Acta Pacis Westphalicae III B 1,1 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 1. Teil: Urkunden / Antje Oschmann
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c Zessionen des Reiches und der Erzherzöge von Österreich (Nr.n 9–10, 13–14)
In §§ 70, 72 und 73 IPM werden Rechte des Reiches und des Hauses Habsburg in den drei lothringischen Bistümern Metz, Toul und Verdun sowie über Pinerolo und im Elsaß dem Königreich Frankreich abgetreten. Dies sollten Kaiser und Reichsstände sowie die beiden Erzherzöge von Tirol bestätigen und dafür sorgen, daß auch Spanien eine entsprechende förmliche Erklärung abgebe (§ 78 IPM). Für Letzteres mußte ein Ersatz gefunden werden, da Madrid nicht in den Frieden einbezogen war, Frankreich hingegen darauf bestand (s. Nr.n 8 und 15). Die den Kaiser und die Reichsstände sowie die Erzherzöge von Österreich betreffenden Schriftsätze waren schon im November 1647 entworfen worden
. Man hatte sich darauf geeinigt, daß zwei Urkunden ausgestellt würden, eine für das Reich, die vom Kaiser und von Reichsständen unterzeichnet werden sollte, die andere von den beiden Tiroler Erzherzögen zusammen mit dem Kaiser, der hier als Haupt der österreichischen Habsburger erschien.
Da aber auch diese beiden Urkunden am 24. Oktober 1648 nicht vorgelegt wer-den konnten, wurde ein Behelf geschaffen. Für das Reich unterzeichneten die kai-serlichen Gesandten Nassau und Volmar am 24. Oktober 1648 in Anwesenheit des französischen Gesandten Servien ein Schriftstück (Nr. 9), das zwar nur vor-läufig galt, jedoch für den Fall, daß eine weitere, endgültige Fassung bis zum Austausch der Ratifikationsurkunden nicht beigebracht werden könne, als die gül-tige Erklärung angesehen werden sollte. Die Urkunde enthielt den verabredeten Text über die Verpflichtung von seiten des Kaisers und der Reichsstände, war jedoch weder vom Kaiser unterzeichnet, noch zählte sie im zweiten Teil die zur Unterzeichnung berechtigten reichsständischen Gesandten namentlich auf. Dann folgten zwei Versicherungen. In der einen verpflichteten sich die beiden kaiserli-chen Gesandten, bis zur Ratifikation eine vom Kaiser unterzeichnete und ausge-fertigte Fassung beizubringen, in der anderen bestätigten die Reichsstände, vertre-ten durch die mittels des Reichsschlusses vom 3./13. Oktober 1648 als Bevoll-mächtigte des gesamten Corpus benannten und hier namentlich aufgeführten Ge-sandten, ihre Bereitschaft, die vom Kaiser vorgelegte endgültige Fassung zu unter-zeichnen.
Die Urkunde vom 24. Oktober 1648 ist auf Papier in dem üblichen Folioformat ausgefertigt. Die kaiserlichen Gesandten siegelten mit ihren privaten, auf das Pa-pier aufgedrückten Siegeln, die reichsständischen Gesandten ebenfalls. Das Schriftstück wurde nur einmal, zur Übergabe an den französischen Gesandten Servien, ausgestellt; es befindet sich heute in den
AE
Paris und liegt unserer Edition zugrunde
Text:
Koch, 175–186 (der Abdruck ist 1792 VII 9 vidimiert);
Vast, 58–61.
Koch, 187–190, druckt außerdem das 1647 XI 11 abgesprochene Formular dafür, wahrscheinlich nach der in
AE
Paris, Traités multilatéraux, liegenden, von dem Sekretär des ksl.
Ges.
Nas-sau, Matthias Geych, unterschriebenen Urkunde.
. Da die Urkunde nur vorbehaltlich und als Ersatz galt, die
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Urkunde vom 7. November jedoch die eigentliche Abtretungserklärung dar-stellt
Vast, 58 Anm. 1, nimmt das Gegenteil an.
, werden diejenigen Passagen, in denen die zweite Urkunde mit ihr über-einstimmt, nur dort abgedruckt.
Die endgültige Abtretungserklärung von Kaiser und Reich (Nr. 13) wurde in Wien zugleich mit den kaiserlichen Ratifikationen der beiden Friedensverträge
und dem Exekutionsedikt
unter dem Datum des 7. November 1648 ausgefer-tigt. Als Vorlage diente wahrscheinlich ein von den kaiserlichen Gesandten am 25. Oktober 1648 übersandter Text
Sehr wahrscheinlich handelt es sich um jene Kopie, in der Volmar auf jedem Blatt vorne unten einen Kollationsvermerk angebracht hat (
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
56d [1648 X 7–15] fol. 1–3’).
. Der Edition liegt das Exemplar zugrunde, das Servien am 18. Februar 1649 ausgehändigt wurde. Es war mit dem Boten, der die kaiserlichen Ratifikationen mit sich führte, am 3. Dezember 1648 nach Münster gekommen und dort zehn Tage später (4./14. Dezember 1648) im Quartier Volmars von den reichsständischen Deputierten unterzeichnet wor-den
. Der äußeren Form und Gestaltung nach gleicht diese Urkunde den kaiser-lichen Ratifikationsurkunden des IPM und des IPO; auch sie hat ein etwas größe-res Format, ist auf Pergament geschrieben und in dunkelroten Samt eingebunden. Das kaiserliche Siegel ist an einer goldenen Kordel befestigt
Die Siegelkapsel fehlt. Wahrscheinlich ist sie verlorengegangen.
.
Da die Abtretungserklärung der österreichischen Erzherzöge zur Unterzeichnung des Friedensvertrags ebenfalls nicht vorlag, übergaben Nassau und Volmar am 24. Oktober 1648 ein Schriftstück
Text:
Koch
,191–195;
Vast
, 62ff.Ein Entwurf mit vielen Verbesserungen und dem Ver-merk placet
in:
AE
Paris,
CP
All
110 fol. 210.
, in das sie den 1647 vereinbarten Text der habsburgischen Zession einfügten und in dem sie darüber hinaus versicherten, daß sie bis zum Ratifikationentausch eine von den beiden Tiroler Erzherzögen und dem Kaiser unterzeichnete und gesiegelte Urkunde aushändigen würden, an-dernfalls die vorliegende vorläufige Fassung als die im Friedensvertrag geforderte förmliche Abtretung gelten solle. Unserer Edition (Nr. 10) liegt diese Ausfertigung zugrunde.
Die endgültige Abtretungserklärung des Hauses Österreich stellte der Kaiser in Wien am 10. November 1648 aus. Die Tiroler Erzherzöge unterzeichneten und siegelten sie in Innsbruck unter dem Datum des 24. November. Zusätzlich setzten Vertreter der beiden Kanzleien, nämlich die beiden Kanzler und zwei Sekretäre, ihre Unterschrift darunter. Das ausgefertigte Dokument wurde dem österreichi-schen Gesandten in Münster, Wolkenstein, zugesandt
, jedoch am 18. Februar
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1649 dem französischen Gesandten nicht von diesem, sondern von den kaiserli-chen Gesandten ausgehändigt. Für diese Urkunde hatten die kaiserlichen Gesand-ten in Münster dem Kaiserhof ebenso wie bei der Zession des Reiches eine von ihnen kollationierte Kopie als Vorlage zur Verfügung gestellt
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
56e (1648 XI 1–7) fol. 111–112’; ebenfalls von Volmar auf jedem Blatt vorne unten mit einem Kollationsvermerk versehen.
. Es wurde kein Libell, sondern ein großes Pergamentblatt verwendet. Unserer Edition (Nr. 14) liegt die Ausfertigung zugrunde, die sich heute in den
AN
Paris befindet. Die in den Urkunden vom 24. Oktober und vom 10. und 24. November übereinstim-menden Passagen erscheinen nur im Abdruck der zweiten Urkunde, da sie die endgültige ist; die Erklärung vom 24. Oktober 1648 wird an diesen Stellen ledig-lich zum Textvergleich herangezogen.