Acta Pacis Westphalicae III A 3,1 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 1. Teil: 1645 / Maria-Elisabeth Brunert

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VORWORT

Schon vor der formellen Einladung des Kaisers vom 29. August 1645 an alle Reichsstände zur Teilnahme an den Westfälischen Friedensverhandlungen hatten viele reichsständische Unterhändler sich via facti in die Kongreßverhandlungen einzuschalten gewußt. So ist seit Sommer 1645 jener Quasi-Reichstag entstanden, der bis 1649 getagt hat und in den herkömmlichen drei Kollegien beriet, wobei der Fürstenrat nach Teilkurien in Münster und Osnabrück getrennt war. Seine Mitglieder gehörten außerdem den beiden quer über die ständischen Kollegien hinweg gebildeten konfessionellen Corpora an. All diese reichsständischen Gremien haben ihre institutionalisierten Beratungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten begonnen. Die hier als Protokolle des Für-stenrates in Osnabrück vorgelegten Texte setzen mit dem 27. Juli 1645 ein. Dieses Gremium hat in ziemlich gleicher Besetzung reichstagsmäßig, aber unter magdeburgischem Direktorium, bis zum 2. Februar 1646 getagt. Es war nicht de iure, aber de facto ein protestantisches Organ. Der auch weiterhin vorwiegend protestantisch besetzte Fürstenrat in Osnabrück hat seine Beratungen am 3. Fe-bruar 1646 unter dem herkömmlichen Fürstenrats-Direktorium Österreich fort-gesetzt, während daneben und deutlich von ihm getrennt das Corpus Evangelico-rum beriet. Ich habe lange geschwankt, ob die Protokolle dieser Osnabrücker Beratungen bis Anfang Februar 1646 besser unter dem Titel Fürstenrat in Osnabrück oder als Beratungen des Corpus Evangelicorum zu publizieren seien. Für beide Lösun-gen gibt es gute Argumente, weil es in dem ersten Halbjahr offenkundig noch keine eindeutige und durchgängige institutionelle Trennung der beiden Gremien gab

Vgl. unten, [LXXIII-LXXVIII] .
. Deshalb konnte sich das Selbstverständnis des Osnabrücker „Fürstenrats“ im genannten Zeitraum mehrfach verändern, während seine Beratungsgegenstände sowohl (metakonfessionelle) allgemeine Kongreßpolitik

Soweit es überhaupt „Metakonfessionelles“ gab.
wie auch allgemein-pro-testantische

Vor allem die Entstehung der Gravamina Evangelicorum.
oder allein lutherische

Vor allem APW [III A 3/2 Nr. 36] , [37] , [38] , [48] , [49] , [50] , [54] , [75] , [85] .
oder allein reformierte

Vgl. APW [III A 3/2 Nr. 40] , [57] und [91] .
Konfessionspolitik be-trafen und außerdem Deputationsverhandlungen zwischen katholischen und evangelischen Ständen stattfanden

Konferenzen vom 19., 21. (zweimal) und 22. Dezember 1645 ( APW [III A 3/2 Nr. 55] , [58] , [60] und [62] ).
. Man hätte insofern die hier (und in APW III A 3/2) publizierten Protokolle auch als Beginn der evangelischen Sonderberatun-gen (APW III A 5) deklarieren können. Da die meisten Sitzungen der fürstlichen Gesandten institutionell jedoch am ehesten als Teilkurie Osnabrück (des Gesamt-Fürstenrates) einzustufen sind, habe ich mich mit Zustimmung Frau Dr. Bru-nert s schließlich entschieden, die Protokolle insgesamt an dieser Stelle der Edi-tionsreihe zu edieren. Für die Zeit nach dem 3. Februar 1646 kann formal ein-

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deutig
zwischen Fürstenrat und Evangelischen Ständen unterschieden werden, und das wird dann auch die Zuweisung innerhalb der APW bestim-men.
Zur editorischen Einrichtung dieses Bandes sind fünf Dinge zu erwähnen: Erstens mußte eine Trennung in die Teilbände APW III A 3/1 und 3/2 erfolgen, um einen übermäßig dicken Aktenband 3/1 zu vermeiden. Der Einschnitt ist so ge-wählt worden, daß die beiden Teilbände einigermaßen gleichen Umfang haben. Zweitens werden die für alle Teilbände III A 3 gemeinsamen Register erst zum Schluß (vermutlich als III A 3/6) folgen. Die ausführlichen Kopfregesten zu je-dem Stück und das genaue Verzeichnis der Verhandlungsakten in jedem Teil-band, hier auf S. 421–426, erschließen dem Benutzer aber schon jetzt die Proto-koll-Inhalte; denn es wurde stets über die Texte verhandelt, die hier genannt sind. Drittens ist besonders viel Sorgfalt auf die möglichst genaue Identifizierung der jeweiligen Aktenstücke, die zur Verhandlung standen, verwandt worden, bei län-geren Texten auch auf die genaue Stelle, auf die der Redner sich bezog. Das dürfte vor allem die (vermutlich häufige) punktuelle Benutzung erheblich erleichtern. Viertens mußten die teilweise sehr umfangreichen Sachanmerkungen aus typogra-phischen Gründen an den Schluß der einzelnen Nummern gerückt werden. Das wird von III A 3/3 an nicht mehr nötig sein, weil die Textvarianten sich verrin-gern und die hier recht intensive Kommentierung erheblich vereinfacht wird. Fünftens weise ich eigens auf die ausführlichen Angaben über die herangezogenen Überlieferungen hin (S. XC bis CXXXVI), ebenso auf die zusammenfassenden biographischen Informationen (S. LXXVIII bis XC), ergänzt (S. CXLI bis CXLIII) durch eine Liste der Ankunftsdaten der evangelischen fürstlichen Ge-sandten, die im Osnabrücker Fürstenrat tätig wurden – lauter Dinge, die dem Benutzer den Zugang zu diesen spröden Texten erleichtern sollen. Die Editorin, Frau Dr. Maria- Elisabeth Brunert, hat sich mit diesem Ak-tenband, dessen Texte durch Herrn Peter Pauly kontroll-kollationiert wurden, sehr viel (vielleicht etwas zu viel und daher auch zu zeitaufwendige) Arbeit ge-macht. Für ihre akribischen Bemühungen ist ihr ausdrücklich zu danken. Dank verdienen für ihre Hilfe aber auch die zwanzig Archive, deren einschlägige Ma-terialien hier verarbeitet worden sind, nicht weniger die Nordrhein- Westfä-lische Akademie der Wissenschaften, in deren Obhut die APW stehen, und die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung, deren Zu-schuß die Drucklegung dieses Bandes ermöglicht hat, nicht zuletzt der Aschen-dorff Verlag für seine wie immer reibungslose Kooperation. Bonn, den 8. September 1998 Konrad Repgen

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