Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 VI 3

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1647 VI 3
Montag Anfrage Trauttmansdorffs wegen Fürstenau. [...]
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Fürstenrat.

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Mitteilung an Trauttmansdorff: Belagerung von Fürstenau; die Ksl. mögen
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bei den Franzosen und Rosenhane vor den Folgen des Bruchs der Prälimi-
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narien
warnen. Trauttmansdorff: Will deshalb zu den Mediatoren, den
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Franzosen traut er nicht, Rosenhane hat nicht die nötige Autorität. Milonius
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hat in Osnabrück den Ksl. mit dem Angriff auf Fürstenau gedroht, falls
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nicht die Halberstädter Klöster Gröningen und Walkenried

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Die Klöster Gröningen und Walkenried (Halberstadt) wurden von Brandenburg als
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Teile des Stiftes Halberstadt beansprucht, waren in dem ksl. Projekt 1647 V 27 aber
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schon den Welfen zugesprochen.
den Welfen
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gelassen würden, was inzwischen bewilligt ist. Aber man sähe, daß es nur
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falsche praetexten und betrug, dan die Schwedische nuhmehr vorgeben, sie
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suchten das volck unnd nicht den platz. Es wurde mit Ihrer Churfürst-
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lichen Durchlaucht zu Colln volcker eben so zu befahren sein, dahero hoch-
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nöttig unnd zu wunschen were, man setze allerdings wieder zusamen,
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welchenfals dem Konigßmarck noch beyzeiten, ehe er alles verschlungen,
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zu begegnen wehre, wurde auch dergleichen, wie mit der Vechta vorgan-
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gen , zu attentiren nichtt gedacht haben, wan die benachbarte deß so
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schädtlichen armistitii halber alß Meppen, Rheine nitt einhalten mußenn.

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Schröder bei W. War wegen Fürstenau bei Contarini, der geantwortet hat,
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die Mediatoren hätten deshalb schon mit den Franzosen geredet, bei denen
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man sich mehr Eifer wünsche. Trauttmansdorff hat an die Ksl. in Osna-
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brück
geschickt. W: Bitte um weitere Unterstützung; Erinnerung , wie
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hochnötig es seye, die militiam und den kriegsstatum auff einen anderen
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fueß zu setzen und dadurch den vorigen so offt geklagtten mängelen abzu-
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helffen und weiteren besorgenden verlust zu verhüeten.

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W bei Longueville/d’Avaux. Verpflichtung Frankreichs zum Schutz des
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Präliminarvertrages; andernfalls entsteht der Eindruck, daß Schweden
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Frankreich seinen Willen aufzwingen kann. Longueville: Die Ksl.
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suchen Frankreich in odio seiner confoederirten und der protestirenden zu
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setzen und mindern so die Autorität der Gesandten. Die Schweden ent-
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schuldigen
sich mit der Einnahme Paderborns durch Ws Truppen. W:
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Der Präliminarvertrag spricht von Stadt und Stift Osnabrück, sieht aber
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nicht die Neutralisierung der Besatzungen von Fürstenau und Vörden vor;
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auch die Schweden haben die Vördener Besatzung zu Kriegsoperationen
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gebraucht. [...] Die Belagerung aber ist gegen den Vertrag, nach dem im
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Stift alles im bisherigen Zustand bleiben soll. [...] Waß der cron Franck-
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reich authoritet anlangete, daß solche durch der Kayserlichen cum Suecis et
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protestantibus tractandi modo solle geschwächet werden, da beklagtten sich
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die Kayserliche viellmehr, daß durch continuation der feyndlichen wapffen
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von Franckreich sie necessitirt würden, verschiedene sachen den Schwedi-
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schen und protestirenden nachzugeben, welches sie woll nit würden gethan

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haben, wan Franckreich seinem erbieten nach die Tourennische armada von
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der feyndlichen action abgehaltten, dan alsoche wapffen und bloßer degen,
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wamitt man Ihrer Kayserlichen Maiestet und anderen chur-, fürsten und
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stenden des reichs noch täglich zusetzte, ein contrarium effectum veruhr-
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sachten , alß waß bey den tractaten durch die promessen und guette wohrtt
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im nahmen der cron köntte gerichtet werden. Comte d’Avaux: Die
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Kayserliche giengen nicht recht mitt ihnnen umb; Trauttmansdorff hat die
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französische Unterstützung wegen der Autonomie in den Erblanden ange-
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nommen
, sich wegen Osnabrück aber nicht fest gezeigt und schließlich die
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Abrede gebrochen, einige Tage vor dem Nachgeben d’Avaux zu unter-
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richten
. Die Ksl. suchten etiam cum summo dispendio catholicorum die
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Schwedische und protestirende an sich zu ziehen und Franckreich bey den-
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selben verhaßet zu machen. Die Kayserliche hetten den Schwedischen so
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viell nachgeben und ihre freundschafft zu erkauffen gesucht, sie soltten
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nun bey denselben einen versuch thuen, wie es vigore praeliminarium sich
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gebürte, die Fürstenawische belägerung zu verhindern. Es hetten die
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Kayserliche problematice etwas auffsetzen und hin- und wieder under den
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stenden spargiren laßen, Gallos promisisse, woltten ihnnen in puncto auto-
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nomiae und des stiffts Oßnabruck bey den handlungen assistiren und ihren
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alliirten mitt keinen völckern noch geldt ferner beispringen, dabey rationes
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pro et contra gesetzet, ob dießem der Franzosischen erbieten zu trawen?

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I. H. G.: Von dergleichen schrifften were ihro nichts vorkommen, und
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wie sie öffters geklagt und betawret, so befünden sie, daß man sich durch
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ein so schädliches mißtrawen tägliches noch mehrers einnehmmen ließe und
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voneinander kehme. Die Kayserliche hetten sich ad constantiam in den
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benenten punctis offters erbotten, dieses aber dabey angezeigtt, daß die von
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Franckreich bezeigte contrarietet, indeme sie bey den tractaten ihnnen de
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constantia et assistentia viell zusprechen, der Tourenne aber mitt den
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wapffen und bloßen degen von dem Kayser und anderen stenden de facto
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zu erzwingen sich understunde. Comte d’Avaux: Die dem Tourenne
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undergebene armada hette gegen den Kayser seither nit gekriegt. I. H.
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G.: Er were zwarn in die erblanden nit gangen, er hette gleichwoll under-
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deßen , waß der churfürst von Meinz noch eingehabt, ihme gantz feind-
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sehlig abgenohmmen und die derents befindliche Kayserliche soldatesque
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gantz feindlich angriffen und tractirt. Comte d’Avaux: Der churfürst
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von Meinz were gantz Spanisch und österreichisch. Er soltte sich neutral
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haltten, wie andere, so würde er auch darnach tractirt werden. I. H.
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G.: Der punctus neutralitatis were gantz ein andere sache alß die itzige
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materia, davon man pro bono religionis woll zue rheden und die sache
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durch eine so schädliche diffidenz nit mehrers zue vulneriren. Und waß
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würde doch darauß werden, wan alle catholische sich neutral, indeme man
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pro religione zusammenstehen und fechten solle, erklerte. Franckreich
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erfuhre täglich gnugsamb, mitt waß hochmuht die Schwedische ihnen
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begegneten, wan nun Ihre Kayserliche Maiestet, wie sie es vorhetten, allein

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endlich underligen würden, waß würde es doch dan endtlich mitt der reli-
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gion für ein außgang gewinnen. Es were itzo gestaldten sachen nach nit
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allein von der neutralitet zu rheden, sondern man mußte sich auch a parte
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Franckreich recht expliciren, waß man dabey eigentlich intendirte und wie
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dem catholischen nothleidenden weeßen damitt zu helffen und der status
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imperii et Imperatoris gleichwohl nit zu verlaßen noch zue prostituiren.

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Duc de Longueville: Ihre Kayserliche Maiestet hetten sich noch nit
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erklert, daß pace cum imperio conclusa sie den Spanischen nit assistiren
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woltten. Wan dieße erklerung geschehen, so würde man mitt den sachen
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beßer fortkommen. I. H. G.: Dieße materia würde sich itzo nit, indeme
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das periculum in mora quoad obsidionem der Fürstenaw, woll moviren und
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debatiren laßen. Sie wunschten beeden cronen pro bono christianitatis einen
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bestendigen frieden und begerten, daß sie doch woltten zue halttung der
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praeliminarien ihre authoritet interponiren, zumal hiervon die Sicherheit
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der Kongreßorte abhängt. Beide Franzosen geben W wegen des Präli-
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minarvertrages
Recht und erbieten sich zu Bemühungen, jedoch lieber bei
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Wrangel als bei Königsmarck, der nur seinem eigenen Kopf folge. W:
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Hält vor allem Erinnerungen bei den schwedischen Gesandten für nötig,
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die sich hinsichtlich des Präliminarvertrages nicht damit entschuldigen kön-
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nen
, sie hätten mit dem Kriegswesen nichts zu tun. Franzosen: Wollen
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La Court entsprechend instruieren. Es ist bey dießer visita, alß der
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comte d’Avaux sich wegen der Kayserlichen procedeuren beklagtt, gnug-
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samb zue observiren geweßen, daß er zimblich alterirt und solches hochlich
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empfindet, wie er dan verschiedenen mahl in discursu cum vehementia
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aliqua repetirt: Die Kayserliche geben wegk, waß die Schwedische und pro-
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testirende haben wollen, und vermainen, dardurch den frieden zu erhand-
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len und zu erkauffen; sie werden sich aber gewalttig betrogen finden, dan
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sie auff dieße weiße den frieden nit werden erhaltten und bekommen, wan
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sie auch mehr hinwegkgeben; Franckreich hette es woll gemeinet, und auto-
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ritathe sua die Pfaltzische sach, wie es die Schwedische selbst bekenneten,
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insoweith Ihrer Kayserlichen intention nach gerichtet. Mitt dem stifft
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Oßnabruck were auch forthzukommen geweßen, wan die Kayserliche nit
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also hinder ihnen her gehandlet, repetendo cum singulari zelo et fervore, sie
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vermainen, den frieden zu erkauffen und werden ihnen doch nit bekom-
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men .

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Mitteilung an Trauttmansdorff: Gespräch mit den Franzosen; nochmalige
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Bitte um Bemühungen der Ksl. in Osnabrück. Trauttmansdorff: Daß
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dies der Franzosen modus solemnis sey, die ständt von Ihrer Kayserlichen
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Mayestet abwendig zu machen, solches hetten sie nicht nur mit dergleichen
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offters sondern ipso facto gnugsamb remonstrirt und erwiesen. Mein Gott,
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wer hett doch den Frantzosen die autoritet benommen, daß sie ihre vor
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etlichen monaten gegebenen parola gär mitt vorzeigung der original befel-
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chen , nemblichen die Frantzosichen mittel und volcker intuitu religionis
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von den Schweden unnd des reichs boden abzuziehen, nit gehalten. Gerade

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haben die Bayern ihm vorgeworfen, die Ksl. widersetzten sich nicht genug
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der schwedischen Präzedenz im Fürstenrat, wogegen Volmar

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Volmar war 1647 VI 1 aus Osnabrück zurückgekehrt.
beteuert hat,
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das sei eine Verleumdung der Franzosen. Wegen Fürstenau hat Trauttmans-
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dorff
sich schon an Contarini gewandt und nach Osnabrück geschrieben.
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Den Schweden geht es darum, wie sie sich nach und nach der Kayserlichen
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und reichsvolckern ermächtigen und also successive nos inermes supprimi-
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ren möchtten. Mitt Churbayern werd es besorgentlich keinen anderen auß-
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gang haben, und aller gewinn und unterschiedt nur ein geringes spacium
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temporis sein. Es laßen sich auch sowoll die Schwedische plenipotentiarii
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alß der Konigßmarck verlauten, daß alß lang die Churcollnische volcker in
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des Kaysers pflicht mit begriffen, sie dieselbe anderß nicht alß fur ihre
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feyndt halten und tractiren konten. Nun seye ia gnug mit handen zu grei-
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fen , waß hiemit intendirt werden wolle. Wan doch Gott Churbayeren
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möchte in sinn geben, der occasion, ehe es zu spaht, der religion sowoll alß
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sich selbsten zum besten in acht zu nehmmen. Guter Stand der ksl. Armee,
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spanische Überlegenheit in den Niederlanden, in Italien und Katalonien;
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und sey also ietzt an reunion beyder Churfürstlichen Durchlauchten zu
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Colln und Bayeren salus rei publicae et conservatio religionis infallibiliter
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gelegen. Und wan forerst Churcoln woltte, kontte man dem Konigßmarck
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testa bieten und ihme die so freywillig ubende hostilitet gar leicht verweh-
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ren und einstellen. Alß ihme herrn graven hierauf replicirt, welcher-
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gestaldt Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Colln zu ratification des
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Ulmischen armistititii genottiget, indem alle auff des reichs boden befun-
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dene feyendts armeen sich von oben und unden also in postur unnd bereit-
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schafft gehaltten, daß sie dero ertz- stifft und landen auf den verweige-
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rungsfall uno impetu hetten uberfallen und zu grundt richten können, und
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wie nun denselben solche occasion noch nicht benommen, so hetten Ihre
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Excellentz vernunfftig zu ermeßen, ob des von Sparren und Bluhmenthalß
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gegen Ihre Durchlaucht und ihre landen verubende proceduren, indem sie
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dieselben fast nicht anders alß der feyndt selbst tractirte, die geringste
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anlaß und ursach geben könne, solcher gefahr des gäntzlichen untergangs
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sich und ihre landen zu unterwerfen. Sagte der herr graff, es seye bey
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Gott anders nicht, habe deßhalber dem von Blumenthal noch erst vor zwey
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tagenn starck zugeschriebenn, sich gegen Ihre Durchlaucht aller bescheiden-
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heit zu gebrauchen und nit die geringste ursach zur offension zu geben,
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woltte es auch mitt negster post nachmaln zue wiederholen nicht unter-
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laßen . [...]

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Mitteilung der Mainzer auf Anfrage Ws: Nachdem es in Osnabrück noch
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Schwierigkeiten gegeben hat, werden Schweden und Protestanten nun doch
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nach Münster kommen.

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Mitteilung Chigis: Die Erinnerung der Mediatoren bei den Ksl. wegen

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Fürstenau steht noch aus, bei den Franzosen ist sie gestern geschehen. Bitte
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um Mitteilung der bayerischen Antwort an die katholischen Stände.

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