Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Mitwochen, den 30. Januarii 1647, ist Dr. Frombholtz bey ihrer excellentz herrn obristen
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hofmeister praesente illustrissimo comite de Lamberg, Volmar und Cran erschienen und
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angezeigt, daß der graff von Avaux gestern abendt denn Churbrandeburgischen gesand-
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ten notificirn laßen, daß er nit unterlaßen hette, mit den Schweedischen uber ire, der
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Churbrandeburgischen, fernere und endtliche erclehrung in denn Pommerischen tracta-
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ten zu communicirn, zwar auch verhofft gehabt, waß guts zu verrichten und ihnen
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dhavon parte zu geben, so habe er aber uber allen angewendten fleiß daß werck bey

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denen Schweedischen noch nit erheben können. Die verbleiben immerforth auf iren in
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erster proposition außgesetzten postulatis, wölten nichts dhavon nachgeben noch auch
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die donationes Suecicas fallen laßen, sondern selbe für gültig außgedingt haben oder sich
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gar dieser handtlung entschlagen und gantz Pommern einbehalten. Er, graff von Avoux,
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verlange, ire, der Churbrandeburgischen, fernere erclehrung hirüber zu vernhemmen. Sie,
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Churbrandeburgische, stündten bey diesem werck nit weinig ahn, ob ihm auch zu
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trawen. Laße sich darbey eine handtgreifliche collusion zwischen denen Schweedischen
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und Frantzösischen gesandten vermercken, und komme ihnen die interposition verdächt-
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lich für. Scheine, daß sie es under sich einig und nur mit der finesse umbgehn, wie einer
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dem andern landt und leüthe in die handt spiele. Für die Schwedische negotiire der graff
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von Avoux fleißig gnug. Sie, Churbrandeburgische, heten alles, waß dieselbe praetendirt
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gehabt, einwilligen müeßen, der graff von Avoux habe hingegen für sie, Churbrandebur-
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gische, noch nichts erhalten. Sie heten auf zurücklaßung Colnaw fürnhemblich der
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ursachen halben verwilligt, daß dhagegen alle donationes Suecicae in Hinderpommern
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aufgehoben zu werden verhofft, der graff von Witgenstein auch deswegen von dem
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Oxenstern selbst zusag gehabt. Itzo laße ihnen der graff von Avoux ein anders wißen, daß
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nhemblich solche cassatio donationum in Hinderpommern nit zu erhalten. Solten sie nun
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selbe condition auch belieben müeßen, so würde die churfürstliche durchlauchtt von
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Hinderpommern in effectu nichts wieder zurückbekommen, weiln fast khein ambt darin
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zu finden, so nit schon von der cron Schweeden verschenckt seie. Wüsten nit, wie sich
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hiebey zu verhalten. Sönsten seie es mit iren tractaten so weith kommen, daß dieselbe
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allein ahn selbigen puncto hafften, hetten derhalben iren recurß zu ir excellentz
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nhemmen und sich bey deroselben guten raths befragen wöllen.

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Ihr excellentz herr obrister hofmeister thuen sich der vertreülichen eröfnung halben
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bedancken und rathen darzu ein, daß die Churbrandeburgische auch in diesem puncto,
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wan das werck nur daran haffte, weichen und nachgeben sölten, sich auch nit lang dhamit
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aufhalten. Sönsten würde man dießeits von denn Schweedischen wegen fortsetzung der
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tractaten uber gantz Pommern wieder von newen ahnlauffen und die sach alßdan
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schwehrer werden. Mit der einwilligung komme man auf den grundt, obs denn
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Schweeden bey diesem werck rechter ernst oder waß anders darunder verborgen seie.
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Sönsten wehre ich, Volmar, noch heüd bey dem Oxenstern gewest und von demienigen,
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waß gestern zwischen unß fürgelauffen, angezeigt, nhemblich daß die sach von denn
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Churbrandeburgischen würde für vergliechener gehalten, dha sich dan der Oxenstern mit
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diesen worten heraußgelaßen, wan die Churbrandeburgische auf daßienige verwilligen,
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so ahn seithen der cron Schweeden gesucht worden, solchesfalß halte er die sachen auch
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für richtig und vergliechen. Demnach sagten ir excellentz, würde daß beste sein, daß sie,
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Churbrandeburgische, alßpaldt einer sich zu denen Schweeden, der ander aber zu dem
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conte d’Avoux verfüegten und ihnen, Schweedischen, selbst rotunde anzeigten, warauf
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man diesen puncten mit ihnen zu schließen gedächte, deren resolution sie alßdan
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wiederumb ir excellentz zu referirn, dhamit man sich weiter darnach wüste zu richten.

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Ille: Man werde hirin irer excellentz rath und gutbefinden nachgehen. Es thäten sich aber
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die churfürstliche durchlauchtt zu Brandeburg versehen, es würde ein solcher großer
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abgang, so ihro von iren landen abgezogen würde, mit einem billigmeßigen aequivalente
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wieder wolte ersetzt werden, dan ohne solches getrawe er seinstheils der churfürstlichen
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durchlauchtt nit wieder under augen zu kommen. Ihr excellentz: Es seie der abgang durch
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die anerbottene ansehenliche stiffter schon gnugsamb ersetzt, maßen man darüber daß
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zeügnuß von den Schweedischen und Frantzosen selbst habe. Ille gab ferners zu
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verstehen, ob sölte beyder, der Schweedischen und Frantzosen, intention dhahin gerichtet
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gewest und ihnen, Churbrandeburgischen, ahn die handt geben worden sein, ir aequiva-
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lens ahn Schlesien zu suchen, mit vertröstung, daß beede cronen ihnen darzu verhülfflich
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sein wölten, wan auch selbigs gantzes fürstenthumb affectirn würden. Es wehre aber die
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churfürstliche durchlauchtt zu trew und redlich darzu gewest, daß dergleichen vorschlag
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iemaln anhören oder in ire gedancken kommen laßen wölten. Die verließen sich zu

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Kaißerlicher mayestätt, daß dieselbe nit zugeben würden, daß der last sie allein treffen,
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sondern anderwertsher wieder ersetzt werden solle. Ist dhamit abgeschieden, et actae
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gratiae wegen irer churfürstlichen durchlauchtt bestendiger devotion gegen Kaißerliche
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mayestätt, so auf alle begebenheit gebürlich würde erkhent werden.

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Eodem nachmittag khombt ermelter Frombholdt zu mir, Volmarn, und referirt, daß der
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Oxenstirn mit dem conte d’Avaux aufstößig worden, ime die prolongation und daß die
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Churbrandeburgische denn Kaiserischen gesagt, endtlich die donationes auch einzuwilli-
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gen, er aber solches hinderhalten hett, verwiesen und endtlich gesagt, er bedörffte seiner
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mediation nit, wölte die sachen ehender durch die Kayserliche und in specie durch mich,
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Volmarn, richtig machen. Also seie d’Avaux auch mit inen, Churbrandeburgischen, ubel
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zufrieden und wolle mit der sachen nichts mehr zu thuen haben. Er, Frombholdt, hette
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hoch betheürt, dergleichen denn Kayserlichen nit gesagt zu haben, wölte auch nit
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glauben, daß ich mich deßen gegen den Oxenstirn hette verlauthen laßen, sondern daß
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derselb pro suo ingenio also fürgeben thue. Sie, Churbrandeburgische, wüsten nit, wie der
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sachen zu thuen. Graff von Witgenstein wehre beym Salvio gewest, hette ihnen der
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parola, so Oxenstirn ebensowol alß Salvius wegen nachlaßung bedeüteter donationum
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[ gegeben], erinnert, der sich auch benhommen, mit dem Oxenstirn zu handtlen, daß es
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dhabey pleiben möegt. Ich hab ihme gesagt, wan Oxenstirn sölche parola von sich
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gegeben, so würden sich in omnem eventum wol mittel finden, ine dhahin zu vermöegen,
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daß es dhabey verbleibe. Und weiln die donationes nit perpetuae, sondern nur temporari-
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ae wehren, so würde es sich wol von einer außkauffung handtlen laßen. Es stünde zu
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erwarten, waß Salvius inen zurück entpieten würde, alßdan müste man nach gestalt der
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sachen weiter rath faßen, und werde es ahn ir excellentz und ubriger Kayserlichen
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gesandten zuthuen nit ermanglen.

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Gleich eodem uf die nacht avisirt gemelter Frombholdt, daß die beede Schweedische
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gesandten die gewiße zusag gethaen, die donationes in Hinderpommern gäntzlich zu
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cassirn und diesen theil landts frey ahn ir churfürstliche durchlauchtt zu Brandeburg zu
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übergeben. Seie also dieser punct quoad Pomeraniam geschloßen.

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