Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
Vorgestern haben die herren mediatores, ein jeder absönderlich, mich be-
sucht und beyde referiret, daß die Frantzosen, ohngehindert aller remon-
strationen, noch ieweils bestendig auff ihrer gefasten meinung wegen deß
hertzogs von Lothringen verharreten und mitt demselben keineswegs
alhier tractiren wolten. Bezögen sich allemahln auff die außschliessung
in den praeliminaribus
dabey auch vor, der hertzog wehre eines solchen humors, wan seine furst-
liche durchlauchtt zu diesen tractaten admittirt, wurden sie newe instro-
wungen machen und dardurch nur confusiones, viele newe difficulteten
und verlängerung deß friedenschluß verursachen, und zwarn do mehr,
weiln erstlichen zu disputiren sein wurde, ob ihrer durchlauchtt, dero ge-
mahlin
Nicole (1608–1657), Erbtochter Hg. Heinrichs II. von Lothringen (1563–1624, Hg. 1608),
seit 1621 mit Karl von Vaudémont, dem späteren Hg. Karl IV. von Lothringen, verheira-
tet. Karl IV. war in den Jahren 1624/25 auf rechtlich zweifelhafte Art und Weise und ge-
gen den begründeten Anspruch seiner Gemahlin Nicole an die Herrschaft in Lothringen
und Bar gelangt ( Tischer, Diplomatie, 191f).
Liessen iedoch sich vernemmen, wan die Kayserliche oder auch die kö-
niglich Spanische fur den hertzogen mitt ihnen handlen wolten, daß sie
darzu nitt ungeneigt, zumahln sie auch ietzt newlichen gnugsamb anlaß
darzu geben, indem sie sich gegen dieselbe erclehrt hetten, waß sie dem
hertzogen jährlichen zu seiner satisfaction zu geben gedächten
Gemeint ist die frz. Proposition Pour l’affaire du Duc Charles De Lorraine, [praes. Chigi
Münster 1647 Juli 19] (Text: NS IV, 375; vgl. auch APW [II B 6 Nr. 64 Anm. 29] ). Darin
wurden Hg. Karl IV. jährlich 100 000 Taler, seiner Gemahlin Nicole und seinem Bruder
Nikolaus Franz jährlich 40 000 Taler Unterhalt in Aussicht gestellt ( Mohr, 358, allerdings
mit falscher Zahlenangabe).
ber derenselben antwort bißher erwartendt gewest wehren. Seien auch
erpietig, denjenigen, so deß hertzogs interessi alhier tractiren wolten, alß
etwan einem Verdunischen gesandten (wie sie vor diesem dem Rousselot
gegeben
Der lothringische Interessenvertreter Rousselot war Ges. des Bf.s von Verdun (Franz von
Lothringen-Chaligny, 1599–1672, 1623 Bf.). Hg. Karl IV. von Lothringen hatte Rousselot
am 24. Mai 1646 mit der Vertretung der lothringischen Interessen beauftragt, nachdem sich
eine offizielle Beschickung des Kongresses aufgrund der frz. Paßverweigerung als unmög-
lich erwiesen hatte ( Mohr, 351–357).
einem Lothringischen gesandten, paß zu ertheilen.
Ich hab ihnen unter anderen geantworttet, daß die Frantzosen durch diese
ihre repugnantz in einer so pilliger sach gnugsamb erscheinen liessen, daß
sie keine rechte lust zum frieden hetten. Ewer Kayserlicher Mayestät und
der cron Spanien meinung wehre niemahlen gewest, wie auch noch nitt,
ein so hohes, uhraltes furstliches hauß und den hertzögen alß ihren con-
foederirten und noch auff heutige stundt mitt den waaffen assistirenden
bey diesen tractaten außschliessen zu lassen. Daß sonsten seine furstliche
durchlauchtt ursach zu auffziehung der tractaten zu geben begehren sol-
ten, darzu wehre kein apparentz, es hetten Ewer Kayserliche Mayestät
sowohl alß königliche mayestät in Hispanien bey der gantzer handlung
gnugsamb erwiesen, daß sie die tractaten niemahln auffzuziehen, sondern
vielmehr nach aller möglichkeit zu befurderen begehrten, also es dieser
vorsorg nitt vonnöthen hab.
Die herren mediatores replicirten, daß sie denen Frantzosen alles gnug-
samb repraesentirt und vorgehalten hetten, aber nichts außrichten kön-
nen.
Folgenden tags hatt mich der graff von Flodorff
Niderlanden und ein standt vom hertzogthumb Geldern ist, visitirt, von
deme ich verstanden, daß ihr status noch immerzu continuire, sich euße-
rist zu bemuhen, die beyde cronen Spanien und Franckreich auch zu ver-
gleichen. Ihme gedauchte aber die meiste difficultet in puncto Lothringen
zu sein, deßwegen dan sie, Holländische, in vorschlag gebracht hetten
obs nitt bey voriger, dem instrumento pacis einverleibter generalclausul
(ohne ein oder anderen zu specificiren oder zu excludiren), nemblich
daß ein jeder seinen confoederirten und adhaerenten assistiren möge, zu
lassen
Am 27. September 1647 waren die Art. 1–17 und 19–21 des span.-frz. Friedensvertrags
unterzeichnet worden (vgl. APW [II B 6 Nr. 178 Anm. 1] ). Art. 3 enthielt die hier ange-
sprochene Generalklausel in der Assistenzfrage.
cirt hetten. Es hatt aber nachgehendts hern graff Peneranda mir anzeigen
lassen, daß ihme daruber annoch nichts zukommen.
Waß die Spanische tractaten mitt denen Holländeren betrifft, berichtet
mich sowohl obgemelter herr graff von Flodorff alß herr de Brun, daß
alles verglichen und es nunmehr allein auff beyderseits ratification beru-
hete.
PS Empfangsbestätigung: Nr.n 40, 51 und das kaiserliche Rezepisse vom
18. Dezember 1647
( APW II A 6 Nr. 275) betreffend die Beschwerde Kurfürst Ferdinands
von Köln.