Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
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Montag

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1 Lunae] am Rande: Uberliferung der Kayserlichen responsionum ad mediatores.
Lunae, 16. huius, nachmittag umb 3 uhr haben wir unß
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sambtlich zu denn herrn mediatorn verfüegt und inen kurtzlich vorgehalten,
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sie wüßten sich zu berichten, waßmaassen der reichständen allhier und zu
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Oßnabrukh versamblete räth und pottschafften anfangs der meinung ge-
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wesen , daß man vordrist ihres guettachtens erwartten müeßte, ehe und dann
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man die verfaßte Kayserlichen responsiones denn gegentheilen übergeben
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möchte. Daher wir veranlaaßt worden, sie, mediatores, a parte zu ersuechen,
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sie wolten gleichsamb vor sich selbst bei denn Französischen plenipotentiariis
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nachforschung halten, waß deroselben meinung uber solche responsiones
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weren. Nachdem aber die stände anietzt in der that erfahren, daß es mit ihren
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consultationibus zimblich langsamb hergehen werde und zumahln vil
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sachen in denn propositionibus et responsionibus begriffen, so mehr von der
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cronen arbitrio als ihr, der ständen, guettachten dependirten, so hetten sie
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nunmehr sich bei denn unserigen zu Oßnabrukh und zugleich auch bei unß
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allhie durch ihren ausschutz angemeldt und gebetten, daß wir allerseits die
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Kayserlichen responsiones one weiter zuwartten an die gegentheil bringen
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und deroselben categorische erclärung darüber erfordern wolten, darmit
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man wissen möcht, waßgestalten man endtlich zu einem fridenschluss gelan-
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gen werde könden. Dabei hetten sie gleichwol ihr ius suffragii inen vor-
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behalten und erbotten, wofern der gegentheil weitere erclärung, ehe dann
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ihr guettachten den Kayserlichen gsandten übergeben wer, heraußkommen
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solt, alsdann eins mit dem andern in consultation ze nemmen und mit einer
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mueh außzerichten.

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Dieweil wir dann wüßten, daß Ihr Kayserlicher Maiestät nichts mehrers als
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die befurderung deß fridens angelegen wer, also haben wir solchem ersue-
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26 responsiones] am Rande: Nota: dise responsiones seind apud acta [ 853 b ] ze finden.
chen statt thuen, inen, mediatorn, hiemit die bedeutte Kayserliche respon-
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siones zu dem ende zustellen wollen, auff daß sie selbige den Französischen
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plenipotentiariis alsobaldt übergeben und sie dahien erinnern mögend,
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gleich wie sie in effectu verspüren und sehen würden, daß Ihr Kayserliche
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Maiestät ja mit auffrichtigem gmüett hindurchzegehen sich beflissen, daß
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also auch sie in specie und clärlich auff ein und andern, sonderlich aber die-
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jenige puncten, wolche der cron Frankreich interesse aigentlich berüeren
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köndten, sich erclären wolten. Et haec sermone Italico proposuimus. Dar-
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auff haben wir auch ferners angezeigt, es were Ihr Kayserlicher Maiestät sehr
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lieb, daß die herren Franzosen erinnert wurden, ihre künfftige declarationes
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in Lateinischer sprach ze übergeben, dann solches in der Regenspurgischen
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fridenshandlung auch also gehalten worden, und würde man dabei deß
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transferirens enthebt sein, auch die etwan darauß entspringende ungleiche
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interpretationes fürkommen werden. Sodann weren Ihr Maiestät in gedan-
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khen , noch ein und andern von deroselben hohen ministris zu disen con-
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gressibus abzeordnen, hetten unß derentwegen bei denn Franzosen einen
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pass, doch cum spatio in albo außzebringen anbevohlen. Petten also, sie,

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herren mediatores, wolten bei einliferung der responsionum solches unbe-
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schwert gedenkhen.

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Illi, weren erbiettig, die responsiones den Franzosen ze überbringen und ihre
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erclärungen zu erfordern. Waß dann von inen für bekandt angenommen, dar-
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über weren sie, mediatores, vorhabens, alsbaldt ein articulum, und zwar in
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Lateinischer sprach, zu verfassen, der alsdann mit beeder theilen belieben als
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ein abgehandlete sach bei inen in deposito zu verbleiben. Wofern aber einige
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sach vorfallen solt, dessentwegen die Franzosen ein schrifftliche erclärung
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von sich ze geben haben wurden, da wolten sie mit inen handlen, daß, wann
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sie ia solche schrifft in ihrer naturalsprach übergeben wolten, sie wenigst von
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sich selbst ein Lateinisch translation darzulegen solten. Deß pass halber
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begehrten sie von unß zu uernemmen, ob es beraits ein resolvirte sach und
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wer solche gesandten sein wurden. Wir haben geanttworttet, daß wir dessen
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noch kein nachricht, sondern es stüenden ihr Maiestät noch in deliberatione
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und wer noch ungewiß, derentwegen unß auch bevohlen, mit denn tractaten
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dessen ungehindert schleinigst fortzefahren. Darauff sagten sie, es wer ihres
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erachtens sehr unratsamb, deß pass halber gegen denn Franzosen bei sol-
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cher bewandtnus ze melden, dann sie werden es strakhs vor eine verzöge-
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rung außdeütten und nit weiter fortfahren wöllen, allermaassen daß frische
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exempel mit denn Spanischen gsandten vor augen stehen thue. Wann sie
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also unß guett zum rath weren, so solten wir es anstehen lassen und Ihr
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Maiestät der beschaffenheit berichten. Wie sie dann selbst an die ihrige am
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Kayserlichen hof umbständtlich schreiben wolten, damit Ihr Maiestät dessen
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erinnert werden möchten. Und wan selbe ie jemanden schikhen wolten, so
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möchte der oder diselbe wol sicher biß uff Frankfurt kommen, aldahien man
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stetigs die paßporten entgegenschikhen köndte. Nos haben es dahiengestellt
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sein lassen und unß solcher wolmeinenden erinnerung bedankht.

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Und hab ich inen bei diser occasion einen extract auß dem jüngsten Regens-
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purgischen reichsabschiedt, von mir in Latein übergesetzt, weil sie dessen in
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nechst vorgehender conferentz begehrt hatten, zugestellt.

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31 Folgendts] am Rande: NB: Venetus prodit occultas promissiones, die Vorderösterrei-
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chischen land denn Franzosen in vim satisfactionis ze geben.
Folgendts in prosecutione conuersationis ist der Venetus deß puncti satis-
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factionis ze red worden und sagte, er wolts unß im vertrawen, zwar nit als
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mediator, sondern als ein guetter freundt anzeigen, daß die Franzosen ime
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selbst bekandt, daß inen von vornemmen ständen were vertröstung gegeben
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und zugesagt worden, daß man anstatt ihrer satisfaction die Vorderöster-
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reichischen lande im Elsaß und Preyßgau inen wolte helffen zusprechen. Da
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sagte ich, mir were wol beygefallen, daß diser punct herfürkommen würde,
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unß sambtlich wer nit unbewußt, waß in diser materia vor conuersationes
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weren vorgeloffen. Wir köndten aber inen, herrn mediatorn, unangefüegt nit
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lassen, daß solche praetension, sie komme gleich her, wo sie wölle, aller
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billicheit zuwiderlauffen thet. Dann die Franzosen selbst hetten auff dem
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convent zu Frankfurt anno 1634 denn reichständen durch den königlichen

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ambasciatorn Fequier

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Isaac Manassès de Pas (1590–1640), marquis de Feuquières.
außtruklich versprochen, daß sie uff erfolgenden
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universalfriden alle eingenommene plätz, und sonderlich was zum Elsaß
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gehörig, dem reich one alle entgeltnus restituirn, auch kein andere recom-
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pens als die ehr, das durch ihr mittel die reichstände bei ihrer libertet weren
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conservirt worden, begehren noch suechen wolten. Gab inen, mediatorn,
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damit einen extract auß deß Fequiers proposition in Latein transferirt, wie
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solche in den actis publicis Nicolai Belli

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Nikolaus Bellus, in kaiserlichen Diensten stehender Publizist. Über ihn vgl. F. H. Schubert
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S. 538f.
ze finden [ 854 a ].

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7 Weiters] am Rande: NB: Confaederatio Gallica cum protestantibus post cladem Nord-
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linganam de 1. Novembris 1634.
Weiters remon-
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strirte ich, daß solche promissio anno eodem nach der Nördlinger schlacht
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in deren zu Pariß mit denn protestirenden auffgerichter confederation

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Druck: Sverges Traktater V 2 S. 246ff; vgl. J. Kretschmar III S. 26ff.
in
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specie wegen Preisach in ein besonder pactum gezogen und damit alle for-
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derung der kriegscösten per expressum begeben worden. Stellte inen damit
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zu ein abschrifft diser confoederation, apud acta [ 854 b ].

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Solchem nach gab ich ferner zu erkennen, daß dise praetension contra om-
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nem iustitiam lauffen thet, auch in Ihr Kayserlicher Maiestät macht nit ge-
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stellt wer, seitemaln selbige landt Ihr Maiestät nit, sondern meinen gnädig-
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sten herren, denn ertzhertzogen zu Insprukh, zugehörig weren. Ihr Maiestät
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und dero herr vatter hetten ja denn Franzosen zu disem Teutschen krieg die
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geringste ursach niemaln gegeben noch auch sie oder ihre vordem am reich
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einigen fueß braits der cron Frankreich nit entzogen. Daß ettlich und, wie
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die Franzosen sagten, hohe ständt zu diser praetension ze helffen begehren
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sollen, lassen wir an sein ortt gestellt sein, wir wüßten aber benebens wol,
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daß Schweden und die vornembste protestirende stände nimmer darein con-
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sentirn , sondern sich ehender zue andern sachen resolvirn würden. Diß sei
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kein medium pacis, sondern ein fundament zu fernern kriegsunruhen. Wir
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weren erst heut berichtet worden, daß der Oßnabrukhischen ständen depu-
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tirte allhie denn hiesigen ständen rundt angezeigt und contestirt hetten, es
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hetten die Schweden wie auch allhie die Franzosen außtruklich vermeldt,
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daß sie dem reich an landen und leütten nichts zu entziehen noch auch
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die Schweden an Pommern waß zu suechen begehrten. Obiiciebat hic Vene-
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tus , die Franzosen weren zwar dises erbiettens, aber sie sagten, die Öster-
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reichische landt gehördten nit zum reich, noch deren innhaber ein reichs-
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standt . Respondi, dise distinction were contra omnem rei notorietatem.
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Österreich sei und bleibe ein reichstandt, die Nider-, Ober-, Inner- und
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Vorder-Österreichischen lande weren ein reichscraiß, hebten und legten mit
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dem reich, hetten ihre sessiones uff reichstägen extra controuersiam. Haec et
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plura alia per discursum. Darauff sagte Venetus, er hette ja von seiner repu-
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blic bevelch, sich der Ynsprukhischen lini zum eüsseristen anzenemmen und

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deroselben nichts entziehen ze lassen, wolches ich auch meiner gnädigsten
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frawen schreiben köndte. Actis gratiis colloquium finiuimus.

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