Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
206. Stadt Münster an Ferdinand III Münster 1647 September 11

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Stadt Münster an Ferdinand III.


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Münster 1647 September 11

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Konzept: A I 24. Kanzleivermerk Hollandts: Concept an die Römisch Kayserliche Mayestät
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postulata civitatis betr. sambt beilagen litteris A, B, C, D, E. Item original churfürst-
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lichen schreibens ab inibi G, extradirt und recommendirt excellentissimo domino legato
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Veneto in personam signoriae serenissimae 12. Septembris 1647 hora 8 ante meridiem per
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doctorem Römer et me. Sämtliche Beilagen werden vermißt.

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Bitte um Erweiterung der Privilegien.

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Allerdurchleuchtigst-, großmechtigst- und unüberwindtlichster Römischer
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Kayßer, allergnedigster herr!

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Ewer Römisch Kayserliche Mayestät geruhen auß dem originalinschluß al-
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lergnedigst zu vernemmen, was an dieselbe Ihre Churfürstliche Durchlaucht
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zu Cölln etc., unser gnedigster landtsfürst und herr, für unß underthenigst
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intercedirend gelangen lassen, dahin wir unß allerunderthenigst beziehen und
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inhalts desselben auch hiebei allergehorsambist bitten und anruffen.

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Wan nun, allergnedigster Kayser und herr, wir der allerunderthenigsten
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hoffnung leben, Ewer Kayserliche Mayestät nicht allein obgedachter unsers
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gnedigsten landtsfürsten und herrn vorbitt und recommendation gnedigste
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statt und gehör geben, sondern auch über das unß, alß die wir ohne ruhmb
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zu melden bei der leider solang gewehrten kriegsempörung nit ohne höchste
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gefahr, mühe, kösten und sorgfalt in Ewer Kayserlichen Mayestät und des
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heyligen reichs schuldigster trewer devotion durch Gottes gnad biß hiehin
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bestendig verplieben, dan auch nun etliche jahren hero deroselben und des
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gantzen Römischen reichs, auch anderer hohen potentaten der gantzen lie-
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ben christenheit bei alhie angestelter allgemeiner friedenshandlung an-
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wesenden ansehenlichen bottschaffteren und gesanten allen gebürenden
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respect, dienst und uffwartung, auch schuldige securitet und andere not-
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turfft nach möglichkeit gerne praestirt und erwiesen, in dessen und mehren
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allergnedigster consideration, sodan in ansehung obangezogener intercessio-
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nalen mit dero besonderen Kayserlicher gnad und milte zu erfrewen aller-
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gnädigst geneigt sein werden,

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so haben wir unß in dessen tröstlicher zuversicht verkhünet, Ewer Kayser-
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licher Mayestät unser allerunderthenigste bitt und verlangen ferners in
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nachfolgenden puncten kürtzlich vorzutragen, mit allerunderthenigster
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gehorsambister bitt, dieselbe geruhen, in solchem unsern demüthigsten
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begehren und ansuchen anstatt einer Kayserlichen gnadenrecompens aller-
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gnedigst zu willfahren.

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Und zwarn erstlich, weiln diese statt underschiedtliche privilegia, hocheiten,
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freyheiten, rechten, gerechtigkeiten, ordnungen und statuta von alters her-

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gebracht , so nit allein von unserm landtsfürsten und herrn, sondern auch
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von Ewer Kayserlichen Mayestät hochlöblichsten vorfahren am reich,
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weiland Carolo quinto, Ferdinando primo, wie auch Maximiliano secundo
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laut abschrifft sub lit. A nacheinander allergnedigst confirmirt worden,
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alß bitten wir allergehorsambist, Ewer Mayestät dieselbe von newen be-
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stettigen wöllen.

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Zum anderen, weiln diese statt von Päbstlicher Heyligkeit laut der beilag sub
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lit. B privilegium de non evocando et non arrestando cives aut eorum bona
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vor undencklichen jahren erlangt und dessen biß auff gegenwertige stundt
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in possessione vel quasi ist, alß ist unsere allergehorsambste bitt, unsere
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statt mit einem gleichmeßigen Kayserlichen privilegio zu begnadigen, damit
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wir sowol von Ewer Kayserlichen Mayestät als der Päbstlichen Heyligkeit
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ein solch privilegium haben mögen.

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Drittens, alß auch diese statt a Ferdinando primo und anderen Kayßeren
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privilegium de non appellando auff 200 goltgulden lit. C erhalten, solches
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etwan ad 600 goltgulden allergnedigst zu erhöhen.

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Viertens, unß mit einem solchen privilegio zu begnadigen, daß diese statt
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recht und macht haben möge, ohne jemandts verhinderung alle rottirende,
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streiffende partheyen, straßenräuber, mordbrenner und dergleichen miß-
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thätere , so die statt und landt verunrühigen, wo sie in flagranti crimine
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ertappet werden, auf etwan eine Teutsche meile nachzueylen, zu verfolgen
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und niederzuwerffen und also diese statt in sicherheit, so viel möglich, zu
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setzen und zu halten.

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Zum fünfften, weiln wir und diese statt von undencklicher zeit die kupferne
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müntz biß zum halben kopfstuck wehrt zu schlagen berechtiget und in rühi-
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ger possession sein, solches müntzregale in so weit zu extendiren, daß wir
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ius cudendae monetae aureae et argenteae gleich anderen reichs- auch theils
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municipalstätten haben und gebrauchen mögen, jedoch in allem nach maeß
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und ordnung dero in des heyligen reichs constitutionen verfasseten müntz-
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edict .

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Zum sechsten, weiln auch Ewer Kayserlichen Mayestät und dem Römischen
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reich an conservation dieser gränßestatt mercklich und viel gelegen,
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sonderlich da dieselbe leider mit underschiedtlichen feinden in den umb-
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ligenden und benachbarten stätten umbgeben, sonsten auch den herrn
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Generalstaaten von Holland zimblich genaw im auge stehet, alß bitten wir
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dahin allergnedigst zu privilegiren, daß diese statt bei ihrem aigenen iure
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praesidii verpleiben und tempore necessitatis die soldatesca auß den ge-
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meinen reichs- oder craißmittelen underhalten werden möge.

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Nachdem auch verspüret wird, daß die geistlichen alhie innerhalb wenig
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jahren so ansehenlich viele weltliche gütter in- und außerhalb der statt an
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sich bracht und mortificirt, also daß bereits mehr alß der dritter theil dieser
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statt, wie auß beiligendem abriß lit. D zu ersehen (darin alles, was mit gelber
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farben illuminirt, den gaistlichen zustendig oder ad pias causas gehörig) von

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denselben besessen wird, dadurch aber dieser statt ein merckliches an contri-
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bution und anderen burgerlasten abgehet und entzogen wird, indeme dieselbe
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nicht allein von solchen oneribus jederzeit biß hiehin frey gesessen und noch
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sitzen, sondern auch bei allen unß und dieser statt zeit wehrender kriegs-
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unruhe zugestossenen vielfältigen nöhten und extremiteten fast keine steur
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oder zubueß praestirt, gleichwol nicht weniger alß unsere burgere aller
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securitet und nutzbarkeiten fruchtbarlich genießen wöllen, so bitten wir
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allerunderthenigst, unß mit einem solchen privilegio allergnedigst zu
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begnadigen, daß hinfuro dieser statt burgeren und einwöhneren keine
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immobilia bona an die geistliche zu verwenden oder zu enteußeren erlaubt
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sein solle.

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Weiln dan auch eine newe schiffahrt durch zusammenführung etlicher
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flüsse zu dieser statt besten nach anweisung beiligenden abrisses gemacht
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werden könte, dadurch nit allein dieser statt, sondern auch der benach-
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barten umbligenden orten nutz und wolfahrt befürdert werden könte, das
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werck aber an sich also bewandt, daß es ohne großen nachtheil deren in-
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teressirten leichtlich kan gehoben werden, alß ist gleichfalß unsere aller-
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gehorsambiste bitt, Ewer Mayestät geruhen, durch dero Kayserliche aucto-
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ritet dieses gemeinnutziges werck dahin zu befürderen und diese statt dahin
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zu privilegiren, daß sie gewalt, fueg und macht haben möge, dieses werck
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durch außfürung einer wasserfarth nach anleitung berürten abriß entweder
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per lineam A. B. C. oder per lineam D. E. F. oder per lineam G. H. I., an
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welchen sich under diesen dreyen das werck am füglichsten will practiziren
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lassen, jedoch gegen billichmeßige befriedigung derenjenigen, deren gründe
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und boden solche wasserfahrt berühren mögte, werckstellig zu machen,
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sodan, weiln zu außführung und underhaltung selbigen wercks zimblich
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großer kosten erfordert werden will, unß ferners dahin mit einem Kayser-
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lichen privilegio zu begnadigen, daß wir von denjenigen waaren und sachen,
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so sich dieser fahrt bedienen möchten, ein billichmeßiges nach Ewer
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Mayestät selbst allergnedigst gefälligen moderation angeschlagenes fahr-
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gelt erheben und einnehmmen mögen.

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Endtlich, weiln diese statt von undencklichen zeiten hero bei menniglichen
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den titul hergebracht, daß sie metropolis Westphaliae oder die hauptstatt in
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Westphalen genent wird, deroselben solchen titul durch ein sonderbahres
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Kayserliches privilegium allergnedigst zu bestettigen oder, da nötig, von
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newen zu geben.

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Solche dero Kayserliche allerhöchste gnad und milte, gleich sie zuvorderist
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zu deroselben und des reichs dienst, auch eintzig und allein zu conservation
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und erhaltung dieser deroselben allergehorsambsten und getrewisten statt
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und burgerschafft ohne jemandts praejuditz gereichet, also seind wir die-
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selbe fürterhin wie bißhero in schuldigster allerunderthenigster devotion
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mit darstreckung leib, guets und bluets nach allereußeristen vermögen umb
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Ewer Römisch Kayserliche Mayestät und das gantze Römische reich

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Teutscher nation allergehorsambist zu verdienen und zu verdancken
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schuldigst und getrewlichst beflissen, dieselbe indessen allerunderthenigster
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hoffnung und zuversicht dem starcken schutz des allerhöchsten zu fried-
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fertiger Kayserlicher regierung und allerhöchstem langwihrigen wolstandt,
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der gantzen lieben christenheit zu gedeylichem trost, allerunderthenigst
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gehorsambist empfehlend. Geben under unserm secretsiegel am 11. Sep-
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tembris anno 1647.

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