Acta Pacis Westphalicae III A 3,3 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 3. Teil: 1646 / Maria-Elisabeth Brunert
V. Das Verhältnis des Fürstenrats Osnabrück zum Reichsdirektorium, zum Kurfürstenrat und zum Städterat
Zu Beginn der Hauptberatungen am 3. Februar strebte der Österreichi-sche Fürstenratsdirektor danach, Kompetenzen des Kurmainzer Reichs-direktoriums an sich zu ziehen, was ihm bei Ansage und Proposition ge-lang . Schon die Inspektion der als Tagungsraum vorgesehenen Rats-stube des Osnabrücker Rathauses hatte er selbst übernommen, obwohl dies eigentlich auch in die Kompetenz des Reichsdirektoriums fiel . Als sich herausstellte, daß eine starke evangelische Mehrheit innerhalb des Fürstenrats Osnabrück unnachgiebig auf ihren Forderungen bestand und sich eine Kooperation zwischen den evangelischen Fürstenratsmitgliedern, Kurbrandenburg und dem Städterat Osnabrück anzubahnen schien, wan-delte sich Richtersbergers Verhältnis gegenüber Kurfürstenrat und Reichs-direktorium, indem er seine Inkompetenz in bestimmten Fragen geradezu betonte und bei beiden Institutionen Rückhalt suchte: In der Sitzung vom 23. Februar stellte sich heraus, daß die evangelischen Fürstenratsmitglieder eine Re- und Correlation unter den (vorwiegend evangelischen) Reichsständen in Osnabrück anstellen, ein eigenes Beden-ken aufsetzen und den Kaiserlichen übergeben wollten. Besonders der kurbrandenburgisch-pommersche Gesandte Wesenbeck trat für diesen Plan ein und meinte auch zu wissen, daß die kurfürstlichen und reichs-städtischen Gesandten in Osnabrück damit einverstanden wären. Der sachsen-lauenburgische Gesandte Gloxin, der auch dem Städterat ange-hörte, gab ebenfalls seine Zustimmung : Offensichtlich hatten entspre-chende Gespräche mit Kurbrandenburg und dem Städterat Osnabrück be-reits stattgefunden. Die Verwirklichung dieses Plans hätte faktisch eine Aufspaltung der Reichsstände nach konfessionellen Gesichtspunkten – an-stelle der herkömmlichen Gliederung nach Kurien – bedeutet, indem den kaiserlichen Gesandten in Osnabrück ein Bedenken mit den „Meinungen“ der evangelischen Reichsstände und in Münster eines mit denen der ka-tholischen übergeben worden wäre. In dieser Situation schrieb Richters-berger an Kurfürstenrat und Reichsdirektorium in Münster , während die Evangelischen vergeblich eine Verständigung mit den Kurmainzern in Osnabrück (Brömser und Krebs) suchten. Die Kurmainzer hatten das Vorhaben der Evangelischen nämlich nur zu bedencken genommen und so reagiert, daß ein negativer Bescheid zu erwarten war . Sachsen-Al-tenburg stellte schon Überlegungen an, ob man Kurmainz die Kompetenz einräumen solle, eine Re- und Correlation (in Osnabrück) grundlos zu verhindern; Braunschweig-Lüneburg sekundierte mit einer heftigen In-vektive auf Kurmainz, das mit dem Amt des Reichsdirektoriums Miß-brauch treibe. Richtersberger aber ließ sich auf keine Diskussion ein, zog sich auf die Position mangelnder Kompetenz zurück und erhielt die er-betene Unterstützung aus Münster. Am 8. März teilte er im Fürstenrat Osnabrück mit, daß vor allem der Kurfürstenrat eine eigene Re- und Cor-relation in Osnabrück wie auch die Übergabe zweier verschiedener Be-denken ablehne. Kurmainz hatte sich erboten, in Münster eine Re- und Correlation über Klasse I der Repliken abzuhalten . Dagegen hatten die Evangelischen einzuwenden, daß keine Kongreßstadt bevorzugt und Schweden nicht durch eine Re- und Correlation und die Übergabe des Bedenkens nur in Münster beleidigt werden dürfe. Sie erklärten sich aber schließlich einverstanden, daß unter Verzicht auf ein förmliches Re- und Correlationverfahren die in Osnabrück zur Umfrage gestellte und kor-rigierte Correlation zu Klasse I der Repliken von Richtersberger nach Münster geschickt und nach Billigung durch den Fürstenrat Münster dem Kurmainzer Reichsdirektorium übergeben werde . Damit war es Rich-tersberger mit Hilfe von Reichsdirektorium und Kurfürstenrat gelungen, die geplante Kooperation zwischen Kurbrandenburg und der starken evangelischen Fürstenratsmehrheit und dem Städterat in Osnabrück zu unterbinden. Zusammen mit dem Salzburger Fürstenratsdirektorium hat er später noch einmal auf das Reichsdirektorium als die entscheidende In-stanz verwiesen, als es darum ging, eine ihm nicht genehme Forderung abzuwehren . Das Reichsdirektorium war ihm so in seiner schwierigen Situation innerhalb des Fürstenrats Osnabrück ein Rückhalt.