contarini und die Vorschläge zum Austausch der Vollmachten in Osnabrück wurden Auersperg
und Krane am 28. April mitgeteilt. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. b fol. 310–311’,
314, PS fol. 312–312’ = Beilage 1 zu Auersperg und Krane an Ferdinand III., Osnabrück
1644 Mai 2. Ausfertigung: ebenda Fasz. 46e, Konv. b fol. 309, praes. 1644 Mai 17 –
Konzept: ebenda Fasz. 92 II nr. 240 fol. 276–279’.
Folgenden erichtag morgens, den 26. huius, schickhte herr nuncius seinen
capellan
heten zwar gestrigen tags alle von uns angebrachte oppositiones denn
Franzößischen gsandten vorgehalten, und heten sich die sachen anfangs
zimblich wol angelassen, es were aber endtlich ein absönderliche verhin-
derung vorgefallen, die uns anderwerts zu ohren kommen wurde. Und die-
weil wir dan ebendisen nachmittag den Venetianischen ambassator besuecht,
ime auch die Spanische ratification super conventione praeliminari behen-
diget, mit anlangen, das er selbige den Franzößischen gsandten zuestellen
wolte, weil herr nuncius sich dessen zu undterfangen bedenckhens getragen,
hat er uns angefüegt, das er und herr nuncius gestern bedeütermassen unsere
einwendungen denn Franzößischen plenipotentiariis eröffnet, die sich zwar
ansechen lassen, das sie geneigt weren, uns darüber eine satisfaction ze
geben; weil aber inen zugleich von Oßnabrugg bericht eingelangt, das die
Kayserlichen commissarii daselbst den von denn Schweedischen vorge-
schlagnen und anerbottenen modum, die vollmachten gegeneinander auf-
zuweisen, nit hetten belieben wollen, sondern sich vorderist auf erwarttung
ferrer resolution von Kayserlicher mayestät bezogen, und aber die praeli-
minarhandlung außweisen thue, das in beeden maalstätten, Oßnabruckh
und Münster, die tractatus mit gleichem paß fortgefüert und respective
nur vor eine handlung gehalten werden solten, so khönten und wüsten sie,
Franzößische gsandten, bey so beschaffenen dingen zu keiner weitern hand-
lung fürzuschreitten, sondern begerten, das wir die sachen dahin richten
wolten, damit auch zu Oßnabrugg die extraditio et communicatio pleni-
potentiarum unverlengt vorgenommen werde. Wie dann er, Venetianischer
ambassator, dises eben starkh moviert und vermeint, man hete sich deß
königs in Dennemarkh interposition und dessentwegen beschechenen reser-
vats halber nicht irren ze lassen, weiln noch niemandt wissen khöndte, ob
und wie es zwischen ime und Schweeden dermalen zum vergleich khommen
wurde, mit ersuechen, wir wolten deßwegen denn Kayserlichen gsandten
schreiben. Wir haben darauf geandtworttet, uns were dise begegnus unlieb
zu vernemmen; wir wolten zwar nit underlassen, denselben zu schreiben
und zu sechen, was sich in der sachen wurde thuen lassen. Das nun dise
anzeig uns allein vom Venetianischen ambassator beschechen, khombt daher,
das sich der nuncius sich in keiner sach einmischen wil, so die unkatholische
betreffen mögen; wir haben anheut ime deßwegen à part gesagt, das es
dergleichen noch vil geben werde, sonderlich, wann die Franzosen uf irer
intention, mit solchen ständten coniunctim ze tractieren, verharren wurden.
Warauf er sich ansechen lassen, daran zu sein, das die haubttractatus zwi-
schen den cronen vor allen dingen vor handt genommen wurden, dann
sonst müeste er sich eines anderen resolvieren.
Nachdem aber under diser vorlauffender handlung sie, Kayserliche gsandten
zu Oßnabrugg, uns zu wissen gemacht, was mit dem Salvio ebendiser
extradition halber weiter vorgelauffen, und zumaln sich der Dennisch ge-
sandt von Langerman darüber vernemmen lassen, auch unser und der
Spanischen guetachten begert , haben wir nach gepflogner conferenz vor
ein unvorgreifflich mitel gehalten, das sie zu Oßnebrugg den Schweedischen
möchten andeütten lassen, wiewol inen nit ungleich außgelegt werden
khöndt, das sie sich Eur Kayserlichen Mayestät resolution zu erwartten
benommen, iedoch und damit man verspühren solt, das man diserseits zu
aller beförderung genaigt, so were es einmal an dem, das die königliche
würde zu Dennemarkh allerseits zu einem mediatoren angenommen worden,
daran auch Kayserlicherseits ohne außtrückhenlichen und gemessenen be-
velch nichts zuwider attentiert werden khöndte, und diß sonderlich, weil
man sich noch derzeit einiger anderer interposition nit verglichen. Und
damit nun endtzwischen die aufweißung der vollmachten nit stecken bleib,
als weren sie erbiettig, wann sich die Schweedischen auch darzue bequem-
men solten, solche außweißung durch vermitlung deß Langermans, als der
gleichwol in qualitet eines königlich Dennemarkhischen gsandtens sich noch
in loco befinden thet, vorgehen zlassen. Und diser vorschlag solte zu einer
zeit nit allein denn Schweedischen angebracht, sondern auch alsogleich dem
Langermann absönderlich repraesentiert und zu verstehen geben werden,
das man eben hierdurch seinem könig das officium interpositionis unundter-
brochen zu erhalten begerte. Im übrigen het es wenig zu bedeütten, er thete
sich dessen alßdann beladen oder nit; dann erclärten sich die Schweeden,
das sie deß von Langermanns als eines Dennemarkhischen gsandtens
mittlung in disem passu nit admittieren wolten, so bestüende der unglimpf
uf inen; solten sie aber dareinwilligen und Langerman sich dessen nit an-
nemmen wollen, so hete man doch Eur Mayestät gsandten keinen verzug
zuezumessen. Und damit uf diser seiten noch mehrer glimpf erhalten werde,
so khöndte den Schweedischen uf dise erstere proposition, wann sie oder
Langerman nit zufriden, noch weiter vorgeschlagen werden, das dann vom
Langerman ein dritte person, die beeden parteyen annemblich, benambst
werden möcht, vor welcher man die extradition der vollmachten zu ver-
richten haben solt. Wurde aber auch diß nit beliebt werden, wiewol zu
erachten, seitemalen die Schweeden leichtlich verspüren mögen, das man
hierdurch die gelosia gegen Dennemarkh zu endtfliechen begehr, so hette
man abermaln diserseits genuegsambe endtschuldigung wider ungleiche
zuelag einzufüehren und zugleich wir alhie denn interpositoren desto besser
zu remonstrieren, das es an diser seiten nit ermanglet hette. Solte aber der
ein oder andere vorschlag beliebt werden, so were es doch kein praeiudicium,
das man darumb im übrigen omisso mediatore zu ferrern principaltractaten
schreitten müeste, sondern man wurde noch ein guete zeit mit iustification
deren ein- und anderntheils wider die vollmachten einwendender mängl
zu verzehren haben.
Als wir nun in ausförtigung eines solchen schreibens an Eur Kayserlichen
Mayestät abgesandten zu Oßnabrugg begriffen gewesen, ist uns von denn-
selben Eur Mayestät bey negster post einkhomner bevelch communiciert
worden, dessen innhalt nun beederseits gehorsamblich nachgelebt werden
soll; allein, dieweil wir verspüren, das die interpositores, und sonderlich
der Venetianische ambassator, eben starkh darauf tringen, das man zu
Oßnabrugg dem Schweedischen vorschlag gemeß zu der extradition für-
gehen solt und sich dessen erst gestern abendts gegen denn Spanischen
gsandten fast beweglich angenommen, haben wir durch ein postscriptum
mehrbedeüten abgesandten zu Oßnabrugg die erinnerung gethan, weil Eur
Kayserlichen Mayestät genedigiste intention dahin gehe, wann der Langer-
man die extradition begehren und, selbige durch sein vermitlung vorgehen
zlassen, über sich nemmen wolte, sie alßdann deme stattthuen möchten,
ob dann nit rathsamb were, wenigist den ersten hieob angemelten vorschlag
denn Schweedischen anzubüetten, allein zu dem ende, damit man den glimpf
uf Eur Kayserlichen Mayestät seiten desto mehrers erhalten und derselben
uf eines hochloblichen churfürstlichen collegii einlangend guetachten abge-
benden endtlichen resolution mit guetem fundament und abhaltung alles
unwillens zuewartten khöndte. Wie wir dann uns uf erfolgende andtwort
von Oßnabrugg, die notdurfft bey den interpositoren sambt und sonders
mit solcher bedachtsambkeit vorzubringen uns gehorsamist angelegen sein
lassen wellen, uf das in geringsten nichts praecipitiert werde.
Von denn Churcöllnischen abgesandten ist uns bisher uber dasihenig, was
wir in voriger unserer relation irenthalben underthenigist referiert, weiter
nichts zu vernemmen khommen, dahero wir erachten, sie irer genedigisten
herren principalen resolution vorderist erwartten, wir auch desto mehr in
omnem eventum Eur Kayserlichen Mayestät genedigister resolution hier-
über vonnötten haben werden.
PS. Nebenligende zeitungen aus dem Haag und Pariß seint uns gleich bei
ausförtigung zuekhommen.