Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 X 15

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1647 X 15
Dienstag Cratz bei W. Nachricht vom Tod des Kurfürsten
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von Mainz

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Gestorben 1647 X 9.
und Verabschiedung, da Cratz Testamentsexekutor ist. Inzwi-
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schen
soll Raigersperger die sachen, alß viel sich secundum imperii constitu-
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tiones und dem alten herkommen nach sede vacante thun laßet, respici-
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iren . W: Rät wegen der Friedensverhandlungen zur Beschleunigung der
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Wahl. [...]

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Mitteilung an Chigi: Antwort d’Avaux wegen der Osnabrücker Geist-
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lichen
; will den Franzosen jetzt ein Memorial zustellen und damit zum
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85. Mal vorstellig werden. Chigi: Auch er hat sich wegen des Pfarrers
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in Neuss über dreißigmal an die Franzosen gewandt. Zum Tode von Kur-
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mainz
und auf die Frage, ob er selbst zur Mainzer Wahl reisen werde, ant-
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wortet
Chigi, daß er zimblich perplex und allerhandt considerationes so-
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woll von hier sich zu begeben alß auch dort oben habe, wan er dies ohrts
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nicht wehre, wolte er leicht determiniren, was er zu thun, und indeme es
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ihme an einem und anderen mangelen thue, seye ihme desto beschwerlicher,
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sich hierinnen zu resolviren.

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W bei den Franzosen. Verweis auf seine früheren Bemühungen wegen der
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Osnabrücker Geistlichen. Da die Schweden trotz der bisherigen französi-
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schen
Schritte mit der Einsetzung von Prädikanten fortfahren, bittet er,
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daß doch mitt mehrerm ernst zue salvirung der catholischen religion gethan
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und der cron Franckreich dabei versirende authoritet und aller gewißen zu-
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gleich möchte salvirt werden. Franckreich hette die confoederation und
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praeliminaria vor sich, in causa tali, daran so viele thausend seehl und
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sehligkeit glegen, könnten sie hierin bey den Schwedischen nichts erhaltten,
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waß würde man sich dan in aliis publicis zu getrösten und den Schwedi-
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schen bey der friedenshandlung zutrawen konnen. Bedauern der Fran-
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zosen
und Zusage weiterer Bemühungen. W: Nachdem bisher nur das
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Gegenteil erreicht worden ist, sei mit mehrerm ernst und nachtruck die sach

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selbst und personen anzugreiffen. Übergibt sein Memorial

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Memorial an französische Gesandte 1647 X 15 ( Osn. 116).
mit der Bitte,
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die darin aufgeführten schwedischen Verstöße Salvius vorzuhalten, die
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angegebenen media aber nur für die eigenen Verhandlungen zu gebrauchen.
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Es geht hauptsächlich um die Religion; eine Rückgabe der Ämter Fürstenau
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und Wiedenbrück gegen Belassung der Prädikanten würde für ihn nicht
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annehmbar sein, er würde lieber der gefäll und rhenten entrathen alß nach-
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geben und dulden, daß die catholische pastores vertrieben würden.

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Franzosen: Versprechen Bemühungen, daß sowoll mitt den parochiis alß
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reditibus I. H. G. satisfaction geben würde. W: Hofft, sie würden ein-
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mahl der cron Franckreich authoritet nit lenger dergestaldt in causa tam
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iusta ac fundata von den Schwedischen verrahten laßen. In drei Jahren ist
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er 85mal vorstellig geworden

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Anlage (Extrakt aus dem Diarium über 85 vergebliche Vorstellungen bei den Franzosen
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in Sachen der Religion im Stift Osnabrück): fehlt. Dazu Randvermerk: NB. Diese bei-
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lag ist minders [!] hinzuschickhen, allein dem diario allhie zur nadiricht aufzubehallten.
; wenn nichts zu erreichen ist, muß er in
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seinen Jahresbericht dem Papst Mitteilung machen und hinzufügen, daß die
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Franzosen bei ihren Verbündeten nichts erhalten hätten. Dießes, soviell
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man vermerckt, indeme sie alle 3 mitteinander in gehaimb gerehdet, haben
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sie nit wenig apprehendirt, daß mans dergestaldt zu Rom anbringen müste,
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und darauff sie hoch erbotten, sie woltten mitt allem fleiß die gesuchte
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remedirung zu beförderen sich anglegen sein laßen. Darauff angefangen,
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man soltte das remedium omnium malorum doch ergreiffen und fried
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machen. I. H. G.: Diß were woll ein guete erinnerung, sie hetten aber
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bey sich selbsten nachzudencken, an wehme es ermangele. Man hat auf ihre
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Hilfe zum Abschluß nach Bewilligung ihrer Satisfaktion vor einem Jahr
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gehofft. Gegen die neuen Forderungen sprechen die betroffenen Stände und
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woltten sich dergestaldt von dem reich, weiln doch keine ratio ist, nit sepa-
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riren laßen. Wegen Lotharingen hette man nit deliberirt an et in quantum
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restituendus, sondern hette es nit vor billig haltten konnen, daß ein sowoll
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bey der gantzen christenheit alß Franckreich selbsten meritirtes fürstliches
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hauß bey den allgemeinen friedenstractaten nit einmahl soltte gehört, da
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man sogar doch den Türcken bei des Ragozzi sachen anhero ziehen wol-
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len . Galli: Lottringen seye einmaln bey den praeliminaribus bereits
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excludirt, dabey müste es verbleiben. I. H. G.: Sie würden in der billig-
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keitt und waß sie ratione rerum iudicatarum und anderen bereits im reich
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verglichenen sachen wiederumb nebenst den Schwedischen geendert haben
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wollen, selbsten gnugsamb erkennen, das man universalem pacem princi-
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pum christianorum tractire, were auch besser, daß er allhie tractieren
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könte, alßdan sowoll der Kaiser und das reich alß auch Spanien ihnen ad
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aequitatem erinnern, ia daß sie seinethalben den krieg (wan sonsten fried
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geschlossen wurde) nit lenger fieren wollten. Und hofften im ubrigen, es
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würde sich mitt den Spanischen und ihnen die tractaten dergestaldt veran-

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laßen , daß dardurch der fried mitt dem reich auch ihrerseihts mehr facili-
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tirt würde. Galli: Die Spanier setzten alle principaliste sachen zuruck,
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und waß man dergestaldt tractirt und verglichen, were von keiner großen
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consideration.

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4–8 Setzten – werden] am Rande: ad Bavarum omittatur.
Setzten gleichwohl die Spanier dieße condition fast uberall
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darbey, auff erfolgendem frieden mitt dem reich, und schiene, daß sie dar-
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durch gern das reich ebener gestaldt obligiren woltten, sub alia conditione
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nit zu schließen, alß daß der fried mitt Spanien auch müste gemacht
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werden. I. H. G.: Es were ihnen offters remonstrirt, welcher gestaldt
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man der gantzen christenheit beruhigung billich zue intendiren und zu be-
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förderen und dahero den frieden zwischen so zwey mechtigen cronen woll
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wünschen und begeren möchte, es hette sich aber das reich niemaln

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11–12 zue – wollen] am Rande: ad Bavarum ita ponatur: den Spanischen sachen ein-
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mischen wollen, weniger in ihre krieg einflechten.
zue sol-
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cher condition einlaßen wollen, wie dan selbiges ihnen den Franzosischen
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gnugsamb bewust, und hette man hingegen woll verhofft, sie würden nach
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erhalttener ihrer satisfaction sich der catholischen religion etwas mehrers
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haben angenommen. Galli: Der catholischen religion conservation lie-
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ßen sie sich hoch anglegen sein, und hatt darbei der duc de Longeville ein
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lange exaggeration gemacht, waß es den catholischen für ein vorthell, daß
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Churbayeren bey dem electoratu verbliebe und die catholische religion in
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den erblanden insoweith were eingeführt und verhoffentlich wegen der
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begerter autonomiae auch noch ein medium zu finden sein möchte. Die ertz-
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und stiffter, welche itzo die catholische bey den tractaten uberließen,
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hetten sie doch vorhin auch nit gehabt, und wan Franckreich nicht gethan,
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so würde es woll übler mitt den catholischen stehen. I. H. G.: Wan
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Franckreich etwas guetes bey dem religionwesen gethan und weiters thette,
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darin weißete sie ihr aignes gewißen und ratio ahn, und hetten sowoll bey
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Gott alß den menschen ihren verdienst und lob. Man erkennete auch das
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beneficium mitt der Pfaltz und chur. Wegen der ertz- und stiffter were
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woll viell zue rehden, und were ia unlaugbar, daß wan Franckreich nit den
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Schweden mitt ihren armeen und geldremissen alßo starck gegen die catho-
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lische nit assistirt, daß der catholischen religion auffnehmen woll anderst
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zu beförderen geweßen. Galli: Man müste sich itziger necessitet nach
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etwas accommodiren und nit retractiren, waß der graff von Trautmans-
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dorff und Kayserliche einmaln eingewilligt. I. H. G.: Es hette die mei-
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nung nit, das instrumentum gantz zu verwerffen. Es were gleichwohl auch
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billich, diejenige, so sich darin gravirt befünden und nit gehört weren
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worden, anzuhören und auff einige media und temperamenta bedacht zu
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sein. Franckreich wie auch Schweden rhedeten so viell de libertate imperii
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et statuum, hetten derentwegen dem vorgeben nach die wapffen ergriffen
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und geführt, auch die stende anhero eingeladen. Nun soltte man sich pure
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vorschreiben und benehmen laßen, daß man wegen seines interesse nit

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rheden dörffe. Sie soltten ein wenig gedencken, wie dießes cum libertate
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imperii et statuum übereinkehme. Galli: Man köntte woll gedencken,
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daß einer zue überlaßung gietter und iurium selbst nit würde ia sagen,
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daher pro communi bono andere etwas woll eingiengen, das man darnach
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tolerative auch paßiren ließe. Es würde einmahl das instrumentum pacis
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sich nit viell disputiren laßen, woltte man frieden haben. I. H. G.: Das
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instrumentum Gallicum et Suecicum kehme selbst in underschiedlichen
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puncten nit allerdings überein, alßo hette man ia noch nothwendig von ein
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und andern puncten zu rehden. Zuedeme müste man gleichwohl auch con-
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scientiam in acht nehmen, und nachdeme so verscheidene von etlichen chur-
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und fürsten befragte theologi der meinung, daß das perpetuum dergestalt
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nit einzugehen, so müste man hierin ein ander medium finden, alß wie vor
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disem geschehen und auf gewisse jar. Darauff der Longeville einen lan-
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gen discurs formirt und deducirt, daß seiner mainung nach secundum
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politica beßer were das perpetuum a parte catholicorum einzugehe, alß
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sich woh anderst mitt zu verbinden, dan weiln das perpetuum contra con-
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scientiam , so were man hiernegst nit schuldig, daßelbe zu haltten, und
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könttens alßdan die catholische pro re nata zu brechen in acht nehmen.

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Demnegst der Servient eine digression gemacht, daß man auß der statt
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Münster dem Lamboi soltte haben völcker zugeschickt. W: Bestreitet
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jede Unterstützung Lamboys aus Münster, hingegen hat Königsmarck Nach-
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schub
aus Osnabrück erhalten. Franzosen: Man müste doch machen,
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daß die beede armeen hier auß dem land gehen. W: Es were ia bekand,
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daß der Stengel in aller nahmen mitt dem Königsmarck und Weymarischen
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trouppen tractirt und drauff dieselbe alhie ins land geführt, stünde alßo
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bey ihnen und den allierten, den sachen zu remediren. Daß nun Ihre Chur-
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fürstliche Durchlaucht und andere stillsitzend sich soltten, wie bereits der
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anfang gemacht, ihre landen weiters nehmen oder zue anderer discretion
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hingesteldt sein laßen, daß weren sie weiters nit gedacht zu thun etc. –
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[...]

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