Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Den 24. Januarii hab ich, graff zu Nassaw, denen sich hier befindenden Generalstaden
abgesandten die revisite geben. Nach verrichteter dancksag der vor wenig tagen mir
gegebenen visiten und newen-jahrs-glückwünschung und anderen complimenten ist
man zu reden kommen, daß ihre herrn collegae für ein paar stunden alhier von
Oßnabrück angelangt wehren. Ego: Horte es gern, hoffte, wurde ein gutt zeichen sein,
daß sie so paldt widerkämen. Ille: Hetten zwar ihre relation noch nitt vernohmen, aber
auß ihren discursen ahn der taffel soviel vermerckt, daß sie mitt der verhofften
satisfaction von den Schweden nitt allerdings zurückkämen. Die Schwedische hielten
sich gar fast und wolten von gantz Pommern nitt abweichen. Hette ein weites außsehen.
Ego: Ob dan die Frantzosen nichts bey den Schwedischen vermögt hetten, man
vernemme ia, daß ihre churfürstliche durchlauchtt zu Brandenburg nunmehr gegen ein
aequipollent Vorpommern sambt Stettin, Gartz und insul Wollin zurücklassen wolten.
Illi: Hetten nichts verspühren können. Liesse sich fast ansehen, daß es ein collusion
zwischen Franckreich und Schweden und sie vielleicht kein großes verlangen nach dem
frieden hetten. Sagten ferner, es gienge daß geschrey starck, ob solten ihre churfürstliche
durchlauchtt zu Bayern, im fahl der friedt nitt paldt geschlossen werden solt, von ihrer
Kayserlichen mayestät sich separiren und a parte tractiren oder zum wenigsten in
neutralitet sich setzen. Es wehre dabey geredt worden, ob solte schon von Franckreich
geldt in bereitschafft gebracht werden, wan obgedachte particularaccommodation
zwischen Franckreich und Bayern fürgangen, von den reichs-churbayerischen völckern
solten abgedanckt und in Frantzösischen dienst genommen werden. Vermeinten,
solches wurde den statum veränderen. Ego: Hette zwar auch auß dem gemeinen
geschrey waß davon vernohmen, von abdanckung und annehmung etlicher völcker von
Frantzosen hette aber niemahls daß wenigst gehöret. Könte keineswegs glauben noch
darfur halten, daß ihre churfürstliche durchlauchtt sich von ihrer Kayserlichen mayestät
wurden separiren wollen noch können. Sähe keine ursach, so ihre churfürstliche
durchlauchtt darzu bewegen noch ihr eigner status solches zugeben könte, dan von ihr
Kayserlicher majestät seithen (wie fur der gantzen welt bekandt) alles, waß mensch- und
möglich gewesen, zu beschleunigung deß friedens eingewilligt und contribuiret, auch
ihre churfürstliche durchlauchtt von ihr Kayserlicher majestätt allen schutz, assistentz
und freundtschafft gehabt, welches bey obgedachter Separation etwan nitt also wurde
erfolgen können.
Kamen darauff von ihrem frieden zu reden. Congratulirte ihnen, daß es damitt so weit
kommen, und wurden sie dardurch und da sie bestendig dabey pleiben, den hohen
ruhmb erhalten, daß fundament und nachfolge deß friedens gelegt und verursacht zu
haben. Illi: Ihr friede were zwar noch nitt gantz geschlossen, aber sehr wohl angefangen.
Hofften iedoch, Gott wurde gnadt verleyhen, daß alles vollnzogen werde. Könte
nunmehr leicht in eine formb und auff ein ander papier innebracht werden. Ego:
Wunschte es, und wurde zu ihrem eignen vorthl dienen. Es wurde aber von vielen darfur
gehalten, daß graff Servients abreiß in Hollandt dörffte newe obstacula verursachen. Illi:
Woltens nitt vermeinen, dan seine negotiation sein solte, den frieden zu befurderen, wan
nemblichen mitt den Spanischen sie, Frantzosen, auch sich vergleichen könten; im
gegenfahl aber dorffte er sich die continuation deß kriegs noch auff künfftige campagna
zu suchen und zu begehren understehen. Die tractaten zwischen Spanien und Franck-
reich stünden itzo still, wüsten nitt, worauff es hafftet, allein daß sie gesehen, daß in den
haubtpuncten sie albereit verglichen und die sach auff solchen fuß gesetzt, daß
vermeinten, in einem halben tag damitt zur richtigkeit zu kommen seie. Fünden
ihrestheils die ubrige differentien nitt der erheblichkeit, daß darumb der friede länger
verzogen werden solt. Könten ihrestheils wegen solchen auffenthalts den Spanischen
kein schuldt geben. Es hette graff d’Avaux fur seiner abreiß ihnen angezeigt, duca de
Longeville wurde ihnen alle der Frantzosen petita ahn Spanien zustellen, so den 22.
dießes hette geschehen sollen. Were aber nitt erfolgt; wehre ihnen zwar angezeigt, daß
[ er] alß morgen, den 25. dießes, nachmittag, ihre puncta zeigen und mitt ihnen darauß
communciren wolte, were aber nitt darbey gedacht worden, daß der duca selbige ihnen
zustellen wolte. Erwarteten also, obs erfolgen werde. Ego: Sie wurden ein sehr löbliches
und gemeinnutziges werck verrichten, wan zwischen diesen beyden mächtigen cronen
den frieden befurderen wurden. Illi: Wunschten es höchlichen, und hetten auff begehren
ihr bestes und möglichstes gethan, woltens auch gern continuiren. Es bestünde aber
darauff, daß ihnen obgesetztermassen die Frantzösische puncta zugestelt wurden. Sie
dörfften selbige nitt abfordern lassen, sondern müstens erwartten, damitt es nitt daß
ansehen gewinne, alß wolten sie daß werck sollicitiren. Ego in fernerm discuriren sagte:
Hette vernommen, ob solte ihr collega, so von wegen Utrecht hier gewesen, nitt
allerdings mitt ihnen einig und deßwegen nitt underschreiben wollen, auch in Haag
verreist seie. Illi: Wehre nitt ohne. Er hette waß difficulteten gemacht, er wehre waß zu
weit und tieff sehendt. Sie könten gleichwohl seinem scrupuliren kein statt geben. Er
wehre zwar hinundergereiset; ob sich zu accusiren oder zu excusiren, wüsten sie nitt,
dan gemeinlich im excusiren man sich accusiret. Eß wehre iedoch ahn dieser sache so
viel nitt gelegen, alß man außen davon redete. Vermeindten nitt, daß solches ungelegen-
heit verursachen würde, dan (wahren die formalia) una hirundo non facit ver. Einer
under ihnen sagte: Ille est totus Gallus. Eß kan wohl kommen daß unsereiner drey oder
vier in kurtzem hinunderziehen, umb die provintien und Generalstaaden von allem
verlauff und zustandt unser sachen wohl gründtlichen zu informiren, so besser coram
alß durch schreiben zu thuen. Ego sagte: Hetten gehört, daß die ganze populace in den
provintzien groß verlangen zum frieden hetten. Hettens auch gewiß ursach, weiln, wie
ich hörte, sie einen erwunschten frieden erlangten. Illi: Daß wehre gewiß, alle in
Niderlandt wunschten und verlangten den frieden, dan sie solchen ihrem statui sehr
nutzlich finden und begehrten, der ruhe zu geniessen.
Von den Holländeren bin zu dem herrn von der Heyden, Churbrandenburgischen
gesandten, gefahren, ihme die revisite und glückwunschung zum newen jahr restituiret.
Dabey nichts fürgangen, alß daß er beklagte, daß die Schweden gantz Pommern
behalten und davon, wie er von Oßnabrück vernemme, nitt abstehen wolten. Er
befahrte sich, wan man vermeinen wurde, diesen hohen berg uberstigen zu haben,
wurden die Schwedische noch so viele hügeln setzen, so noch beschwerlichen zu steigen
sein wurden. Er sähe nitt, wie daß ein bestendiger friedt geben könte, hette immer
gemeindt, daß die Schweden sich dessen hetten understehen sollen.