Acta Pacis Westphalicae III B 1,1 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 1. Teil: Urkunden / Antje Oschmann
a Rechtsvorbehalt der Reichsstände, 1648 August 22 (Nr. 6), Protokollnotiz des kurmainzischen Reichsdirektoriums mit zwei Inserten, [1648 September 29] (Nr. 7), und Rechtsvorbehalt Frankreichs, 1649 Februar 18 (Nr. 16)
Im August 1648 bemühten sich die Osnabrücker reichsständischen Gesandten, dem französischen Gesandten Servien Zugeständnisse hinsichtlich der französi-schen Territorialsatisfaktion abzuringen. Es ging um den genauen Umfang der im kommenden Friedensvertrag an die Krone Frankreich abzutretenden Rechte in den Bistümern Metz, Toul und Verdun sowie im Elsaß
. Die Gesandten in Os-nabrück forderten eine französische Garantie, wonach die Souveränität Frank-reichs sich allein auf die hochstiftischen Gebiete und Gerechtsame von Metz, Toul und Verdun beziehe, die Lehensrechte im Diözesangebiet jedoch nicht berühre. Hinsichtlich des Elsaß sollte Frankreich bestätigen, daß die Krone darin nur jene Rechte ausüben dürfe, die bisher von den Erzherzögen von Österreich wahrge-nommen worden waren. Der Vertragstext, insbesondere § 87, und die obligatori-sche Abtretungserklärung des Reiches
waren demgegenüber uneindeutig und bo-ten Frankreich die Handhabe, alle in den drei lothringischen Diözesen ansässigen Stände seiner Souveränität (
supremum dominium) zu unterstellen und das Elsaß dem Königreich vollständig einzuverleiben.
Der Plan für den reichsständischen Rechtsvorbehalt
Auf der Rückseite der von denreichsständischen
Ges.
unterzeichneten Ausf.(
HHStA
Wien, AUR
1648 VIII 22) ist über einer alten Signatur desMainzer Archivs als Aktenbezeichnung vermerkt: Declaratio statuum Sacri Romani Imperii super cessione Alsatiae, Suntgoviae, praefecturae Hagenoensis, item trium episcopatuum Metensis, Tullensis et Virodunensis de 22. Augusti 1648.
Als Dorsal stehtauf der im RA
Stockholm
liegenden Urkunde für Salvius: Imperii consentio [!] de satisfactione Gallicana.
Es läßt sich nicht klären, wann diebeiden Bezeichnungen niedergeschrieben wurden.
geht wahrscheinlich auf Salvius zurück. Der Text (Nr. 6) wurde in kurzer Zeit entworfen und in den
[p. CXXXIV]
[scan. 134]
Reichskollegien beraten. Ausgefertigt wurden wahrscheinlich vier Urkunden
, von denen zwei verlorengegangen sind. Eine wurde von fünfzehn reichsständi-schen Bevollmächtigten unterschrieben
Die fünfzehn
Ges.
leisteten achtzehn Unterschriften. Einzelheiten zur Unterzeichnung der reichsständischen Bevollmächtigten s. oben.
und beim Reichsdirektorium hinterlegt. Eine zweite Urkunde wurde Salvius ausgehändigt; diese hat nur das Reichsdirek-torium unterschrieben und gesiegelt. Die erste Fassung weicht an einer nicht uner-heblichen Stelle von der zweiten ab; sie beschränkt nämlich die Zustimmung der Reichsstände nicht nur in Hinblick auf die Satisfaktionsartikel, sondern auch hin-sichtlich der Generalgarantie des Vertrags auf die reichsständische Interpretation des Textes. Eine dritte Urkunde erhielt Salvius, um sie Servien auszuhändigen, was dieser zurückwies; eine vierte war für die kaiserlichen Gesandten vorgesehen. Die beiden letztgenannten Dokumente konnten bislang nicht ermittelt werden.
Als Druckvorlage unserer Edition wurde die von den Gesandten unterzeichnete Version gewählt
. Zur Textkonstituierung wurde neben der an Salvius übergebe-nen Fassung eine Kopie herangezogen, die in einen Protokollvermerk des Mainzer Reichsdirektoriums über diesen Vorgang eingefügt worden ist.
Diese Protokollnotiz (Nr. 7) wurde erst einen Monat später, Ende September 1648, konzipiert. Nachdem Servien die Annahme des reichsständischen Schrift-satzes vom 22. August 1648 verweigert hatte, wandten sich die Reichsstände mit einem Schreiben, das auf den 29. September 1648 datiert ist, direkt an den fran-zösischen König. Um selbst einen Beweis für ihren Rechtsvorbehalt in Händen zu haben, wurde eine Note über den ganzen Vorgang verfaßt und mit Kopien der Erklärung vom 22. August und des Briefes an Ludwig XIV. zu einem Dokument zusammengefügt. Das kurmainzische Reichsdirektorium bestätigte die Richtigkeit der kopierten Texte durch Unterschrift und Siegel. Unserer Edition liegt die ein-zige Ausfertigung dieses Dokuments zugrunde. Zur Textkonstitution der Proto-kollnotiz wurde außerdem eine in den französischen Akten liegende Kopie
AE
Paris,
CP
All
109 fol. 439–439’. In dieser Kopie istdas Stück auf 1648 IX 28 da-tiert.
her-angezogen; für das Schreiben der Reichsstände wurde zusätzlich auf die ebenfalls dort überlieferte Ausfertigung zurückgegriffen
. Die Kopie der Erklärung vom 22. August 1648 ist allerdings nicht hier, sondern unter Nr. 6 berücksichtigt.
Als Nassau und Volmar am 18. Februar 1649 im Quartier Serviens die kaiserli-che Ratifikation des IPM übergeben wollten, verlas der französische Gesandte
[p. CXXXV]
[scan. 135]
eine Verwahrung gegen jegliche Infragestellung der französischen Territorialsatis-faktion, wie sie im Satisfaktionsvertrag vom November 1647 und im IPM ver-einbart war. Diese Erklärung (Nr. 16) richtete sich insbesondere gegen den Rechtsvorbehalt der Reichsstände vom 22. August 1648 (Nr. 6) und gegen ihr Schreiben an den französischen König vom 29. September 1648 (in Nr. 7).
Die kaiserlichen Gesandten nahmen den Protest zur Kenntnis. Ob sie später eine Ausfertigung erhalten haben, läßt sich nicht feststellen; in den kaiserlichen Akten sind nur Kopien überliefert
Die Kopie, die Servien Volmaraushändigte (APW
III C 2,1233 Z. 20f), könnte, der Schrift nach zu urteilen,die in
HHStA
Wien,
RK
FrA
Fasz.
92 XVIII fol. 393–393’ liegendesein. Eine andere Kopie übersandten die ksl.
Ges.
nach Wien:
ebenda
Fasz.
59a unfol. – In den frz. Aktenbefinden sich weitere Kopien:
AE
Paris,
CP
All
125 fol. 257–258’ (mit der von andererHand kopierten Beglaubigung);
AssNat
Paris
279 fol. 324–325’.
. Für die spätere Behauptung Serviens
In seiner Beglaubigung von 1649 V 15.
, er habe das kurmainzische Reichsdirektorium über den Protest in Kenntnis gesetzt, haben sich keine schriftlichen Belege finden lassen.
Nach seiner Rückkehr an den königlichen Hof übergab Servien den Text in einer am 15. Mai beglaubigten
Das Konzept dieser Beglaubigungin:
AE
Paris,
CP
All
125 fol. 261–262.
Kopie. Dieses Dokument ist unserer Edition zugrun-degelegt worden.