Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 I 13

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1646 I 13
Samstag Anfrage der Mainzer: Exzellenztitel für die staati-
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schen Gesandten; nähere Information in der hessischen Sache, da die
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Gesandten gestern ihre Vollmacht eingeliefert haben. W: Unter der
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Voraussetzung, daß die Staatischen Mainzern wie Bayern den Exzellenz-

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titel geben, besteht keine Ursache, ihn umgekehrt zu verweigern. Wegen
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Zulassung Hessens zu den Sessionen will er sich nach Durchsicht der Voll-
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machten äußern.

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Mitteilung an die Bayern: Mainzer Anfrage, Nachrichten Chigis. Ein von
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den Bayern wegen der schwedischen Replik an Trauttmansdorff geschickter
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Kanzellist hat neben einem summarischen Bericht über die Postulata die
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Antwort erhalten, die Replik sei noch nicht kollationiert; sie sei ohne den
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französischen Residenten am Sonntag eröffnet worden, wobei Trauttmans-
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dorff
die schwedischen Forderungen als seltsam bezeichnet und an Gegen-
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vorschlägen
geäußert habe: Amnestie in der 1641 beschlossenen Form,
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Sonderverhandlungen über die Pfälzer Sache und die Gravamina; über die
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Satisfaktion müsse er mit seinen Kollegen in Münster sprechen. Insgesamt
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meinen die Bayern, die sachen seyen aldort in solchen gueten terminis, daß
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zu verhoffen, dießen monat über den weg zum frieden, woh nicht von den
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uncatholischen stendten waß hinderliches eingestrewet, maistenthailß ge-
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bahnet zu haben.

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Begrüßung der staatischen Gesandten. – Mitteilung an die Bayern.

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St. Romain bei W: Die Forderung wegen Deputation der Stände ist offen-
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sichtlich
mißverstanden worden; die Gesandten wollen des reichs aestima-
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tion und der stendt authoritet und respect nicht mindern und haben grund-
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sätzlich
auch kein Bedenken, selbst vor ihnen zu erscheinen. Da sich aber
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die Replik nur mündlich mitteilen läßt, hätten sie keinen andern modum,
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der sich in publico ohne ungelegenheit beßer füegen wollen, nicht zu er-
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dencken gewust. Sie hetten sincere und auffrichtig kein ander absehen
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gehabtt, alß die sach den stendten vorzupringen und zu befördern, wobey
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ob sie wohl pilliche ursach gehabt, die Churmäintzische abgesandte zu
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praeteriiren, dannoch, ihrer aufrichtige intention zue contestiren, hetten sie
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zue denselben gleich andern churfürstlichen geschickt und allerseits guete
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vertröstung bekommen, und wie sie solches gern vernommen, sich erclert.
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Daß nun darauff andere resolution gefaßet, seye durch die österreichische
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practiquen sonder zweiffel geschehen, hingegen dan man sie Frantzösische
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deßen vorhero advertirt, möchten sie auf ein anders mittel bedacht sein
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können, ietz aber sehen sie nicht, warumb inen hierin weniger alß den
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Schweden zu Oßnabrugk, an welche dergleichen deputation geschehen,
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wiederfahren sollte. W: Er vernehme ungern, daß alles, was dießerseits
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so guet, aufrichtig und Teutsch gemäint, dergestalt wolle aufgenommen
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werden. Es seien ein und andern orts die sachen nicht recht oder ungleich
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eingenommen. So ist das Begehren bei Köln auf eine Deputation des Kur-
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kollegs
, bei Trier auf beide Religionsparteien aus dem Kurkolleg, bei Mainz
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auf alle drei Reichskollegien gerichtet gewesen, also daß das petitum
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ratione deputationis noch auch zue waß intention solche angesehen, nicht
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abgenommen werden können, welches dan auch so viel die frembde geweh-
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sen , weiln die deputation von beeden religionen waß newes in praeiudicium
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ordinariorum deputatorum und zum disputat under den stendten ursach

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geben würd, weiln die uncatholische ebensoviell alß der catholischen wur-
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den adiungirt haben, welches dan fast alle, oder doch die mäiste stendt
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würde getroffen haben. Sonsten hab man dafur gehaltten, daß beßer, auch
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den Frantzösischen plenipotentiariis zur mehreren ehren würde gereichig
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sein, sie in publico praesentibus omnibus anzuhören, gleich solches den
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Kayserlichen und allen königlichen biß dato, auch anno 1630 zue Regens-
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purg den Frantzösischen ambasciadorn monsieur Lyon

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Charles Brulart de Léon. Vgl. oben [ S. 7 ] .
selbst wiederfahren,
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benebenst auch daß bedencklich gehaltten worden, auff dieße weiße die
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Frantzösische replicam ehender alß die mediatoren und die herrn Kayser-
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lichen selbst zu empfangen, zumaln solche nach geendigter consultation den
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Kayserlichen noch nicht communicirt worden. Auff welches er nach-
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maln wiederholet, daß wan sie davon vorhero nachricht gehabt, sich auf
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andere weg würden gelenckt haben, ietzo aber wollten, waß den Schweden
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geschehen, ebenfalß verhoffen, zue anderer occasion würde inen nicht zu-
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wieder sein, in publico ihr vorpringen zu thuen, itzo aber erfördere dießes
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wie gedacht eine absonderliche communication; so hetten sie auch den
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respect gegen die herren Kayserlichen gar wohl beobachtet, indeme den-
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selbigen die eröffnung vorhero, und gleich darauff den stendten geschehen
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solle. Ob nun wohl I. H. G. hierauf vermeldet, daß der aufsatz erst
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vorgestern abendt finita consultatione den mediatoribus zugesteldt, hatt
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doch ein anders sustiniren, I. H. G. aber deßwegen mitt ihme in disputat
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sich nicht einlaßen wollen. Hiebey meldete der St. Romain, daß dieße
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ietzige sich begebende difficultet remoram causiren werde, also er nomine
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totius legationis bitten thette, daß man die sachen anderst überlegen und
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förderist I. H. G. dieß der Frantzösischen petitum befördern woltten, mit
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vermelden eben dergleichen bey übrigen churfürstlichen gesandten vorprin-
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gen würde, mitt nachmaliger contestation, daß anderst, alß wie gedacht,
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und gar nichts gefehrliches darunter gesucht würde. Fuhr demnegst mitt
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etwas alteration herauß, man habe wohl aufzusehen, daß ihrer cron von
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den catholischen nicht geringer alß Schweden von den protestirenden unter
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augen gangen werde, anderst die Frantzosen ursach hetten, sich selbiger
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parthey desto mehrers anzunehmen. Welches letzter I. H. G. per
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generalia, und dahin beandtworttet, daß weylen hiervon ebenfalß fernere
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instantz bey andern churfürstlichen gesandten gemacht werden solle, werde
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man vermuthlich hierüber abermalß zusammenkommen, und daß werck
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auf einer seyten sowohl alß der andern keine sonderbar difficultet haben,
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zumahln man sie zu hören nicht abgeschlagen, auch darzue der modus usi-
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tatus vorhanden, und ohnedas bei wehrenden diesen tractaten noch ver-
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schiedene consultationes ultro zue den Frantzösischen plenipotentiarii ge-
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schehen würden, nur hab es vor ietz etwas bedencken gehabt, daß es gleich-
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samb per citationem et commando begert worden. Darwieder er conte-
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stirt , das es die mainung nicht gehabt, und muste man solche minutias auf

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seiten setzen. Keine minutias, sagten I. H. G., suchte man dießerseits, son-
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dern das alles bey den altten privilegiis, immunitatibus, und gepräuchen ver-
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pleib , dagegen sich die herren plenipotentiarii nicht würden zu beschweren
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haben; und were vielen sachen beßer geholffen, wan nicht ex parte
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coronarum dergleichen novitates et minutiae wehren bißhero begert und
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gesucht worden. – Mitteilung an die Bayern, damit diese gleichförmig ant-
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worten
können.

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W bei Nassau/Volmar . Empfehlung der Interessen seiner Stifter in
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Osnabrück. Gespräch mit St. Romain. Ksl.: Gespräch mit den Media-
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toren

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Abweichende Fassung APW [ III C 2,1 S. 518f ] .
; Contarini hat zugestanden, auch er würde sich von Longueville
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nicht zu den Franzosen zitieren lassen. Auf Contarinis Einwand, die Fran-
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zosen bezögen sich auf die Deputation der Stände an die Schweden, haben
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die Ksl. nachgewiesen, daß nach den Protokollen eine solche Deputation
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nicht stattgefunden hat, vielmehr die Schweden es dabei bewenden ließen,
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daß die von ihnen zunächst gewünschte Teilnahme reichsständischer Depu-
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tierter bei Eröffnung ihrer Replik im ksl. Quartier unterblieb. Lediglich
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vorher war eine Deputation bei Oxenstierna, um die Antwort auf einen vor
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den Ständen geschehenen Vortrag in der Admissionsfrage zu überbringen

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Vgl. W. Becker S. 231.
.
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Also iezig der Frantzosen begeren eine newerung und zu der sachen ver-
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zogerung angesehen seye. Die Ksl. haben den Mediatoren angedeutet, daß
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sie ihre Reise nach Osnabrück nicht verschieben könnten, doch sei für die
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Nachsendung der französischen Replik gesorgt, falls sie inzwischen ausge-
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händigt werden dürfe.

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Mitteilung der Mainzer: In Osnabrück hat der Altenburger Gesandte
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gegenüber Krebs erklärt , von den katholischerseits erwogenen Vorschlä-
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gen , die Religionsverhandlungen in Münster oder abwechselnd bzw. nach
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Materien getrennt an beiden Orten vorzunehmen, sei keiner durchführbar,
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zumal die Schweden die Gravamina als Teil ihrer Verhandlungen
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betrachteten. Das Mainzer Direktorium möge daher die Vorlage solcher
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Vorschläge verhindern, damit die Verhandlungen bald in Osnabrück
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beginnen könnten. Obwohl ihm vorgestellt wurde, daß schwerlich alle
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Katholiken nach Osnabrück kommen oder diese wichtigen Punkte sich
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durch Deputierte regeln lassen könnten, blieb er dabei, daß die Ablehnung
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von Osnabrück nur zu weitläufigem Schriftwechsel führen würde. Brömser
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läßt erinnern, daß in den katholischen Gravamina auch die Beeinträchti-
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gung der Religionsfreiheit des benachbarten Reichsadels durch Kurpfalz er-
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wähnt werde.

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Mitteilung der Bayern: Bei Vorsprache von St. Romain sind beiderseits die
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gleichen Argumente wie bei W gebraucht worden. Hinsichtlich der Reise
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der Ksl. nach Osnabrück hat St. Romain geäußert, die Franzosen seyen der

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Schweden schon genugsamb versichert, daß selbige ohn sie nichts verbind-
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liches tractiren

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2 würden] an Köln 1646 I 13
würden.

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