Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 VII 7

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1646 VII 7
Samstag Trauttmansdorff bei W: Bitte für die Aachener,
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er will deshalb an den Erzherzog schreiben. Darauf geandworttet, daß
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Ihre Churfürstliche Durchlaucht und ihro der status guter maßen bekand,
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und wurden die underschiedlich ahn Ihre Kayserliche Maiestät von Ihrer
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Churfürstlichen Durchlaucht abgelaßene schreiben gutes zeugnus geben
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können, wie mitleidentlich sie die nun etliche jahr gethauwerte trangsalen
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empfunden und umb remedyrung angesucht, und seye eben das, was von
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ihro und mehr andern geklagt werd, wie mit den getrewen stenden verfah-
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ren werde. Es seye aber biß auff diese stund kein remedium erfolgt, ahn
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vorhabender recommendation beym erzherzogen beschehe wol, es wurde
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aber auch bey der generalitet und dem commissarius Blumenthal nottig
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sein. Der herr graff erpotte, das seinig zue thun, und wiederholt, daß
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von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht deßgleichen beschehen möcht.

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Uber das friedensnegotium kombt in discurso vor, daß I. H. G. referirt,
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was bey den Franzosen ingesambt und dem d’Avaux iüngsthin passiret,
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und wie sie noch immer starck auff Philipspurg bestünden, und was
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damaln von gewissen gradibus, so die Kaiserliche vorhetten, vorkommen.

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Warauff der herr graff: Daß sie sich hierinnen mechtig würden betrogen
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finden, dan er auf weitter nichts befelcht. Man habe hiebevor fur ein so
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richtiges ding halten wollen, wan allein Breysach offerirt würde, nun aber
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kommen mit dergleichen auffzügen herahn, und habe ihm der Venetiani-
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sche gestern gesagt (dan der herr nuncius dieser sachen sich ob religionem
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nicht annehme), daß mans in obacht zu halten, was die Franzosen de
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Hassica satisfactione gemeldet, daß nemblich selbige conditio sine qua non
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und ohne solches kein fried konne gemacht werden, worauß zu schließen,
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wangleich mit Philipsburg auch condescendirt werden sollte, daß dannoch
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alle tag newe conditiones sine quibus non würden herfürkommen. Es sey
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einmal offenbar, daß sie vor geendigter campagnia zum frieden keinen lust.
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Und aber dieses sachen, warauff nicht zue andtworten, wan auch schon diß
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heut zugeben, wurde doch morgen wiederumb ein anderß begert werden,
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worauß dissolutio et ruina totalis imperii nohtwendig erfolgen müste, wel-
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ches er gestern den mediatoren rotunde hette angedeuttet. Was die Franzo-
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sen zur satisfaction begert, seye gewilliget, hingegen erklehrten sie sich
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weder ad conditiones propositas noch zum frieden selbst, nicht er kondte

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mit ihnen weitters nicht tractiren, sehe auch nit, waß ferner zu thun seye.
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Jetzt befinde der Oxenstern sich alhier

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Oxenstierna war in Münster 1646 VII 4–18.
, stehe zu erwartten, was er mit den
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Franzosen kochen und sich alßdan gegen sie Kayserliche erklehren werde.
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Als Oxenstierna neulich wieder auf der Amnestie von 1618 und der Pfälzer
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Kur bestanden hat, hat er ihm beides abgeschlagen, ebenso die Wiederher-
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stellung
des alten Religionsstandes in den Erblanden, mit vermelden, daß
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ihn wunder nehm, daß die cron Schweden etlicher wenig exulanten und
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unruhiger leuthen also wolte annehmen [...], so doch viel mehr propter
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rebellionem alß religionem außgewichen; die böhmische Landschaft bitte
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um Erhalt der katholischen Religion und Krönung des Kaisersohnes

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Ferdinand (IV.) Franz (1633–1654), ältester Sohn Kaiser Ferdinands III., Kg. von
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Böhmen 1646 VIII 5, Kg. von Ungarn 1647 VI 16, römischer Kg. 1653.
zum
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König, auff welche der gesambten stend intention mehrers alß dergleichen
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privatmolestation zue halten were. Worauff der Oxenstern nichts hette
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geandworttet. Circa gravamina wolt er graff sehen, ob und wie mit den
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protestirenden ahn ein end zue kommen. Bey den bewilligten 100 jahren
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muste es dergestalt sein verpleibens behalten, daß interea die uncatholische
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weder via facti noch iuris wurden angefochten und nach deren verfließung
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amicabilis compositio tentirt werde. I. H. G. remonstrirten hierauff,
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daß solches den catholischen sehr praeiudicirlich sein wurde, warumb nicht
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bey wehrenden solchen 100 jahren der guttliche vergleich zu versuchen,
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dan hernacher solche disputat konte erwecket werden, woruber 40, 50 jahr
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zuegebracht, interim die protestirende auch in possessione verplieben, also
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via facti et iuris versichert, welches in effectu were renunciatio perpetua.

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So der herr graff weitters nicht beandworttet, sondern ad punctum ses-
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sionis et voti geschritten und vermeldet, daß derselb sich auch fureinander
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pringen laßen werd, wan nemblich die uncatholische in suis gradibus die
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session haben, alß die erzbischoff nach den catholischen bischoffen. I. H.
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G. ließen sich hierauf vernehmen, daß die status catholici darein keine be-
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willigung geben würden, maßen das ihnen Kayserlichen zugesteltes gutt-
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achten vermöcht, so den verstand nicht hab, daß pro iure ecclesiarum die
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sessionem ante alios haben solten. Und wurden I. H. G. so wenig fur
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sich alß andere, deren votum sie führen thetten, gestatten, daß eines erz-
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bisthumbs uncatholisch und unqualificirter administrator ober denen ge-
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weyheten rechtmesigen bischoffen sitzen sollen, seyen auch der hoffnung,
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daß solches weder Bamberg noch Wurzburg yemaln zulaßen werden (die
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wol mit hoheren fursten des vortritts halben competirten, auch de facto
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vorgingen). Der herr graff von Trautmanstorff: Wans dahin kom, sol-
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ten nur I. H. G. ihne machen laßen, trawte sich Bamberg und Wurzburg
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zum weichen wol zu disponiren. I. H. G.: Sey gleichwol zu erbarmen,
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daß mit solchen unpillichen sachen also starck in die catholische von den
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protestirenden wolle getrungen werden, so allein von etlichen privatis, alß

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dem Lunenburg- und Altenburgischen

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Lampadius und Wolfgang Konrad von Thumbshirn (1604–1667), sachsen- altenburgi-
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scher Hof- und Justizrat.
geschehe. Worauff der herr
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graff: Daß derentwegen Ihre Maiestät ahn die herzogen zu Lunenburg.
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auch Altenburg geschrieben und dieselbe erinnert, andere zu des gemeinen
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weesens ruhe und frieden ziehlende consilia zu fuhren, was damit werde
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gefruchtet, stehe zu erwartten. W: Trauttmansdorff möge selbst oder
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durch die Spanier bei den staatischen Gesandten befördern, daß die General-
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staaten
, die dem Vernehmen nach bei Wesel eine Schiffsbrücke über den
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Rhein schlagen, nicht entgegen der Neutralität die Hessen unterstützen oder
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Truppen mit ihnen vereinigen. Trauttmansdorff hält die Nachricht für
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unwahrscheinlich, will der Sache aber nachgehen.

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Eingabe einer Schrift durch den Oldenburger Vertreter

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Anlage (Oldenburger Schrift): fehlt.
. – [...] – W bei
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Bergaigne. Gratulation zum Eintreffen der Bulle wegen Cambrai.

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Schwierigkeiten beim spanisch-staatischen Abschluß durch französische
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Einwürfe. Schlechter Stand des Krieges in den Niederlanden.

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[...]

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