Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann

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Vorgestern haben die herren mediatores, ein jeder absönderlich, mich be-
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sucht und beyde referiret, daß die Frantzosen, ohngehindert aller remon-
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strationen, noch ieweils bestendig auff ihrer gefasten meinung wegen deß
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hertzogs von Lothringen verharreten und mitt demselben keineswegs
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alhier tractiren wolten. Bezögen sich allemahln auff die außschliessung
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in den praeliminaribus

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Hg. Karl IV. von Lothringen war im Hamburger Präliminarvertrag vom 15./25. Dezem-
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ber
1641 nicht ausdrücklich von den Verhandlungen ausgeschlossen worden (vgl. [Nr. 58] bei
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Anm. 2: an dieser Stelle heißt es korrekter, daß der Hg.
in den praeliminarien nitt einge-
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schlossen wehre).
und die vorgangene tractaten zu Pariß

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Pariser Vertrag vom 29. März 1641 (Text: DuMont VI/1, 211f).
, gäben
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dabey auch vor, der hertzog wehre eines solchen humors, wan seine furst-
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liche durchlauchtt zu diesen tractaten admittirt, wurden sie newe instro-
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wungen machen und dardurch nur confusiones, viele newe difficulteten
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und verlängerung deß friedenschluß verursachen, und zwarn do mehr,
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weiln erstlichen zu disputiren sein wurde, ob ihrer durchlauchtt, dero ge-
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mahlin

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Nicole (1608–1657), Erbtochter Hg. Heinrichs II. von Lothringen (1563–1624, Hg. 1608),
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seit 1621 mit Karl von Vaudémont, dem späteren Hg. Karl IV. von Lothringen, verheira-
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tet. Karl IV. war in den Jahren 1624/25 auf rechtlich zweifelhafte Art und Weise und ge-
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gen den begründeten Anspruch seiner Gemahlin Nicole an die Herrschaft in Lothringen
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und Bar gelangt ( Tischer, Diplomatie, 191f).
oder dero herrn bruder

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Nikolaus Franz von Lothringen (1609–1670); 1634 Hg. von Lothringen und Bar ( Poull,
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239ff). Nikolaus Franz war der jüngere Bruder Hg. Karls IV. und hatte die Herrschaft in
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Lothringen und Bar nach dessen Abdankung übernommen.
daß landt gepuhren und zukommen solt.
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Liessen iedoch sich vernemmen, wan die Kayserliche oder auch die kö-
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niglich Spanische fur den hertzogen mitt ihnen handlen wolten, daß sie
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darzu nitt ungeneigt, zumahln sie auch ietzt newlichen gnugsamb anlaß

[p. 228] [scan. 322]


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darzu geben, indem sie sich gegen dieselbe erclehrt hetten, waß sie dem
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hertzogen jährlichen zu seiner satisfaction zu geben gedächten

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Gemeint ist die frz. Proposition Pour l’affaire du Duc Charles De Lorraine, [praes. Chigi
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Münster 1647 Juli 19] (Text: NS IV, 375; vgl. auch APW [II B 6 Nr. 64 Anm. 29] ). Darin
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wurden Hg. Karl IV. jährlich 100 000 Taler, seiner Gemahlin Nicole und seinem Bruder
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Nikolaus Franz jährlich 40 000 Taler Unterhalt in Aussicht gestellt ( Mohr, 358, allerdings
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mit falscher Zahlenangabe).
und daru-
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ber derenselben antwort bißher erwartendt gewest wehren. Seien auch
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erpietig, denjenigen, so deß hertzogs interessi alhier tractiren wolten, alß
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etwan einem Verdunischen gesandten (wie sie vor diesem dem Rousselot
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gegeben

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Der lothringische Interessenvertreter Rousselot war Ges. des Bf.s von Verdun (Franz von
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Lothringen-Chaligny, 1599–1672, 1623 Bf.). Hg. Karl IV. von Lothringen hatte Rousselot
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am 24. Mai 1646 mit der Vertretung der lothringischen Interessen beauftragt, nachdem sich
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eine offizielle Beschickung des Kongresses aufgrund der frz. Paßverweigerung als unmög-
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lich erwiesen hatte ( Mohr, 351–357).
) oder sonst unter eines anderen nahmen, gantz aber nitt alß
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einem Lothringischen gesandten, paß zu ertheilen.

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Ich hab ihnen unter anderen geantworttet, daß die Frantzosen durch diese
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ihre repugnantz in einer so pilliger sach gnugsamb erscheinen liessen, daß
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sie keine rechte lust zum frieden hetten. Ewer Kayserlicher Mayestät und
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der cron Spanien meinung wehre niemahlen gewest, wie auch noch nitt,
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ein so hohes, uhraltes furstliches hauß und den hertzögen alß ihren con-
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foederirten und noch auff heutige stundt mitt den waaffen assistirenden
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bey diesen tractaten außschliessen zu lassen. Daß sonsten seine furstliche
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durchlauchtt ursach zu auffziehung der tractaten zu geben begehren sol-
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ten, darzu wehre kein apparentz, es hetten Ewer Kayserliche Mayestät
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sowohl alß königliche mayestät in Hispanien bey der gantzer handlung
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gnugsamb erwiesen, daß sie die tractaten niemahln auffzuziehen, sondern
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vielmehr nach aller möglichkeit zu befurderen begehrten, also es dieser
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vorsorg nitt vonnöthen hab.

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Die herren mediatores replicirten, daß sie denen Frantzosen alles gnug-
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samb repraesentirt und vorgehalten hetten, aber nichts außrichten kön-
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nen.

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Folgenden tags hatt mich der graff von Flodorff

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Adriaan Balthasar Gf. von Flodorp (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden), ndl.
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Militär; er gehörte dem geldrischen Adel und den geldrischen Provinzialstaaten an
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( Gloria Parendi, 785f).
, so auß den Uniirten
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Niderlanden und ein standt vom hertzogthumb Geldern ist, visitirt, von
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deme ich verstanden, daß ihr status noch immerzu continuire, sich euße-
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rist zu bemuhen, die beyde cronen Spanien und Franckreich auch zu ver-
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gleichen. Ihme gedauchte aber die meiste difficultet in puncto Lothringen
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zu sein, deßwegen dan sie, Holländische, in vorschlag gebracht hetten

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Zu den Vermittlungsvorschlägen des ndl. Ges. Knuyt in den span.-frz. Verhandlungen vgl.
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Poelhekke, Vrede, 482–485; Tischer, Diplomatie, 401f; demnächst in APW II B 7:
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d’Avaux an Mazarin, Münster 1647 Dezember 30, sowie Longueville an Mazarin, Mün-
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ster 1647 Dezember 30).
,

[p. 229] [scan. 323]


1
obs nitt bey voriger, dem instrumento pacis einverleibter generalclausul
2
(ohne ein oder anderen zu specificiren oder zu excludiren), nemblich
3
daß ein jeder seinen confoederirten und adhaerenten assistiren möge, zu
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lassen

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Am 27. September 1647 waren die Art. 1–17 und 19–21 des span.-frz. Friedensvertrags
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unterzeichnet worden (vgl. APW [II B 6 Nr. 178 Anm. 1] ). Art. 3 enthielt die hier ange-
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sprochene Generalklausel in der Assistenzfrage.
, davon sie beyder cronen gesandten eben selbigen tagh communi-
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cirt hetten. Es hatt aber nachgehendts hern graff Peneranda mir anzeigen
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lassen, daß ihme daruber annoch nichts zukommen.

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Waß die Spanische tractaten mitt denen Holländeren betrifft, berichtet
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mich sowohl obgemelter herr graff von Flodorff alß herr de Brun, daß
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alles verglichen und es nunmehr allein auff beyderseits ratification beru-
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hete.

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PS Empfangsbestätigung: Nr.n 40, 51 und das kaiserliche Rezepisse vom
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18. Dezember 1647

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Ferdinand III. an Nassau, Prag 1647 Dezember 18. Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/44 unfol. –
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Konzept: RK FrA Fasz. 52b (1647)fol. 164.
. Hinweis auf die Relation vom 13. November 1647
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( APW II A 6 Nr. 275) betreffend die Beschwerde Kurfürst Ferdinands
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von Köln.

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