Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
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1647 X 5
Samstag

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33 Sambstags] am Rande: Ad mediatores wegen der Metzischen lehenleütt und hertzogs
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zu Lothringen restitution.
Sambstags, den 5. huius, umb 11 uhr vormittag haben
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herr graf von Nassau und ich, Volmar, unß zu dem herrn nuncio und Veneto
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uff ihr beschehen andeütten verfüegt und inen vorgehalten, waßmaassen unß
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die reichstände dermaln heüt 8 tag ihr guettachten wegen der Metz-, Tull-

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und Verdunischen lehenleütt wie auch deß hertzogen zu Lothringen resti-
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tution zugestellt, so wir nit underlassen wollen, inen, herrn mediatorn, zu
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communicirn. Die summa bestüende darauff, daß alle stände, catholische und
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Lutherisch, unanimiter der meinung bleiben, daß die bedeütte lehenleütte, so
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von altem her reichsstände gwesen und noch seyen, denn Franzosen nit über-
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lassen werden könden noch sollen. Deßgleichen weren die stände per
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maiora der meinung, daß man den hertzogen von Lothringen nit abban-
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donirn köndte noch solte, sondern daß ime wenigst ein freyer zutritt zu disen
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congressibus, umb sein nothurfft zu verhandlen, gestattet werden müeßte.
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Wie wir dann zu dessen mehrern erleütterung ein summarium der ständen
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resolution Lateinisch verfaßt, inen, mediatorn, hiebei zugestellt, so apud acta
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ze finden. Waß dann die renunciation deß tituli über die landtgrafschaft im El-
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saß anlangte, da wartteten wir noch der Kayserlichen resolution, deren wir
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über daß gantze instrumentum vertröstet weren. Die mediatores haben uff
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disen angehördten bericht nit für thuenlich halten wollen, darvon bei denn
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Franzosen formaliter andeüttung ze thuen, dann sie verspürten fast so vil von
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dennselben, daß sie in disen beeden puncten nit zu weichen bedacht, sondern
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wol ehender die tractatus abrumpirn möchten und in specie wegen Lothrin-
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gen vorgeben theten, außtruklichen bevelch von hof ze haben, ehender un-
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verrichter dingen von hier abzeraisen, als sich derentwegen waß einzelassen.
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Sagten auch, wann disen monat October hindurch der frid nit geschlossen,
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daß sie weiters nit zuwartten wolten, sondern es möchte ein ieder seiner
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gelegenheit nach hinziehen, wo er wolte. Wie dann der Venetus sagte, daß
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sie alberait in handlung, die pündtnus mit Schweden ze renovirn, begriffen
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weren und nun die resolution von Stokholm erwartten theten. Mit denn
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Spanischen wer fast kein difficultet mehr obhanden, sondern alles so weit
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gebracht, daß der friden gwiß ze hoffen, allein stoss sich alles an Lothringen.
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Die Franzosen geben für, die Spanischen hetten sich gegen denn Hollendern
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erclärt, daß die Lothringische sach den friden nit hindern solte; daß ver-
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stüenden die Franzosen also, daß inen dardurch remittirt und heimbgeben
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sey, wie sie sich mit dem hertzogen vergleichen würden. Wölches die Spanier
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nit wolten geständig sein, sondern sagten, denn Hollendern allein so vil ge-
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sagt ze haben, daß von der Lothringischen sach alsdann erst solte gehandlet
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werden, wann alle übrige articul zwischen Spania und Frankreich verglichen
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seyen. Wir haben es dahiengestellt sein lassen, daß die herrn mediatores den
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Franzosen allein relative andeütten möchten, waßgestalten wir inen von
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der ständen gefaßtem guettachten anzeig gethan, sonsten aber hauptsächlich
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noch von Ihrer Kayserlichen Maiestät resolution erwartten theten, und be-
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nebens angezeigt, das sonst Ihr Maiestät unß vom letsten Decembris anno
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1646 überschikhte resolution außtruklich dahien gehe, daß im instrumento
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ein sonderbarer articulus, wie auch beschehen, einverleibt werden solle,
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quod nimirum dux Lotharingiae ad omnes suas ditiones, quae ipsi hoc
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bello ademptae fuerunt, restitui debeat, bei deme wir es noch derzeit
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müeßten bewenden lassen.

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Solchem nach haben wir unß alsbaldt zu den Spanischen verfüegt und inen
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von diser conferentz parte geben, wölche unß ebenmässig angezeigt, daß die
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herrn mediatores inen der Franzosen intention mit Lothringen, wie gemeldt,
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vorgehalten. Sie hetten dennselben geanttworttet, daß Ihr Königliche
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Maiestät in Spania einmal nit gemeint wer, den hertzog gentzlich zu verlassen,
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und stüende den Franzosen frei, darüber ze rumpirn. Sie wolten ein freye
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handt haben, dem intruso regi Lusitaniae als ihrem confaederirten ze assi-
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stirn , und hergegen dem könig in Spania verbietten, daß er sich nit hingegen
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deß hertzogs zu Lothringen annemmen solt, so ja ein unbillich ding. Er sage
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nit, daß Spania kein frid machen woll, es sei dann Lothringen per omnia et
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ad omnia restituirt, sondern daß es zum tractat kommen soll. Sie, Spanische,
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hetten denn Hollendern hievor, als sie diser sachen halb ihr erclärung be-
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gehrt , außtruklich gesagt, daß darvon, nachdem alle übrige puncten zwi-
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schen Spania und Frankreich wurden agiustirt sein, zuletzt solte gehandelt
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werden, kein anders werden die auch den Franzosen referirt haben. Sie
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hetten sonst ettlicher sachen halb uff die Hollender compromittirt, da hette
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einer under inen gefragt, warumb sie nit auch der Lothringischen sach halber
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compromittirn theten, dagegen geanttworttet, weil die Hollender denn
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Franzosen die guarantie auch wegen Lothringen versprochen, so wer be-
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denklich , inen anietzt daß arbitrium in decisione controuersiae zu vertrawen,
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wölche antwortt alle übrige Hollendische deputati für billich gehalten und
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darmit wol zefriden gewesen seyen. Demnach hetten sie, Spanische plenipo-
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tentiarii , denn mediatorn auffgetragen, denn Franzosen anzezeigen, daß sie
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nochmaln bei diser meinung bleiben, daß von deß hertzogen zu Lothringen
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restitution zum letzten etpostquam omnia transacta gehandlet werden solte.
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Die Franzosen möchten nun sich drauff erclären, waß sie wolten. Ausserhalb
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diß hetten die mediatores auch die übrige capita postulatorum Gallicorum
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durchgangen, da dann derselben declarationes so impertinent, daß wol dar-
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auß ze spüren, sie kein ernst zum friden hetten, sondern nur weitleüffigkheit
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suechten, als in specie mit Casal

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Bei Rückgabe der französisch besetzten Festung Casale (Montferrat) an Mantua forderte Frank-
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reich wegen der spanienfreundlichen Haltung der Vormundschaftsregierung zumindest eine gemischte
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Besatzung bis zur Volljährigkeit des Herzogs Carlo Gonzaga.
, dem tractat zu Cherasco, principe Bozzolo

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Scipione Gonzaga (gest. 1670), Reichsfürst von Bozzolo, ksl. Diplomat, beanspruchte das Herzog-
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tum Sabbioneta (südwestl. von Mantua) als nächster Agnat des 1591 im Mannesstamm erloschenen
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Hauses Gonzaga-Sabbioneta. Im Besitz befand sich für seine Söhne der Herzog von Medina de
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las Torres, dessen Gemahlin Ana Carafa (gest. 1642) Sabbioneta von ihrer Großmutter Isabella
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Gonzaga (gest. 1637) geerbt hatte. Gegen die spanische Familie unterstützte Frankreich die
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Ansprüche des Fürsten von Bozzolo.
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von denn pertinentzen deren in Niderlanden und Burgund inen überlas-
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senden plätzen, erbawung der castellen und schantzen in Catalonia tempore
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induciarum etc., und waß dergleichen mehr.

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