Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 II 14

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1645 II 14
Dienstag Spanier bei W: Da Castel Rodrigo sich nicht
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weiter in die Verhandlungen mischen will, die Weisungen Peñarandas ein-
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zuholen
aber lange dauern würde und sie angewiesen sind, mit den Kur-
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fürstlichen
, besonders Bayern, gute Korrespondenz zu halten, wollen sie
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sich dahin erklären, daß sie eben die ehr den churfürstlichen abgesandten,
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welche anderer potentaten bevollmächtigte erweisen würden, bezeigen
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wolten. Dann fragt Saavedra, warumb nit die Churbayerische in privato,
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gleich ihr herr anno 1636 beym wahltag zu Regenspurg selbst gethan, ein-
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zühen . Denen I. H. G., davon wusten sie nit, praesupponirten aber, sie
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würden deßhalber gemeßenen befelch haben, maßen von Seiner Churfürst-
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lichen Durchlaucht I. H. G. auch ebenmeßige schreiben empfangen; und
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hetten sie, warumb solches also befohlen, nicht zu disputiren. Demnach
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fragten I. H. G., auf solche ihre erklehrung, wie sie es mit dem endgegen-
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schicken zu halten gemeindt? Churbayern so wenig alß auch sie ungern
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sehen, weniger anlaß geben wolten, daß deßwegen einige ungelegenheit
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zwischen ihnen und den Franzosischen sich zutragen solte. Worauf
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Don Savedra, die endgegenschickung der gutschen sey nit necessitatis, son-
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dern merae voluntatis. I. H. G. sagten dabey, sie wusten solches wol,
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auch daß Churbayern die underlaßung, wan nur das ubrige gebirendt
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tractament den gesandten gegeben, nicht ubell aufnehmen würde, gestalt
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dan auch zue desto beßerer ihr der Spanischen endtschuldigung und vor-
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wandt einige notificatio nit geschehen solte. Womit dieser discurß abge-
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schnitten , und meldete Savedra, weilen nun der d’Avaux von Oßnabruck
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wieder ankommen

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, ob die Franzosen nicht nun, offt gegebener vertrostung
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nach, zur proposition und den tractaten selbst schreitten würden. Er ver-
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nehme , daß abermalß remorae gesucht, und vor einlangung der reichsstende
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in mehrer anzal nicht zu den sachen gethan werden wolle. Darauf
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I. H. G., sie hetten speciosum praetextum, und seyen dieienige stende darahn

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allein schuldig, welche auß dem anno 1641 auf offentlichem reichstag ge-
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machten concluso mit ihren antwortlichen resolutionen geschritten weren.

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Wobey der Bruin gedacht, daß man dergleichen, in specie die statt Straß-
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burg nit verglaiten solle, weilen sie dem Kayser und reich bey allen diesen
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kriegen nichts assistirt, den feinden aber hingegen allerhand vortheyl und
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hülff geleistet. Deme I. H. G. geandworttet, die statt Straßburg kondte
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dreyerley considerirt werden, 1. alß eine reichßstatt, 2. wie ein neutral-
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orth , maßen er angedeuttet, 3. alß alliirte mit der cron Franckreich. Ver-
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mog des ersten hetten sie die reichsabschied vor sich, konten auch wegen des
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andern so wenig alß Pfalz Newburg und mehr andere, die sich der neutra-
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litet anmaßen, außgeschlossen werden. Des dritten halb aber weren sie alß
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confoederati im praeliminarvergleich auch begriffen. Und gebe dergleichen
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nur unnottige disputat und remoras den gegentail an die hand. Worauf
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der Savedra, es seye unbillich, daß der Kayser los rebellos anhero verglai-
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then solte. I. H. G. andwortteten, sie muesten doch hier auch mit den
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Staden tractieren und sie verglaiden. Savedra aber stunde demnegst
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unversehens auf, mit andeutten, daß er sich nicht zum besten befinden
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thette, und nahmen damit ihren abschiedt.

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Vertrauliche Nachricht: Contarini hat sich zur Teilnahme an der Prozes-
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sion erst entschlossen, als er wußte, daß W das Venerabile tragen werde,
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und sich hinterher dicht an Servien gestellt, um W nach Ablegung der Pon-
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tifikalien bei der Messe nicht den Vortritt zu lassen. Er soll auch von dem
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Diplom eines Kaisers sprechen, in dem Venedig ausdrücklich der Vortritt
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vor den Kurfürsten zugestanden werde. W bezweifelt dessen Existenz;
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jedenfalls müßte Venedig es vorweisen und actus possessorios, wie die Kur-
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fürsten es für über 200 Jahre tun könnten, erweisen.

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