Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Freytags, den 8. Februarii, a prandio die fürstliche Magdeburgische sambt Braunschweig
Lüneburgischen gesandten bey irer excellentz herrn obristhofmeister proponunt
Vgl. das Protokoll des stift-magdeburgischen Ges. (Druck: Meiern, APW IV S. 282–285 ).
in erfahrung bracht, ob solte mit beyden ertz- und stifftern Magdeburg und Halberstatt
eine veränderung obhanden sein und selbe stiffter dem herrn churfürsten zu Brandburg
ahnstatt einer recompens gegen zurücklaßung der Pommerischen landen in perpetuum
zugewiesen werden wöllen. Weilen sich nun ire beederseits gnädige herrschafft höchlich
dhabey interessirt befinden und irestheils in solche uberlaßung nit willigen könten, alß
wehren sie bevehlicht, de praeiudicio und waß für bedencken wieder solche vorhabende
cession vorhanden, anzuzeigen. Und zwar erstlich seie es zu viel, daß obgedachte zwey
stiffter sambt dem stifft Camin der churfürstlichen durchlauchtt zu Brandeburg alß ein
aequivalens gegen obberüerte Pommerische lande wöllen uberlaßen werden. Churbrande-
burg würdte solchergestalt daß aequivalens fast in triplo erlangen. Sie heten einen
uberschlag auß der reichsmatricul
Vgl. den Überschlag des Werths von dem Pommerschen Aequivalent s. d. s. l. (Druck:
Meiern, APW IV S. 306–307 ) und die Demonstration des übermäßigen Aequivalents, so
vor Pommern an Chur-Brandenburg gegeben werden soll, Osnabrück 1647 Januar
29[/Februar 8] (Druck: ebenda S. 307–309).
Wölten zwar die frag, ob ein standt des Reichs, wan er ohne verursachung seines
nebenstandts umb landt und leüthe kommen, seinen regress zu seinem nebenstandt haben
könne, nit berüehren. Praesupponirten es selbst, daß man bey gegenwertichen des Reichs
üblen standt den frieden mit hinderlaßung landt und leuthe zu erkauffen nötig habe und
also Pommerlandt hindergelaßen werden müeße, gönneten dem churfürsten zu Brande-
burg auch seine recompens. Daß aber dern abstattung von einem standt allein, und zwar
von einem innocenti und tertio, der mit dem krieg nit zu thuen gehabt, hergenhommen
werden wölle, sölches seie unbillich. Der den krieg verursacht, der seie die satisfaction zu
tragen oder in communi causa einer den andern zu entheben schüldich. Von denen
catholischen stendten, außerhalb des ertzhauß Österreich, so daß seinige dapffer gethaen,
wolle nichts beygetragen, sondern der zahlungslast denen protestirenden allein aufn halß
gewiesen werden; würde sich nit practisirn laßen. Die Kayserliche waalcapitulation
statuire, daß ein ieder bey seinen rechten, auch landt und leüthen solle geschützt und
manutenirt und niemandt unbilligerweiß beschwerdt werden
dige und tertii bey dem irigen zu schützen und zu handthaben! Der herr administrator zu
Magdeburg seie bey dem krieg nit interessirt, daß fürstliche hauß Braunschweig Lüne-
burg auch nit. Hette mit Kaißerlicher majestätt einen frieden gemacht (fuerunt formalia)
und seithero gehalten, hetten sich mit Churcölln wegen des stiffts Hildesheimb verglie-
chen
Der Goslarer Frieden besteht aus zwei Verträgen: dem Goslarer Akkord vom 6./16. Januar
1642 (Druck: Londorp V S. 762–765; DuMont VI.1 S. 233–238) und dem Braunschwei-
ger Hauptrezeß mit zwei Nebenrezessen (Drucke: DuMont / Rousset II.1 S. 300–307)
( Reimann S. 107). – Zum Hildesheimer Vertrag vgl. nr. 150 in Anm. 1.
einiger unfreundtschafft. Hertzog Ernst Augustus zu Braunschweig Lüneburg seie durch
ordentliche waal zum coadiutorn des ertzstiffts Magdeburg erwählt, zweye andere
hertzogen selbigs haußes sein thumbhern zu Halberstatt
Die Hg.e Johann Friedrich von Braunschweig und Lüneburg (1625–1679; 1665 F. in
Kalenberg-Hannover) ( NDB X S. 478–479 ) und Hg. Anton Ulrich von Braunschweig-
Wolfenbüttel (1633–1714; 1704 F. in Wolfenbüttel) ( NDB I S. 315–316 ) waren Domherren
in Halberstadt (vgl. das Memorial der braunschweigischen Ges. an die ksl. Ges. betr. die
braunschweigische Entschädigung vom 13./23. Februar 1647; Druck: Meiern, APW VI S.
397–398 ).
absterben hertzog Friedrichen von Holstein
nit entstehen. Daß hauß Braunschweig hette es nit verdient, daß solcher zweyen
ansehenlicher stiffter und fürstenthumb durch cession ahn Churbrandeburg solte ent-
wehrt und dhavon in perpetuum excludirt werden. Habe den stifft Halberstatt mit so
ansehenlichen gütern und donationen verbeßert, würde ehender solche zu selbigen stifft
gegebene donationes wieder zurücknhemmen und ihme selbst appropriiren, alß derglei-
chen alienation geschehen laßen. Churbrandeburg würde es dem hauß Braunschweig
Lüneburg nit wehren oder nhemmen. So würde auch durch perpetuirliche uberlaßung des
ertzstiffts Magdeburg eine gantze immutatio status bey dem Niedersachßischen craiß
wöllen eingeführet und selbigen craiß ein erbdirector (der religion, warin es Churbrande-
burg, wie bekandt, mit dem craiß nit einig, zu geschweigen) obtrudirt werden
finde sich nit allein das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg, sondern der gantze
Niedersachßische craiß darbey mercklich interessirt. Und würden die fürsten vom hauß
Braunschweig Lüneburg zu verdencken sein, wan sich dießorts mit denen ubrigen
craißstendten underreden und des craißes notturfft beobachten würden? Ersuchten
derohalben ire excellentz und ubrige Kayserliche gesandten, daß werck seiner wichtigkeit
nach wol zu erwegen, sich darbey nit zu übereilen, in selbiger zweyer stiffter alienation
nit zu verwilligen, sondern Churbrandeburg seiner gesuchten recompens halben ander-
werts anzuweisen.
Ir excellentz herr obristhofmeister haben geantwortet, daß man alhie in terminis
necessitatis begrieffen, dha anderergestalt khein fried zu verhoffen alß vermitls zuruckla-
ßung landt und leuthen, bey welcher bewandtnuß es ie beßer seie, solche güter
anzugreiffen, quae in nullius privati dominio sint und warbey niemandt sönderlich
interessirt seie, alß andere. Seien des Reichs stiffter, warzu niemandt in particulari
interessirt. Dem herrn administrator zu Magdeburg gehe nichts ab, seie seiner administra-
tion ad dies vitae versichert. Des fürstlichen hauß Braunschweig hofnung zur succession
bey Halberstatt würde gar zu weith gesucht und uf ein ungewißes gesetzt; müsten nit res
ab eventu pendentes pro certis praesupponirt und gleich darauß ein recht gemacht
werden. Die beym ertzstifft Magdeburg fürgenhomene coadiutoreywaal seie zu nachtheil
dieser friedenstractaten fürgenhommen worden und würde khein bestandt haben. Selbi-
ger ertzstifft seie schon hiebevor bey dem hauß Brandeburg gewest
Prot. Adm. en von Magdeburg aus dem Haus Hohenzollern waren Mgf. Friedrich
(1530–1553; 1551 Adm. ), Mgf. Siegmund (1538–1566; 1553 Adm. ), der spätere Kf. Johann
Friedrich (1548–1608; 1566 Adm. , 1598 Kf.) und Mgf. Christian Wilhelm (1587–1665;
1598–1628 Adm. ) gewesen ( Grote S. 513; LThK VI Sp. 1271–1273; Stammtafeln I
Tafel 154).
hauß Braunschweig khein praeiudicium geben, so könte es auch itzo nit geben.
Warauf die gesandten zu verstehen geben, wohfern man inen mit keiner andern und
beßern resolution begegnen würde, daß alßdan abtretten, sich underreden und irer
gnädigen herrn instruction und befehl in obacht nhemen müsten.
Ire excellentz herr obristhofmeister: Man werde ie kheinen newen krieg anfangen oder
die sach noch mehr schwehrer machen wollen. Man wiße, wie nötig der fried dem Reich
seie, ein ieder verlange darnach, müße von allen ständten zu deßen beforderung mit
zugetragen und kheine newe verhinderung in weeg gelegt werden. Man seie begierig, dem
herrn administratorn zu Magdeburg, auch sämbtlichen fürsten des hauß Braunschweig
Lüneburg zu dienen, woh man könte und woh dieselbe interessirt. Woh sie aber nit
interessirt, dha würden sie verhöffentlich beschehen laßen, waß andere beschehen laßen.
Ir excellentz wölten denen sachen waß mehr nachdencken, sich mit irn collegis darüber
underreden und in weenig tagen der notturfft nach erclehren. Wohmit zwar die
abgesandte zufrieden gewest und abgeschieden, aber gleich andern tags darnach abermals
ein memorial
Vgl. das Memorial der stift-magdeburgischen und braunschweigischen Ges. an die ksl. Ges. ,
Osnabrück 1647 Januar 30[/Februar 9] (Druck: Meiern, APW IV S. 288–289 ).