Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 III 15

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1646 III 15
Donnerstag Jouis, 15. huius, nachmittag haben die mediatores
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herrn obristhofmeister in beysein herrn grafens von Nassau und mein, Vol-
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mars , die anttwortt der Franzosen zurukhgebracht und erstens mit mehrerm
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erzehlt, waß sie dennselben für bewegliche argumenti remonstrirt und vor-
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gehalten , mit wölchem allem aber sie nichts anders außgericht, dan das sie
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nochmaln ihre anfangs gegebne negativam beharret. Und ob sie wol darauff
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ferners replicirt, auch inen die unbillicheit dises abschlags bestermaassen
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zu erkennen geben, so weren sie doch darauff entlich beharret, mit anzeig, sie
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wüßten wol, obschon die stände der meinung geweßt, daß man umb disen
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pass ferner anhalten solt, so hetten sie doch dabei angehenkht, daß deß-
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wegen die tractaten nit solten verhindert werden. Venetus dicebat, als er
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dem duca di Longauilla im heraußgehen abermaln gesagt, es wer ja gar ein
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ungereümbte sach, daß sie einem solchen fürsten bei disem allgemeinen

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congressu den pass abschlagen und ine noch nit so guett als die statt Stral-
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sundt halten wolten, hett der geanttworttet, die ursachen, so sie aperte inen,
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mediatorn, vorgehalten, weren nit die innerliche caussae, sie hetten diser
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ihrer gegebnen negativae noch andere geheime ursachen, so sie nit eröffnen
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wolten, wölches sie, mediatores, einmal dahien verstehen müeßten, daß die
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Frantzosen mit disem hertzogen in einem geheimen tractat stehen möch-
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ten und villeicht eben darumb derselb so starkh an unß Kayserliche, daß
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wir den pass vor ine suechen solten, begehren, hingegen die Franzosen
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anstifften thet, darein nit zu verwilligen, auff das er ursach vorwenden
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köndt, wan wir nichtsdestweniger in tractatu fortfahren theten, er were vom
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Kayser und hauß Österreich abbandonirt und also, mit Frankreich sich a part
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ze accommodirn, benöthigt worden.

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Sodann als verlautten wöllen, daß der zu Oßnabrukh vom Ragozi ange-
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langte currier auch sich allhie bei denn Franzosen angemeldt, so iedoch nur
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der bürger von Oßnabrukh, wölchen die Schweden und Franzosen zu dem-
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selben aigens abgeordnet, gewesen, hette der Venetianische pottschaffter
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deme sonderlich nachgefragt, die Franzosen auch selbst darunder an-
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gesprochen mit vermelden, er wolte nit verhoffen, daß sie über die
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anvor vom Turkhen wider die christenheit vorhabende unerhorte kriegs-
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rüstung erst newe motus zu erwekhen unterstehen würden. Im vertrawen
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hette er so vil gwisse nachricht erlangt, das diser abgeordneter außgeschla-
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gen , wie das der Türkh ob disem congress ein grosse reflexion machen
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und besorgen thet, die christen möchten unter sich fridt machen und deren
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macht ime auff den halß wachsen. Daher zu erachten, daß dises curriers inten-
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tion und bevelch sei, kundtschafft hierüber einzelangen. Sodann gienge sein
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commission dahien, 1. ein vollkommene entschuldigung, una scusa catego-
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rica , abzelegen, warumb der Ragoczi mit dem Kayser fridt machen mües-
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sen , 2. daß er nichtsdestweniger der confederirten interessi zu allen gele-
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genheiten und sonderlich bei nechstvorstehendem landtag in Hungern sich
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wolte angelegen sein lassen und befürdern helffen, 3. daß er begehrte, die
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zwischen ime und Kayserlicher Maiestät auffgerichte fridenscapitulation
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auch in die diser ortten schliessende universalpacification zu desto mehrer
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sicherheit einzeschließen. Dises hette er, Venetianische ambassador, biß
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daher penetrirn könden, man hette aber nichtsdestweniger sich wol fürze-
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sehen , daß nit andere practicquen damit unterlieffen. Wie er dann den sachen
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ferners nachzeforschen an seinem ortt nit unterlassen wolte, dann daß inter-
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esse commune christianitatis were ime dißortts billich angelegen, und hette
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er hierinn nit so stricte uff daß officium mediationis zu sehen, daß er nit
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solche gferliche anschlag unß verwarnen solte. Pett aber, solches one sein
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vermärung im vertrawen anzenemmen.

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Nechst disem haben beede mediatores sambtlich vermeldet, daß der currier,
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so die Franzosen wegen der Spanischen sachen nach Pariß geschikht, nun-
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mehr wider zurukhkommen und, sovil sie von ihren collegis daselbst bericht
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empfangen, disen beschaidt mitgebracht, daß die königin nit über sich

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nemmen wöllen, die media pacificationis mit Spanien vorzeschlagen, dann
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sie sagte, wann sie ein solchen vorschlag thete, wölcher den Spaniern an-
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nemblich , so wurde sie es gegen ihrem herrn sohn und dem königreich nit
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zu veranttwortten haben, wer aber der vorschlag also bewandt, daß die
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Spanier den außschlagen theten, so wurde diß zu ihrer verschimpffung gerai-
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chen . Daher hetten die Französischen plenipotentiarii den bevelch, sich diser
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heimbstellung höflich zu bedankhen und anzezeigen, wann den Spanischen
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beliebte, ihre mittel und vorschläg auff die baan ze bringen und zu eröffnen,
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daß sie, Franzosen, allen volkomnen bevelch hetten, sich darauff dergestalt
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zu erclären, daß man im werkh verspüren solt, man an ihrem ortt einen
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billichen friden nit außzeschlagen, sondern in allweg zu befürdern begehrte.
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Dises wer die summa der königlich Französischen resolution, und werde
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demnach nunmehr an den Spaniern stehen, mit ihren particularvorschlägen
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heraußzegehen. Der Venetianische ambassador hatt in erzehlung diser
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sachen auch ein schreiben, von dem ambassador Nani zu Pariß an ine abgan-
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gen , in originali vorgezeigt und selbst abgelesen, dessen inhalt uff deme be-
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standen , daß er uff ankunfft in Pariß deß daselbsthien von hier abgeferttigten
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curriers alsbald zum cardinal Mazzarino (weil der gemerkht, daß er onedas
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diser sach halb bei ime audientz suchen wurde) erfordert worden. Der hett
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dann vor sich selbst von deß konigs in Spanien beschehener heimbstellung ze
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discurrirn angefangen, selbige vor ein artificium politicum angezogen, dar-
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durch man bei der cron Frankreich confederatis einige diffidentz und
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misstrawen zu erwekhen suchte, und eben die voranttwortt von sich geben,
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die hernach vom consilio secreto auch außgefallen und denn Französischen
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plenipotentiariis überschriben worden. In puncto armistitii hette der Mazza-
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rini sich vernemmen lassen, daß der sachen dardurch nit kondte geholffen
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werden, jedoch, wann die fridenshandlung allhie noch vor angehender cam-
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pagna so weit gebracht, daß an entlichem schluss nit mehr zu zweifflen, so
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möchte es alsdann deß stillstandts halber so vil bedenkhens nit haben.

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Der Venetianische ambassador hatt auch ferner angedeüttet, ime vorkommen
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ze sein, ob hette Churbayern einen heürath zwischen Euer [!] Kayserlicher
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Maiestät princessin

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Ehgin. Maria Anna (1635–1696), verheiratet 1649 mit Kg. Philipp IV. von Spanien.
und dem könig in Frankreich mit vergebung deß Elsaß
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anstatt heürathguetts vorgeschlagen. Wir haben darauff geanttworttet, daß
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unß von dergleichen nichts bewußt wer, sonsten aber unß aller diser ver-
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trawlichen eröffnung zum fleissigsten bedankht und dahien erbotten, bei den
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Spanischen zu verschaffen, daß sie nunmehr mit ihrer specialproposition nit
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lenger innhalten wolten, wie sie sich dann dessen onedaß beraits uff solchen
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anietzt erfolgten fahl gegen unß hetten vernemmen lassen. Ist auch zu sol-
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chem ende herr obristhofmeister alsbaldt, nachdem sich die mediatores von
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unß licenzirt, zu dem conte Peneranda gefahren.

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Eodem donnerstags, 15. huius, haben sich die deputati statuum catholicorum
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bei herrn grafen von Trautmansdorff angeben und ime die compositionis

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media gegen der protestierenden eingehändigt, apud acta singularia huius
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negocii ze finden.

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3 Nachmittag] am Rande: Hansestätt ratione libertatis commerciorum.
Nachmittag seind der reichs- und hansestatten deputati erschienen mit über-
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gebung eines memorials pro libertate commerciorum, bei denn Schwedi-
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schen und Französischen satisfactionsmateriis zu beobachten, apud acta
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[ 1092 ].

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