Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1648 III 28

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1648 III 28
Samstag

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19 Sambstags] am Rande: Sueci cum residente Gallico ad Caesareanos de caussa Cassellana.
Sambstags, den 28. huius, seind zwar die Schweden
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bei unß erschienen sambt dem Französischen residenten, haben aber gleich
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ihr erste proposition dahien gestellt, daß sie unsere erclärung in caussa Cas-
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sellana berathschlagt und mit ihren alliirten verglichen hetten, und weren
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demnach erbiettig, solche sach mit unß abzehandlen.

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23 Nos] am Rande: Caesareani wollen sich keinsweegs einlassen nisi firmato § ’Tandem
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omnes‘.
Nos respondimus, wir
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hetten unß zu erinnern, waßmaassen gestern verglichen worden, daß sie unß
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ihre erclärung in puncto § ’Tandem‘, wir hingegen die unserig ratione Cassel
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einlifern lassen solten, und hetten zwar die ihrig empfangen, aber wider
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verhoffen darauß abgenommen, daß sie die Kayserliche limitation allerdings
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verwerffen thüend. Nun hetten wir unß nit allein gestern selbst gegen inen
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erclärt, daß wir unß in der Casselischen sachen zu einiger abhandlung nit
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verstehen köndten, es were dann vordrist der § ’Tandem‘ erledigt und unß
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versicherung gethan, daß Ihr Kayserliche Maiestät derentwegen weiter nit
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solte angefochten werden, sondern wir hetten eben dise erclärung am nach-
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mittag den Churbrandenburgischen, Saxen Aldenburgischen und Braun-
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schweig Lüneburgischen mit mehrern umbständen vorgehalten, sie auch
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ersuecht, selbige inen, Schweden, ze hinderbringen. Müeßten unserstheils
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nochmaln darbei verbleiben, weil wir dessen also gemessne instruction
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hetten und darauß nit schreitten derfften. Wolten unß auch in der Casseli-
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schen sachen weiter nichts einlassen, sondern ersuechten sie, daß sie unß
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lenger nit auffhalten wolten. Ihr Kayserliche Maiestät hetten sich ja aller bil-

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licheit gmäß erclärt, und hetten die cronen kein ursach, auff einige volkomne
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restitution derjenigen, so der Böheimbischen unruhe halber proscribirt
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worden, ze tringen, alldieweil der krieg derenthalben weder mit Schweden
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noch mit Frankreich angefangen. Ihr Kayserliche Maiestät wurden sich ein-
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mal weiter nit treiben lassen. Derselben wer in effectu ein ding, man unter-
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stehe , sie mit offnem krieg und waffen von landt und leütte ze treiben, oder
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man sueche solches occulte per cuniculos durch eintringung dergleichen
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rebellanten über kurtz oder lang durchzetrukhen, und werde sich demnach
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wider ein und andere anmaassung mit Gottes hilff biß auff den eüsseristen
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bluettstropffen setzen und weren. Den cronen weren solche satisfactiones
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geben, die aequipollentiae dermaassen stabilirt worden, daß Ihr Kayserliche
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Maiestät wol ein andern dankh verdient haben, als daß man ihnen erst mit so
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unbillicher zumuettung überlegen sein solte. Wir seyen erbiettig, sobaldt sie
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unß die parola, und zwar nur euentualiter, geben, daß es bei Ihr Kayserlichen
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Maiestät limitation zu verbleiben, so wolten wir alsbaldt der Casselischen
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handlung stattthuen und, worüber wir unß nit erclären köndten, alsogleich
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mit denn interessirten handlen, auch allen fleiß anwenden, daß die verglichen
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würde, also und dergestalt, daß dise Casselische vergleichung und der §
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’Tandem‘ zumaln underschriben werden solte.

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Hierüber seind die Schweden zu denn protestierenden abgetretten, aber
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baldt widerkommen und nochmaln darauff verbliben, daß wir vordrist die
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Casselische sach abhandlen wolten. Sobaldt dise verglichen, wolten sie auch
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wegen deß § ’Tandem‘ einige temperamenta vorschlagen. Nos constanter
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mansimus in nostra sententia, daß wir einmal nit köndten noch wolten in die
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Casselischen handlung tretten, wir betten dann zuvor sicherheit, daß es bei
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Ihr Maiestät limitation circa dictum paragraphum bleiben solle. Dann es wer ja
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aller vernunfft zuwider, daß Ihr Maiestät der landtgrafin solche ansehenliche
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gnaden ertheilen und doch gewerttig sein solte, daß sie mit und neben denn
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cronen der rebellischen exulanten restitution verfechten helffen möchte. Und
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als der Französische resident hiebei auch eingeredt, sagt ich ime, credat mihi
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Dominatio Vestra, quod dominae landtgraviae ne grii [!]

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In der Relation an den Kaiser 1648 III 30 (Beilage nr. 2011 b, Protokoll) beißt es: nicht eines
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kreutzers wehrt.
quidem accordabi-
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mus , priusquam tam iniquae postulationi aduersus Caesarem renunciat. Sal-
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vius sagt, es wer gleichwol unbillich, daß die kinder ihrer eltern entgelten
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solten. Respondi, non est nouum, ut filius debeat portare iniquitatem patris
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sui teste etiam sacra scriptura. Ille, ja es hiesse in titulo codicis ’ne filius pro
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patre‘ etc.

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C. 4,13.
Replicaui, diser titulus redte de obligationibus contractuum et de
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actionibus, nit aber de delictis, und stüende in eodem codice lex ’Quisquis‘ ad
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legem Iuliam maiestatis

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L. 5 C. ad leg. Iul. maiest. (9,8).
. Ille, wir solten in puncto satisfactionis militiae unß
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vordrist erclären, daß gantze werkh hengte 1. an der Pfaltzischen sach, 2. der
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amnesti in Kayserlichen erblanden, 3. Casselischer sach, 4. satisfactione mili-

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tiae . Wir solten diß letste richtig machen, so wurden sich die ubrige alle
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leicht abhandlen lassen. Nos, die satisfactio militiae hab in quaestione an ihr
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richtigs, de quanto et modo soluendi wurde seiner zeit auch gehandlet wer-
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den , dises müeßte aber per consilia statuum gehen. Wir köndten nichts darvon
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handlen, ehe dann Ihr Kayserliche Maiestät deß fridens versichert. Weil nun
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die Schweden gesehen, daß sie unß von unser meinung nit bringen kundten,
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haben sie wider ein abtritt ad protestantes genommen, folgendts sich von unß
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licenzirt mit vermelden, wir wolten der sachen ferner nachdenkhen und wur-
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den die protestierenden auch mit denn catholischen darvon reden, ob etwan
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ein expediens in der sachen ze finden. Nos liessens geschehen.

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Und seyend demnach ettlich deputirte von denn protestierenden bei unß
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erschienen und habend an unß gesunnen, daß wir beede dise materias sambt-
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lich miteinander tractirn, erstens zwar in der Casselischen ein gwisses ab-
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handlen , hingegen alsbaldt darauff die Schweden unß ihre temperamenta
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zustellen solten. Responsum, wir haben unß niemaln verwaigert, dise beede
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materias sambtlich ze tractirn. Es wer aber die amnestia in Kayserlichen
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erblanden ordine naturae et dignitatis prior. Die leide auch kein weitere
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handlung, sonder allein ein acceptation oder refutation. Erfolge die accep-
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tation , so werde es mit abhandlung der Casselischen sach baldt gethan sein,
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bleibe es aber bei deß gegentheils refutation, so sei kein frid ze hoffen, conse-
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quenter auch kein weiter handlung mit Cassel vonnöthen. Wir sehen wol,
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waß deß gegentheils intention. Man vermein, den Kayser, nachdem alles
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abgehandlet, bloßzustellen und alle kriegslast uff ine zue weltzen. Wir seyen
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so einfeltig nit, daß wir unß solchergestalt bei der nasen werden füeren
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lassen. Wir wüßten von keinen temperamentis ze reden, dardurch Ihr Maie-
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stät substantiallimitation umbgestossen wurde; solte es aber darumb ze thuen
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sein, daß etwan ein oder ander wortt zu hart lautten thet, so wolten wir
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solches vernemmen und sehen, ob etwas remedirt werden mochte, doch
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salua semper limitationis substantia. Pitten also, man wolte unß mit weiterm
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zumuetten verschonen.

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Nach den protestierenden seind auch die catholischen bei unß erschienen
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und haben gleichergestalt begehrt, das dise beede materiae sambtlich möch-
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ten gehandlet werden, doch daß in allweeg der § ’Tandem omnes‘ anvor seine
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richtigkheit erlange, da sie gleichwol gebetten haben wolten, wann ie etwas
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temperamenta einzewilligen in unserer macht stüende, daß wir unß darmit
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nit auffhalten wolten. Waß aber die satisfactionem militiae antreffen thet, so
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die Schweden anietzt auch urgirten, da weren die protestierenden mit inen,
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catholischen, gleicher meinung, daß diser punct noch anstehen müeßte, biß
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alle ubrige puncten verglichen. Wir haben inen gleichergestalt wie denn
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protestierenden remonstrirt, daß wir die sambtliche handlung niemaln auß-
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geschlagen , sehen aber wol, daß die Schweden mit vorsetzung der Casseli-
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schen sachen gefahr suechten, daher wir desto weniger von unserer intention
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außsetzen köndten. Von temperamentis wüßten wir nichts einzewilligen,
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müeßten bei unserer instruction verbleiben.

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