Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab

17
Dortmund. Protestirt wider deß Collmarischen vorsiz, zum fall selbiger
18
seinen herrn praejudicirlich sein sollte, bitte bitt , solche seine protestation ad
19
protocollum aufzunehmen

35
Vgl. oben [S. 19 Anm. 15] .
.

20
Das Directorium proponirt. Demnach man nechst verschienenen sambstag
21
über dem von Münster herüberkommenen und von Churmainz eingeschik-
22
ten extractu ein conclusum gefaßt und gestern die dabey einlaufende ratio-
23
nes abgelesen, folgends auch ein concept aufzusezen ihme überlaßen wor-
24
den, als seye es zwar geschehen; ehe es aber dem Churmainzischen directorio
25
überliefert worden, nöhtig, daß es zuvor in pleno

34
25–27 abgelesen – abgelesen] Fehlt in Ulm und Isny.
abgelesen und der herrn
26
abgesanden vernünfftige gedanken darüber vernommen werden. Ward
27
demnach abgelesen und auf anreden von

28
Lübeck placitirt worden mit dem ferneren andeuten, daß bey dem Schwedi-
29
schen gebrauchtem methodo zu bleiben, doch auch ein absehen auf die Fran
30
zösische proposition dabey zu haben. Stellt zum nachdenken, ob wegen zu-
31
sammenziehung der materien ein vorbehalt geschehen solle?

32
Nürnberg approbat similiter, doch seye zu anden, daß der extract als ein
33
conclusum wider das herkommen und vorige conclusa von Münster herüber

[p. 56] [scan. 128]


1
geschikt worden. Wegen der deputation seye im fürstenraht davor gehalten
2
worden, daß solche noch zur zeit und für dißmal einzustellen, weiln sie
3
keinen effect haben und nur ursach zu weitern gedanken geben würde.

4
Kolmar. Was von denen vorsizenden erinnert worden, laße er ihme zwar
5
auch gefallen; es habe aber zu Münster die meinung nicht gehabt, den extract
6
als ein conclusum herüber zu schicken, weil nicht iederman darzu verstanden,
7
sondern es seye eine blose communication, wann

36
7 mans] Ulm mans nicht.
mans erinnere, dörfften sie
8
darinnen versterkt

37
8 werden] Zusätzlich in Strassburg, Esslingen sowie Ulm, Isny ( hier anderer Wortlaut)
38
Repetirt für Kaysersperg, Münster im St. Gregorienthal und Türckheim.
werden.

9
Eßlingen. Praevia gratiarum actione wegen übernommener mühewaltung
10
bey auffsezung des concepts, halte dafür, wann was zu anden, daß es mit
11
glimpf und freundlichkeit geschehen müse, habe die meinung gehabt, wie
12
erst angeregt. Placitirt die Lübekische erinnerung, wann was außgelaßen
13
werden sollte, daß, solches zu suppliren, denen ständen vorbehalten sein
14
solle.

15
Dortmund. Quoque cum gratiarum actione erga directorium, weis an sei-
16
nem ort nichts zu verbessern, die Nürnbergische erinnerung seye per Coll-
17
mar diluirt; conformire sich im übrigen mit denen vorsizenden.

18
Memmingen. Weis an seinem ort nichts dabey zu

39
18 erinnern] Zusätzlich in Strassburg, Esslingen bedanckt.
erinnern.

19
Bremen. Könne sich wol mit vorhergehenden vorgehenden votis vergleichen und zum
20
überfluß eine erinnerung geschehen, mit der deputation seye es noch frue
21
genug.

22
Lindau. Cum gratiarum actione. Habe nichts zu erinnern, weiln es nicht als
23
ein conclusum herüber geschikt, were allein zum überfluß beym Churmain-
24
zischen directorio mündliche und glimpfliche erinnerung zu thun.

25
Straßburg. Wegen zusammenziehung der materien seye nicht nöhtig, etwas
26
zu gedenken, weiln es in der Schwedischen beylag A

40
Beilage A fehlt, auch bei den Beilagen zum Schreiben Johan Oxenstierna und Salvius an Königin
41
Christine vom 10. Januar 1646 (APW [II C 2 S. 56–71] ).
schon geschehen. Ob
27
des zu Münster gebrauchten modi halber etwas hineinzuruken, seye er dar-
28
umb angestanden, weiln es kein conclusum, sondern eine blose communi-
29
cation sein solle, und von denen stättischen zu Münster in futurum schon
30
vorgebauet worden, wie auch im fürstenrath geschehen. Halte für glimpf-
31
licher, daß es münd- und nicht schrifftlich geandet werde.

32
Die deputation betreffend, diente selbige erstlich zu erhaltung guten willens
33
bey den Franzosen, 2. zu promotion der sachen, und dann 3., daß nichts von
34
denen Mediatoren unterschlagen werde. Halte aber nicht davor, daß man
35
sich von denen fürstlichen dißfalls separiren solle. Können die rationes pro

[p. 57] [scan. 129]


1
deputatione dabey gesezt verbleiben, damit die Franzosen sehen, daß die
2
stätte ihres orts nicht abgeneigt darzu weren. Worbey der Collmarische erin-
3
nert, es habens die Franzosen dergestalt empfunden, daß sie gesagt, wann sie
4
gewust hetten, daß denen ständen mit der visite gedienet were, wolten sie zu
5
ihnen kommen sein, nur damit das haubtwerkh befördert würde.

6
Ist darauf das concept (dahin ich mich beziehe) an etlich wenig orten corri-
7
girt und demnach, wie es

32
7 dem] Ulm von dem.
dem Churmainzischen directorio zu hinterbringen,
8
umbfrag gehalten worden.

9
Lübeck. Wie es beym fürstenrath gehalten worden, also könnte es auch hier
10
damit gehalten werden.

11
Nürnberg. Similiter.

12
Kolmar. Placet, doch daß auch denen stättischen zu Münster communi-
13
cation davon geschehe.

14
Eßlingen. Ut Lübekh.

15
Dortmund. Were zwar billich, daß die re- et correlatio vorhergienge, ver-
16
gleicht sich aber mit denen übrigen.

17
Memmingen, Bremen, Lindau wie Lübeck.

18
Straßburg. Beym fürstenraht habe es das directorium allein übergeben.

19
Conclusum. Solle also auch vom stättraht gehalten werden.

20
Diesem nach ist ein antwortschreiben von dem directorio an die statt Wimp-
21
fen haltend abgelesen worden, so in substantia 1. auf einer condolenz wegen
22
demolition deroselben stattmauern, türen, thoren und 2. vertröster assistenz,
23
damit sie von dem corpore der erbaren frey- und reichsstätte nicht abgerißen
24
werde, sondern demselben einverleibt verbleiben möge, bestanden.

25
Lübeck, Nürnberg, Kolmar placitirens.

26
Eßlingen similiter. Stellt daneben zum nachdenken, ob es nicht denen chur-
27
und fürstlichen zu communiciren, und in futurum zu praecaviren, könne
28
anderen auch wiederfahren, was diß orts und zu Buchhorn am Bodensee

35
Im 30jährigen Krieg wurde Buchhorn, das spätere Friedrichshafen, 1634 von den Schweden besetzt,
36
im August zeitweise von den Kaiserlichen belagert. Beim Kampf zwischen den Kaiserlichen und den
37
Schweden wurden das Dorf und das Kloster Hofen von den Schweden niedergebrannt. Im September
38
verließen die Schweden die Stadt, die nun von kaiserlichen Truppen übernommen wurde. Diese
39
begannen mit der Zerstörung sämtlicher Festungswerke, um eine neue Festsetzung des Feindes zu
40
verhindern. 1643 war die Schleifung beendet ( Württ. Städtebuch S. 352, 354).

29
geschehen.

33
29 Nördlingen – gefahr] Fehlt in Isny.
Nördlingen stehe in großer gefahr. Ob es nicht ein mittel were,
30
solches bey denen kayserlichen, chur-, fürstlichen

34
30 und] Ulm oder.
und anderen zu klagen,
31
damit Churbayern scheu gemacht werde, mit andern dergleichen vorzuneh-

[p. 58] [scan. 130]


1
men, sonsten, wann er vermerken sollte, daß frieden gebe, würde er tag und
2
nacht dahin gedenken, wie er einen und anderen stand vorhero ruiniren
3
möge; bittet, der sachen weiter nachzudenken und dabey zu thun, was mög
4
lich.

5
Dortmund. Bedankt sich gegen dem löblichen directorio wegen übernom
6
mener mühewaltung. Seye nöhtig, daß bey Churmainz und anderen erinne-
7
rung deßwegen geschehe, damit andere stätt dergleichen demolition nicht zu
8
befahren haben.

9
Memmingen. Seye der sach wol nachzudenken und dieses, soviel ihme
10
wißend, schon die andere statt, deren es begegnet; weis über bereits besche-
11
henes nicht zu

39
11 erinnern] Zusätzlich in Lübeck Bremen consentierte consentiert´s .
erinnern.

12
Lindau. Was Wimpfen und Buchhorn geschehen, könne andern auch be-
13
gegnen, sey deßwegen billich ein aug darauf zu schlagen und auf einen
14
zulänglichen modum zu gedenken.

15
Ad Membrum Primum Classis Primae Replicae Suecicae, quod est de am-
16
nistia.

17
Das Directorium proponirt, es werden die herren abgesanden der fürsten
18
und stände bedenken über der cronen propositiones und die Kayserlichen
19
responsiones resolutiones zu hauß gelesen haben, deßwegen ohne noht alhier abzulesen,
20
was der amnestiae und der restitution halben in denenselben begriffen; ward
21
demnach umbgefragt, was ein und der andere dabey noch ferner zu erinnern
22
haben möchte?

23
Lübeck. Repetirt loco voti generalis angeregten aufsazes inhalt, thut darauf
24
in specie, doch unvorgreiflich diese erinnerung, es were ohne noht, daß 1.
25
die clausula darinnen stehe, daß die evangelische der amnestiae nicht allein,
26
sondern auch die catholische bedörfften, denuo gesezt werde, weiln sie
27
nichts zur sachen thue, sondern ad punctum satisfactionis außgestellt ver-
28
bleiben könne. 2. Daß der aufhebung des Prager friedens nicht eben in
29
specie zu gedenken, sondern sich simpliciter auf der cronen replicas, darin-
30
nen deßselben schon gedacht, zu referiren, werde sich an seinem orth wol
31
finden. 3. Was von aufhebung der rerum judicatarum

40
31 gedacht] Strassburg, Ulm, Esslingen, Isny gemeldet.
gedacht, stehe gar
32
nude et simpliciter darinnen; stellt zum nachdenken, ob nicht zu sezen, was
33
in ecclesiasticis ratione incompetentiae fori, theils weiln der Kayser judex in
34
propria causa nicht sein können, theils weil er sich in allem auf den Päpst
35
lichen stuhl reflectirt, vorgangen, daß solches aufgehoben werden solle? In
36
politicis seye auch viel occasione dieses kriegs passiert, ob derowegen nicht
37
post verba „rerum judicatarum“ zu sezen, „so in ecclesiasticis sowol als auch
38

41
38 politicis] Lübeck politicis occasione belli.
politicis ergangen, auffgehoben“? 4. Ob nicht die benennung der gravirten

[p. 59] [scan. 131]


1
ständ etwas weiters und sonderlich auch auf die mediat stätt zu extendiren,
2
deren die fürstliche nicht wollen gedenken, weiln sie von ihren landsherren
3
schon vertretten werden; halte davor, daß die particularia nicht umbgangen
4
werden sollen. 5. Vor alienationen stünde zu bedenken, ob nicht der abgenö
5
thigten obligationen

36
5 zu gedenken] Strassburg, Ulm, Esslingen, Isny anregung zu thun.
zu gedenken? 6. Halte ins gemein davor, daß alle
6
odiosa heraußen zu laßen seyen, damit man sich nicht gleich primo limine
7
bey einem und dem andern theile verhaßet mache, doch daß auch nicht zu
8
wenig geschehe, damit man keiner kaltsinnigkeit beschuldiget werde.

9
Beym 8. articul wiße er nichts zu erinnern, laße ihme im übrigen alles gefal-
10
len.

11
Nürnberg. Weil neben dem directore er beym auffsaz gewesen und damals
12
alles beygebracht habe, was er zu erinnern gehabt, seye es meistentheils umb
13
die jenige herrn abgesande zu thun, welche dazumal nicht bey der stelle
14
gewesen sein, stehe dahin, ob sie sich schrifft- oder mündlich darüber erklä
15
ren wollen. Er bleibe beym auffsaz, stelle doch zum fernern nachdenken, ob
16
nicht 1. in prooemio die wort „in et contra imperium“ außzulaßen sein
17
möchten? Im fürstenraht

37
FR Osnabrück vom 27. Januar 1646 ( Meiern II S. 290–299 ).
habe Österreich und Bayern votirt, daß sie ver-
18
bleiben sollen, weiln die Franzosen die stände ohne unterschied der religion
19
übel tractirten. Die evangelici aber haben dafür gehalten, daß solche weit-
20
leufftigkeit zu verhüten, in künfftiger duplic außzulaßen sein werde. 2. Seye
21
im fürstenrath vorkommen, ob die cron Spanien mit in die tractaten hinein-
22
zuziehen? Österreich habe davor gehalten, daß solches ohngeacht der nahen
23
verwandschafft nicht gedacht werden solle. 3. Seye auch in quaestionem
24
kommen, ob des Schönbeckischen tractats

38
Die Schönebeckschen Traktate waren am 28. September 1635 zwischen dem schwedischen
39
Reichskanzler Axel Oxenstierna und dem Kf. von Sachsen nach dem Prager Frieden ausgehandelt
40
worden. Schweden hatte u. a. für sich Entschädigung und für seine Bundesgenossen Amnestie
41
verlangt (vgl. F. Dickmann S. 72–77, 530 mit weiteren Literaturangaben; APW [III A 1,1 S. 461] ).
zu gedenken und die meiste vota
25
dahingegangen, quod non; gebe nur ursach zu weiterem disputat. Andere
26
seyn der meinung gewest, man könne deßelben zwar gedenken, doch daß es
27
unverbindlich.

28
Im übrigen solle man, unerwartet der Mainzischen ansage, weiln sie doch
29
nichts zur sachen thue, der Schwedischen replic in deliberationibus hinfüro
30
nachgehen und damit continuiren.

31
Österreich solle iederweiln, was zu deliberiren, zuvor außstellen und auch
32
nach Münster berichten, damit pari passu gehandelt werden könne. Punc-
33
tum amnistiae betreffend haben die stätt sonderlich ursach, achtung darauff
34
und den cronen zu verstehen zu geben, was man schon zu Regenspurg und
35
Frankfurt darinnen gehandelt und eingerathen habe

43
Gutachten der Reichsstädte über die Amnestiefrage auf dem RT von Regensburg 1641 in C. Lon-
44
dorp
V S. 45–47 ( dazu K. Bierther S. 166f); zu den Amnestieverhandlungen auf dem Frank-
45
furter
Deputationstag R. v. Kietzell.
.

[p. 60] [scan. 132]


1
Punctus restitutionis betreffe die stätt sonderlich, were gut, daß der evan-
2
gelischen viel nacher Münster kommen, damit sie in diesem puncten die
3
majora obtinuirten. Halte nicht dafür, daß stättischen theils des Prager
4
friedens expresse zu gedenken, wann die clausula derogatoria generalis,
5
daß alle die jenige tractaten, so diesem friedensschluß zuwider lauffen,
6
aufgehoben sein sollen, darzu gesezt werde, seye auch der Prager schluß
7
dadurch cassirt

29
Die protestantischen Stände der vier oberen Reichskreise waren in einem Nebenrezeß zum Prager
30
Frieden von Amnestie und Restitution ausgeschlossen worden; den protestantischen Reichsstädten –
31
außer den vier ausschreibenden Nürnberg, Ulm, Frankfurt und Straßburg (zur Funktion der aus-
32
schreibenden Städte G. Buchstab S. 47) – wurde weiterhin ein Reformationsrecht bestritten
33
( Bittner I Nr. 257).
34
Der Prager Friede selbst legte fest, daß – von einigen Ausnahmen abge-
35
sehen–die Amnestie seit 1630 gelten sollte (zur Entwicklung der Amnestiefrage APW [III A 1,1 S. 382 Anm. 1] ).
.

8
Inter res judicatas seye, confusion zu verhüten, ein unterschied zu machen,
9
das werkh wol zu expliciren und der jenigen urtheil allein cassatio zu
10
begehren, 1. welche in religionssachen am Kayserlichen hoff ergangen, 2.
11
welche ex capite edicti Caesarei

28
11 geschloßen] Strassburg, Ulm, Esslingen, Isny, Lübeck gefloßen.
geschloßen, 3. so in politicis occasione dieses
12
kriegs am Kayserlichen hoff außgefället, 4. die vom cammergericht dahin
13
avocirt worden, 5. darinnen keine exceptiones fori declinatoriae attendirt
14
werden wollen, 6. da man den anfang von commissionen und executionen
15
gemacht hat, 7. und die partey nicht nach nothdurfft gehört, 8. noch utrin-
16
que submittirt worden. Was die transactiones betrifft, seye Augspurg mit
17
gewalt zu der ihrigen gezwungen worden

37
Im Prager Frieden waren verschiedene Sonderakkorde bestätigt worden, die einigen konfessionell
38
gemischten Reichsstädten – unter ihnen Augsburg – nach der Schlacht von Nördlingen oktroyiert
39
worden waren (vgl. K. G. Helbig S. 614; F. Dickmann S. 72; H. Haan S. 17, 125,
40
176).
.

18
Kolmar. Was ratione prooemii vorgebracht, seye bereits im fürstenraht
19
debattirt worden und außgemacht, halte ohne noht solches zu recapituliren.
20
Ob des Prager friedens zu gedenken oder nicht, halt dafür genug, wann die
21
clausula derogatoria generalis dabey gesezt werde.

22
Quoad res judicatas vermeine er, man könnte selbe auf alle causas politicas ex-
23
tendiren, worinnen aliqua pars sich gravirt befindet. Wann der stätte in
24
specie zu gedenken, halte er dafür, daß auch der statt Collmar

41
Ob der Gesandte auf die frz. Protektion oder auf Spannungen zwischen den Konfessionsgruppen
42
anspielt, ist unklar (zu den Protektionverhältnissen vgl. W. Stein S. 394 und passim). Wäh
43
rend des Interims erfolgte zwangsweise Rekatholisierung, 1575 erhielten die Protestanten freie
44
Religionsausübung, 1629 erneuter Versuch der Rekatholisierung der Stadt durch ksl. Kommission
45
(vgl. Rocholl: Die Einführung der Reformation in Kolmar. Kolmar 1875).
nicht zu
25
vergeßen seye, sonsten laßt ers bey dem concept verbleiben.

26
Eßlingen. Erinnert sich der bedenken, so zu Regenspurg anno 1641 und zu
27
Frankfurt anno 1644 und 1645 eingegeben worden. Habe befehl von seinen

[p. 61] [scan. 133]


1
herrn committenten, sich in specie darauf zu beziehen, bitt im ubrigen umb
2
etwas dilation, wolle sein sentiment beym directorio einbringen.

3
Dortmund. Läßet ihm den auffsaz und vorgehende vota wolgefallen. Ob
4
des Prager friedens zu

38
4 gedenken] Strassburg, Ulm, Esslingen, Isny, Lübeck gedenken oder nicht.
gedenken, stelle er dahin, wolle sich mit denen majori-
5
bus vergleichen.

6
Was res judicatas et transactas anlangt, seye angeregte distinctio gut, daß
7
nemlich in ecclesiasticis solche simpliciter auffgehoben werden sollen, weiln
8
die Kayserliche selbsten dabey interessirt gewesen. In politicis aber were
9
allein, was occasione belli vorgangen, zu cassiren. Ob der mediatstätt ge-
10
dacht werden solle, halte er dafür; seye causa communis, müse einer sowol
11
geholfen werden als der andern.

12
Memmingen. Will das stättische votum, so in diesem pass zu Regenspurg
13
übergeben worden, hiehero repetirt, im übrigen aber umb etwas dilation,
14
weil Memmingen bey den rebus judicatis in specie interessirt, gebetten
15
haben.

16

39
16 imperium] Lübeck imperio.
Bremen. Ob die wort „in imperium“ tacite vorbeyzugehen, stehe er an;
17
doch wann es die meinung habe, daß man die herren Caesareanos nomine
18
statuum bitten solle, daß sie selbige bey künfftiger duplic ubergehen, seye er
19
ganz mit einig. Die clausula, wer der amnistiae benöhtiget, seye, wie Lübekh
20
erinnert, außzulaßen; halte, daß solches denen königlichen plenipotentiariis
21
wol suppeditirt werden könne. Prager fried betreffend, wanns in der clausula
22
derogatoria versehen, halte er für genugsam, obschon des Prager friedens
23
in specie nit gedacht werde.

24
Res judicatas belangend, seye er mit dem Lübekischen in diesem puncto
25
einig. In ecclesiasticis seye der Kayser pars, und könne also in propria causa
26
nicht judex seyn. In politicis könne es sub generalitate gelaßen und ad
27
annum 1618 gesezt werden.

28
Das wort „amnistia“ bringe von selbsten mit, daß, was per bella verursacht,
29
vergeßen werden solle.

30
Wegen benennung der anseestätte seye er mit dem Lübekischen allerdings
31
einig, sonsten aber im auffsaz alles verständlich genug.

32
Lindau. Läßt ihm die beym prooemio geschehe fürstliche erinnerung wol-
33
gefallen und in puncto amnistiae beym Regenspurgischen auffsaz bewenden.
34
Was das

40
34 bedenken] Nürnberg bewenden [sic].
bedenken anlangt, weil er die notas nicht habe, bittet er umb dila-
35
tion. Was die res judicatas in politicis betrifft, halte er, daß eine erleuterung
36
hochvonnöthen, werde werden sonsten materiam litis geben, ob sie occasione belli
37
ergangen seyn oder nicht?

41
37 Die – bedienen] Ulm, Isny Die gravantes würden sich dessen bedienen, daß es nicht
42
occasione belli geschehen seye.
Die gravati würden sich deßen bedienen. Gibt zu

[p. 62] [scan. 134]


1
bedenken, ob es nicht beßer were, wann man die erleuterung auff alle politica
2
stelle, damit allen beschwerden bey dem puncto restitutionis geholffen wer-
3
den könnte. Item, ob nicht ferner zu bedenken, was für bona darunter zu
4
verstehen. In verträgen könne keine erleuterung schaden.

5
Straßburgisches Directorium. Wann es bey denen Kayserlichen zu
6

41
6 imperium] Lübeck imperio.
erheben, daß sie die verba „in imperium“ fallen laßen und weiter nicht ur-
7
giren, seye es gar wol gethan, sie werdens aber besorglich behaubten wollen,
8
damit sie die stände in die satisfaction mit einziehen können. Die Spanische
9
händel können diß orts wol außgelaßen werden, weiln derselben in pro-
10
oemio nicht, sondern anderstwo gedacht.

11
Wann gleich der Schönebeckischen tractaten meldung geschehe, seye es
12
doch nichts verfänglichs. Wann man sie mit stillschweigen fürüber gehen
13
laßen wolle, würden die Kayserliche dafür halten, die stände seyn damit zu-
14
frieden, consequenter bey dem puncto satisfactionis mitanzustrengen.

15
( Nürnberg interloquirt, könne wol gedacht werden, weil die Schönebecki
16
schen tractaten unvollkomlich, seyen sie auch unverbindlich.)

17
Was wegen außlaßung der jenigen, so der amnistiae benöhtigt, gemeldet,
18
halte ers mit dem herrn Bremischen, daß man es nemlich in der generalitet
19
laßen, und gedenken könnte, daß man insgesambt und reciproce der amni-
20
stiae vonnöhten habe.

21
Wann man den Prager frieden seiner krafft und würckung in odiosis et prae-
22
judicabilibus privire, falle er von sich selbsten.

23
Res judicatas betreffend seye behutsam damit zu gehen, weiln bekannt, was
24
Darmstatt zu Regenspurg für difficultäten gemacht. Der abgenöhtigten Obli-
25
gationen seye im bedenken specialiter gedacht, im übrigen könne der glimpf
26
nicht schaden, doch müste man mit der sachen also umbgehen, daß es keine
27
speciem adulationis habe, sondern zuweilen scapham scapham nennen,
28
sonsten hette es der protestation beym prooemio nicht bedörfft.

29
Ratione termini a quo werde man die gröste difficultet finden, deswegen mit
30
bloser relation auf die Regenspurgische bedenken der sach nicht genugsam
31
werde geholfen sein, sondern seye eine special deduction der ursachen von
32
nöhten, vornemlich aber, daß die ertheilung einer unconditionirten allge-
33
meinen amnistiae und vollkommenen restitution ab anno 1618 Ihrer Kayser-
34
lichen Majestät nöthig, nüzlich und rühmlich seye. Nöhtig 1. ratione coro-
35
narum exterarum, weiln selbige vermög getroffener alliancen alliançe anderer gestalt
36
keinen frieden eingehen wollen, da dann

42
36 salus] Lübeck status.
salus populi suprema lex seye und
37
Ihrer Majestät dadurch nichts abgehe, wann schon ein jeder zu dem seinigen
38
verstattet werde. 2. Ratione der gravirten und interessirten stände, welche
39
nimmer ruhen werden, biß sie zu dem ihrigen widerumb gelangen, sondern
40
sich allenthalben anhenken, juxta illud: Flectere si nequeo, et quondam

[p. 63] [scan. 135]


1
etiam victis redit in praecordia virtus, hingegen wann der friede gut, seye er
2
auch beständig, secundum illud Livii lib. 8. Si pacem dabitis bonam, habe-
3
bitis fidam; sin malam, haut diuturnam

36
Livius 8, 21, 4.
. 3. Ratione Ihrer Majestät inten-
4
tion, welche auff beruhigung des heyligen Römischen reichs gerichtet, dann
5
wann selbige zu erlangen, müste auch adaequata et appropriata media ad
6
finem istum deducentia gebraucht werden. Nun seye aber kein ander mittel
7
übrig, als eine solche amnistia und restitution, wann derowegen die offensio
8

33
8 aufgehoben] Isny aufgehalten.
aufgehoben werden solle, so müse man auch die reconciliation auf den
9
anfang

34
9 der offension] Fehlt in Isny.
der offension zurückziehen, sonsten bleibe immer dar ein semen belli
10
et turbarum kleben.

11
Nüzlich so wol interne als externe, hoc modo, daß denen cronen ihr praetext
12
und macht zu kriegen dadurch benommen wird. Illo, daß Ihre Kayserliche
13
Majestät ihre person und hauß dardurch sicher stellen, die gemüther der
14
stände vollkomlich

35
14 gewinnen] Isny zwingen.
gewinnen, das heylige Römische reich zu ruhe bringen,
15
die diffidenz unter denen ständen auffheben und ein immerwehrendes lob
16
erlangen, da im gegentheil der verzug unsäglichen schaden nach sich ziehen
17
und in bellis civilibus auch die victoria nachtheilig seye.

18
Rhümblich, weil 1. Ihre Majestät mit beweisung solcher clemenz nicht nur in
19
die fußstapfen ihrer löblichen vorfahren eintretten, sondern auch der Gött
20
lichen Majestät am nächsten kommen, 2. selbige Ihrer Majestät lieben Teut-
21
schen patrioten et subditis imperii so wol catholischer als evangelischer
22
religion zu gutem gereiche, et prudentis hominis ac merito felicis esse
23
modum imponere, secundis rebus, nec nimium credere serenitati praesentis
24
fortunae, wie Antiochus beym Livio redet lib. 2, decad. 5

37
Livius 42, 62, 4.
.

25
Conclusum. Soll ein auffsaz gemacht und bey nächster zusammenkunfft ver-
26
lesen werden.

Dokumente