Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
Wir, Nassau und Volmar, haben gestern Oxenstierna besucht. Unnd ob wir
woll unßerstheilß allein in terminis curialibus zu verpleiben vorgehabt,
auch zu einigen ferneren discursibus ahnlaß zu geben nicht gemeint wahrn,
so hatt doch ermelter graff von Oxenstirn von sich selbst ein unnd anderß
auf die bahan zu bringen angefangen und forderst zu erkennen geben, wel-
chermaßen er der ursachen allherkömmen, auf daß er mit den Frantzößi-
schen sich in denen noch ubrigen puncten, sonderlich aber de modo trac-
tandi mehrers unterreden und vergleichen könten. Da sie, Schweeden, dan
bieß daher indifferent geweßen, ob man mit ihnen per internuncios oder
immediate oder in schriefften tractirn unnd handlen wolte, mit anhen-
ckungh, daß er deßwegen auch mit Ewer Excellentz geredt, selbige glei-
chergestalt indifferent befunden, allein, daß sie dabey sich sowoll weiterß
vernehmmen laßen, vielleicht daß beste sein würde, daß die chronen ver-
einigt ihre praetension super puncto satisfactionis in schrifften eroffnen
theten. Unnd mögte er gleichwoll auch gern von unß vernehmmen, welches
wir vor daß beßer hilten. Wir haben ihm darauf geandtworttet, daß wir
woll darfur halten, Ewer Excellentz und wir werden allerseidts hierinnen
keine große difficultet machen, auf welche weiße man forderlichst zu denen
haupthandlungen werde gelangen mögen. Soviell verspureten wir woll, daß
ihre Kayserliche mayestät gern sehen würden, daß die cronen alles daß-
ienige, was sie auss dero responsiones einzuwenden hetten oder zu haben
vermeinten, auf einmahll heraußgeben theten, damit man furderß ohn
verliehrung der zeit in den tractaten fortschreiten könten.
Hiebey seye zwar auch ein ansehens auf die reichsstände zu haben, alß mit
welchen ihre Kayserliche mayestätt alles zu deliberiren von selbsten geneigt
weren, unnd erscheine, daß ihnen, ständen, fast lieber sein werde, derglei-
chen erclärungen in schrifften zu sehen. Doch stunde es dahin, wie man sich
hierunder ein- und anderseits werde vergleichen mögen. Er hatt hierauf zu
verstehen geben, daß er noch selbten abents mit den Frantzoßen von dießen
puncten weiters handlen wolte, seins theilß hielte er fast vor daß beste, daß
sie ihre replic vor dießmall in schriefften herauß geben, folgents ohne wei-
tere schriefftwechselungh, allein von mundt, es geschehe nun mediate vel
immediate, tractirt werde.
Nach dießer ist er auf die gravamina protestantium kommen, unß gefragt,
ob wir selbige gesehen, unnd waß unßer meinüngh darüber, mit vermel-
düng, man muste einmahll dahin gedencken, daß hierunder ein mittell
getroffen werde. Wir andtwortten ihme, daß die sache von schweren nach-
dencken, wir hilten darvor, die catholische wurden mit ihren gegenbe-
schwerden, welches dan nichts dan contradictoria der anderen wehren,
auch unverzoglich heraußgehen, unnd alßdan der marckt lehrnen krahmen.
Wir sehen woll, daß der geistliche vorbehalt der hauptpünct in allen wehr,
an dem bestunde die substantz der catholischen religion in Theützlandt.
Wan die protestantes die catholische religion unnd deren ahnverwandte
stände im Reich neben sich gedulden wolten, so müsten sie sich dießem
püncto anders, alß bießhero beschehen, erklähren unnd solchergestalt die
axt nicht ahn die würtzell legen. Beyde religionen stände hetten sonder
zweiffell ein größes aufsehen auf beede crönen, deren die eine catholisch,
die andere aber evangelisch. Wan dieße beyde nichts anders thuen, dan
allein beyden theilen nach beschaffenheit der religionen per extrema zu
assistirn gedencken wolten, so wehre bey solcher weiß kein fried zu hoffen,
wan man sich aber der billigkeit beruhmen unnd auf daßjenige, waß salva
et illaesa conscientia, salvo religionis statu geschehen könnte, sehen wolt, so
wehre woll ein vertreglicher vergleich zu verhoffen. Er beschloße hierauf
solche materi mit erbieten, daß, obwoll die cron Schweeden der evangeli-
schen religion zugethan, so wurde man doch nicht bedacht sein, ihrestheilß
in extremis zu verharren, sondern vielmehr die protestirende zu aller
billichkeit anzuweißen.
Heut vormittag hatt er unß die visita erstattet unnd praemissis curialibus
abermahln den punctum de modo tractandi recapitulirt und angezeigt, daß
er hievon mit den Frantzößen umbstandlich gehandlet. Er vermeinte seins-
theilß, ahm besten zu sein, daß sie auf ihrer seiten uber die Kayßerliche eine
kurtze replic ad singula in schriefften ubergeben und man alßdan, ohne
fernere schriefftwechselung, mundtlich von vergleichung ein und anderen
punctens tractiren und handlen solte. Allein wehre noch ettwas
unterschiedt zwischen hier und Oßnabruck wegen der mediatorn verhan-
den, da dan schon zuvorn auf die bahan gebracht, daß eine deputation auß
denen stenden pro internunciis, die vortrage und andwortten der parteien
hin und wieder zu referiren haben, verordnet werden solte, ihnen, Schwee-
dischen, were solches nicht zuwieder. Wir haben hierauß mit glimpflicher
außführung remonstirt, daß dießes mittell überflußig, ja auch den tractaten
offt mehr verhinderlich sein wurde, sintemaln vorderst die stände selbst sich
dießer deputation schwerlich undereinander wurden vergleichen können,
sodan manchmalß ungleiche meinung im referiren darauß entstehen, wie
bereitz exempla solcher mißverständnuß obhanden seyen. Den stenden seye
zwar darahn gelegen, daß sie von allen, so vorlaufft, nachricht haben, daß
werden aber die Kayßerlichen gesandten zu thuen unnd mit ihnen, stenden,
uber ein und anders zu consultirn crafft habender instruction nit under-
laßen. Unnd könten alßo alle difficulteten durch personliche unterredüng
zwischen den plenipotentiariis selbst furkommen, auch beederseits solche
beschedenheit gebraucht werden, daß man sich keiner verlengerungh oder
ungelegenheiten zu beßorgen haben möcht. Im ubrigen zweiffleten wir
nicht, wan er wieder nach Oßnabruck anglangte, es würden sich Eur Excel-
lentz mit ihme hierunder leichtlich vergleichen können. Mitt dießer unßerer
gegenrede ist er sehr woll content geweßen unnd ließe sich vermercken, daß
ihme dießer modus ahm besten wurde belieben.
Folgendts wiederholete er wiederumb die materi von den gravaminibus,
und ließe es fast uf obbedeutete erclärung gestelt sein. Der dritte punct
wahr die amnistia, da er dan gleich, wie hiervor vom Salvio auch besche-
nen, ungleich aufnemb, daß ihro Kayßerliche mayestätt selbige durante
tractatu unnd ehe dan ichtwas mit den crönen wehre verglichen worden,
publicirt hette. Er vermeinte, die amnistia wehre effectus pacis unnd solang
der nicht geschlößen, kente auch die amnistia kein bestandt haben, daß dan
auch die stände, so hiebey interessirt, nicht damit zufrieden, sondern lieber
deß erfolgenden universalfriedenschlueß erwahrten wölten; die cronen wir-
den von dem anno 1618 nicht weichen können.
Wir haben ihme zu erkennen geben, waßgestalt ihro Kayßerliche mayestätt
hierzu in krafft deß Regenßpurgischen reichßabschiedts und deß Franck-
furtischen deputationschlueß
underschidtlichen hohen reichßstenden, furgeschritten wehren und dieß
allein zu gäntzlicher beruhigung der stende alßo vorgenohmmen hetten.
Bedeutter reichsabscheidt brechte gleichwoll außtrucklich mit, daß dabey
verpleiben solt, wohin auch daß wandelbahre gluck deß krieges auß-
schlagen mögte. Haben derentwegen ihro Mayestet die zeit billich uf anno
1630 determiniren sollen, wan sich dannoch ein oder andere sache in parti-
culari anders abhandlen und darvon aufgezogen oder von newen hinzu-
gesetzet werden muest, daß stunde zu kunfftiger handlungh. Dan es hetten
die Frantzößen doch in ihrer proposition den hieruber gefaßeten articull
mit einer clausüla salvatoria bemerckt und hinzugesetzet, exceptis iis, quae
hic aliter tractabuntur, beobachtet werden, sintemaln selbige auf einem
öffentlichen schlueß fundirt wehr.
Wir haben auch gefragt, ob er mit den Frantzosen wegen beyziehung der
residenten gehandlet und auß seiner andtwordt vermerckt, daß sie darvon
nicht weichen wollen, sondern sich uf ihre gegeneinander habende alliance
bezogen hetten, alßo es die Schweden auch dabey würden bewenden laßen.
Der abscheidt ist in summa geweßen, daß er seins orts die tractaten befürde-
ren unnd sobalt er nach Oßnabruck komme, die replic heraußgeben solte.
Man mueße sehen, daß den ständen ihrer habender gravaminum halber zu
ruhe geholffen werde. Im ubrigen die satisfaction der cronen betreffent,
wurden sich schon mittell finden, daß man eher so großen nachtheill, alß
man dieß orts vermeinte, hindurchkommen konte.
Alß er, Oxenstirn, von unß abgeschieden, haben sich gleich darauf alle 3
Frantzoßen bey unß eingestellet, erstens complementi wegen der Weinacht-
feyertagen verrichtet, sodan vermeldet, sie weren nun im werck, ehister
tagen sich uber die Kayßerliche responsiones vernehmen zu laßen, wie sie
dan sich deßen mit dem Oxenstirn bereitz vergliechen, allein weiln sie von
demselben vernohmmen, daß Eur Excellentz den Schweden albereitz ihre
volmacht vorgewießen, dergleichen aber alhie gegen ihnen noch der zeit
nicht beschehen, wiewoll sie vernehmmen, daß Euer Excellentz selbigen bey
den mediatoribus depositirt, unnd zwar sonst ahn deroselben egalitet gantz
nicht zweiffelten, alßo hetten sie nicht umbgehen mögen, unß deßentwegen
anzusprechen umb solche fursehung zu thuen, damit hernach deßenthalben
in ipso progressu tractatuum kein hindernus entsprunge. Zum anderen
hetten sie auch auß guter frundtschafft und vertraiwen unß anzeigen wol-
len, wie daß sie berichtet worden, ob solte die newe königin in Fohlen ihren
wegk alhie durchnehmmen wollen, darvon sie zwar noch kein gewießheit
hetten, iedoch aber willens wehren, den residenten Saint Romain
gegenzuschicken, und eigentlich zu vernehmmen, waß ihre intention wehre,
zweifelten nicht, wir wurden unß dieß orts im gleichen aller gebühr zu
erzeigen unbeschwert sein.
Uf den ersten puncten haben wir geandtwordtet, es wehre nicht ohne, daß
Eur Excellentz ihre volmacht alhie bey den herrn mediatorn depositirn
laßen, so aber der ursach beschehen, daß dieselbe im collationirn der lest
verglichenen minuta nicht gleich, sondern auf die erste formb, wie wirs an-
fangs producirt hetten, außgefertigt befunden und darumb vor unnöttig
gehalten worden, selbige ihnen exhibiren zu laßen, sondern es hetten Eur
Excellentz alßbald umb anderwertige außfertigung geschrieben unnd
immittelß gleichwoll die mitgebrachte den herrn mediatorn hinderlegen
wollen, damit man nicht vermeinen möcht, man wehre hiedurch einige ver-
lengerungh zu suchen gemeint. Unnd verhoffen wir, die new umbgefertigte
volmacht wurde negst künfftige wochen gewieß vorhanden sein. Mit wel-
cher anzeigh sie woll zufrieden geweßen unnd sich erclärt, inmittelß
ihrestheilß, Eur Excellentz sein alhie oder nicht, mit denen tractaten auch
in dero abweßen zween unß furzufahren.
Die polnische Königin wird wahrscheinlich nicht über Münster reisen. Auf
den abendt sein die mediatores kommen, die haben anfangs auch comple-
menta wegen der feyrtagen verrichtet, solchem nach anzeigt, daß sie nicht
underlaßen, daßienig, warümb wir sie vor 8 tagen requirirt, bey denen
Frantzoßen anzubringen, sonderlich aber zu remonstriren, warumb sie einige
hoffnüng auf retention der Vorderösterreichischen landen nicht zu machen;
die hetten sich aber allein auf die conferentz mit dem Oxenstirn bezogen.
Inzwischen were der duca de Longavilla auf herrn nuncium gestoßen und
hette ihm gleichsamb mit einem resentiment vorgehalten, sie, mediatores,
machten ihnen die sache mit dem Elßas so schwer, da er doch bereitz nach-
richt, daß Euer Excellentz gegen denen Schweedischen anweishung gethan,
daß man erpietig wehre, Breysach demolirn zu laßen, gleichsamb wolte
man ihnen damit daß halb Elßas nachgeben. Deßgleichen sagt der Vene-
tianische pottschaffter, vom comte Servient vernohmmen zu haben, daß er
sich gleichergestalt auf solche offerta, so von Euer Excellentz gegen dem
Schweedischen beschehen sein solte, bezogen, unnd es zumaln alßo außge-
deutet, alß wan sie viel lieber denen Schweedischen doppelt alß den Frant-
zoßen einfacht satisfication geben wolten, warauß die Frantzoßen den
schlueß machen, daß bey ihr Kayserlichen mayestät kein rechter ernst were,
mit ihnen friedt zu machen, und vermeinten desto mehr ursach zu haben,
alles, was sie ahm Rheinstromb in handen haben, einzubehalten.
Unnd ließend sich beede herrn mediatores hiebey vermercken, alß wolte
man sie mit nebentractaten umbgehen. Uber daß sagte der Venetus, der
Servient hette auch zu einem behelf, warumb Franckreich bono titulo die
Vorderöstereichischen lande einbehalten könte, angezogen, daß sie mit
schreiben darthuen unnd beweißen wolten, daß ihre fürstliche durchlaucht,
mein gnedigste fraw, sich auch deß kriegs mit einziehung Kayßerlicher
kriegsvolcker und offension ein unnd anderen standts theilhafftig ge-
machet.
Wir haben ihnen geandtworttet, daß wir uns forderst woll zu erinnern
wusten, weßen sie ahn die Frantzoßen zu bringen, von uns weren requirirt
worden, unnd daß darin der demolition Breysach nicht wehre gedacht wor-
den, außerhalb, daß ich, Volmar, zum ersten mahll, alß ich in nahmen Euer
Excellentz zu ihnen kommen, per discursum gedacht , wo es entlich mangell
haben solte, daß man dem hauß Ostreich mit dießer vestung nicht trawen
wolt, so kont mans woll demantelirn. Ich hetts aber nicht per modum pro-
prium gemeldt. Waß nun Euer Excellentz gegen denen Schweedischen hier-
under sich hetten vernehmmen laßen, daß wusten wir nicht. Herr Oxen-
stirn hette es auch gegen unß nicht gedacht, da er doch unß gefragt, ob die
Frantzoßen daß Elßas praetendirten unnd sich verwundert, alß wir ja
geandtworttet unnd daß eß unß die mediatores selbst doch nicht per
modum commissionis sonderen per aviso angezeigt hetten. Eß mögte alßo
sein, daß Euer Excellentz per discursum gegen denen Schweedischen solchen
vorschlagh hetten vernehmen laßen, daß hette aber gahr nicht den ver-
standt, daß man darumb denen Frantzoßen ein mehrers alß anerbotten
wörden, nachgeben wollen, viel weiniger, daß man sie, mediatores, in eini-
gen zu praeteriren begehrte.
Waß deß Servientz inculpation gegen meine, Volmars, gnedigste frawen an-
langte, da mochte ich gern mehr particularia von ihnen hören. Wurde als-
tan gnuchsamb zu andtwordten wißen. Waß ihre fürstliche durchlaucht vor
Kayßerliche kriegsvolcker ahn sich gezogen, daß were per modum defen-
sionis unnd nicht offensionis beschehen. Würde auch nunmehr bewießen
werden mögen, daß ehe dan die Vorderösterreichischen lande von andern
feientlich angloffen unnd verfolgt worden, einer benachbahrter reichsstand
darauß schaden unnd kriegsbetrengnus empfangen hab. Unnd hiemit haben
wir auch die mediatores zufrieden gestelt.