Acta Pacis Westphalicae III B 1,1 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 1. Teil: Urkunden / Antje Oschmann

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3 Kaiserliche, französische und schwedische Ratifikationen (Nr.n 2–3 und 19–22)

a Kaiserliche Ratifikationen des IPM und des IPO (Nr.n 2, 19, 21, 22) Der Kaiser hat für das IPM und das IPO unter dem Datum des 7. November 1648 gesonderte Ratifikationsurkunden anfertigen lassen, die jeweils am 18. Fe-bruar 1649 an den französischen Bevollmächtigten und die schwedischen Gesand-ten ausgehändigt worden sind. Bemühungen, ihn dazu zu bewegen, zusätzliche Urkunden für das kurmainzische Reichsdirektorium und das Corpus Evangelico-rum auszustellen, schlugen fehl

Oben, LXV.
.
Die äußere Gestaltung beider Urkunden ist gleich und stimmt weitgehend mit der auf den gleichen Tag datierten Abtretungserklärung des Reiches für die loth-ringischen Bistümer, das Elsaß und Pinerolo überein

Als die reichsständischen Deputierten 1648 XII 4/14 die Abtretungserklärung des Reiches für das Elsaß, die lothringischen Bistümer und Pinerolo unterzeichnen wollten, wurden ihnen drei sehr ähnliche Urkunden gezeigt ( Meiern 6, 717 ). Bei diesen handelte es sich wahrscheinlich um die beiden ksl. Ratifikationen des IPM und des IPO sowie um das von ihnen dann unter-zeichnete Dokument.
. Die Urkunden sind auf Pergamentblättern geschrieben, die mit Goldschnitt versehen sind. Das Format ist etwas größer als das für Akten übliche Folioformat. Beide Urkunden sind in dun-kelroten Samt eingebunden, das rote Wachssiegel liegt in einer größeren Holzkap-sel

Die im RA Stockholm heute bei der ksl. Ratifikation liegende hölzerne Siegelkapsel kann nicht eindeutig dieser Urkunde zugeordnet werden; es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß sie dazugehört (s. den beiliegenden Zettel, dat. 9. 9. 1929). Das Wachssiegel selbst ist stark be-schädigt und nur noch zu einem Drittel vorhanden.
, die durch eine goldene Kordel mit dem Libell verbunden ist.
Wie auf dem Kongreß vereinbart, enthalten die Urkunden den vollständigen Text des jeweiligen Vertrags, und zwar von der Invocatio Dei und der Präam-bel bis zur Datierung

Diese Versionen der Vertragstexte sind bei unserer Edition des IPM und des IPO herangezo-gen worden.
. Die Vollmachten der Gesandten, die in den Unter-händlerurkunden nach dem Vertragstext eingesetzt sind, wurden hier nicht wie-derholt

In den Texten des IPM und des IPOinnerhalb der jeweiligen Ratifikationsurkunde wurdedeshalb in der Präambel der Passus (quarum apographa sub finem huius instrumenti de verbo ad verbum inserta sunt) weggelassen.
, obwohl der Kaiserhof dies befürwortet hatte

Die Initiative scheint von Salvius ausgegangen zu sein (s. Salvius an Kg.in, 1648 VIII 7/17; APW II C 4 Nr. 331, hier 638 Z. 15–23). Zur ksl. Haltung s. ksl. Ges. an Ks., 1648 VIII 17 (Ausf.: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 55b [1648 VIII] fol. 118–120’, 131), und die ksl. Antwort, 1648 VIII 30 (Konzept: ebenda Fasz. 55c fol. 78–81).
. Die Vertragstexte werden von einer Ratifikationsformel eingerahmt, die auf dem Kongreß verein-bart worden war. Für das IPM und das IPO sind unterschiedliche Texte konzi-piert worden. Am Schluß der Urkunden folgen die Unterschrift des Kaisers und, da beide Urkunden von der Reichskanzlei in deren lateinischer Expedition ange-

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fertigt wurden

Berechnet wurden für die Anfertigung der Ratifikationsurkunden 75 fl. und 23 Kreuzer ( HHStA Wien , RK Reichstaxbücher 1647–1648); dies sind die Kosten für vier Urkunden, da, wie oben geschildert, neben den Ratifikationen des IPM und des Geheimartikels zum IPO zwei Ratifikationen des IPO – mit unterschiedlicher ksl. Titulatur – ausgefertigt wurden. Die überzählige Ratifikationsurkunde des IPO hat sich nicht erhalten.
, der Namenszug des Reichsvizekanzlers Kurz und des zuständi-gen Sekretärs Johannes Walderode.
Die Reichskanzlei hat die Texte der Ratifikationsformeln, die sie in den beiden Urkunden verwendet hat, in einer beglaubigten Abschrift verwahrt

Zwei mit Kollationsvermerk verseheneRatifikationsformeln in HHStA Wien, AUR 1648 XI 7.
. Der Nach-weis, welche der aus Westfalen zugesandten Textvorlagen sie verwendet hat, ist nur für die Ratifikationsformel des IPM und für den dort inserierten Text des IPM mit einigermaßen großer Wahrscheinlichkeit zu führen

Die ksl. Ges. schickten 1648 X 25 Kopien der erforderlichen Texte an den Ks.hof. Diese Beilagen sind heute nicht mehr bei den Relationen überliefert. Bei dem überschickten IPM könnte es sich jedoch um dasjenige Schriftstück handeln, auf dem Volmar nahezu auf jedem Blatt eigenhändig einen Kollationsvermerk ( vidit Volmar) vorgenommen und mehrere Kor-rekturen eingetragen hat ( HHStA Wien , RK FrA Fasz. 56d [1648 X 7–15] fol. 237–263’, 141–144). Allerdings lassen sich in Kleinigkeiten Differenzen zwischen diesem Text und der ksl. Ratifikationsurkunde feststellen, die freilich auch auf Diktat- oder Abschreibfehler zurück-gehen können. Für die ksl. Ratifikationsformel des IPM liegt eine von Volmar in derselben Weise vidimierte Kopie vor, bei der es sich sehr wahrscheinlich um den 1648 X 25 übermit-telten Text handelt ( ebenda Fasz. 56e [1648 XI 1–7] fol. 113–114).
. Hinsichtlich des IPO ist die Identifikation der Vorlage weniger gut möglich. Weil die Ratifika-tionsformel und der Text des IPO zwischen dem 6. August und dem 24. Oktober in Details verändert wurden, übersandte die in Osnabrück tätige kaiserliche Ge-sandtschaft mindestens dreimal die entsprechend modifizierten Vorlagen

Mit der Relation von 1648 VIII 6(Konzept: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 92 XVI fol. 180–182’) übersandtesie einen Text des IPO und die ksl.Ratifikationsformel des IPO. 1648 VII 31/VIII 10wurden in den Reichskollegien zwei Formulierungen inden ksl. Ratifika-tionsformeln (für IPMund IPO) bemängelt: statt assistentibus et suffragantibus statibus sollte esheißen consentientibus et suffragantibus statibus, und zu verbo Imperiali sollte hinzugesetzt werden regio et principali ( Meiern 6, 176f ). Die Ksl. haben dieseveränderte Formel zusammen mit einem erneutkollationierten Text des IPO 1648 VIII 31(Ausf.: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 55b [1648 VIII] fol. 168–171’,174–176’, 179) nach Wien übersandt. Schließlichüberschickten sie 1648 X 25 (Ausf.: ebenda Fasz. 58a [1648 VII–X] fol. 215–217’,226, PS fol. 219) erneut eine Abschrift beiderTexte. Die Beilagen sind heute nicht mehr in jedemFall bei den Hauptschreiben abgelegt.
. Die in der kaiserlichen Überlieferung befindlichen Texte können jedoch nicht mehr eindeutig den jeweiligen Relationen zugeordnet werden

Für die Ratifikationsformel des IPO lassen sich die Version von 1648 VIII 6 ( ebenda Fasz. 55b [1648 VIII] fol. 67–68) und die 1648 VIII 31 zugesandte und veränderte Formel ( ebenda fol. 177–178) nachweisen. In den ksl. Akten liegen vier Exemplare des IPO aus der Zeit 1648 VIII–X; eine Zuordnung ist aufgrund der darin angebrachten Korrekturen und Streichungen freilich schwierig. Es handelt sich um: 1) ebenda fol. 16–66’; 2) ebenda Fasz. 56d unfol. [am Anfang]; 3) ebenda Fasz. 56d (1648 X 7–15) fol. 157–207’; 4) ebenda Fasz. 57 Konv. D fol. 39–107. Einer dieser Texte kann als Vorlage gedient haben.
. Jedenfalls haben sich

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vier Fehler in die kaiserliche Ratifikation des IPO eingeschlichen, und zwar in die Ratifikationsformel und in den Vertragstext

Es fehlten in XV,8 IPO das Wort semper und in XV,13 IPO die Passage conventuique huicinsinuata. Die letztere war 1648 IX 16 bei der Deposition des IPO auf Veranlassung Salvius’ hinzugesetzt worden (vgl. Ksl. an Ks., 1648 IX 17; Ausf.: ebenda Fasz. 55b [1648 IX] fol. 85–89, PS fol. 90). In der Ratifikationsformel waren die beiden Korrekturen, die 1648 VII 31/VIII 10 in den Reichskollegien (Anm. 451) beschlossen worden waren, nicht ausgeführt worden.
, die sich nicht nur auf Unacht-samkeit der Kanzlei, sondern auch darauf zurückführen lassen, daß beim Ab-schreiben nicht die aktuelle Version verwendet wurde. Dies trifft besonders für jene Stelle zu, wo in der kaiserlichen Ratifikationsformel die Mitwirkung der Reichsstände bei den Friedensverhandlungen umschrieben wird

Übrigens sind die in XV,8 und XV,12 IPO aufgetretenen Fehler in § 55(1) und § 58 IPM, die mit dem IPO völlig übereinstimmen und in die ksl. Ratifikation des IPM eingefügt sind, nicht aufgetreten. In das Formular der ksl. Ratifikationsformel für das IPM waren die Ter-mini consentire und suffragare, die dort – wenn auch in leicht modifizierter Form – ebenfalls zur Beschreibung der reichsständischen Mitwirkung bei den Vertragsverhandlungen verwen-det wurden, von der Reichskanzlei anstandslos übernommen worden. Der Zusatz regali et principali war in der ksl. Ratifikationsformel des IPM nicht vorgesehen.
.
Die Fehler in der Ratifikation des IPO wurden bemerkt, als diese Urkunde nach ihrem Eintreffen in Münster kollationiert wurde. Daraufhin verbesserten die kai-serlichen Gesandten diese Fehler eigenhändig und übergaben den schwedischen Gesandten nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden darüber eine Beschei-nigung

Text: Nr. 22. – Sie wurde, wie auf einer Kopie ( Giessen 200 fol. 36–36’) vermerkt, 1649 II 25 ausgehändigt. Es sind zwei Konzepte erhalten, die sich in der Anzahl der aufgeführten Korrekturen unterscheiden (Kopien: Giessen 200 fol. 38–38’ und 39).
, die sie selbst unterzeichneten

Es muß dahin gestellt bleiben, ob die Annahme Philippis, 70, zutrifft, im Wiener Exemplar sei die Unterschrift Kranes von einem Schreiber hinzugefügt worden. Abbildungen eigenhän-diger Schreiben Kranes finden sich bei Nolte, 120f, 125–130.
. Von dieser sind zwei Ausfertigungen überliefert, die für die schwedischen und die kaiserlichen Akten bestimmt wa-ren

In Wien ist diese Urkunde der schwed. Ratifikation für das kurmainzische Reichsdirektorium beigefügt. In Stockholm ist sie in die ksl. Ratifikation des IPO eingeheftet. Das Schriftstück ist gedruckt: ST 6.1, 458f; Philippi, 70.
. Weil das heute im RA Stockholm liegende Exemplar den Schweden aus-gehändigt wurde und den Beleg für die Gegenseite darstellt, wurde es als Druck-vorlage gewählt, obwohl es durch eine Beschädigung an der rechten oberen Ecke einen geringfügigen Textverlust aufweist.
Ansonsten sind die Texte beider Ratifikationsurkunden, insbesondere die Abschrif-ten der beiden Friedensverträge, sorgfältig gearbeitet. Es lassen sich, zieht man die Länge dieser Texte in Betracht, nur wenige Fehler, nämlich drei in der Ratifika-tion für Schweden und sieben in derjenigen für Frankreich, nachweisen. Zusätzlich zu der allgemeinen Ratifikation des IPO fertigte der Kaiser eine Bestä-tigung des Geheimartikels aus. Eine entsprechende Forderung war erst im No-vember 1648 von Salvius erhoben worden

Anm. 153.
. Im Unterschied zu den beiden an-

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deren Ratifikationen ist diese Urkunde schlicht gehalten. Sie ist nur auf ein großes Papierblatt geschrieben, und das kaiserliche Wachssiegel ist lediglich auf das Pa-pier aufgedrückt. Die Urkunde, deren Text in Latein abgefaßt i st

Die Reichskanzlei hatte zuerst einedeutsche Fassung erstellt (Ausf.: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 542).
, wurde von denselben Personen wie die große Ratifikation des IPO unterzeichnet. Sie wurde nicht zeitgleich mit den Ratifikationsurkunden, sondern wenige Tage danach den schwedischen Gesandten übergeben

Anm. 188.
, wahrscheinlich weil reichsständische Depu-tierte bei der Übergabe der großen Ratifikationsurkunde zugegen waren, die Ge-heimhaltung des Geheimartikels und seiner Beglaubigung jedoch gewahrt bleiben sollte.

b Französische Ratifikation des IPM (Nr. 3)

Die drei französischen Ratifikationsurkunden des IPM sind heute noch erhalten. Im inneren Aufbau entsprechen sie der kaiserlichen Ratifikation des IPM, aller-dings ist hier die Ratifikationsformel des Königs in französischer Sprache formu-liert. Unterzeichnet wurden die Ratifikationen von dem (damals zehnjährigen) König und dem Staatssekretär Brienne

Dieser unterzeichnete hier mit de Loménie.
. Als Ausstellungsdatum ist der 26. No-vember 1648 genannt; tatsächlich sind die Dokumente jedoch erst Ende Dezem-ber 1648 und Anfang Februar 1649 niedergeschrieben worden. Die Gründe dafür sind oben geschildert worden

Oben, LXVIf.
. Hier bleibt nur zu wiederholen, daß die erste Lieferung von Ratifikationsurkunden vom königlichen Hof zwei falsch konzi-pierte Urkunden enthielt. Weil Servien daraufhin energisch intervenierte, wurde dies korrigiert. Eine dritte Lieferung von Ratifikationen wurde nötig, als Servien um zwei zusätzliche Urkunden bat. Er hatte nachträglich erfahren, daß sowohl das kurmainzische Reichsdirektorium als auch das Corpus Evangelicorum je eine Ratifikation erhalten wollten. Die Schwierigkeiten, die Brienne bei der Anferti-gung der Urkunden machte, rührten wohl nicht von einer grundsätzlichen Ableh-nung des Vertrags her. Vielmehr scheint Brienne versucht zu haben, mit Hilfe der Formalitäten der Ratifikationsurkunde den Spielraum in zeremoniellen Fragen nach Möglichkeit zu erweitern, während Servien sah, daß dies unter den gegebe-nen Umständen politisch nicht mehr durchsetzbar war.
Die drei Urkunden sind in zwei Arbeitsgängen entstanden. Für alle drei wurden mehrere Lagen Pergamentbogen verwendet und jeweils mit blauen Seidenbän-dern zusammengebunden. Die Bogen sind in einem mit dunkelrotem Samt bezo-genen Einband befestigt

Die für das kurmainzische Reichsdirektorium bestimmte Urkunde ist heute zusätzlich mit ei-nem Papierumschlag umhüllt, auf dem eine alte Signatur des Mainzer Archivs vermerkt ist.
, dessen Innenseite mit rotblau marmoriertem Papier beklebt ist. Das königliche Siegel aus gelbem Wachs ist um einen breiten Perga-mentstreifen gepreßt, der durch die Pergamentbogen gezogen ist. Auf beiden Sei-

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ten des Siegels ist eine bildliche Darstellung zu sehen, die erheblich weniger detail-liert und deutlich ausgearbeitet ist als die Siegelbilder bei den zeitgenössischen Siegeln im Reich. Die eine Seite zeigt den thronenden König, die andere das kö-nigliche Wappen. Nur bei der Urkunde in der kaiserlichen Überlieferung ist das Siegel heute noch in eine Kapsel gebettet, und zwar lose, so daß diese leicht abge-nommen werden kann. Diese Siegeldose ist erheblich größer als das Siegel und wahrscheinlich aus reinem Gold

In einem Bericht über den Austausch derRatifikationsurkunden heißt es allerdings: daran ein silberen und verguldete capsul hing (RA Stockholm, DG 14 fol. 242’).
. Vorne und hinten sind die gleichen Darstel-lungen wie auf dem Siegel eingraviert. Es ist schon erwähnt worden, daß Servien nicht nur das eine, heute noch erhaltene Stück, sondern drei Siegeldosen, für alle drei Ratifikationen, hat anfertigen lassen. Er hat dies selbst so berichtet

Servien an Brienne, 1649 I 12(Ausf.: AssNat Paris 279 fol. 264–271, hier 267’–268; Teil-druck: Duparc ,60f).
und nach seiner Rückkehr dafür die enorme Summe von rund 1441 Livres tournois abgerechnet

In dem in voriger Anm. genannten Brief berichtete Servien zwar, eine Dose habe ihn 520 Livres tournois gekostet ( AssNat Paris 279 fol. 268); in seiner Abrechnung für 1648 III – 1649 III, die 1650 VII 3 vom Kg. akzeptiert wurde ( AE Paris , CP All 129 fol. 253–264’; vgl. Anm. 333) nannte er für die drei Siegeldosen jedoch eine Summe von 1441 Livres und 5 Sous ( ebenda fol. 256’). Da 1 Rt. für 2,5 Livres tournois gerechnet wurde (vgl. hier Nr. 12; Bosbach, 12) entsprechen 1441 Livres tournois mehr als 576 Rt.; eine Dose kostete demnach mehr als 192 Rt.
. Aus seinem Ausgabenverzeichnis geht weiterhin hervor, daß die Siegeldosen von einem in Münster tätigen Goldschmied angefertigt worden sind

Der Eintrag ( AE Paris, CP All 129 fol. 256’) lautet: à Henry Buron, orphevre de Mun-ster, qui a faict les trois bovestes d’or pour les ratifications du traicté de l’Empire, tant pour fournitures d’or que façon [...] ; Servien bezog sich dabei auf zweiQuittungen vom 15. Januar und 13. März 1649, dienicht erhalten sind. Es handelt sich wahrscheinlichum den Goldschmiedemeister Henrich Büren (gest.1655), der nach einer Lehrzeit bei seinem Vater,Michael (von) Büren (gest. 1655; s. Hövel nr. 2235, 2699), 1639 Meister gewordenwar und der Münsterer Goldschmiedegilde angehörte( Geisberg , 237, 248; Hinweis von HelmutLahrkamp). Andere Arbeiten von Henrich Büren sindnicht bekannt.
. Wann die zwei anderen kostbaren Siegeldosen verlorengegangen sind, läßt sich nicht mehr feststellen. Interessanterweise hat die Tatsache, daß auch die französischen Ratifikationen für Kurmainz und Kursachsen mit Golddosen verse-hen waren, nicht dasselbe Aufsehen erregt

So erwähnte Leuber nichts davon, nachdem er die frz. Urkunde erhalten hatte (Leuber an Kf. von Sachsen, 1649 III 6/16, Ausf.: SHStA Dresden, Locat 8132 Band 21 fol. 114–115’). Beschreibungen der frz. Ratifikationsurkunde beziehen sich in der Regel auf das für den Ks. bestimmte Exemplar; s. in der Relation der ksl. Ges. von [1648 XII 29] (Konzept: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 499–499’, 501, PS fol. 500; hier 499); APW III C 2, 1232 Z. 30–38; Meiern 6, 764 f, 771, 862.
, wie es bei den schwedischen Stüc-ken

Anm. 478.
der Fall war.
Die den kaiserlichen Gesandten überreichte Urkunde unterscheidet sich äußerlich von den anderen beiden Stücken in einigen Einzelheiten. Versehen ist sie mit blauen und roten Seitenbändern, während die anderen beiden solche in blauer

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Farbe besitzen. Bei ihr ist das Siegelband aus Pergament durch alle Pergamentbo-gen gezogen, nicht nur durch die beiden ersten. Außerdem hat das Siegelwachs einen dunkleren gelben Farbton. Ferner fällt unmittelbar ins Auge, daß der Text in einer anderen, in französischen Urkunden jener Zeit allerdings noch häufig verwendeten Schrift geschrieben ist. Im Wortlaut des Textes ist der aufschluß-reichste Unterschied gegenüber den anderen beiden Urkunden, daß bei der Auf-zählung der unterzeichnenden reichsständischen Deputierten am Ende des Ver-tragstextes der kursächsische Gesandte Leuber fehlt. Sein Name wurde im Ver-tragstext an dieser Stelle erst am 15. und 16. November 1648 eingefügt, als er seine Unterschrift in Münster leistete. Es ist deshalb anzunehmen, daß für den Wortlaut des IPM in den Ratifikationsurkunden zwei unterschiedliche Vorlagen verwendet wurden, eine ältere ohne den Namen Leuber und eine zweite, die Mitte November angefertigt worden ist. Tatsächlich hat Servien, nachdem er be-reits am 25. Oktober 1648 eine Kopie des unterzeichneten Vertragstextes an den Königshof geschickt hatte, Ende November eine zweite, sorgfältig kollationierte Fassung nachgereicht, die, wie er anfügte, bei der Herstellung der Ratifikationen zugrundegelegt werden solle

Vgl. Servien an Brienne, 1648 X 25 (Ausf.: AE Paris , CP All 112 fol. 359–360, hier 359’), 1648 XI 24 (Ausf.: ebenda 112 fol. 429–430, hier 429’). In AE Paris , CP All 110 liegen drei Abschriften des IPM: 1) fol. 140–195 (enthält Präambel und §§ 1–119, mit Korrekturen und Zusätzen; bei diesen handelt es sich zum einen z. B. um die sehr spät eingefügten Klauseln in den §§ 92–93 wegen Savoyen, die daher wohl in Münster angebracht wurden, zum andern um die wahrscheinlich am kgl. Hof. notierten Anweisungen zur Erstellung der fehlerhaften, weil durch den ganzen Vertragstext hindurch den frz. Kg. vor dem Ks. nennendenRatifika-tion. Diese Abschrift des IPM ist von demselben Schreiber angefertigt worden, der die Ausf. der Unterhändlerurkunde für den Ks. niedergeschrieben hat) und fol. 196–206 (§ 120, Voll-machten und Unterschriften, geschrieben von Allard, einem Sekretär Serviens); bei diesem ganzen Stück (fol. 140–206) könnte es sich – das legen die Korrekturen, die Zusätze und der Schreiber nahe – um die 1648 X 25 übersandte Kopie handeln; 2) fol. 216–280’ (Präambel, §§ 1–120); dies ist vielleicht die 1648 XI 24 übersandte Kopie; es fehlt jedoch die Nennung Leubers, allerdings ist der Vorname Kress’ ebenso wie in den Ratifikationen auch hier falsch mit Christophorus Ludovicus wiedergegeben; 3) fol. 281–329 (Präambel, §§ 1–118);viel-leicht eine Fassung aus der Zeit 1648 IX–X mit vielen Korrekturen. – Auf weitere Nachfor-schungen wurde hier verzichtet.
. Daher läßt sich die Urkunde, die den kaiserlichen Gesandten übergeben wurde, tatsächlich als diejenige identifizieren, die als erste der korrigierten Versionen angefertigt worden ist und Anfang Januar 1649 in Münster eintraf. Sie wurde den kaiserlichen Gesandten am 18. Februar 1649 von La Court überreicht und ist deshalb in der vorliegenden Edition als Druckvorlage für die Ratifikationsformel des französischen Königs gewählt worden. Die ande-ren beiden Dokumente trafen Mitte Februar 1649 in Münster ein

Anm. 164.
und sind wahrscheinlich am 18. Februar 1649 bzw. kurz danach dem Reichsdirektorium und dem kursächsischen Gesandten Leuber übergeben worden. Das in das kur-sächsische Archiv gelangte Stück ist übrigens mit sehr viel weniger Sorgfalt ange-fertigt worden als die beiden anderen Exemplare. Über zwanzig Textfehler sind

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in ihm enthalten, während die beiden anderen Urkunden nur rund fünf aufwei-sen. Die französische Ratifikation für Kursachsen ist die einzige Urkunde der Friedensverträge, in der beim Abschreiben eine ganze Passage ausgefallen ist

In der Mitte der Präambel; s. S. 4 Z. 35.
.

c Schwedische Ratifikation des IPO (Nr. 20)

Im Unterschied zum Kaiserhof, jedoch ebenso wie schließlich auch Paris, ließ die schwedische Königin Christina drei gleichlautende Ratifikationsurkunden des IPO unter dem Datum des 18./28. November 1648 anfertigen. Sie alle sind er-halten

Die Ratifikationsurkunde für Kurmainz wird heute in einem metallenen Kasten aufbewahrt, der wohl aus späterer Zeit stammt.
. Salvius hatte unmittelbar nach der Unterzeichnung des Friedensver-trags auf die Notwendigkeit hingewiesen, neben dem Kaiser auch das kurmainzi-sche Reichsdirektorium und das kursächsische Archiv mit einem Exemplar zu be-denken

Salvius an Gyldenklou, 1648 X 15/25 ( ST 6.1, 332f).
; besorgt riet er deshalb, viel Pergament vorzubereiten

Ebenda ,333: Multum igitur pergameni praeparet M. G. Vestra.
. In Stockholm war man allerdings noch bis zum Eintreffen des Sekretärs Hanson davon ausge-gangen, daß der Bote der Königin eine fertig geschriebene Urkunde vorlegen werde, die nur zu unterzeichnen sei. Wahrscheinlich hatte man deshalb kaum Vorbereitungen getroffen. Sobald die unterzeichnete Ausfertigung des Friedens-vertrags jedoch in Stockholm eintraf, wurde die Ratifizierung des Vertrags sofort im Reichsrat beschlossen und die Anfertigung der Urkunden in die Wege gelei-tet

Oben, LXIV.
.
Niederschrift und Gestaltung der drei Exemplare nahmen nahezu drei Wochen in Anspruch

Hanson traf am 2./12. November in Stockholm ein und reiste Ende November oder in den ersten Dezembertagen wieder ab (Anm. 136).
. Man wählte große Pergamentbogen, die in zwei Lagen übereinander gelegt und jeweils einmal gefaltet wurden. Für das königliche Siegel wurden drei Kapseln aus Gold

Mehrfach wird berichtet, daß dieschwed. Siegelkapseln aus massiv Gold ( Meiern 6, 726 ), von dichtem Gold ( Meiern 6, 859 ) oder von lauterm klaren Golde (TE 6, 626) seien. Derkursächsische Ges. Leuber schreibt dagegen in seinemDiarium zu 1649 II 8/18 ( SHStA Dresden ,Locat 8134 Band 29 fol. 53), die den ksl. Ges. ausgehändigte Ratifikation sei mit einer silbern, vergüldeten anhangenden capsul versehen gewesen. Aufgrund einer fachkun-digenOberflächenanalyse läßt sich immerhin soviel sagen,daß die Kapseln wahrscheinlich aus einerGoldlegierung bestehen, die anschließendfeuervergoldet wurde (Mitteilung des HHStA Wien ).
angefertigt, deren Wert zeitgenössisch auf jeweils 128 Duka-ten geschätzt wurde

So eine Zeitungsmeldung, die in mehreren Zeitungen abgedruckt wurde (z. B. DPF Bremen Z 59 1648/202 S. 1), auch in TE 6, 626.
. Die Siegelschnüre wurden aus Golddraht hergestellt

Dieser soll jeweils 8 Dukaten wert gewesen sein ( ebenda).
. Die fertigen Urkunden erhielten zunächst keinen Einband; das für den Kaiser

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bestimmte Exemplar ist wahrscheinlich erst in Münster in schwarzen Samt einge-schlagen worden

Ende Dezember zeigte Salvius Thumbshirn eines der ungebundenen Exemplare ( Meiern 6, 726 , dort auch eine Beschreibung der Urkunde). Die Angabe im Diarium Altenburg ( Meiern 6, 829 ), das Exemplar sei in roten Samt gebunden, trifft nicht zu.
.
Der Aufbau der schwedischen Urkunden entspricht der kaiserlichen Ratifikation. Die Urkunden enthalten nur die Unterschriften der Königin Christina und des Staatssekretärs Gyldenklou, weil, wie es hieß, in Schweden der Reichskanzler üblicherweise solche Urkunden nicht mitzeichne

So Salvius zu Thumbshirn ( Meiern 6, 726 ).
. Als Textvorlage diente der königlichen Kanzlei wahrscheinlich das von Hanson überbrachte Exemplar des IPO, bei dem es sich entweder um die am 26. Oktober unterzeichnete Nachaus-fertigung oder um die in der kaiserlichen Kanzlei erstellte Ausfertigung der Un-terhändlerurkunde gehandelt hat; das Letztere ist wahrscheinlicher

Die Musterung der Textvarianten in der schwed. Nachausfertigung und in den drei schwed. Ratifikationsurkunden, einschließlich der in dieser Edition nicht aufgenommenen Varianten, führt in dieser Hinsicht nicht weiter.
. Ein voll-ständiger Text des IPO war vorher lediglich einmal Ende August 1648 zusam-men mit einem Entwurf der Ratifikationsformel von Westfalen nach Stockholm gesandt worden

Als Beilage zu Salvius an Kg.in, 1648 VIII 14/24 ( APW II C 4, 653 Z. 39f).
. Jedenfalls wurden die drei Ratifikationen mit dem von Hanson überbrachten Exemplar genau kollationiert; unter aktiver Mitwirkung der Königin beteiligte sich sogar der Reichsrat an dieser Arbeit. Aufs Ganze gese-hen sind die Urkunden sorgfältig angefertigt worden; die Texte unterscheiden sich auch in der Orthographie der Namensformen kaum voneinander. Als Druckvor-lage für unsere Edition wurde das den kaiserlichen Gesandten übergebene Exem-plar gewählt, weil der politische Wert dieses Exemplars die anderen übertrifft.

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