Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
EINLEITUNG

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EINLEITUNG

I. Die katholischen Reichsstände auf dem Friedenskongreß

Mit der Unterzeichnung der Friedensinstrumente von Münster und Osnabrück wurde nicht nur der Kriegszustand zwischen dem Kaiser und den „Kronen“, wie Frankreich und Schweden abgekürzt bezeichnet wurden, beendet, sondern es wurde hiermit zugleich ein neues Reichsfundamentalgesetz geschaffen, das neue Grundlagen für die Gestaltung der verfassungsrechtlichen Verhältnisse im Reiche legte und das in seinen Teilen, die das Religionswesen betrafen, einen endgültigen, das Zeitalter der konfessionellen Kämpfe abschließenden Religionsfrieden darstellte. Wohl fanden auch die Fragen, die die Reichs- verfassung betrafen, ihre endgültige Regelung in den Vereinbarungen zwischen den kaiserlichen Gesandten und den Vertretern der Kronen, doch konnten die Reichsstände, deren Zulassung zum Kongreß von Frankreich und Schweden gegen den Willen des Kaisers durchgesetzt worden war, sich dabei in ihrer Gesamtheit, als Repräsentation des Reiches, stärker ins Spiel bringen als dort, wo es um die Beziehungen des Kaisers zu den europäischen Mächten ging. Hier, aber auch in allen Fällen, in denen die Rechte des Kaisers – sei es in seiner Stellung als Reichsoberhaupt oder als öster- reichischer Landesherr – unmittelbar berührt wurden, bemühten sich seine Gesandten, die Einwirkungen von seiten der Reichsstände möglichst auszuschalten; hingegen hat die kaiserliche Politik den Ständen gerade bei der Aufgabe, die konfessionellen Streit- fragen und damit eine der Hauptursachen des Krieges beizulegen, wenigstens anfangs weitgehend freie Hand gelassen und dies als eigentliches Feld ihrer Tätigkeit auf dem Kongreß betrachtet. Diese Streitpunkte, die sich fast alle aus der Auslegung und Handhabung des Augs- burger Religionsfriedens ergeben hatten, waren auf früheren Reichstagen in den Grava- mina , den Beschwerden der Katholiken und Protestanten, zusammengefaßt und den ordentlichen Reichstagskollegien zur Beratung und Entscheidung vorgelegt worden. Auf dem Westfälischen Friedenskongreß, der im Hinblick auf die Beteiligung der Reichsstände durchaus als Reichstag gelten kann, ist dieses Verfahren nicht bei- behalten worden. Die kaiserliche Proposition an die Reichsstände vom 25. September 1645

Meiern I S. 621 (in der Responsion ad art. VII der schwedischen Friedensproposition).
stellte zwar auch die Gravamina zur Beratung, doch wurden sie nicht den ordentlichen Kollegien (dem Kurfürstenrat, Fürstenrat und Städterat) zugewiesen, sondern den konfessionellen Beratungsgremien. Damit war eine dritte Verhandlungs- ebene geschaffen: neben die Gesandten des Kaisers und der europäischen Mächte, die die eigentlichen Friedensverhandlungen führten, und neben die reichsständischen Kol- legien in ihrer herkömmlichen Form, in denen die Fragen der Reichsverfassung beraten werden sollten, traten das Corpus Catholicorum und das Corpus Evangelicorum, denen die Regelung der Reichsreligionsangelegenheiten vorbehalten war.
Die konfessionellen Corpora

Hierzu und zum Folgenden sei auf meine Untersuchung über die Corpora auf dem Westfälischen Friedenskongreß verwiesen.
waren eine relativ junge Erscheinung des deutschen Verfassungslebens. Die lockeren Ständeverbindungen auf konfessioneller Basis, die

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sich seit Beginn der Reformation gebildet hatten, hatten sich im Verlauf der Aus- einandersetzungen um den Religionsfrieden allmählich in feste Reichstagskörperschaften als Vertretung der Religionsparteien am Reichstag umgewandelt. Diese Religions- parteien sind nicht als Kirchengemeinschaften im eigentlichen Sinne aufzufassen, sondern als politische Mächte, die nun aber wieder nicht allein durch politische Inter- essen zusammengehalten wurden, sondern in einer durch ihr religiöses Bekenntnis bestimmten Konstellation zueinander standen. Von ihrer Einfügung in die verfassungs- mäßigen Körperschaften des Reiches kann freilich erst seit dem ausgehenden 16. Jahr- hundert die Rede sein. Erst 1598 wurde ihre Berechtigung für die Beratung religiöser Fragen ausdrücklich anerkannt – genauer gesagt: für die Vorberatung; denn die eigentlichen Entscheidungen wurden bis zum Reichstag 1640/41 in den ordentlichen Reichsräten mit Stimmenmehrheit getroffen, wobei die katholischen Stände ihr Über- gewicht im Fürstenrat stets aufrechterhalten konnten. Auf dem Friedenskongreß standen die Corpora sich nun zum ersten Male als gleichberechtigte Partner gegenüber. Mit Hilfe der Schweden hatten die Protestanten den neuen Verhandlungsmodus durch- gesetzt , um die Majorisierung durch die katholische Mehrheit im Kurfürsten- und Fürstenrat bei der Behandlung der Gravamina zu verhindern. Ob die Gravamina überhaupt auf dem Kongreß vorgebracht werden könnten, war lange Zeit ungewiß. Für sie war zuletzt im Prager Frieden 1635 eine reichsgesetzliche Regelung getroffen worden. Da die meisten Reichsstände dem Frieden, den der Kaiser und Kursachsen gleichsam als Häupter der beiden Religionsparteien geschlossen hatten, beigetreten waren, konnten die Gravamina als erledigt oder doch für die nächste Generation – für 40 Jahre – als suspendiert betrachtet werden. Die Auffassung von der fort- dauernden Rechtsgültigkeit der Prager Abmachungen wurde zunächst die Grundlage der kaiserlichen und der kursächsischen Politik; die gleiche Haltung nahmen die katholischen Stände ein. Ihnen hatte der Friede trotz einiger Zugeständnisse (wie der Aufhebung des praktisch allerdings schon nicht mehr wirksamen Restitutionsedikts) mit der Anerkennung des früher so heiß umkämpften Geistlichen Vorbehalts, der Sicherung ihrer bis zum 12. November 1627 gemachten Erwerbungen und schließlich mit der Aussicht, nach Ablauf der 40 Jahre, während derer die Gravamina suspen- diert sein sollten, den Rechtsweg zur Wiederherstellung des Zustandes von 1552/55 beschreiten zu können, überwiegend Vorteile gebracht. Die Anerkennung des Prager Friedens war dann auch auf dem Kongreß eine Hauptforderung der katholischen Stände. Ihre Position war jedoch schon 1641 auf dem Reichstag zu Regensburg erschüttert worden. Hier gelang es den Protestanten, die Vorlage der beiderseitigen Gravamina vor dem Reichstag durchzusetzen. Das bedeutete: über die Religionsfragen im weitesten Sinne sollte trotz der Prager Bestimmungen weiterverhandelt werden. Vor allem Braunschweig-Lüneburg und Hessen-Kassel, die nicht dem Prager Frieden beigetreten waren, verlangten die Behandlung aller aus dem Religionsfrieden herfließenden Pro- bleme , während andere, wie Kurbrandenburg, zunächst nur die Revision des Prager Friedens anstrebten und allenfalls bis 1618 zurückgehen wollten. Offensichtliches Ziel der Braunschweiger und Hessen war es, eine Verknüpfung der Streitfragen zwischen den deutschen Ständen mit den allgemeinen Friedenstraktaten des Kaisers und der Kronen zu erreichen.

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Die katholischen Stände mußten 1641 zwar die offizielle Übergabe der Gravamina zugestehen, doch konnten sie verhindern, daß diese vom Reichstag beraten wurden. Unter Berufung auf den Prager Frieden lehnten sie die Diskussion über die kirch- lichen Streitfragen ab; die für sie wichtigste Bestimmung des Friedens, nämlich die Feststellung des Termins für die Verteilung des kirchlichen Besitzstandes nach dem 12. November 1627, wurde sogar im Reichsabschied §§ 4–9 bestätigt. Die Ver- knüpfung der Gravamina mit den bevorstehenden Friedensverhandlungen wurde ver- mieden , indem diese Frage einer außerordentlichen Reichsdeputation, die auf dem nächsten ordentlichen Deputationstag festgesetzt werden sollte, zugewiesen wurde. Das war das alte Mittel des Temporisierens, der Verschiebung der composition in eine ungewisse Zukunft, mit dem die katholischen Reichsstände auf früheren Reichs- tagen die Ansprüche der Protestanten stets abgewehrt hatten. Auch diese Politik wurde auf dem Friedenskongreß zunächst weiterverfolgt.
Vor der von 1643 bis 1645 in Frankfurt/Main tagenden Reichsdeputation, deren offizielle Aufgabe die Ordnung des Reichsjustizwesens war, brachten die Protestanten die Forderung nach Erledigung der Gravamina erneut vor. Ebenso verlangten sie die Zulassung aller Stände zu den Friedenstraktaten, die inzwischen wirklich begonnen hatten. Hierin wurden sie auch von einigen katholischen Ständen, vor allem von Würz- burg , wo Johann Philipp von Schönborn regierte, und von Konstanz unterstützt. Diese wollten den Protestanten auch in der Frage der Gravamina entgegenkommen, sie waren jedoch wie die Mehrheit der katholischen Deputierten der Meinung, daß zuvor der Friede mit den fremden Kronen geschlossen sein müsse, ehe man an die Behandlung der innerdeutschen Angelegenheiten gehen könne, und daß die Gravamina von den übrigen Gegenständen der Friedensverhandlungen zu trennen seien. So konnte Kurmainz noch am Ende des Deputationstags einen Beschluß durchsetzen, wonach die vorgesehene außerordentliche Deputation zur Beratung der Gravamina am 1. Mai 1646 in Frankfurt/Main – also getrennt vom Friedenskongreß – zusammentreten sollte. Die Gesandten der katholischen Kurfürsten, die bereits in Münster vertreten waren und sich hier als Kurfürstenrat und Repräsentation des Reiches konstituiert hatten, bestätigten am 17. Mai 1645 die Frankfurter Entscheidung

Das Protokoll dieser Sitzung in Kurmainz A Fasz. 7; vgl. auch Meiern I S. 395.
.
Dieser Beschluß ist nie verwirklicht worden. Noch während die Frankfurter Ver- sammlung tagte, hatten die schwedischen Gesandten in Osnabrück angekündigt, daß die Gravamina als causa belli auf dem Friedenskongreß behandelt werden müßten . In ähnlicher Formulierung ist diese Bedingung in ihre am 11. Juni 1645 übergebene Hauptfriedensproposition aufgenommen worden . Damit wurde die Kontinuität der schwedischen Politik seit dem Eintritt Schwedens in den deutschen Krieg betont. Gustaf Adolf war nach Deutschland gekommen, um die evangelische Religionsfreiheit zu sichern. Gleichgültig, ob das nur der praetextus belli war, der andere, macht- politische Ziele kaschieren sollte, oder ob hiermit eines der wirklichen Motive der Politik des Königs ausgesprochen wurde – das Eintreten für die Forderungen der evan-

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gelischen Reichsstände gehörte zum Programm der schwedischen Politik in Deutsch- land . Davon konnte nicht abgegangen werden, wenn der schwedische Krieg nicht als reiner Eroberungskrieg deklariert werden sollte. Zudem bot die Verknüpfung der Gravamina mit den Friedensverhandlungen bedeutende taktische Vorteile für Schwe- den : wenn die evangelischen Reichsstände sich die Hilfe der Schweden in den Reichs- religionsangelegenheiten sichern wollten, mußten sie die schwedischen Satisfaktions- leistungen unterstützen. Ferner konnte Schweden, sofern es vorteilhaft erschien, die schwierigen Gravamina-Verhandlungen dazu benutzen, die allgemeinen Traktate zu verzögern oder ganz scheitern zu lassen.
Mit diesen Möglichkeiten mußte man am Kaiserhofe rechnen. Als Gegenmittel bot sich an, durch schnelle Beilegung der Gravamina den Kronen ihre deutsche Gefolgschaft zu entziehen und damit die eigene Position in den Friedensverhandlungen zu ver- bessern . Als feststand, daß die Teilnahme der Reichsstände am Kongreß und die Behandlung der Gravamina nicht zu vermeiden waren, ist die kaiserliche Politik auf diese Linie eingeschwenkt. Die eigenhändige Instruktion Ferdinands III. für seinen Prinzipalgesandten, den Grafen Trauttmansdorff, nennt als erstes Ziel der Verhand- lungen die vergleichung oder verainigung der stende [...] nempe in puncto amnystiae et gravaminum

Ksl. Instruktion vom 16. Okt. 1645, APW I 1 S. 441.
. Von der Gültigkeit des Prager Friedens, von der die erste kaiserliche Hauptinstruktion für Osnabrück vom Jahre 1643

Ksl. Instruktion vom 15. Juli 1643, APW I 1 S. 411.
noch ausging, war dabei nicht mehr die Rede. Die meisten katholischen Reichsstände sind der kaiserlichen Politik nicht gefolgt. Sie hielten weiter am Prager Frieden fest, und die Fragen, die dort offengeblieben waren, wollten sie lieber durch Sondervereinbarungen regeln (wie im Falle des Hochstifts Hildesheim, dessen Fürstbischof mit Braun- schweig um den größeren Teil seines Territoriums im Streite gelegen hatte und für das unter kaiserlichem Druck 1643 der Goslarer Vertrag geschlossen war) oder durch den Reichshofrat entscheiden lassen (wie den Streit um den Besitz der württem- bergischen Klöster), wo die Aussichten für eine günstige Entscheidung in ihrem Sinne besser waren. Ihr Interesse, den Kongreß zu beschicken und dort in die Verhandlungen über die Gravamina einzutreten, war daher nur gering. Die meisten von ihnen haben sich erst, nachdem das amtliche kaiserliche Einladungsschreiben an sie ergangen war, zögernd auf den Weg nach Münster gemacht, während sich zahlreiche evangelische Gesandte längst eingestellt hatten.
Nur wenige katholische Fürsten hatten schon früher einen Vertreter zum Kongreß entsandt. Die katholischen Stände des Fränkischen und des Schwäbischen Kreises hatten sich bereits 1644 mit ihren evangelischen Mitständen geeinigt, dem Einladungs- schreiben der Kronen Folge zu leisten. Seit März 1645 waren ihre Gesandten in Münster

Vgl. F. Wolff S. 209f.
. Solange sich jedoch der Kaiser und die katholischen Kurfürsten gegen die Zuziehung der Reichsstände sperrten, war mit dem Erscheinen einer größeren Zahl katholischer Gesandter nicht zu rechnen, zumal sich ein großer Teil der katholischen Stimmen im unmittelbaren Besitze der Häuser Habsburg und Wittelsbach befand.

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Habsburgisch waren die Stimmen des Erzherzogtums, der Freigrafschaft Burgund, des Deutschmeisters und der Stifter Besançon, Straßburg, Passau, Halberstadt, Hersfeld, Murbach-Lüders; die bayerischen Wittelsbacher hatten neben der neuerworbenen Kur- stimme die herzoglich bayerische Stimme im Fürstenrat beibehalten und besaßen die Landgrafschaft Leuchtenberg; Angehörige dieses Hauses hatten die Stifter Köln, Regensburg, Hildesheim, Paderborn, Münster, Lüttich, Minden, Osnabrück, Verden, Stablo und Berchtesgaden inne.
Nachdem die Beteiligung der Reichsstände am Kongreß in der Form eines Reichstags zugestanden war, lag es im Interesse der katholischen Sache, daß die katholischen Reichsstände möglichst vollständig vertreten waren, um zu verhindern, daß diesmal das Mittel der Majorisierung von den Protestanten angewandt werden konnte. Unter Hinweis darauf haben sich die kaiserlichen Gesandten bemüht, die zögernden katho- lischen Stände zur schnelleren Entsendung eines Gesandten zu veranlassen, und noch bevor alle Vertreter am Kongreßort eingetroffen waren, ist auf ihr Drängen hin die erste Plenarversammlung der katholischen Stände zusammengetreten. Mit der regulären Beteiligung der katholischen Stände an den Friedensverhandlungen war für die kaiserliche Politik allerdings noch nicht die Gewißheit gegeben, daß die angestrebte vergleichung und verainigung der stendt auch wirklich in kurzer Zeit erreicht werden könnte. Dies hatte die oben erwähnte kaiserliche Instruktion für Trauttmansdorff als erste Aufgabe auf dem Kongreß bezeichnet. Danach sollte, wenn möglich, zuerst die Einigung mit Schweden herbeigeführt werden, erst dann sollte in die Verhandlungen mit Frankreich, dessen Forderungen den Besitz des Erzhauses selbst bedrohten, eingetreten werden. Die Politik der im Corpus Catholicorum ver- sammelten Stände hat dazu beigetragen, daß dieses Programm geradezu auf den Kopf gestellt worden ist. Die direkten Verhandlungen über die Gravamina, die erst nach langem Drängen der kaiserlichen Gesandten im April 1646 in Gang kamen, wurden zunächst ergebnislos abgebrochen und konnten seit November 1646 als endgültig gescheitert gelten. Von da an mußten sie von Trauttmansdorff und Volmar selbst mit den Schweden geführt werden, wobei die Gruppe um den Osnabrücker Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg eine beharrliche Obstruktionspolitik trieb. Erst im März 1648, als die Vorverträge mit Frankreich und Schweden schon ausgehandelt waren, konnten sie abgeschlossen werden. Hingegen hatten die meisten Katholiken von Anfang an gefordert, den Franzosen bei ihren Satisfaktionswünschen entgegenzu- kommen , um die Unterstützung dieser katholischen Macht gegen Schweden und Protestanten zu gewinnen. In der Tat mußte Trauttmansdorff dann zuerst mit den Franzosen abschließen. Auch bei den Verhandlungen mit den Schweden gingen einige katholische Gesandte davon aus, daß man mit der Erfüllung der schwedischen Satis- faktionsforderungen die Protestanten isolieren könne. Die Haltung des Corpus Catholicorum hat damit, vom unmittelbaren Bezug auf die Regelung der Reichsreligionsangelegenheiten zunächst einmal abgesehen, entscheidend auf den gesamten Gang der Friedensverhandlungen eingewirkt. Wenn auch von einer einheitlichen Politik der im katholischen Rat vertretenen Stände nicht gesprochen werden kann – es bestanden scharfe Gegensätze zwischen den Befürwortern und den Gegnern der Verständigung mit den Protestanten, ferner zwischen den jeweiligen

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Anhängern der beiden verfeindeten katholischen Mächte Frankreich und Spanien –, so mußten doch die in corpore gefaßten Beschlüsse als offizielle Äußerungen der katholischen Religionspartei gewertet werden, und hier konnten die Intransigenten ihre Meinung meist durchsetzen.
Dies war der Fall sowohl bei den Beratungen der Religionsgravamina als auch bei den politischen und verfassungsrechtlichen Fragen im engeren Sinne. Anfangs hielten sich die katholischen Stände allerdings an den von den kaiserlichen Gesandten gefor- derten Verhandlungsmodus, wonach die konfessionellen Corpora nur für die Regelung der Reichsreligionsangelegenheiten zuständig sein sollten. Nachdem die Widerstände der Katholiken in den Vorfragen – der Admission des Administrators von Magdeburg und anderer evangelischer Stiftsinhaber sowie der Behandlung der protestantischen Forderungen auf dem Kongreß – überwunden waren, konnte in die Beratung der Gravamina eingetreten werden. Es wurden ein Ausschuß und ein Unterausschuß gebildet (die Deputatio ad Gravamina und die engere Deputation ), die zunächst die Beschwerden vom Reichstag 1640/41 durcharbeiteten. Als die Protestanten dann ihre Gravamina vorgelegt hatten, wurde deren Beantwortung zunächst in der Depu- tation vorbereitet und im Plenum noch einmal ausführlich diskutiert. Einen Höhe- punkt brachten die Sitzungen am 3. und 5. März 1646, in denen die anwesenden Gesandten ihre grundsätzlichen Auffassungen über die zwischen den Protestanten und Katholiken bestehenden Streitfragen darlegten. Wie gering die Möglichkeiten einer Einigung aufgrund der danach formulierten Erklärung waren, zeigte sich bei den auf Wunsch der Protestanten in Osnabrück abgehaltenen direkten Verhandlungen zwischen den Ständen (April/Mai 1646), die ergebnislos abgebrochen werden mußten. Den Vermittlungsvorschlägen der kaiserlichen Gesandten, die dem katholischen Plenum vorgelegt wurden, wurde nun schon die Forderung nach Erfüllung der französischen Satisfaktion entgegengesetzt. Der Austausch von kaiserlichen und protestantischen Erklärungen über die Gravamina im Juli und August 1646 bewirkte eher eine Ver- härtung der Haltung im katholischen Rat, und das Scheitern eines erneuten Versuchs im November 1646, die Religionsparteien zu gemeinsamen Beratungen zusammen- zubringen , hatte schließlich das Ergebnis, daß die kaiserlichen Gesandten das Corpus Catholicorum von der Behandlung der Gravamina-Frage ganz ausschlossen und von Februar bis April 1647 allein mit den Schweden und Protestanten verhandelten. Die in diesem Band vorgelegten Protokolle führen bis zu diesem Zeitpunkt. Hier liegt ein deutlicher sachlicher Einschnitt in der Folge der CC -Konferenzen. Im Früh- jahr 1647 mußte dann die neue Lage erörtert werden, die sich durch den Ulmer Waffenstillstand des Kurfürsten von Bayern mit Frankreich und Schweden ergeben hatte. Als Trauttmansdorff am 3. Juni 1647 sein endgültiges Vertragsprojekt vor- gelegt hatte, wurde dieses umfangreiche Instrumentum Trauttmansdorffianum den ganzen Sommer über im Corpus Catholicorum beraten, wobei die Gesandten zu jedem Artikel ein ausführliches Votum formulierten. Die endgültige Erklärung bedeutete im wesentlichen eine Ablehnung der kaiserlichen Vorschläge. Über die Frage, ob diese doch noch anzunehmen seien, spaltete sich das Corpus Catholicorum; die Vereinbarungen mit den Protestanten wurden nur von der Gruppe der katholischen „Prinzipalisten“ – den Vertretern der vornehmsten, der „prinzipalsten“ Stände:

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den Kurfürsten, Salzburg, Pfalz-Neuburg, Bamberg, Würzburg – anerkannt. Der folgende Band soll diesen Teil der Protokolle umfassen.
Fragt man nach der Bedeutung der in diesen Protokollen aufgezeichneten Äußerungen, so wird man zunächst feststellen, daß hierin keineswegs solche Arcana verborgen sind, wie man auf protestantischer Seite mitunter vermutete . Gewiß, die Sitzungen des Corpus Catholicorum waren streng vertraulich, und die Geheimhaltung der Beratungen wurde immer wieder eingeschärft, aber die ungeschminkte Offenbarung der Ziele und Absichten der einzelnen katholischen Stände wird man hier nicht suchen können. Die Vertreter einer nachgiebigen Politik gegenüber den Protestanten konnten angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Corpus Catholicorum nicht wagen, ihren Auffassungen allzu offen Ausdruck zu verleihen; andrerseits mußten die Stände, die sich durch die Forderungen der Protestanten in ihrem Besitz und in ihren Rechten bedroht sahen, versuchen, ihren Argumenten eine für alle Katholiken annehmbare und im Reichsrecht fundierte Fassung zu geben. Schließlich bildeten die in den Plenarkonferenzen des Corpus Catholicorum anwesenden Personen ein verhältnismäßig großes Beratungs- gremium : es waren in der Regel etwa 20 Gesandte vertreten, die in den meisten Fragen recht unterschiedliche Auffassungen hatten und die sich gegenseitig nicht in allen Fällen für unbedingt vertrauenswürdig hielten. Wie für alle Aufzeichnungen aus dem Bereiche der Diplomatie gilt auch hier: man muß die Nuancen der Formu- lierungen beachten, zwischen den Zeilen lesen und auch die gleichzeitigen Eintragungen in den Gesandtschaftsdiarien sowie die Korrespondenzen der Gesandten mit ihren Kommittenten heranziehen, wenn man die Möglichkeiten der Interpretation aus- schöpfen will. Ein Gespräch unter bestimmten Gesandten beim Kirchgang oder bei einer Theateraufführung im Jesuitenkolleg hat sicher nicht allzu selten den Verlauf einer Plenarkonferenz bestimmt, ohne daß derartiges in den Protokollen selbst faßbar wird. Der Eigenwert der Protokolle als historische Quelle wird dadurch nicht gemindert. In ihnen ist die Begründung dessen wiedergegeben, was als Auffassung der katholischen Stände von der Ordnung der durch den Krieg und die vorausgegangenen Ereignisse verwirrten Reichsangelegenheiten vor Kaiser und Reich vorgetragen werden konnte und worin gleichsam die Summe des hundertjährigen Kampfes um den Charakter des Heiligen Römischen Reiches – um seine Staatsidee, wenn dieses Wort hier erlaubt ist – gezogen wird. Hierin und in der oben skizzierten Bedeutung der Haltung der katho- lischen Stände für den Gang der Friedensverhandlungen und damit für die Ergebnisse des Kongresses liegt der besondere Wert der Protokolle. Daß zahlreiche Einzel- probleme der Reichsverfassung, aber auch der Territorialgeschichte hier schärfer beleuchtet werden, sei noch abschließend bemerkt.

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II. Protokolle als Form des Kanzleischriftguts

Da in der vorliegenden Edition zum ersten Male Protokolle von reichsständischen Beratungen in größerer Anzahl und ohne wesentliche Kürzungen veröffentlicht werden, schien es angebracht, einige Überlegungen zur terminologischen und begrifflichen Klä- rung vorauszuschicken. Während die schriftliche Überlieferung des Mittelalters durch die Leistungen der Diplomatik und der Urkundenforschung des 19. Jahrhunderts in einer im wesentlichen abgeschlossenen und auch durch neuere Ansätze

Vgl. die Untersuchungen zur mittelalterlichen Urkunden- und Aktenlehre von A. v. Brandt , Vorbemerkungen zu einer mittelalterlichen Aktenlehre, in: Archivar und Historiker, Festschrift H. O. Meisner , Berlin 1956, S. 392–440; K. Dülfer , Urkunden, Akten und Schreiben in Mittelalter und Neuzeit. Studien zum Formproblem, in: AZ 53 (1957), S. 11–53; E. Pitz , Schrift- und Aktenwesen der städtischen Verwaltung im Spätmittelalter (= Mitt. aus dem Stadtarchiv von Köln 45), Köln 1959.
nur schwer abzuändernden Systematik erfaßt ist, hat das neuzeitliche Aktenschriftgut trotz der bedeutenden Vorarbeiten von F. Küch , G. Wolf und H. O. Meisner

F. Küch , Politisches Archiv des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen, 1. Bd. (= Publikationen aus den k. preuß. Staatsarchiven, Bd. 78), Leipzig 1904 (Neudruck Osnabrück 1965), Einleitung; G. Wolf , Einführung in das Studium der neueren Geschichte, Berlin 1910; H. O. Meisner , Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit, Leipzig 1950 ( 2 1952).
noch keine vergleichbare Durchdringung erfahren. Dies gilt insbesondere für jenen Teil des Schrift- guts , dem auch die Protokolle zuzurechnen sind und der in der modernen Aktenlehre als „neutrale Schriftsätze“

H. O. Meisner S. 48.
, „interne Unterlagen“

G. Schmid , Aktenkunde, in: W. Eckermann und H. Mohr , Einführung in das Studium der Geschichte, Berlin 1966, S. 453.
, „Memorienschreibwerk“

K. Dülfer S. 47.
oder „Aufzeichnung zur Gedächtnisstütze“

J. Papritz , Grundfragen der Archivwissenschaft, in: AZ 52 (1956), S. 143.
bezeichnet wird. Das Schriftgut dieser Art macht zusammen mit den „Schreiben zur Mitteilung an einen Entfernten“

J. Papritz , ebd.
oder kurz den Korrespondenzen die Masse der archivalischen Überlieferung aus. Nur die zuletzt genannte Gruppe ist jedoch in der systematischen, genetischen und analytischen Aktenkunde genauer untersucht worden

Vor allem in H. O. Meisner , Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit.
. Für das „Memorienschreibwerk“ liegt bis heute wenig mehr vor als das, was F. Küch und G. Wolf darüber ausgesagt haben

H. O. Meisner behandelt die „neutralen Schriftsätze“, insbesondere die „Protokolle“, nur ganz kurz und im Anschluß und unter Verweis auf solche Schriftstücke, „die ‚Ausgänge‘ werden sollen“ (a. a. O. S. 72). G. Schmid (a. a. O. S. 454) stellt fest: „Die systematische Aktenkunde hat die Gruppe der internen Unterlagen bisher nur wenig berücksichtigt“; er verzichtet daher auf ihre Behandlung.
. Auch moderne Editionsregeln und die terminologischen Bemühungen der Archivare orientieren sich bewußt oder unbewußt am Bild des „Schreibens“ und gehen auf andere Kategorien vielfach nicht ein

Vgl. z. B. H. O. Meisner , Archivarische Berufssprache, in: AZ 43 (1934), S. 260–280 (mit dem Protokoll der Terminologie-Kommission des Archivtags); J. Schultze , Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, zuletzt in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 102 (1966), S. 1–10 (zuerst 1930); Grund- züge einer deutschen Archivterminologie, bearb. von H. O. Meisner und W. Leesch , in: Archivmitteilungen 10 (1960), S. 134ff. (zuerst 1955). Eine eingehende Untersuchung der Formen der „internen Unterlagen“ bei S. Muller , J. A. Feith en R. Fruin , Hand- leiding voor het Ordenen en Beschrijven van Archieven, Groningen 1898 (deutsche Übersetzung und Bearbeitung von H. Kaiser , Leipzig und Groningen 1905), besonders §§ 85, 88, 89. Ihre Ergebnisse sind für unsere Zwecke jedoch nur bedingt verwendbar, da sie sich ausschließlich am Erscheinungsbild der niederländischen Überlieferung orientieren und die von ihnen gebrauchten Begriffe im Deutschen oft einen andern Sinn haben.
. So bestand eine gewisse Notwendigkeit, das Schriftgut,

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das wir unter den Händen hatten, einer näheren formgeschichtlichen Betrachtung zu unterziehen, um wenigstens für den hier in Frage kommenden Bereich zu der erforder- lichen Klarheit zu gelangen. Wenn sich dabei auch Ausblicke über die sachliche und zeitliche Begrenzung unseres Gebiets hinaus als notwendig erwiesen, so kann es sich freilich nicht um einen Versuch handeln, die gekennzeichnete Lücke in der modernen Aktenkunde zu schließen; Ziel war es vielmehr, die aus der Beschäftigung mit dem gegebenen Material erwachsenen Einsichten festzuhalten und künftigen Untersuchungen, die auf breiteren Grundlagen aufbauen müssen, zur Verfügung zu stellen.
Schon eine nähere begriffliche Umschreibung des Schriftguts, das innerhalb des „Memorienschreibwerks“ als „Protokoll“ in irgendeiner Form gelten kann und das in einer systematischen Darstellung genauer gegen andere Formen abzugrenzen wäre

Vgl. F. Küch S. XXXIVf., K. Dülfer S. 47f.
, erweist sich als schwierig. Selbst eine weitgefaßte und in den meisten Fällen sicher zutreffende Definition wie die von F. Küch – die „gleichviel von welcher Seite erfolgte Niederschrift einer mündlich geführten Verhandlung“

F. Küch S. XXXIV.
– ist in den Extremfällen unscharf: sie ist einerseits zu weit, da die „Niederschrift einer mündlich geführten Verhandlung“ auch als Tagebucheintragung oder in Form eines Berichts vorkommen kann; andrerseits ist sie zu eng, da sie nicht alle Erscheinungen berücksichtigt, die in der zeitgenössischen Benennung als Protokoll bezeichnet werden

Als Protokolle werden z. B. in der österreichischen Kanzleisprache auch die Eingangsjournale bezeichnet („Exhibitenprotokolle“, vgl. H. O. Meisner S. 84); desgleichen die Lohnlisten für Arbeiter und Handwerker ( HStA Düsseldorf , Kurköln IV. 4364, Baurechnungen 1737: „protocolla oder diarien“ ).
.
Die moderne Systematik

Vgl. H. O. Meisner S. 48.
gliedert die Schriftgutform „Protokolle“ in Niederschriften über die Aussagen einzelner Personen (Vernehmungsprotokolle, Verhöre) und über Verhandlungen einer Mehrzahl von Personen (Sitzungsprotokolle), als weitere Art werden die Beschlußprotokolle genannt, die nur das Ergebnis einer Verhandlung oder Beratung festhalten oder den Entschluß des Entscheidungsberechtigten aufzeichnen.
Innerhalb der „Verhandlungsprotokolle“ haben die Niederschriften von Reichstags- verhandlungen einen besonderen Stil entwickelt, der sie deutlich von den Aufzeichnungen anderer Beratungskörperschaften unterscheidet und einen Typ sui generis darstellt. Die Form der Aufzeichnung ist u. a. abhängig davon, ob das beratende Gremium ständig beisammen ist, periodisch tagt oder in unregelmäßigen Abständen mit längeren Pausen zusammenkommt. Ständig oder periodisch verhandelnde Gremien sind ver- hältnismäßig früh dazu übergegangen, das Ergebnis ihrer Beratungen oder deren

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Verlauf in Bücher einzutragen: in den Stadtverwaltungen seit dem 13. Jahrhundert

Vgl. E. Pitz , passim.
, in fürstlichen Ratskörperschaften vereinzelt schon im 14. Jahrhundert

Vgl. H. Bresslau , Handbuch der Urkundenlehre I S. 131, wo auf die Protokollbücher Hein- richs VII. (mit Aufzeichnungen über Beratungen und Beschlüsse von Ratsgremien) hingewiesen wird.
. In beiden Fällen wird das gebundene Protokollbuch, das laufend die Eintragungen empfängt, die Regel. Aufzeichnungen von Reichstagen hingegen sind immer lose Akten, die wohl später in Registraturen und Archiven zu „unechten“ (nachgebundenen) Bänden und Heften vereinigt werden können, ursprünglich aber aus „Büscheln“

Über die Berechtigung dieses Termini, der den unklaren Begriffen „Faszikal“, „Konvolut“, „Bündel“ oder „Dossier“ vorzuziehen ist, vgl. J. Papritz , a. a. O. S. 135.
loser Einzel- schriftstücke und Lagen bestehen. Das ist natürlich abhängig von der Art des hier vorliegenden Schriftgutes: zunächst wurden nur die bei den Verhandlungen anwach- senden Schriftstücke gesammelt; größtenteils Akten, die durch die Diktatur ver- breitet wurden, wie die kaiserliche Proposition, die Repliken der Stände, Dupliken, Conclusa und schließlich der Rezeß. Hinzu kamen Aufzeichnungen wie Teilnehmer- listen , Beschreibungen des Zeremoniells und dergleichen

Vgl. hierzu und zum Folgenden F. H. Schubert , Reichstage S. 164ff.
. Später ging man dazu über, zwischen die Akten einen verbindenden Text einzufügen

Zahlreiche Belege hierfür in den RTA, Jüngere Reihe.
, und damit näherte man sich der Form, die von den Herausgebern moderner Editionen der Reichstagsakten als „protokollarische Aufzeichnung“ oder schlechthin als „Protokoll“ bezeichnet wird.
Derartige Protokolle findet man seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts, für andere Beratungskörperschaften schon beträchtlich früher

K. Dülfer , S. 17, verweist auf „protokollartige Niederschriften“ des Mittelalters in den Rezessen der Hanse- und Städtetage. Zu erinnern ist auch an die Akten des Schwäbischen Bundes, in denen sich ähnliche Aufzeichnungen finden (vgl. z. B. RTA JR VII/1 Nr. 732).
. Bei Ausweitung der Zwischen- texte , wo dann schließlich nur noch mit einer Anlagenummer auf die beigefügten Traktanden verwiesen wird, erhalten sie immer mehr den Charakter von Schluß- berichten im Sinne der relazioni oder aber, wenn die Aufzeichnungen schon während der Tagsatzung laufend niedergeschrieben wurden, von Gesandtschaftstagebüchern, Diarien. Für beide Arten gibt es in den einschlägigen Aktenpublikationen Beispiele in hinreichender Zahl. Erinnert sei an das Protokoll Valentin von Tetlebens vom Reichstag 1530

Herausgegeben von H. Grundmann (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayer. Akademie der Wissenschaften 4), München 1958.
, das einen diarienähnlichen Charakter hat, oder an das „ Proto- collum des Reichstags zu Speier a. 1529“

RTA JR VII/1 Nr. 1774.
, das nach Ansicht des Herausgebers der Akten „beträchtliche Zeit nach den Ereignissen niedergeschrieben“ ist

Ebd.
und damit einer Relation im eigentlichen Sinne gleichkommt.

Bei vielen dieser „protokollartigen Niederschriften“ handelt es sich um Schlußrelationen (vgl. z. B. RTA JR VII/1 Nr. 1778, 1779, 1780). Solche und „diarienähnliche Protokolle“ liegen sowohl von kurfürstlicher Seite als auch von fürstlicher und städtischer vor (vgl. z. B. RTA JR II Nr. 9; RTA JR III Nr. 3, 5, 51; RTA JR IV Nr. 22, 25, 26, 28).

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Die Bezeichnung „Protokoll“ für derartige Niederschriften ist durchaus gerecht- fertigt , da sie, wie die angegebenen Beispiele zeigen, dem zeitgenössischen Brauch ent- spricht . Legt man Wert auf eine klare terminologische Unterscheidung, so muß man sich allerdings der Tatsache bewußt bleiben, daß damit die Grenzen zu anderen Formen des Schriftgutes, nämlich zu Tagebüchern (Diarien) und Relationen, die ja nicht „zur eigenen Erinnerung“ niedergeschrieben wurden, sondern an einen Dritten gerichtet waren, verwischt werden. Auch faktisch ist der Übergang leicht möglich: sehr häufig kann festgestellt werden, daß Mitschriften der Verhandlungen zur Grund- lage für Tagebuchaufzeichnungen wurden, diese wurden dann wörtlich (oft auszugs- weise ) in die Berichte an den Landesherren übernommen

Das Protokoll eines Fürstentages zu Frankfurt/Main 1553, das die Einzelvoten der Sitzungs- teilnehmer verzeichnet, trägt das Lemma „Pro relatione facienda des gehaltenen tags zu Franckfort“ ( HStA Düsseldorf , Kleve-Mark XXX 122). Ein ähnliches Verhältnis läßt sich zwischen den Diarien und Relationen der kurmainzischen, kurbayerischen und braunschwei- gischen Gesandten auf dem Friedenskongreß nachweisen.
. Seit dem Ende des 16. Jahr- hunderts , möglicherweise schon früher, kommen Termini vor, durch die die verschie- denen Arten der Protokolle spezifiziert werden. So nannte man fortlaufende tägliche Aufschreibungen „protocollum, was täglichs vorgeht“

So das Gesandtschaftstagebuch der kurmainzischen Gesandten in Osnabrück ( HHStA Wien , MEA FrA Fasz. 12). Das münsterische Gegenstück trägt den Titel „Diurnale, in welchem verzeichnet, was sich zeit Ihrer Churfürstlichen Gnaden gesandten anwesenheit zu Münster täglichs zugetragen“. Bei beiden handelt es sich um eine Art Journal (= Geschäfts- tagebuch ) mit meist knappen Angaben über Ort, Zeit und Teilnehmer der Verhandlungen. Ähnlichen Charakter haben auch das Diarium Volmars und das Diarium Chigis (beide werden von der „Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte“ für die Edition vorbereitet. Zum Chigi-Diarium vgl. einstweilen K. Repgen , Protestplan).
oder „protocollum actionis“

So ein jülichsches Protokoll vom Reichstag 1594 ( HStA Düsseldorf , Jülich-Berg II. 2344).
; Verhandlungsmitschriften, in denen die abgelegten Voten der einzelnen Stände erfaßt wurden, bezeichnete man hingegen zum Unterschied davon und eindeutig als „protocollum votorum“

Jülichsche Protokolle von den Reichstagen 1594 und 1603 ( HStA Düsseldorf , Jülich-Berg II. 2344 und 2350, Kleve-Mark XXVII 78 IV), auch mit der Bezeichnung liber votorum. Das von W. Friedensburg in ARG 34 (1937), S. 36–86, mitgeteilte „Protokoll der auf dem Augsburger Reichstage von 1555 versammelten Vertreter der freien und Reichsstädte über die Reichstagsverhandlungen“ trägt den Titel „Prothocollum aller reichs- und (frei)stett handlungen [...]“ (also: ein „protocollum actionis“ ), enthält aber auch einige eingestreute „protocolla votorum“ . Es ist in Reinschrift überliefert und anscheinend aufgrund von Diarien- aufzeichnungen und Sitzungsmitschriften sowie unter Benutzung der amtlichen Akten, von denen einige in vollem Wortlaut eingefügt werden, zusammengestellt worden.
.
Die Frage nach dem ersten Auftauchen dieser „protocolla votorum“, die sich hier stellt, impliziert sogleich eine weitere: seit wann wurde es für nötig befunden, die Voten der einzelnen Stände aufzuschreiben, d. h. seit wann wurden auf den Reichs- tagen die Stimmen gezählt und nach Köpfen abgestimmt? Da die Geschichte der Reichstagsorganisation noch weithin im Dunkeln liegt, ist man hier auf Vermutungen und auf die Aussagen älterer Autoren angewiesen. In Lehenmanns Speyrischer Chronik wird von den Reichstagen 1471 und 1474 berichtet, daß die Kurfürsten und

[p. XXXVI] [scan. 36]

Fürsten auf die Umfrage viritim geantwortet haben

Lehenmann , Speyerische Chronik S. 967f.
, 1487 hat „jeder Chur- und Fürst, so anwesend, seine Erklärung der Kayserlichen Mayestät selbst in Schriften absonderlich übergeben, der abwesenden Rhät und Botschafften auch absonderlich“

Ebd. S. 991.
. Dabei hat es sich möglicherweise um Ausnahmen gehandelt, denn später war man der Ansicht, daß auf den Reichstagen Friedrichs III. und Maximilians I. die Stimmen nicht computirt – einzeln gezählt – wurden, sondern daß die „geringeren Stände“ den Voten der vornehmeren und mächtigeren zustimmten und so quasi durch Akklama- tion ein einhelliger Beschluß erreicht wurde

Vgl. J. Müller , Das Reichstagstheatrum, wie selbiges unter Kayser Maximilians I. Regierung gestanden, Jena 1718/19, T. III c. 42 § 6: „In damaligen Zeiten ist der Status Comitatus noch ziemlich divers von der heutigen Reichstagsform gewesen, und sind die Vota nicht eben, wie heut- zutage geschieht, computiert worden.“ Ähnlich Leibniz in De Suprematu Principum (Akademie-Ausgabe IV/2 S. 161): „Scilicet illorum temporum simplicitas tam futiles argutias [gemeint sind Rang- und Präzedenzfragen] non capiebat neque tunc scrupulose numerabantur suffragia“, und weiter: „Qui eloquentia aut factione plurimum poterat, caeteros trahebat.“
. Dieses Verfahren kann sehr wohl noch bis in die Anfangsjahre des 16. Jahrhunderts hinein angewandt worden sein. Eine eindeutige Entscheidung über die Geltung des Majoritätsprinzips brachte erst der Reichsabschied 1512

RA 1512 I § 7.
, aber noch im 17. Jahrhundert wurde die Frage, ob die Stimmen gezählt oder gewogen werden müßten, diskutiert

Vgl. Arumaeus , De comitiis c. 7 n. 74–82; Limnaeus , Ius publicum l. 9 c. 1 n. 175–192. Bezeichnend D. Otto in Arumaeus , Disc. acad. V, disc. II: „An [...] suffragiorum multitudo praevaleat, aliis iudicandum relinquo.“
. Aus der Tatsache, daß von den Reichstagen bis in die dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts keine „protocolla voto- rum “ vorliegen

Diese Beobachtung stützt sich auf die Durchsicht der Reichstagsakten in den Staatsarchiven Düsseldorf, Marburg und München (Geh. Staatsarchiv) für die Zeit bis 1550 sowie der ein- schlägigen Aktenpublikationen. Es ist durchaus möglich, daß bei systematischen Archivrecherchen noch frühere Protokolle als die unten genannten auftauchen können. Immerhin ist festzuhalten, daß in den RTA JR, die bis 1529 vorliegen, und in den Urkunden und Aktenstücken des Reichsarchivs Wien zur reichsrechtlichen Stellung des Burgundischen Kreises – beides Editionen, die sich weitgehend auf das HHStA Wien stützen – keine proto- colla votorum enthalten sind.
, ließe sich ebenfalls schließen, daß bis zu dieser Zeit das Prinzip der Beschlußfassung nach Zählung der Stimmen sich noch nicht endgültig durchgesetzt hatte. Auch in kleineren und überschaubareren Gremien, als es die allgemeine Reichs- versammlung war, ist anscheinend erst nach 1510 die Aufschreibung von Einzel- stimmen eingeführt worden

In den Hessischen Landtagsakten, herausgegeben von H. Glagau , 1. Bd., Marburg 1901, ist unter Nr. 114 ein ausführliches Landtagsprotokoll gedruckt, das die Äußerungen der Teilnehmer an den Beratungen wiedergibt. – Für die Städte hat E. Pitz , a. a. O. S. 84, „echte Sitzungs- protokolle “ in den Ratsregistern von Köln seit 1523, möglicherweise seit 1513, nachgewiesen. In dialogischer Form abgefaßt sind teilweise die „Protokollarischen Aufzeichnungen über Bera- tungen der Pfälzer Hofräte“ auf dem RT zu Worms 1521 ( RTA JR II Nr. 10, 32).
. Auf den Reichstagen ist diese Art des Protokollieren noch später in Brauch gekommen, wenn auch nicht erst, wie G. Wolf meint

G. Wolf S. 586.
, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Kurfürstenratsprotokolle, die ganz die Form

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wie die hier wiedergegebenen aufweisen, liegen vom Nürnberger Reichstag 1542 vor

In: Urkunden und Aktenstücke des Reichsarchivs Wien I Nr. 272, 273, 274, 277.
. Vom Reichstag 1541 ist das Protokoll einer Beratung unter fürstlichen Gesandten erhalten, das offenbar eine während der Sitzung angefertigte Mitschrift ist

StA Marburg 3. 574 (vgl. F. Küch Nr. 574; auszugsweise gedruckt bei M. Lenz , Brief- wechsel Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen mit Bucer III [= Publikationen aus den k. preußischen Staatsarchiven 47], Leipzig 1891, S. 16–31). Es ist nicht ganz deutlich, ob es sich um eine Fürstenratssitzung oder um eine Sonderberatung unter evangelischen fürstlichen Gesandten handelt (das Exemplar ist stark beschädigt und restauriert; unter der Ultraphan-Einbettung sind die flüchtigen Notizen, soweit erhalten, kaum mehr lesbar). Eine kurmainzische „Originalprotokollsniederschrift“ vom selben Reichstag bringt keine Aufzeichnungen der einzelnen Voten, sondern einen fortlaufenden Bericht (vgl. Urkunden und Aktenstücke des Reichs- archivs Wien I Nr. 247, 248).
. Noch älter sind „protokollartige Aufzeichnungen“ von Ausschußsitzungen früherer Reichs- tage . Hier werden die Äußerungen der Gesprächspartner in dialogischer Form wieder- gegeben

Vgl. K. E. Förstemann , Urkundenbuch zur Geschichte des Reichstags zu Augsburg im Jahre 1530, Bd. 2, o. O. 1835 (Neudruck Osnabrück 1965), Nr. 144: Spalatins Bericht über die Verhandlungen des Ausschusses der 14 (1530 Aug. 16–19) – ebenfalls ein fortlaufender Bericht, in den aber die Äußerungen der Ausschußmitglieder aufgenommen sind. Ähnlich in den Auf- zeichnungen über das Religionsgespräch in Worms 1541 (benutzt: HStA Düsseldorf , Jülich-Berg II. 2271) mit einem dialogischen Colloquium inter Philippum Melanchthonem et D. Joannem Eckium.
. Da es sich in diesen Fällen um die Beratung konfessioneller Streitpunkte handelte, erhielt die schriftliche Fixierung der Äußerungen jedes einzelnen Beteiligten besondere Bedeutung. Ob darüber hinaus die konfessionellen Auseinandersetzungen auf den Reichstagen dazu beigetragen haben, die einzelnen Stimmen genauer zu proto- kollieren , müßte gesondert untersucht werden. Jedenfalls hat noch bei den Friedens- verhandlungen in Münster und Osnabrück das konfessionelle Mißtrauen gegen die Fürstenratsdirektoren auf die Art der Protokollierung eingewirkt

Die evangelischen Gesandten forderten im Januar 1646, daß wegen der Wichtigkeit der bevor- stehenden Entscheidungen dem Direktorialsekretär ein evangelischer Protokollist beigeordnet werden sollte (vgl. Meiern II, S. 240 , 250 ).
.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – soweit ist G. Wolf

G. Wolf S. 586.
zuzustimmen – hat sich die Führung eines protocollum votorum auf den deutschen Ständeversamm- lungen , auf Reichs-, Kreis- und Deputationstagen

Das älteste mir bekanntgewordene protocollum votorum eines Kreistags stammt aus dem Jahre 1550 ( HStA Düsseldorf , Niederrheinisch-Westfälischer Kreis X. 9, Kreistag zu Essen 1550), eines Deputationstags von 1560 ( HStA Düsseldorf , Kurköln VI. 133).
durchgesetzt, allerdings noch nicht bei allen Ständen. Ursprünglich hatte nur Kurmainz als Reichsdirektorium das Recht, einen Sekretär zu den streng vertraulichen Sitzungen, in denen sonst nur die anwesenden Fürsten und die legitimierten Bevollmächtigten der abwesenden erscheinen durften, hinzuzuziehen

Vgl. K. Rauch , Traktat S. 63: „In dem Churfürsten Raht, ohngeacht es von alters nicht her- kommen , sondern allein Meyntz einen Reichs-Protocollisten gesetzt, so hat doch ein jeder Churfürst einen Secretarium, der alles, was vorgehet, auch auffzeichnet.“
. Doch auch die anderen kurfürstlichen Gesandten sind verhältnis- mäßig früh dazu übergegangen, ihre eigenen Sekretäre mitzubringen

Vgl. Anm. 7. Danach scheint sich zur Zeit der Abfassung des Traktats (1569) die Tatsache, daß die Kurfürsten keinen Sekretär in die Ratssitzungen mitbringen durften, noch in lebendiger Erinnerung befunden zu haben.
, desgleichen die

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Direktoren des Fürstenrates, Österreich und Salzburg. Allen anderen Gesandten war es verwehrt, dritten Personen Zugang zu den Sitzungen zu verschaffen. Daß die pommerschen und würzburgischen Sekretäre auf dem Reichstag 1640/41 mit den Gesandten in den Fürstenratssitzungen erschienen, galt als Ausnahme

Vgl. UuA I S. 694, Meiern II S. 251.
. Änderungen traten erst auf dem Immerwährenden Reichstag seit 1663 ein. Dort durfte auch jeder fürstliche Gesandte einen Sekretär zu den Beratungen zuziehen

Genaue Schilderungen des modus procedendi im 18. Jahrhundert bei J. J. Moser , Neues Staatsrecht V/1 S. 459f., C. F. Häberlin , Handbuch I S. 496.
und proto- kollieren lassen; die einzelnen Protokolle wurden dann miteinander kollationiert und mit den Direktorialprotokollen, die allein als authentisch galten, verglichen. Bei den Konferenzen der katholischen Stände in Münster und Osnabrück wurde – wie bei den anderen reichsständischen Beratungen auf dem Friedenskongreß – nach dem alten Brauch verfahren. Ein Bild von der äußeren Form der Beratungen wird uns durch ein schema sessionis zu der Sitzung der Deputatio ad gravamina am 29. November 1645 vermittelt

Vgl. unten S. 37.
. Aus den an dieser und an anderen Stellen gemachten Angaben

Vgl. S. 253. 17, wo die Anwesenheit des kurkölnischen Gesandtschaftssekretärs Lintz erwähnt ist.
geht hervor, daß im CC nur die kurfürstlichen Sekretäre zugelassen waren, nicht aber die der österreichischen und salzburgischen Gesandten, die hier keine Direktorial- funktionen ausübten

Daß der österreichische Gesandte im CC selbst protokollieren mußte, geht aus der Bemerkung zu S. 234. 31 hervor.
. Jedem Gesandten stand jedoch frei, sich selbst während der Sitzung Aufzeichnungen zu machen, diese dann auszuarbeiten und mit den Nieder- schriften von Kollegen zu vergleichen

Die Aussagen über die Form des Protokollierens bei den Verhandlungen zwischen den evangelischen und katholischen Ständen im November 1646 in Münster (vgl. S. 401f., 408) treffen sicher auch auf die Protokollführung im CC zu. Danach stand es jedem frei, „in privatis pugullaribus zu annotiren“ und seine Aufzeichnungen anschließend mit anderen zu kollationieren. Daß viele Gesandte auf die Führung eines eigenen Protokolls verzichteten, geht aus den Äußerungen in der Sitzung 1647 Sept. 4 hervor, als nachgeforscht wurde, wie den Protestanten Teile eines Protokolls einer CC -Sitzung in die Hände gekommen seien.
. Es liegt auf der Hand, daß demnach die aus den kurfürstlichen Gesandtschaften stammenden Protokolle sehr viel ausführlicher und genauer sind als die der fürstlichen Gesandten, die sozusagen gleichzeitig votieren und protokollieren mußten

Vgl. Meiern II S. 240 : „Nemlich es war noch zu selbiger Zeit in Gebrauch, daß man in dem Reichsrath keine Secretarios oder Protocollisten bei den Consultationen oder Votirungen zuließ, sondern ein jeder Gesandter muste sein Protocoll selbst mit eigener Hand im Rath führen und zugleich votiren, sogar, daß auch das Directorium selbst alles notirte und hernach in ein Conclusum brachte.“ Das gleiche gilt für die Beratungen der katholischen Stände: der Zweitgesandte des Johannitermeisters, Schlitzweg, berichtete am 10. Febr. 1646, dem Hauptgesandten Giffen sei ein zweiter legitimierter Bevollmächtigter „sehr lieb, da ich mit führung des protocolls ihme ahn die hand gehen könde, welches er sonst allein und nicht ohne sondere beschwerd verrichten müße“ ( GLA Karlsruhe 90/87). Vgl. auch oben Anm. 5.
. Diese Verhältnisse spiegeln sich auch in der Über- lieferung wider: es liegen vier umfangreiche Protokollserien kurfürstlicher Provenienz

[p. XXXIX] [scan. 39]

vor, jedoch nur zwei, die wirklich aus fürstlichen Gesandtschaftskanzleien stammen

Vgl. unten S. XLVII.
. Viele der fürstlichen Gesandten haben auf die Führung eines eigenen Protokolls ver- zichtet ; manche konnten sich Abschriften von einem kurfürstlichen Protokoll ver- schaffen , das solchen Ständen, die einem kurfürstlichen Gesandten ihre Vertretung anvertraut hatten, ohnehin zur Verfügung stand

Vgl. unten S. LVIIIf. über das augsburgische, eichstättische und hildesheimische Protokoll.
. Bei den fürstlichen Gesandten war es wohl auch Brauch, nur die Proposition und das Conclusum zu notieren, also die „offiziellen“ Verlautbarungen des Direktoriums. Den Akten wurde dann das eigene Votum, das häufig vorher schriftlich ausgearbeitet worden war, beigefügt

Vgl. unten S. LII; ein Hinweis auch S. 200: „Es seye nit wider brauch, daß man die vortrag und vota ex pugillaribus et charta ablese.“
. In dieser Form liegen z. B. ein bambergisches, das fuldische und das pfalz-neuburgische CC -Protokoll vor, ferner ein Fürstenrats-Protokoll des Deutschmeisters

Vgl. unten S. XLVIf.
. Dieser Modus war offenbar weit verbreitet: eine kurkölnische Instruktion für den Reichstag 1653 schrieb diese verkürzte Protokollführung für den Fürstenrat ausdrücklich vor, während die Voten im Kurfürstenrat vollständig mitgeschrieben werden sollten

HStA Düsseldorf , Kurköln VI. 274.
. Eine weitere Möglichkeit war es endlich, nach Schluß der Sitzung eine berichtartige Niederschrift ohne Aufzeichnung der Einzelvoten anzufertigen, ein „summarisches Protokoll“, wie es in den Akten heißt

Ein Beispiel hierfür das Protokoll der Deputationssitzung 1646 November 18 (Nr. 62).
. Damit sind die drei Hauptformen genannt, in denen Protokolle begegnen: 1. als vollständiges „protocollum votorum“; 2. als verkürztes Protokoll, das genaugenommen schon als Beschlußprotokoll, nicht mehr als Verhand- lungsprotokoll , aufzufassen ist; und 3. als „summarisches Protokoll“, die zusammen- fassende Schilderung einer Sitzung. Als weitere Form wäre dann noch die einfache Aktennotiz zu erwähnen, die lediglich Datum und Thema einer Sitzung vermerkt

Vgl. die Notizen über die Deputationssitzungen 1646 Januar 22, 23 und 24 (S. 96).
.
Bei der Betrachtung der Entstehungsstufen von Protokollen ist ebenfalls zu berück- sichtigen , daß es sich hierbei um grundsätzlich andere Formen handelt als beim Korrespondenz-Schriftgut. Die dort gültige Einteilung (Dekret, Konzept, Mundum, Ausfertigung) kann nicht durchgängig übertragen werden, sondern bedarf einiger Abänderungen. Man kann mit F. Küch

S. XXXIV.
zwei oder drei hauptsächliche Stufen der Überlieferung unterscheiden: die während der Sitzung entstandene Mitschrift, danach die Ausarbeitung oder Übertragung in den Volltext, schließlich etwa noch eine hier- nach gefertigte Rein- oder Abschrift. Als Bezeichnung für die erste Entstehungs- stufe , die unmittelbare Mitschrift, bietet sich der zeitgenössische Terminus „Rapular“ an

In der genauen Terminologie der Niederländer: „Kladde“ oder „Memorial“ (vgl. Muller , Feith en Fruin , Handleiding § 89), nach dem Vorschlag von J. Papritz (a. a. O. S. 146) „Kladde“. Ich ziehe den Ausdruck „Rapular“ vor, da man im heutigen Sprachgebrauch unter „Kladde“ ein Heft oder Buch zu verstehen scheint, weniger aber lose Blätter oder Lagen (vgl. Brockhaus 1940).
: die eilige Niederschrift – meist auf einem ganzseitig engbeschriebenen Blatt ohne

[p. XL] [scan. 40]

jeden Rand oder in losen Lagen – in flüchtigem Duktus, in der stichwortartig in Anlehnung an die Formulierungen des Redners die wichtigsten Punkte notiert werden und wo über die üblichen Kürzungen hinaus oft nur Konsonantengruppen anstelle ganzer Wörter oder Sätze stehen. Für die hiernach gefertigte Ausarbeitung kann die Bezeichnung Konzept übernommen werden. Sie enthält vollständige Sätze mit kurialen Wendungen, in der Regel ist sie halbbrüchig („konzeptsweise“ in der zeitgenössischen Kanzleiterminologie) auf losen Lagen niedergeschrieben und bietet ausreichenden Raum für Ergänzungen und Korrekturen. Diese können, wenn die Übertragung sorgfältig abgefaßt worden ist und keine Zusätze nötig wurden, fehlen, dann wäre hier von einem Reinkonzept zu sprechen

In der niederländischen Fachsprache (vgl. S. XXXIX Anm. 9): das „Konzept“ ist die bloße Aus- arbeitung und Übertragung der „Kladde“ (des Rapulars) in Reinschrift, das noch nicht genehmigt ist; werden Ergänzungen und Korrekturen nachgetragen und wird das Stück dann von der Versamm- lung genehmigt, so ist von „Minute“ oder „Lap“ zu sprechen.
. Der Unterschied zwischen Rapular und Konzept sei durch ein Beispiel veranschaulicht

Das Rapular aus Kurbayern A III, das Konzept aus Kurbayern B I.
:
Votum des hgl. bayerischen und des pfalz-neuburgischen Gesandten in der Konferenz der katholischen Stände in Münster 1647 Juni 15
Rapular Konzept
Bayern- Hg Bayern-Hg
Beziehe sich uff d curfl. votum, weil d sach nit geholffen, ws bey geth, wol auch liqutin, d By nit all be d liga sd hernach vill tonen ia million be- gszt , wolle erwart waß fur mitl an hdt gegen wrd. Wolle in allem d[as] Curbayer[ische] votum anhero wid[er]holt und sich durchgehendt darauf bezogen ha- ben , weil d[er] sach nit geholffen, was ein od[er] and[er]er gethan. Ir Churf[ürst]liche D [urchlaucht] in Bay[ern] werde auch woll liqui- tiren khonnen, d[as] dieselbe nit all[ein] bei d[er] liga, sond[ern] auch hernach vill tonnen, ia millio- nen beigesetzt, wolle daher erwar- t[en] , waß für weitere mitl an handt gegeben werden
Pfalz-Neuburg Pfalz-Neuburg
Ad 1 weg d reunion haln sie dieselbe sehr nüzlich, vglich sich Curmeiz an- geführt , hat von Ir Dh dhalb noch khn resol, woln dhr iungstes votum anhero widhol. Halten ad 1 um die reunion für hogstnothwendig und nuzlich, v[er]gleiche sich dahero mit d[en]- ienig[en] motiven, so die h[erren] Curmeinz[ische] in ihrer prop[osi- tion] angeführt, und weil sie von ihrem gn[ädigsten] fürsten und

[p. XLI] [scan. 41]

h[errn] noch kheine resolution, müesten sie ihr den 20. passato ab- gelegtes votum hiehero widerholen.
Mit der Herstellung des Konzepts kann die Ausarbeitung des Protokolls bereits abgeschlossen sein

Zu erinnern ist hier an die „Originalkonzepte“, die H. O. Meisner aus der französischen und österreichischen Aktenwelt bekannt sind (vgl. H. O. Meisner S. 63f.) – Konzepte, die „an die Stelle der (niemals hergestellten) Originale (= Reinschriften)“ getreten sind.
. Für die eigene Verhandlungsführung der Gesandten genügte es, eine vollständige und lesbare Niederschrift als Arbeitsgrundlage zur Verfügung zu haben. Bei Versammlungen, die sich wie der Friedenskongreß über einen längeren Zeitraum erstreckten, legten auch die heimischen Räte Wert darauf, nicht nur zusammenfassende Berichte von den Verhandlungen in den Relationen, sondern die Protokolle selbst zu erhalten

Eine ausdrückliche Aufforderung an die Gesandten, nicht nur in den Relationen von den Sitzungen zu berichten, sondern die Protokolle selbst einzureichen, findet sich in einem Reskript in den österreichischen Akten ( HHStA Wien , Friedensakten der Staatskanzlei, Karton 1).
. Es wurden daher Reinschriften angefertigt und den Relationen als Beilage, oft nur als extractus protocolli, beigefügt

So z. B. in Bamberg B, während Bamberg A das vollständige Protokoll enthält, das bei dem Gesandten verblieben ist.
. In ihrer äußeren Form unterscheiden sie sich von Rapularen und Konzepten dadurch, daß sie meist ganzseitig in sauberer Schrift auf Einzelbogen geschrieben und mit breiten Rändern und größeren Zwischenräumen zwischen den einzelnen Voten versehen sind. Eine Sonderform ist schließlich noch die als Konzept verwendete Abschrift eines fremden Protokolls (meist ebenfalls aus der Konzeptstufe). Beispiele hierfür kommen mehr- fach vor, und es scheint nicht selten gewesen zu sein, daß befreundete Gesandte ihre Mitschriften gemeinsam benutzten, um ein vollständigeres Protokoll herzustellen

Vgl. unten S. XLIX–LIII über das Verhältnis der trierischen, bambergischen, konstanzischen und stadtkölnischen Protokolle. Vgl. Meiern VI Vorrede Fol. d’.
.
III. Die Überlieferung Im Gegensatz zu anderen Arten der Westfälischen Friedensakten ist von den Proto- kollen der katholischen Stände bisher so gut wie nichts im Druck erschienen. Kaiser- liche , französische und schwedische Korrespondenzen, Fürstenratsprotokolle und Pro- tokolle der evangelischen Stände, Diarien und Traktanden sind in mehr oder weniger vollständiger Form, zum Teil schon im 18. Jahrhundert, publiziert worden; die CC -Protokolle hingegen sind, obwohl ihr hoher Wert von jedem, der sie benutzt hat, hervor- gehoben wurde, bis heute fast unberührt in den Archiven liegengeblieben. J. G. von Meiern , der 1734 bis 1736 die bisher umfangreichste Kollektion von Akten zum Westfälischen Frieden veröffentlichte, war es nicht gelungen, Zugang zu dem Archiv eines katholischen Reichsstands zu gewinnen

Vgl. Nr. 46.
. Seine „Acta Pacis Westphalicae“ ent- halten daher nur einige Bruchstücke von CC -Protokollen, die durch Zufall in die

[p. XLII] [scan. 42]

Hände protestantischer Gesandter geraten waren

Vgl. Meiern IV S. 692 ff. (Voten aus den Sitzungen 1647 Juni 15 und 22, aus einem Protokoll nach der kurtrierischen Vorlage).
. Das von Meiern angekündigte Ergänzungswerk von katholischer Seite, das der gelehrte Abbè Schannat 1735 unter dem Titel „Acta Pacis Westphalicae Catholicorum“ herausgeben wollte und für das er auch Protokolle der katholischen Stände gesammelt hatte

Vgl. Meiern VI Vorrede Fol. d’; zu J. F. Schannat vgl. ADB XXX S. 571 . Bei den von Schannat gesammelten Friedensakten hat es sich um solche fuldischer Provenienz gehandelt, die bei dieser Edition herangezogen werden konnten, nämlich, wie er selbst sagt, um die Berichte Göbels samt ihren Beilagen. Schannat war in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts gleichsam Hof- historiograph in Fulda und hat aus dem dortigen Archiv zahlreiche Quellen zur Geschichte der Fürstabtei veröffentlicht.
, ist nicht mehr erschienen. An eine eventuelle Veröffentlichung, weniger aus wissenschaftlichem als aus staats- rechtlichem Interesse, hat dann gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Exjesuit M. Rieberer gedacht

Vgl. unten S. LVII.
, und im 19. Jahrhundert scheint F. Koch , der Biograph des Kaisers Ferdinand III., einen ähnlichen Plan gehabt zu haben

F. Koch II S. 254 Anm. 18: „Der Abgang der Sitzungsprotokolle [der katholischen Stände] in Meierns verdienstlichem Werke läßt eine kaum entbehrliche Ergänzung durch ihre gesonderte Herausgabe wohl wünschen.“
. Keins von diesen Projekten ist verwirklicht worden. Bis auf die erwähnten Fragmente bei Meiern und ein Protokoll in Gärtners „Westfälischer Friedenscantzley“

Vgl. Nr. 46.
sind die CC -Protokolle ungedruckt geblieben. Wir haben es also nur mit der ursprünglichen archi- valischen Überlieferung zu tun.
Hier muß zunächst die Frage nach dem Umfang dieser Überlieferung gestellt werden: mit welcher Zahl von Provenienzen müssen wir rechnen, wieviel davon ist erhalten. Erste Einsichten ergeben sich aufgrund einfacher Überlegungen: seit März 1646 waren fast alle katholischen Reichsstände in den Konferenzen des Corpus Catholi- corum vertreten

Später hinzu kamen die Bevollmächtigten von Pfalz-Neuburg (1646 Juni) und Savoyen (1647 Mai). Nicht zugelassen zu den Beratungen der Reichsstände und auch nicht im CC waren die Gesandten des Herzogs von Lothringen, der als Markgraf von Nomeny die Session in den reichsständischen Gremien beanspruchten konnte. Eine Liste der im CC vertretenen Stände mit den ungefähren Ankunftsdaten bei F. Wolff S. 208–212.
; insgesamt waren es 55 Stände (wenn die 15 von Dr. Leuchselring vertretenen schwäbischen Reichsstädte

Genannt auf S. 91 Anm. 2.
außer acht bleiben), die ihr Votum führen ließen. Theoretisch könnte man also die gleiche Zahl von Provenienzen für die Sitzungs- protokolle erwarten; für die verschiedenen Überlieferungsformen (Rapulare, Kon- zepte , Abschriften) dürfte sie noch höher liegen. Wenn man nun die Zusammen- setzung der Gesandtschaften betrachtet, kommt man zu der Annahme – die sich bei der Untersuchung der bekannten Protokolle bestätigen wird – daß mehrere Protokolle auf gemeinsame Vorlagen zurückgehen müssen und miteinander identisch sind. Die 55 Stände wurden nämlich durch insgesamt 20 Hauptgesandte vertreten, denen wohl in mehreren Fällen für einzelne Stände Subdelegierte beigeordnet waren, die sich jedoch nach den Weisungen des Hauptgesandten zu richten hatten und die in der Regel keine eigene Gesandtschaftsregistratur führten.

[p. XLIII] [scan. 43]

Solche gemeinsamen Vertretungen bestanden bei Stiftern, die in einer Hand vereinigt waren, oder für solche Stände, die zwecks Kostenersparnis einen Gesandten gemeinsam bevollmächtigt hatten. Zur ersten Gruppe sind zu rechnen:
Kurtrier mit Speyer, Weißenburg und Prüm; Kurköln mit Hildesheim, Paderborn, Münster, Lüttich, Berchtesgaden und Stablo; hinzu kommen hier noch (aus Gruppe 2) die eigenen Stifter des kurkölnischen Prinzipalgesandten, Franz Wilhelms von Wartenberg (Osnabrück, Minden und Verden), und die Stimmen, die ihm übertragen worden waren (Eichstätt, Augs- burg , Regensburg, Chur, Ellwangen, bis 1646 Leuchtenberg, dazu als 17. Stimme wahrscheinlich die des Markgrafen von Baden-Baden); der Deutschmeister mit Straßburg, Passau, Halberstadt, Hersfeld, Murbach und Lüders

Murbach und Lüders waren seit 1558 für dauernd unter einem Abt vereinigt und führten eine gemeinsame Stimme im Reichsfürstenrat (vgl. Lünig XIX S. 1015).
, dazu die Vertretung des Johanniterordens;
schließlich auch Kurbayern mit der herzoglich bayerischen Stimme im Reichs- fürstenrat und seit 1646 mit der Landgrafschaft Leuchtenberg. Zur zweiten Gruppe gehören: Kurmainz und Worms Salzburg und Freising Burgund und Verdun Bamberg und Fulda Würzburg und Basel Konstanz und Kempten (bis 1647 Januar; bis 1646 Februar auch für die Reichs- prälaten ) Trient und Brixen, ab 1646 Juni auch für Köln (Stadt), 1647 Juli – 1648 Februar auch für Aachen; Corvey und Reichsprälaten Schwäbische Grafen und Augsburg (Stadt), seit 1647 Januar auch für Kempten Nur einen Stand vertraten die Gesandten von Österreich, Pfalz-Neuburg, Besançon (Erzbischof), Savoyen und Besançon (Stadt), zeitweise auch die Gesandten von Corvey, Köln (Stadt) und Aachen. Hiernach wären zunächst – mit Einschluß von Aachen, aber unter Ausschluß von Köln (Stadt) – 19 verschiedene Überlieferungen anzunehmen. Die Zahl verringert sich auf 18, da der würzburgische Gesandte Vorburg sich meist in Osnabrück auf- hielt und seine Stimme in den Beratungsgremien in Münster durch seinen konstanzi- schen Kollegen Köberlin führen ließ

Vgl. S. 34 Anm. 1.
, d. h. ein eigenes Würzburger Protokoll ist nicht zu erwarten, es wird vielmehr mit dem konstanzischen identisch sein

Im Gräflich Schönbornschen Archiv zu Wiesentheid, wo die Akten des würzburgischen Fürst- bischofs und späteren Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn aufbewahrt werden, befinden sich in den geordneten Beständen allerdings keine CC -Protokolle; daß solche in den ungeordneten Beständen enthalten sind, ist unwahrscheinlich (freundliche Auskunft von Herrn Prof. Dr. K. Repgen). Auch in anderen Archiven ( HHStA Wien , MEA ; StA Würzburg ) waren würzburgische Protokolle nicht zu ermitteln.
.

[p. XLIV] [scan. 44]

Für zehn der restlichen 18 Gruppen sind Protokolle nachgewiesen: für Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kurbayern, Österreich, Pfalz-Neuburg, Bamberg, Konstanz, Trient/Köln (Stadt), Corvey/Reichsprälaten. Zum Teil liegen diese Protokolle in mehreren Entstehungsstufen vor. Es fehlt die Überlieferung für Salzburg/Freising, Burgund/Verdun, für die Deutschmeister-Gruppe, Savoyen, Schwäbische Grafen/Augsburg (Stadt), Aachen und Besançon (Erzbischof und Stadt). Hiervon kann Savoyen unberücksichtigt bleiben; der Gesandte, der erst im Juli 1647 die Session im CC nahm und der zudem der deutschen Sprache nicht mächtig war, wird kaum ein eigenes Protokoll geführt haben. Für die Stände des burgundischen Kreises – Burgund, Verdun, Besançon (Erzbischof und Stadt) – die von dem spanisch- burgundi- schen Gesandten Weyms dirigiert wurden, obwohl sie mit eigenen Gesandten vertreten waren, darf angenommen werden, daß sie ein gemeinsames Protokoll führten, möglich ist aber auch, daß sie, die lateinisch votierten und die deutsche Sprache wahrscheinlich nicht vollständig beherrschten, das österreichische Protokoll mitbenutzten. Eine Überlieferung hat sich für diese Stände nicht feststellen lassen, ihr Fehlen kann wohl auch einigermaßen verschmerzt werden.
Die Aachener Friedensakten sind höchstwahrscheinlich bei dem Stadtbrande 1656, dem auch das Archiv zum Opfer fiel, vernichtet worden. Erhalten sind lediglich zwei Bände mit Abschriften von Traktanden (Memoriale, Dictata und dergl.), deren Inhalt, auch in der Reihenfolge der einzelnen Schriftstücke, auffällig mit einem stadtkölnischen Aktenband (Köln und Reich Nr. 264) übereinstimmt. Auch hier liegt die Vermutung nahe, daß die Aachener Gesandten die Akten der stadtkölni- schen Kollegen benutzt haben. Vereinzelte Protokolle sind – abgesehen von der Sitzung 1646 April 18 – nur für die letzten Monate des Kongresses (1648 März–Juni) erhalten. Salzburg als Direktor des Reichsfürstenrates hat sicher auch in den Sitzungen der katholischen Stände ein eigenes Protokoll geführt. Dies geht auch aus Bemerkungen im Diarium Köberlins hervor

Im GLA Karlsruhe , 83/44. Eintragung unter 1646 Nov. 24: Das prothocoll hab ich daruber [über eine Konferenz der katholischen Deputation mit den ksl. Gesandten] von cantzler Motzel bekhomen. Ähnlich zu 1646 Dez. 20.
. In den zuständigen Archiven ( Landeshauptarchiv Salzburg , Bayer . Hauptstaatsarchiv München Abt. I [ Allg. Staats- archiv ] und V [ Staatsarchiv für Oberbayern ], Ordinariatsarchiv Freising ) hat sich jedoch keine Überlieferung feststellen lassen. Das in Frage kommende Schriftgut aus den heimischen Salzburger Registraturen und Archiven ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts kassiert worden, hingegen ist das salzburgische Direktorialarchiv vom Reichstag zu Regensburg, das auch die westfälischen Friedens- akten enthielt, durch das Eingreifen des damaligen österreichischen Prinzipalgesandten Karl Egid von Fahnenberg vor der Vernichtung bewahrt worden

Vgl. dazu L. Gross in AZ 36 (1921) S. 220.
. Fahnenberg soll es in seinen Besitz überführt haben, doch sind Nachforschungen nach seinem Nachlaß (über das HHStA Wien und das GLA Karlsruhe ) ohne Ergebnis geblieben.
Von den Friedensakten des Deutschmeisters Erzherzog Leopold Wilhelm ist im Deutschordens - Zentralarchiv zu Wien ein Band mit dem Titel „Acta und

[p. XLV] [scan. 45]

Correspondenz, was Herr Johann von Gieffen, Ertzherzogl. und Hoch- meisterlicher Abgesandter zu denen Münsterischen Friedenstractaten von des Ritterlichen Teütschen Ordens wegen, gehandelt hatt“, erhalten. Der Band, der vermutlich im 19. Jahrhundert mit einer Mergentheimer Abgabe nach Wien gelangt ist

Vgl. dazu K. Lampe in AZ 57 (1961).
, enthält vorwiegend Reskripte (im Konzept) und Relationen (in Ausfertigung) aus den Jahren 1643 bis 1649, dazu als Beilagen bei den Relationen einige Traktanden und gekürzte Fürstenrats-Protokolle, die in der üblichen Weise nur die Proposition, das Conclusum und das eigene Votum enthalten. Daß von den Stiftern Halberstadt und Hersfeld, die Leopold Wilhelm zur Zeit der Friedens- verhandlungen nur noch nominell besaß, keine „erzherzogliche“ Überlieferung vor- liegt , ließ sich voraussehen. Die passauischen Akten sind offenbar bei Bränden im Jahre 1662 oder 1680 untergegangen

Auskunft des Ordinariatsarchivs Passau . In den bayerischen Staatsarchiven München ( Abt. I ) und Landsberg fehlt die passauische Überlieferung für die Zeit des Friedenskongresses.
. Die auf den Westfälischen Frieden bezüg- lichen Akten des Johannitermeisters (Großpriorat Heitersheim), heute im Bad . Generallandesarchiv Karlsruhe , Abt. 90/87, 90, 92, 113, enthalten nur Traktanden und Korrespondenzen des Meisters mit seinen Gesandten Giffen und Schlitzweg, jedoch keine Protokolle. Einige Fürstenratsprotokolle Heitersheimer Provenienz sind versehentlich in den Bestand Baden geraten

GLA Karlsruhe 50/233: Extractus prothocolli cum propositione, conclusione et voto Teutonico ab 11. Jan. usque ad 28. Aug. 1647. Reinschriften auf ganzseitig beschriebenen Lagen, vereinzelt auch mit den Voten für die anderen Stifter des Erzherzogs Leopold Wilhelm.
, sie haben die gleiche Form wie die aus dem Deutschordens-Zentralarchiv. Über den Verbleib der Friedens- akten der Stifter Straßburg und Murbach mit Lüders konnte nichts festgestellt werden. Es muß offenbleiben, ob in der Deutschmeister-Gruppe Protokolle der katholischen Ständeberatungen existiert haben; wenn überhaupt, dann vermutlich nur in der Form wie die Fürstenrats-Protokolle im Deutschordens-Archiv und in den Heitersheimer Akten des GLA Karlsruhe .
Keine Protokolle haben sich für Schwäbische Grafen/Augsburg (Stadt) nachweisen lassen

Nach der stadtaugsburgischen Überlieferung wurde im Stadtarchiv Augsburg und im Bayerischen Hauptstaatsarchiv , Abt. I, Allg. Staatsarchiv ergebnislos recherchiert. Die Friedensakten des Schwäbischen Grafenkollegs konnten weder in dem entsprechenden Bestand des Hauptstaatsarchivs Stuttgart nochin den ebenfalls dort verwahrten Akten des Grafen Hugo von Montfort-Tettnang, der 1645–1649 Direktor des Schwäbischen Grafenkollegs war, ermittelt werden. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, daß die Leuchselring-Akten noch in einem unerschlossenen Adelsarchiv schlummern.
. Vielleicht hat auch Dr. Leuchselring das kurkölnische Protokoll benutzt: er hat mit Wartenberg, dem kurkölnischen Prinzipalgesandten und dem Vertreter des Fürstbischofs von Augsburg, und mit dessen Subdelegierten Bischoping, der meist für Augsburg votierte, eng zusammengearbeitet; er hat auch selbst mit dem Fürst- bischof von Augsburg korrespondiert

Zahlreiche Berichte Leuchselrings an den Fürstbischof von Augsburg befinden sich im Bayer . Hauptstaatsarchiv , Abt. I, Allg. Staatsarchiv im Bestand Hochstift Augsburg, Lit- teralien .
. Dieser aber erhielt als Kommittent Warten- bergs das kurkölnische Protokoll zugesandt

Vgl. unten S. LVIIIf.
.

[p. XLVI] [scan. 46]

Als Ergebnis unserer Übersicht läßt sich damit festhalten: die Protokolle der Kon- ferenzen des Corpus Catholicorum sind – im Hinblick auf die möglichen Provenienz- gruppen – im wesentlichen erhalten. Als wirkliche Lücke braucht lediglich das Fehlen der salzburgischen Überlieferung zu gelten.
Einige der oben erwähnten bekannten 10 Provenienzgruppen umfassen die Über- lieferung für mehrere Stände (die durch die verschiedenen Entstehungsstufen bedingte Mehrfachüberlieferung bleibt zunächst unberücksichtigt): neben dem bambergischen liegt auch das fuldische Protokoll vor, neben dem kurkölnischen auch die Protokolle für Eichstätt, Hildesheim und Augsburg. Nicht nachzuweisen waren folgende „Nebenüberlieferungen“: aus der Gruppe Kurmainz das Wormser Protokoll; aus der Gruppe Kurtrier: Speyer, Weißenburg, Prüm; aus der Gruppe Kurköln: Paderborn, Münster, Lüttich, Berchtesgaden, Stablo, Osnabrück, Minden, Verden, Regensburg, Chur, Ellwangen, Leuchtenberg, Baden-Baden; aus der Gruppe Trient/Köln (Stadt): Trient, Brixen. Hierbei ist zu bemerken, daß gewiß nicht für alle diese Stände eine eigene Über- lieferung zu erwarten ist. Die kleineren Stifter, wie Weißenburg, Prüm, Berchtes- gaden oder Stablo, die mit größeren verbunden waren, haben sicher keine nennens- werten diplomatischen Korrespondenzen geführt; die Tätigkeit ihrer Behörden hat sich meist auf Aufgaben der inneren Landesverwaltung beschränkt. Andere wieder, wie z. B. Chur, dessen Friedensakten erhalten sind, sind von ihren Beauftragten offenbar nur sehr lückenhaft informiert worden

Die Übersicht über die Relationen Wartenbergs an den Bischof von Chur verdanke ich der freund- lichen Mühewaltung von Herrn Bischöfl. Archivar Dr. B. Hübscher, dem ich auch an dieser Stelle nochmals danken möchte, sowie den Recherchen von Herrn Prof. Dr. K. Repgen.
. Mehr als gelegentliche Berichte, denen die wichtigsten Traktanden beigefügt waren, dürfte in der Regel nicht vor- handen sein.
Bleibt so die Überlieferung für einige Reichsstände ganz unbelegt, so weisen anderer- seits die Friedensakten bei anderen Ständen echte Mehrfachüberlieferungen für die CC -Protokolle auf: für Österreich liegen vier Protokollserien vor, für Kurmainz und Kurbayern je drei, für Bamberg und Köln (Stadt) je zwei. Wir haben es also mit 26 mehr oder weniger vollständigen Reihen zu tun. Bei dem Vergleich aller bekannten Protokolle stellte sich nun recht bald heraus, daß die Provenienzgruppen „Kurtrier“, „Bamberg“ und „Trient/Köln (Stadt)“, ferner eine Protokollreihe aus dem Mainzer Erzkanzler-Archiv („Kurmainz B“) sehr eng zusammengehören. Die darin ent- haltenen Protokolle sind fast durchgehend identisch, d. h. sie entsprechen sich wörtlich bis auf geringe Ausnahmen. Eng verwandt mit dieser Gruppe ist ferner das konstan- zische Protokoll. Zur Gruppe Kurköln gehört in der gleichen Weise das Protokoll, das sich jetzt in dem Nachlaß des corveyischen Gesandten Adami in der Hildes- heimer Dombibliothek befindet. Nach dem Textbefund lassen sich damit folgende „Familien“ zusammenstellen(im folgenden werden die auf S. Xff. angegebenen Siglen verwendet):
  • [p. XLVII] [scan. 47]

    1. Kurmainz (Teile von mindestens drei Protokollreihen unter Kurmainz A)
  • 2. Kurtrier mit Kurtrier , Kurmainz B, Bamberg A (dazu Bamberg B), Köln ( Stadt ) A (dazu Köln [ Stadt ] B), der überwiegende Teil der Protokolle aus Konstanz
  • 3. Kurköln – nach dem kurkölnischen Prinzipalgesandten Wartenberg als Warten- berg - Gruppe zu bezeichnen – mit Kurköln , Wartenberg / Augsburg , Wartenberg / Hildesheim , Wartenberg / Eichstätt , Wartenberg /[ Kurköln ] und Wartenberg / Register (dazu Wartenberg / Register a)
  • 4. Kurbayern A (dazu Kurbayern Aa) und Kurbayern B
  • 5. Österreich A und B (dazu Österreich Aa und Bb)
  • 6. Pfalz - Neuburg
  • 7. Ein Teil der Protokolle in Konstanz
  • Betrachten wir zunächst die Gruppe, deren Protokolle unserer Edition zu Grunde gelegt sind, die kurtrierische. Sie deckt den gesamten Verhandlungszeitraum von Oktober 1645 bis Sommer 1649. Hierzu gehören folgende Protokollreihen:
    • a. Kurtrier . Abschrift des 18. Jahrhunderts in nachgebundenem Pergamentband, ganzseitig beschriftet. Enthält Kurfürstenratssitzungen und Konferenzen des CC vermischt in chronologischer Folge und umfaßt den Zeitraum 1645 Juli 10 ( Kon- ferenzen der kfl. Gesandten in Lengerich) bis 1646 Dezember 31.
    • b. Kurmainz B. Zeitgenössische Abschrift, in losen Lagen (ohne Lagenbezeich- nungen ), ganzseitig beschriftet, in einem Aktenbüschel mit kurmainzischen Relationen und Direktorialakten (Diktate, Eingaben und dergl.). Zu den Protokollen gehört offenbar ein Vorblatt, das sich an anderer Stelle in diesem Büschel befindet, mit der Aufschrift: „Nr. 53–279. Copia des inter catholicos bey den Münsterischen friedenstractaten wegen der religionsgravamina gehaltenen protocolls de anno 1646 und ein theil von 1647“. Hierbei handelt es sich um einen Registraturvermerk, der offenbar bei der Formierung der Akten in der Mainzer Registratur nach Abschluß der Friedensverhandlungen angefertigt worden ist. Die Reihe enthält Kurfürstenratssitzungen und Konferen- zen des CC vermischt in chronologischer Folge und umfaßt den Zeitraum 1645 Juli bis 1647 Juni 17 (bricht mitten im Votum ab).
    • c. Bamberg A. Zwei nachgebundene Pappbände mit der Rückenaufschrift „Prothocollum concilii catholicorum statuum SRI [...]“ ( Bamberg A I und A II). In A I die Protokolle der Konferenzen des CC 1645 Oktober 1 bis 1647 Juni 22, ferner die Protokolle der Konferenzen zwischen Protestanten und Katholiken in Osnabrück (1646 April/Mai) und in Münster (1646 November) sowie zwischen ksl. und schwedischen Gesandten in Osnabrück (1647 Februar); in A II die Protokolle der Konferenzen des CC 1647 Juni 23 bis 1649 Mai 10. Ein dritter Band mit der Aufschrift „Prothocollum conferentiae inter dominos Caesareos et catholicorum statuum legatos Monasterii habita [...]“ (= Bamberg A III) enthält außer den im Titel angegebenen Protokollen verschiedene Traktanden, die sich auf die Gravamina beziehen, und die Proto- kolle der Konferenzen zwischen den ksl. Gesandten und Katholiken einerseits und den
    • [p. XLVIII] [scan. 48]

      Schweden und Protestanten andrerseits in Osnabrück (1648 Februar bis April). Die Fortsetzung dieser Verhandlungen in Bamberg A IV (bis 1648 August). Alle diese Bände sind halbbrüchig beschriftet. Es handelt sich um als Konzept benutzte Abschriften fremder Protokolle aus der Gesandtschaftsregistratur in Münster, mit zahlreichen Korrekturen und Ergänzungen, meist von der Hand des Gesandten selbst. Gelegentlich sind Einzelblätter (Voten) beigebunden.
    • d. Bamberg B. Ein nachgebundener Band mit der Aufschrift „Gravamina reli- gionis bey den Münsterischen friedenstractaten de anno 1645 usque 14. Aprilis 1649“. Enthält die nach dem Betreffserienprinzip formierten Bei- lagen zur Korrespondenz des bambergischen Gesandten mit dem Fürstbischof (in Ausfertigung). Hier befinden sich neben anderen Verhandlungsunterlagen auch die Protokolle der Konferenzen des CC (in Reinschrift, ganzseitig beschriftet, meist in gekürzter Form mit Proposition, Conclusum und den bambergischen und fuldischen Voten); jedoch ist nur etwa die Hälfte der Sitzungen hier belegt.
    • Die Bamberger Protokolle bilden einen Teil des umfangreichen Bestandes der Bamberger Friedensakten (41 Bände 1645 bis 1650), der die Gesandtschafts- registratur und das in der heimischen Kanzlei erwachsene Schriftgut umfaßt. Die Einordnung scheint bald nach Abschluß der Verhandlungen erfolgt zu sein.
    • e. Fulda . Drei nachgebundene Pappbände mit der Aufschrift „Westphälische friedenstractaten nebst fürstlich Fuldischer correspondenz mit dem hochstiftisch hiesigen gesanden beym friedenscongress Lic. Gobe- lius ...“. Band I umfaßt die Jahre 1645/46, II das Jahr 1647, III 1648. Die Bände enthalten die fürstlichen Reskripte im Konzept, die Relationen Göbels in Ausfertigung in rein chronologischer Serie. Bei den Relationen liegen die Beila- gen : Traktanden und gekürzte Fürstenrats- und CC -Protokolle (in derselben Form wie in Bamberg B). Ein weiterer Band ( Fulda IIa) enthält Abschriften der Relationen und der Beilagen aus Fulda II, vereinzelt auch aus Fulda III, wobei hier die Relationen von den Beilagen getrennt sind.
    • f. Köln ( Stadt ) A. Drei nachgebundene Pergamentbände mit zeitgenössischen Abschriften, halbbrüchig beschriftet, A I mit dem Rückentitel (= erweiterter Innentitel) „Prothocollum extraordinarium catholicorum ae 1 a Octobris anno 1645 usque 31. Martii 1647“; A II: „Continuatio actorum catholi- corum de 6 ta Aprilis usque ad 10 m Decembrem 1647“; A III mit dem Rubrum „Continuatio actorum catholicorum usque ad 24 tum Junii 1648 inclusive“. A I und II enthalten ausschließlich CC -Protokolle, A III zu zwei Dritteln auch Traktanden (meist Diktate und ähnliches). In die Bände ein- geklebt ist das Exlibris des stadtkölnischen Gesandten Halveren, auch sie stam- men also aus der Gesandtschaftsregistratur und sind mit dem Nachlaß des Gesandten in das Archiv gekommen.
    • In einem weiteren Bande (A IIa) liegt eine spätere Abschrift, die wohl erst im 18. Jahrhundert angefertigt worden ist, für den Inhalt von A II vor.
    • g. Köln ( Stadt ) B. Hiermit werden (in Analogie zu Bamberg B) die in Köln ( Stadt ) A nicht lagegerecht miteingebundenen Einzelschriftstücke bezeichnet:

      [p. XLIX] [scan. 49]

      Einzelvoten und kurze summarische Protokolle, die als Eingänge in die städtische Registratur gelangt sind.
    • h. Konstanz : Konzepte mit Korrekturen und Ergänzungen, zum Teil von der Hand des Gesandten Köberlin, halbbrüchig beschriftet, auf durchgezählten losen Lagen (von 1–32) von unterschiedlicher Stärke. Vorsatzblatt mit dem Titel „Prothocollum uber der catholischen chur-, firsten und ständen absön- derlich gehaltenen conferenzen“; darunter von späterer Hand „A. 1645, 1646, 1647“ (genauer Zeitraum: 1645 Okt. 1 bis 1647 Febr. 13).
Die Protokolle dieser Gruppe gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück, nämlich auf das kurtrierische Protokoll. Bevor der Nachweis hierfür gebracht wird, soll das Verhältnis der einzelnen Provenienzen zueinander untersucht werden. Eindeutig zu bestimmen ist es zwischen Bamberg A und Köln ( Stadt ) A. Köln ( Stadt ) A ist eine direkte Abschrift von Bamberg A. Für die enge Verwandtschaft dieser beiden Protokolle spricht zunächst, daß beide eine große Anzahl gemeinsamer Fehler gegenüber Kurtrier und Kurmainz B aufweisen

Vgl. z. B. S. 13.22, 15.4, 23.1, 26.13, 50.26, 53.26, 56.1, 73.36, 74.20, 76.28, 78.7, 79.20, 82.27, 110.10, 142.27, 145.6, 162.14, 185.15, 187.24, 288.17, 336.31, 341.22, 346.5, 347.21, 350.14, 393.33, 397.2, 402.13, 440.11, 462.3, 478.7, 518.6.
. Das Abhängigkeits- verhältnis ergibt sich aus folgender Feststellung: Köln ( Stadt ) A übernimmt aus Bamberg A sämtliche Korrekturen, die dort in margine stehen, in den laufenden Text

Vgl. z. B. S. 8.26, 9.20, 22.16, 36.15, 170.22, 171.11, 176.33, 225.5, 242.25, 243.3, 246.16, 382f., 487.5.
. Andererseits enthält Köln ( Stadt ) A eine Reihe von Lücken und zum Teil sinnentstellenden Fehlern, die nur als Schreiberversehen bei der Benutzung von Bamberg A als Vorlage zu erklären sind

Vgl. z. B. S. 29.7 und 8, 86.33, 119.16, 126.8, 127.6, 128.7, 128.10, 168.23, 231.5, 242.52, 251.21, 268.11, 303.9, 316.4, 327.26, 382.12, 388.16, 505.34.
. Einige dieser Fehler sind derart, daß sie sich bei der Autopsie eindeutig aus dem Schriftbild von Bamberg A herleiten lassen

S. 153.5, 160.12, 166.29, 177.5, 243.3, 307.18, 386.11, 394.30, 461.15, 463.28; vgl. auch S. 29.31.
. Ein direkter Hinweis auf das Verhältnis der beiden Protokolle zueinander findet sich ferner gleich in den Anfangszeilen der ersten Sitzung (im unten S. 1 wiedergegebenen Text regestiert). Köln ( Stadt ) A schreibt den Text aus Bam- berg A – Nachdem die Churmaintzische sambstags zwischen 8 und 9 uhren in der nacht mir dem Bambergischen ansagen laßen – zunächst wortgetreu ab, korrigiert aber dann in ... den catholischen ansagen laßen . Damit kann Köln ( Stadt ) A bei der weiteren Untersuchung zunächst außer Betracht bleiben.
Der weitere Textvergleich zeigt, daß Bamberg A, Kurtrier und Kurmainz B auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen müssen, doch bestehen zwischen ihnen selbst keinerlei Abhängigkeitsverhältnisse. So bringt Bamberg A Zusätze, die in den andern beiden Protokollen fehlen

z. B. S. 170.21/29, 176.33, 225.5, 242, 243, 382f., 487.5.
, und streicht andere Passagen, die dort vorhanden sind

S. 171.11, 242f., 383.
. Bei fehlerhaftem oder verstümmeltem Text in Bamberg A hat Kurmainz B

[p. L] [scan. 50]

den korrekten Wortlaut

S. 73.36, 74.20, 76.28, 77.10, 79.20, 82.27, 110.10, 142.27, 145.6, 145.36, 185.15, 187.24, 242, 288.17, 341.22, 346.5, 347.21, 393.33, 397.2, 402, 440.
, umgekehrt verhält es sich an anderen Stellen

S. 248.25, 257.7, 340.28, 350.12, 351.4, 385.18, 390.29, 397, 405, 414f., 442ff., 452, 464.11, 475.19, 481.24.
. In Kurtrier sind sowohl die für Bamberg A als auch für Kurmainz B charakteristischen Fehler vermieden, hingegen finden sich hier wieder grobe Versehen, die in den beiden andern Protokollen nicht vorkommen

In Kurtrier ist z. B. im Protokoll der Sitzung 1645 Nov. 19 eine größere Lücke (vom kur- bayerischen bis zum würzburgischen Votum); in der Sitzung 1646 April 30 sind Teile der kurmainzischen Proposition und des kurtrierischen Votums durcheinandergeraten.
. Daß diese Protokolle auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen, läßt sich – abgesehen von der wörtlichen Übereinstimmung der meisten Texte – auch daraus schließen, daß hier einige typische Fehler vorkommen, die in den Protokollen anderer Provenienz keine Entsprechung haben

Vgl. S. 125.19, 148.19, 310.18.
.
Als Archetyp für diese Gruppe haben wir ein kurtrierisches Protokoll angenommen. Diese Annahme wird zunächst durch die Beobachtung gestützt, daß in Kurtrier und Kurmainz B die CC -Protokolle in chronologischer Reihenfolge mit Kurfürstenrats- protokollen gemischt sind – das heißt, sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Kanzlei einer kurfürstlichen Gesandtschaft entstanden. Da nun die Protokolle der übrigen katholischen Mitglieder des Kurfürstenrates – die kurmainzischen, die kur- kölnischen und die kurbayerischen – bekannt sind, bliebe nur Kurtrier als Quelle übrig. Dafür spricht ferner, daß in Kurtrier und Kurmainz B erst ab Mitte Oktober 1645, dem Zeitpunkt der Ankunft der kurtrierischen Gesandten in Münster, Protokolle vorliegen

Das Protokoll der Konferenzen der kurfürstlichen Gesandten in Lengerich 1645 Juli 10 und 11, das sich ebenfalls in den kurtrierischen Akten befindet, ist eine Abschrift aus den Papieren der kurkölnischen Gesandten, die den Trierern nach ihrer Ankunft zur Verfügung gestellt worden ist.
. Außerdem sind einige Protokolle in Kurmainz B und Bamberg A ausdrücklich mit dem Rubrum „Ex prothocollo Trevirensi“ gekennzeichnet

Vgl. z. B. Nr. 12 (1645 Dezember 18).
, eine Angabe, die in Kurtrier, wie zu erwarten ist, fehlt. Andrerseits sind die Protokolle für einige Sitzungen, an denen die kurtrierischen Gesandten nicht teilgenommen haben, nachweislich aus den Akten anderer übernommen. Das Protokoll der Kurfürstenrats-Session vom 5. Mai 1646, bei der die kurtrierischen Gesandten fehlten, trägt in Kurtrier das Rubrum „Ex prothocollo Moguntino“. In dem entsprechenden Protokoll in Kurmainz B erscheint dieses Rubrum ebenfalls eine Bezeichnung, die hier sinnlos wird, wenn die im Mainzer Erzkanzler-Archiv sich befindende Serie kurmainzischer Provenienz sein sollte. Schließlich sind diese Proto- kolle auch nicht die einzigen Akten kurtrierischer Provenienz, die sich heute im Erzkanzler-Archiv befinden. Dort liegen auch mehrere umfangreiche Bände mit Korrespondenzen des Trierer Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern mit seinen Gesandten in Münster, und in diesen Akten läßt sich stellenweise die Hand trierischer Sekretäre nachweisen

Freundliche Auskunft von Herrn W. Becker , der die Edition der kurfürstlichen Protokolle vom Friedenskongreß vorbereitet.
. Wie die kurtrierischen Akten in das Mainzer Archiv

[p. LI] [scan. 51]

gekommen sind, liegt allerdings noch im Dunkeln. Da sowohl die Protokolle als auch die Reskripte und Relationen nur bis Juli 1647 reichen, kann man vielleicht annehmen, daß sie aus dem Besitze des zu eben diesem Zeitpunkt abberufenen kur- trierischen Prinzipalgesandten Hugo Freiherr von Eltz, der auch in Mainz geist- liche Würden innehatte, stammen

Zu Hugo Friedrich Freiherr von Eltz vgl. F.W. Roth II S. 400–403.
. Ob sie mit seinem Nachlaß in das Mainzer Archiv gelangt sind (was wahrscheinlich ist) oder ob die trierischen Gesandten ihre kurmainzischen Kollegen schon während des Kongresses mit ihren Akten versorgt haben, muß dabei dahingestellt bleiben.
Dem bambergischen Gesandten hingegen haben die kurtrierischen Akten auch später noch, nach 1647 Juli, zur Verfügung gestanden

z. B. trägt die Sitzung 1647 Sept. 14 in Bamberg A das Rubrum „Ex prothocollo Trevirensi“.
. Nicht an ihn weitergegeben wurden jedoch die Protokolle der Sitzungen, in denen die kurfürstlichen Gesandten allein berieten

Vgl. Nr. 21, S. 164 Anm. 1, Nr. 40, 42, 53.
. Göbel konnte sich auch nicht alle Niederschriften von Beratungen der engeren Deputatio ad Gravamina, an der er nicht beteiligt war, beschaffen

Vgl. Nr. 18, 19, S. 96.19.
. Andrerseits hat jedoch Bamberg A eine Reihe von Protokollen, die nicht auf die kurtrierische Quelle – wie sie gleichlautend in Kurtrier und Kurmainz B über- liefert ist – zurückgehen können. Dazu gehören vor allem die der Zusammenkünfte, bei denen die kurtrierischen Gesandten nicht anwesend waren

Nr. 1, 9, 32, 44, 58, 69, 72.
. Soweit es sich hierbei um die Protokolle von Deputationen zu den kaiserlichen oder anderen Gesandten handelt, kann es sich um eigene, häufig auch nachträglich angefertigte Protokolle des bambergischen Gesandten handeln

Mit Ausnahme von Nr. 69 und 72, die mit Sicherheit auf eine salzburgische Vorlage zurück- gehen (vgl. oben S. XLIV Anm. 1). Das gleiche gilt jedoch auch wahrscheinlich für die Sitzungen unter Nr. 5 und 22, an denen die kurtrierischen Gesandten teilgenommen haben.
. Ferner haben Kurtrier und Kurmainz B für die Plenarsitzungen der katholischen Stände, bei denen die kurfürstlichen und die fürstlichen Gesandten zu getrennten Beratungen auseinander traten, das kurfürstliche Protokoll, Bamberg A hat dagegen das fürstliche

Vgl. Nr. 6, 8, 10.
. Hier muß allerdings offen bleiben, ob es von Göbel selbst oder von einem andern Gesandten, vielleicht Köberlin, angefertigt wurde. Weiter: in Bamberg A sind Protokolle von Sitzungen vorhan- den , die auch in Kurmainz B und Kurtrier belegt sind, die aber von diesen gänz- lich verschieden sind. Das sind Aufzeichnungen von einigen Ausschußsitzungen, in denen Göbel wahrscheinlich selbst die ganze Sitzung protokolliert hat

Vgl. Nr. 7, 17, 22, 32, 44, 69, 72.
, während er sonst in den Plenarberatungen die Vielzahl der Voten nicht aufzeichnete

„Summarische“ Protokolle, vermutlich ebenfalls nachträgliche Niederschriften, finden sich auch in Kurmainz B für die Plenarsitzungen 1646 Jan. 30 und 31 (vgl. Nr. 20). Diese Sitzungen fehlen in Kurtrier .
. Und schließlich weicht die Bamberger Überlieferung auch bei den Protokollen, die sonst durchgehend identisch mit denen in Kurtrier und Kurmainz B sind, regelmäßig an einigen Stellen von der kurtrierischen Vorlage ab, nämlich fast durchweg in der

[p. LII] [scan. 52]

Proposition, im Conclusum und im bambergischen Votum, häufig auch im fuldischen. Proposition und Conclusum sind offenbar in der Regel von den anwesenden Gesandten selbst protokolliert worden

Vgl. dazu oben S. LXI und die Bemerkungen über die Protokolle aus der Provenienz des Deutsch- meisters (S. XLV) und Pfalz-Neuburgs (S. LXIIf.).
; im bambergischen Protokoll, so scheint es, sind die Aufzeichnungen Göbels mit dem ihm zur Verfügung stehenden kurtrierischen Proto- koll zusammengearbeitet worden, woraus sich die Abweichungen, aber auch die vor- kommenden wörtlichen Übereinstimmungen an diesen Stellen erklären lassen. Bei dem bambergischen Votum in Bamberg handelt es sich häufig um die vorher an- gefertigte schriftliche Stellungnahme zu der im voraus bekannten Proposition, die dann anstelle der kürzeren, während der Sitzung angefertigten Mitschrift angefügt wurde

Vgl. z. B. das bambergische Votum in der Sitzung 1645 Nov. 19 (S. 25.29).
. Das gleiche gilt für das fuldische Votum, das ebenfalls von Göbel geführt wurde.
Bamberg B enthält nun diese eben beschriebenen Teile der Protokolle in Bamberg A, in der überwiegenden Zahl in der gleichen Form wie dort. Nur für wenige Sitzungen wurde ein vollständiges Protokoll übersandt

Nur in wenigen Fällen wird ein vollständiges oder nahezu vollständiges Protokoll geboten (vgl. Bamberg B zu den in S. LI Anm. 8 genannten Nrn.).
. Ebenso sind in den Berichten an den Fürstabt von Fulda nur diese Protokollauszüge beigefügt, wobei das bambergische Votum hier gelegentlich fehlt, das fuldische mitunter auch gekürzt ist.
Von den für 56 Sitzungen vorliegenden konstanzischen Protokollen gehört die über- wiegende Zahl ebenfalls der kurtrierischen Gruppe an

Nr. 1, 2, 11, 22, 23, 33, 34, 36, 44–49, 51, 52, 54–57, 59–61, 63, 67–72.
. Die direkte Vorlage für Konstanz sind mit hoher Wahrscheinlichkeit die bambergischen Abschriften. Das ergibt sich schon aus einigen Bemerkungen im Diarium des konstanzischen Gesand- ten Köberlin, wonach dieser für die Sitzungen, an denen er wegen leibsunpäßlichkeit nicht teilnehmen konnte, die Akten des Bambergers hat abschreiben lassen

Eintragung im Diarium Köberlins ( GLA Karlsruhe 83/44) unter 1645 Aug. 30.
. Ab März 1646 hat er dann offensichtlich auf die Ausarbeitung eines eigenen Protokolls verzichtet und sich ganz auf das bambergische gestützt. Dieser Sachverhalt wird durch den Textvergleich an zahlreichen Stellen bestätigt. Die gleichen typischen Fehler finden sich in Bamberg und Konstanz

Vgl. S. 170.2, 288.17, 304.15, 341.22, 346.5, 347.21, 350.14, 393.33, 397.2, 403.13, 478.7.
; die Zusätze in Bamberg , durch die der ursprüngliche Text, wie er in Kurtrier und in Kurmainz B überliefert ist, verändert wird, werden in Konstanz bei einigen Sitzungen im laufenden Text

Vgl. S. 170.21, 170.29, 382f.
, bei andern auch als Marginalien wiedergegeben

Vgl. S. 242f.
. Hingegen finden sich die offenbar nachträglich von Köberlin angebrachten Korrekturen nicht im Bamberger Protokoll

Vgl. die zahlreichen Beispiele in Nr. 23.
. Charakteristisch ist ferner, daß ins Auge fallende Fehler in Bamberg nicht durch- weg von Konstanz übernommen werden, sondern daß an solchen Stellen oft der Text sinngemäß verbessert wird, wobei jedoch ein deutlicher Unterschied zu dem in Kur- trier

[p. LIII] [scan. 53]

und Kurmainz B vorliegenden Wortlaut sichtbar bleibt

Vgl. S. 185.15, 187.24, 440.11.
. Daß Konstanz gelegentlich das bambergische Votum ausläßt

Vgl. S. 184, 187.
, weist ebenfalls darauf hin, daß Köber- lin die Akten des bambergischen Gesandten benutzen konnte und darum die proto- kollierte Kurzfassung zugunsten der später nachzutragenden, ausführlicher vor- formulierten bambergischen Erklärung hat ausfallen lassen (was übrigens auch gele- gentlich im bambergischen Protokoll geschieht). Einige Fehler in Konstanz , die in Bamberg nicht vorhanden sind

Vgl. z. B. S. 402.5, 443.10, 450.20.
, tragen zur Verdeutlichung des Abhängigkeits- verhältnisses bei.
Die übrigen, von Bamberg abweichenden Protokolle

Sitzungen unter Nr. 3, 4, 6–10, 12–14, 16–20, 29–31.
gehen vermutlich auf eigene Aufzeichnungen Köberlins zurück; insbesondere ist das bei den Protokollen der Sitzungen der engeren Deputatio ad gravamina

Sitzungen unter Nr. 12–14, 17–19.
, an denen Göbel nicht beteiligt war, anzunehmen. Bei den Plenarsitzungen und den Sitzungen der großen Deputatio ad gravamina, an denen sowohl Köberlin als auch Göbel teilnahmen

Sitzungen unter Nr. 3, 4, 6, 8, 10, 16, 20, 29–31.
, gibt es wieder Übereinstimmungen, die zeigen, daß beide zusammengearbeitet haben. Hier ist das Abhängigkeitsverhältnis jedoch nicht so klar. Deutlich ist, daß Bamberg das kon- stanzische Votum in der authentischen Form übernimmt, wobei die „Ich“-Form in Konstanz in die 3. Person Sing. in Bamberg umgewandelt wird

Vgl. z. B. S. 34, 35, 40, 52, 134.
. Ferner finden sich auch in der Proposition und im Conclusum in beiden Protokollen starke Über- einstimmungen , gelegentlich auch für andere Teile der Protokolle, und hier scheint Bamberg die Vorlage zu sein. Andere Stellen in diesen Konstanzer Protokollen weichen wieder vollständig von Bamberg ab. Sowohl eigene Aufzeichnungen Köber- lins als auch die Akten anderer Gesandter können hier zu Grunde liegen

Daß Köberlin sich von dem Salzburger Kanzler Motzl Protokolle zur Abschrift entliehen hat, ist bereits oben S. XLIV Anm. 1 erwähnt.
.
Bei Berücksichtigung dieser Verschiedenheiten und der sich daraus ergebenden Einschränkungen können wir also auch Konstanz der kurtrierischen „Familie“ zurechnen. Ein Stemma, das die Abhängigkeitsverhältnisse in dieser Gruppe un- gefähr veranschaulicht und mögliche Zwischenglieder auslassen muß, würde nach unserer Untersuchung etwa so aussehen:

[p. LIV] [scan. 54]

Die Protokolle derjenigen Provenienzgruppen, bei denen man zunächst den größten Quellenwert vermuten würde, nämlich bei den Akten der Direktorialgesandten von Kurmainz und Österreich, erwiesen sich bei der Untersuchung als weitaus weniger ergiebig als die der Gruppe Kurtrier/Bamberg. Dies gilt sowohl für die Zahl der protokollierten Sitzungen als auch für die Vollständigkeit der einzelnen Sitzungs- niederschriften .
Die kurmainzischen Akten vom Friedenskongreß sind im Mainzer Erzkanzler- archiv in die zwei großen Gruppen der Friedensakten und der Korrespondenzen ein- geteilt

HHStA Wien , MEA FrA , Fasz. 6–33 und Korr., Fasz. 7a-28.
. Die grundsätzliche Zweiteilung ist jedoch nicht streng durchgeführt: in den Friedensakten finden sich zahlreiche Korrespondenzen, in den Korrespondenzen andrerseits auch (in geringerem Umfange) Verhandlungsakten (Protokolle, Diktate, Eingaben an das Reichsdirektorium und dergl.). Ein großer Teil der Friedensakten ist nach dem Betreffserienprinzip formiert, dies war wohl die angestrebte Ordnung. Hierbei wird auch die sonst eingehaltene zeitliche Grenze für die Friedensverhand- lungen durch die Beifügung der Vorakten (z. B. der protestantischen Gravamina seit dem Reichstag 1594, in anderen Fällen bis ins 15. Jahrhundert) oder durch Ergänzung mit späterem Anwuchs (z. B. Akten betr. das Reichskammergericht bis ins 18. Jahrhundert) überschritten.
Das Schriftgut, mit dem wir es hier zu tun haben, ist in drei Kanzleien erwachsen: 1. in der Kanzlei am Hofe des Kurfürsten, 2. bei den kurmainzischen Gesandten in Münster und 3. bei denen in Osnabrück. Die Vermischung von Teilen dieser drei Schriftgutkörper ist nach Abschluß des Friedens bei der Einordnung in die Registra- tur des Geheimen Rates

Sie war um diese Zeit noch mit der Registratur des Hofrats verbunden und ist erst im letzten Drittel des Jahrhunderts mit der Einrichtung einer „Geheimen Kanzlei“ als „Geheime Registra- tur “ (später „Geheimes Archiv“) verselbständigt worden (vgl. H. Goldschmidt S. 96f., 173f.).
durchgeführt worden, andere Teile sind dagegen noch in ihrer ursprünglichen Ordnung erhalten. Der vorgenommene Organisationsplan ist offenbar nicht eingehalten worden, vieles ist wahrscheinlich einfach „liegengeblieben“, anderes ist aus der Registratur ausgeliehen und dann an falscher Stelle wieder ein- geordnet worden

Beispielsweise wurden laut Registraturvermerk 1653 dem Kanzler Meel Akten nach Frankfurt am Main, wo der Deputationstag zusammentrat, geschickt – sie finden sich heute nicht mehr im Bestand. 1792 wurden Akten betr. die Abtretung des Elsaß an den Staatsrat von Müller aus- geliefert und wieder zurückgegeben (beide Angaben aus MEA FrA , Fasz. 23).
. Die weiteren Schicksale des Erzkanzlerarchivs im 18. und 19. Jahr- hundert

Vgl. dazu H. Goldschmidt S. 87f., L. Bittner , Gesamtinventar I S. 377–390.
, wohl auch die Hand des Archivars, die manche ursprünglichen Zusammen- hänge zerrissen hat

Vgl. L. Bittner , a. a. O. S. 388ff.
, haben dann zur weiteren Verwirrung dieser Aktenmengen beigetragen, so daß jetzt nicht nur in den einzelnen Faszikeln Aktenbüschel ver- schiedener Herkunft und verschiedener Betreffe vereinigt sind, sondern auch innerhalb dieser Büschel wieder Fragmente auftauchen, deren Fortsetzung sich an ganz anderer Stelle findet.

z. B. befindet sich der Anfang des Protokolls der Sitzung 1647 Nov. 17 in Fasz. 20, die Fort- setzung in Fasz. 9.

[p. LV] [scan. 55]

Für die Überlieferung der Protokolle ist festzuhalten, daß neben dem Rapular und dem Reinkonzept in der Regel mehrere Abschriften zu erwarten sind: eine für den Kurfürsten, eine für die Kollegen am anderen Kongreßort, gelegentlich auch weitere Abschriften für fremde Gesandte, die das Direktorialprotokoll benutzen wollten. So findet sich zu dem Konzept zur Sitzung am 2. Dez. 1645, bei dem auch eine Reinschrift liegt, die Kanzleinotiz, daß drei Abschriften herzustellen sind: Cop. 3: 1. R mo [= Reverendissimo, für den Kurfürsten ], 2. VD no [= Vicedomino, für den Vicedominus Brömser in Osnabrück ], 3. Comiti a Trauttmansdorff

In Fasz. 9.
. Von den wenigsten kurmainzischen Protokollen liegen jedoch mehrere Exemplare vor. Die meisten Sitzungen sind nur einmal belegt, manche mit zwei, seltener mit drei Protokollen (in verschiedenen Entstehungsstufen oder als parallele Abschriften), sehr viele auch – fast die Hälfte der bekannten Sitzungen – sind in Kurmainz A überhaupt nicht nachzuweisen.
In den Faszikeln 9, 11, 13, 14, 16, 19, 20, 21, 22, 24 sind außer Kurfürstenrats- protokollen auch solche von Sitzungen der katholischen Stände enthalten. Die meisten finden sich in Fasz. 9 und in Fasz. 14. Fasz. 9 hat fast durchweg saubere Abschriften, von denen wohl ein Teil als Beilage zu Relationen in die Mainzer Kanzlei gelangt ist (einige Protokolle weisen die typische Korrespondenz-Faltung auf und tragen Beilagen-Bezeichnungen), die meisten aber in der Gesandtschaftskanzlei ver- blieben sind (halbbrüchig und über das Lagenende hinweg beschriebene Lagen mit Reinkonzepten in chronologischer Folge 1645 Juli–1647 Febr., wobei die chronolo- gische Ordnung stellenweise gestört ist und größere Lücken aufweist). Aus diesem Faszikel stammen 18 CC -Protokolle. In Fasz. 14 liegt ein Büschel mit der Aufschrift Mera protocolla tractatuum pacis [...] in ordinem redacta et suppleta de ao. 1646. Auch hier sind die einzelnen Lagen durcheinandergeraten, es wechseln Rapulare mit Konzepten und Reinschriften ohne chronologische Ordnung. Für sämtliche Sitzungen des Mai 1646, dazu 1646 April 3, sind nur Rapulare vorhanden, bei denen charakteristischerweise Proposition und Conclusum, die gesondert ausgearbeitet wurden, fehlen. Dafür sind diese Teile (ohne die Voten) an anderer Stelle gesammelt, allerdings wieder für einen anderen Zeitraum (1646 Juni 27, 30; September 12; November 17, 19). Dazwischen findet sich wieder eine Lage mit zum Teil fragmentarischen Reinschriften (1646 Febr. 21; März 3, 5, 20; April 4, 7, 18, 30). Am Ende dieses Büschels schließlich noch ein Extractus protocolli der Sitzung 1646 Okt. 8 und die Protokolle der Konferenzen mit den Protestanten im November 1646 in Konzept und Reinschrift. Auch hier sind Beilagen zu den Relationen (Reinschriften aus der Geheimen Kanzlei) mit Akten aus der Gesandtschaftsregistratur in Münster (Konzepte und Rapulare) vermischt – wie der Titel angibt: ergänzt und geordnet. Die übrigen Faszikel enthalten nur wenige Protokolle der katholischen Stände aus dem in diesem Band der Edition erfaßten Zeitraum. In Fasz. 11 befinden sich einige Abschriften von Sitzungsprotokollen 1645 Nov., Dez., die von Münster an die kurmainzischen Gesandten in Osnabrück geschickt worden sind; in Fasz. 13 solche,

[p. LVI] [scan. 56]

die der Korrespondenz der Gesandten in Münster mit dem Kurfürsten beigelegt waren. Fasz. 19 umfaßt einen Teil des Schriftwechsels aus dem Jahre 1647 zwischen dem Kurfürsten und den Gesandten in Münster und Osnabrück.
Fasz. 20, 21 und 22 enthalten neben anderen Akten auch zwei Büschel mit Proto- kollen des Jahres 1647 unter dem Titel Mera protocolla [...] in ordinem redacta [...] de ao. 1647 ( Fasz. 20, 21) und Acta et protocolla pacis West- phalicae 1647 ( Fasz. 22), die alle ungefähr denselben Zeitraum umfassen (1647 und ein Teil von 1648, jedoch wieder mit größeren Lücken. In Fasz. 21 ist auch die Sitzung 1646 Febr. 21 hineingeraten). Bei Fasz. 20 handelt es sich um die Akten der Gesandten in Münster (Rapulare und Konzepte), bei Fasz. 21 um die der Osnabrücker (übersandte Reinschriften und Protokollextrakte, aber auch wieder einige Rapulare), die Protokolle in Fasz. 22 stammen mit ziemlicher Sicherheit aus der kurfürstlichen Kanzlei (Korrespondenzfaltung und Beilagennummern). Die Protokolle aus den Jahren 1648 und 1649 schließlich finden sich in Fasz. 24, auch hier in ordinem redacta, d. h. die Gesandtschaftsakten sind in der heimischen Registratur eingeordnet. Während die kurmainzischen Protokollserien im Ganzen zwar sehr lückenhaft sind, sind die Protokolle der einzelnen Sitzungen meist recht ausführlich abgefaßt, da das kurmainzische Direktorium mit eigenen Sekretären und gelegentlich auch mit mehreren Gesandten in den Sitzungen vertreten war

Nicht nur die Sekretäre, sondern auch die Gesandten selbst haben sich, wenigstens gelegentlich, während der Sitzungen laufende Aufzeichnungen gemacht. So sind mehrere der kurmainzischen Rapulare von der Hand des Kanzlers Raigersperger niedergeschrieben (freundliche Mitteilung von Herrn W. Becker ); d. h. in diesen Fällen würde man diese „Direktorialnotizen“ nicht als Grundlage für das von dem Sekretär zu fertigende Konzept ansehen, sondern als Korrekturbehelf und Gedächtnisstütze für den verantwortlichen Gesandten.
und viele Stände ihre Voten in wichtigen Materien schriftlich beim Direktorium einreichten. Umgekehrt verhält es sich bei der österreichischen Überlieferung. Hier fehlen nur wenige Protokolle (meist solche von Deputationen, an denen der ehgl. österreichische Gesandte nicht beteiligt war), jedoch sind die Aufzeichnungen, die der Gesandte sich in der Sitzung selbst machen mußte

Vgl. die Bemerkung Golls in seinem Protokoll der Sitzung 1646 Mai 14 (S. 234.31).
, in der Regel ziemlich knapp gehalten. Die Voten der Stände die nach Bamberg stimmten, sind oft nur noch summarisch verzeichnet, wobei neben manchen Belanglosigkeiten auch wichtigere Äußerungen unter den Tisch fielen. Ins- besondere bei den langen Grundsatzerklärungen des „extremistischen“ Dr. Leuchsel- ring scheint der österreichische Gesandte den Stift meist aus der Hand gelegt zu haben

Vgl. S. 369.
.
Die österreichischen Protokolle sind in vier Serien überliefert. Die in dieser Edition mit Österreich A bezeichneten Protokolle (aus den Friedensakten der Staats- kanzlei , ursprünglich wohl aus der österreichischen Hofkanzlei stammend

Vgl. L. Bittner , Gesamtinventar I S. 436.
) liegen den quartalsweise geordneten Relationen der ehgl. österreichischen Gesandten in Münster (Wolkenstein und Goll) und Osnabrück (Richtersberger) in Reinschrift

[p. LVII] [scan. 57]

bei. Weitgehend identisch mit ihnen sind die Protokolle in Österreich B, die dort mit anderen Verhandlungsakten (ohne die Relationen) in Abschrift und als Betreff- serie geordnet sind. Beide Serien gehen offenbar auf das gleiche Rapular oder Konzept zurück. Die geringfügigen Abweichungen in einzelnen Sitzungsniederschriften sind so zu erklären: Goll und Wolkenstein fertigten die Reinschrift von demselben Konzept (Rapular) an. Österreich A enthält jetzt die ursprünglichen Reinschriften Wolkensteins, die an die Hofkanzlei geschickt worden sind, während Österreich B später angefertigte Abschriften der Reinschriften (oder Konzepte) Golls enthält, die der vorderösterreichischen Regierung in Innsbruck zugesandt worden waren und erst später in den Bestand der Friedensakten der Staatskanzlei gelangt sind

Zur Innsbrucker Überlieferung vgl. L. Bittner , Gesamtinventar IV S. 19–24.
.
Österreich B ist die Vorlage für Österreich Ba und Österreich Bb. Die letztere Serie befindet sich in einer von dem Exjesuiten Matthäus Rieberer 1783–1787 bei der österreichischen Gesandtschaft am Reichstag zu Regensburg kompilier- ten Sammlung von Aktenabschriften zum Westfälischen Frieden

Vgl. hierzu L. Bittner , Gesamtinventar I S. 351.
, die, wie in der ausführlichen Vorrede gesagt wird, als „wahrhafte Supplementa der Meierischen Friedens-Handlungen“ zusammengetragen worden sind, und zwar primär zur Verwendung durch die kaiserliche Prinzipalkommission und das österreichische Direktorium bei Fragen des Reichsstaatsrechts und bei der Auslegung des West- fälischen Friedens. Eine mögliche Veröffentlichung dieser dann „acta inedita“ und „anekdota“ genannten Akten, die Rieberer selbst ins Auge gefaßt hatte, ist unter- blieben . Österreich Ba ist eine weitere wortgetreue Abschrift dieser Sammlung.
Aus der von Wartenberg vertretenen Ständegruppe sind, wie erwähnt, mehrere Protokollserien erhalten, allerdings meist in fragmentarischer Form. Die genuin kurkölnische Überlieferung gehört zu den mangelhafteren: in den im HStA Düssel- dorf verwahrten kurkölnischen Akten befindet sich nur ein dünnes Heft mit einer registerartigen Zusammenstellung der Kurfürstenrats- und CC -Sitzungen

HStA Düsseldorf , Kurköln VI Nr. 986.
, in der zudem die Sitzungen von 1647 Oktober bis 1648 Dezember nicht erfaßt sind. Hier wird durchgängig nur die Proposition vollständig wiedergegeben (was immerhin den Nachweis der Identität dieser Protokolle mit den übrigen der Wartenberg-Gruppe ermöglicht), dazu wird auf die Seitenzahlen zweier anderer Protokollbände verwiesen. Wie sich aus der zeitlichen Begrenzung ergibt, ist hiermit wahrscheinlich das Proto- collum Electorale Monasteriense gemeint, das in zwei Bände unterteilt war

Die Einteilung liegt in beiden Fällen für Bd. 1 bei 1645 Aug. 29 – 1646 April 7, für Bd. 2 bei 1646 April 28 – 1649.
und 1656 den kurkölnischen Gesandten auf dem Deputationstag zu Frankfurt am Main zugeschickt wurde

Registraturvermerk in HStA Düsseldorf , Kurköln VI Nr. 222.
. Über seinen weiteren Verbleib ist nichts bekannt, wahrschein- lich ist es später auf dem Immerwährenden Reichstag in das Gesandtschaftsarchiv gelangt

Vgl. unten S. LVIII Anm. 1.
. In der angegebenen Designation der nach Frankfurt geschickten Akten werden zwei weitere Bände eines Protocollum gravaminum Monasteriense de

[p. LVIII] [scan. 58]

annis 1645, 1646, 1647 erwähnt. Da in dem genannten Register insgesamt nur 10 CC -Sitzungen angeführt sind, können in diesen ebenfalls nicht erhaltenen Bänden weitere Protokolle vermutet werden.
Muß die eigentliche kurkölnische Überlieferung somit in ihrer ursprünglichen Form als verloren gelten, so ist sie doch als spätere Kopie in den Akten der kurpfälzischen Gesandtschaft auf dem Immerwährenden Reichstag (heute im Bayer . Hauptstaats- archiv München , Abt. II, Geh. Staatsarchiv ) erhalten. Das kurpfälzische Gesandtschaftsarchiv wies für die Zeit der Ächtung des Kurfürsten Friedrich V. und seines Sohnes Karl Ludwig eine Lücke auf – für die Kurfürstentage 1627, 1630, 1636, den Reichstag 1640/41, Deputationstag und Friedenskongreß 1643–1649 –, die um 1735 durch Abschriften aus den kurkölnischen und kurbayerischen Akten ausgefüllt wurde

Eine Abschrift von Protokollen vom Kurfürstentag zu Regensburg 1630 enthält mehrfach den Vermerk [...] ist alles aus dem im Churcollnischen comitialarchiv decopiirt [...] ( Bayer . Geh. StA , Kbl. 278/1). Mit Bezug auf die Kurfürstenratsprotokolle vom Friedens- kongreß 1646–1649 (Kbl. 278/4): Gegenwertiger tomus churfürstenratsprotocolli [...] ist von dem im hiesigen Churcöllnischen comitialgesandtschaftsarchiv befindlichen originalprotocoll [...] decopiirt [...] Regenspurg, den 9. December 1735 in fidem Pachner, Churpfaltz. legationssecretarius hieselbst (Pachner ist der spätere Herausgeber der Sammlung aller Reichsschlüsse 1663–1740ff.). Damit darf als sicher gelten, daß auch die übrigen Kurfürstenrats- und CC -Protokolle in Kbl. aus den kurkölnischen Akten abge- schrieben worden sind.
. Auf diese Weise sind neben den Kurfürstenratsprotokollen auch die kurkölnischen CC -Protokolle erhalten, die in doppelter Abschrift, einmal in zwei und einmal in drei Bänden, vorliegen und jeweils den Zeitraum von 1645 November bis 1647 Oktober umfassen, also wohl von dem oben genannten kurkölnischen Proto- collum gravaminum [...] de annis 1645, 1646, 1647 herzuleiten sind. Die Bände sind halbbrüchig beschriftet, eingehend kollationiert worden und an den Stellen, an denen bestimmte Traktanden erwähnt werden, mit Hinweisen auf die entsprechenden Abdrucke bei Meiern , Londorp und Gärtner versehen

Das gegenseitige Verhältnis der beiden Abschriften in Wartenberg / Register ist nicht ganz einfach zu klären. Beide sind wohl nebeneinander von der Vorlage abgeschrieben worden, doch scheint die Abschrift Wartenberg / Register a nach der anderen kollationiert zu sein. Der etwas umständliche Beweis dafür, der sich anhand der Fehler und Korrekturen führen läßt, soll hier nicht vorgetragen werden, da es sich bei dieser Provenienz um eine späte Nebenüberlieferung handelt, die in unserer Edition nur hilfsweise herangezogen wird.
.
Fast durchgehend identisch mit den kurpfälzischen Abschriften aus dem kurkölni- schen Gesandtschaftsarchiv, aber in ganz anderer Form überliefert sind die Protokolle in Wartenberg / Augsburg . Sie sind mit den übrigen fürstbischöflich augsburgi- schen Friedensakten (Korrespondenzen, Traktanden usw.) in vier starken Akten- büscheln gesammelt und als einfache chronologische Serie geordnet, doch ist die chrono- logische Ordnung stellenweise gestört. Für die überwiegende Zahl der Sitzungen liegen sie in Reinschrift als Beilagen zu den Berichten Wartenbergs und seines Vertreters, des Offizials Bischoping, vor (die Reskripte des Fürstbischofs resp. des Administra- tors in der Konzeptstufe). An zahlreichen Stellen sind sie mit Randbemerkungen des

[p. LIX] [scan. 59]

Fürstbischofs und seines Kanzlers versehen

Zur Charakterisierung seien einige erwähnt: Zum Votum Kurtriers 1646 März 5, daß das Restitutionsedikt ungültig sei (vgl. S. 141.28) wird bemerkt, das ist Teutsch, aber schlecht gnug. Zur Äußerung Eichstätts 1646 März 3 über die fortdauernde Rechtsgültigkeit der ergangenen kaiserlichen Urteile (vgl. S. 133.20): Tibi puto! Als Bamberg in der Sitzung 1647 Aug. 31 die Verhandlungsführung der katholischen Stände tadelte: Welches glaubens bistu?
. Die wenigen Unterschiede zu Warten- berg / Register ergeben sich daraus, daß die dort gesammelten Protokolle für den kurfürstlichen Kommittenten bestimmt waren, die hier vorliegenden jedoch für einen fürstlichen; d. h. in Wartenberg / Augsburg fehlen die in Wartenberg / Register vorhandenen Protokolle von Sitzungen, in denen die Gesandten der katho- lischen Kurfürsten allein oder getrennt von den fürstlichen berieten

Vgl. Nr. 8, 10, 21, 24, 27, 40, 42, 44. Für die Sitzung 1645 Nov. 27 (Nr. 6) ist aus- nahmsweise das Protokoll der kurfürstlichen Beratung nach Augsburg geschickt worden.
. Außerdem sind die für Augsburg bestimmten Protokolle der Sitzungen im Mai 1646 zumeist stark gekürzt und zum Teil im Wortlaut abweichend

Vgl. Nr. 47–52.
. Im übrigen decken sie den Verhandlungszeitraum bis 1647 September ziemlich lückenlos, und auch aus den folgenden Monaten bis zum Abschluß des Kongresses sind noch zahlreiche Sitzungen erfaßt.
Mit Wartenberg / Hildesheim und Wartenberg / Eichstätt liegen zwei weitere Protokollreihen – allerdings nur in sehr fragmentarischer Form – aus der Gruppe der von Wartenberg vertretenen fürstlichen Reichsstände vor. Wartenberg / Hildesheim enthält lediglich 7 Protokolle von Sitzungen der katholischen Stände im November/Dezember 1645 und März 1646, zudem in mehreren Fällen nur in Bruchstücken. Sie sind mit anderen Akten aus den Jahren 1645/46 vereinigt, neben mehr oder weniger vollständigen Fürstenratsprotokollen finden sich hier auch Traktan- den und Korrespondenzen verschiedener Art, z. T. in Abschrift. Die folgenden Nummern dieses Bestandes, die ebenfalls Akten zum Westfälischen Frieden ver- einigen , enthalten keine weiteren CC -Protokolle

Lediglich für die Zeit 1648 Juli–Oktober sind noch einige wenige vorhanden (Auskunft des StA Hannover ).
.
Das im Ordinariatsarchiv Eichstätt verwahrte Reichsprotocoll in betreff des Westphälischen Friedens (so der Rückentitel), ein nachgebundener Band mit sauberen und vollständigen Abschriften, umfaßt mit sechs Fürstenrats- und 16 CC -Protokollen in chronologischer Folge die Zeit von 1647 Juni 15 bis Sept. 28 ohne Lücke. Beide Provenienzen (soweit die Protokolle vorhanden sind) stimmen mit Warten- berg / Augsburg durchweg überein ( Wartenberg / Hildesheim auch in der Auswahl der nach kurfürstlichen und fürstlichen Gesandten getrennten Beratungen des CC )

Vgl. Nr. 6, 8, 10.
und sind wie dieses mit Sicherheit in der gut besetzten Kanzlei der kur- kölnischen Gesandtschaft auf dem Kongreß erwachsen

Über Zusammensetzung und Arbeitsweise der kurkölnischen Gesandtschaft und des Gesandtschafts- personals wird die Edition des „Wartenberg-Diariums“, die von der „Vereinigung zur Erfor- schung der Neueren Geschichte“ vorbereitet wird, näheren Aufschluß bringen.
.

[p. LX] [scan. 60]

Zur Wartenberg -Gruppe gehören schließlich auch noch zwei heute in der Dom- bibliothek Hildesheim aufbewahrte Bände mit dem Titel „Churfürstliche Prothocolla“. In ihnen findet sich der Besitzvermerk „Matth. Henrici Adami, canonici et thesaurarii Montis S. Mauritii“, danach eine weitere Eintragung, wonach Adamus Adami sie gesammelt habe ( Hoc prothocollum et vota [...] Adamus Adami [...] collegit ). Es handelt sich jedoch nicht um eine „ Samm- lung “, die aus verschiedenen Quellen gespeist wird

So F. Israel S. 156.
, sondern um Akten einheitlicher Provenienz, nämlich kurkölnischer. In der Masse sind es, wie der Titel ausweist, Kurfürstenratsprotokolle. In Band 1 sind einige CC -Protokolle eingestreut, am Ende des Bandes finden sich auf besonderen Lagen die Protokolle der Konferenzen zwischen evangelischen und katholischen Ständen in Osnabrück im April/Mai 1646 und der CC -Sitzungen in Osnabrück 1647 Dez. 5–1648 Febr. 5, durchlaufend mit „Sessio I“ – „Sessio XIV“ bezeichnet. Band 2 (1648 März 18–Dezember 17) enthält ebenfalls überwiegend Kurfürstenratsprotokolle, daneben wieder solche von CC -Sitzungen, vereinzelt Fürstenratsprotokolle und einige von reichsständischen Deputa- tionen zu den ksl. Gesandten. Der Textvergleich weist aus, daß diese Protokolle mit den übrigen der Wartenberg -Gruppe identisch sind. Die Zahl der hier wieder- gegebenen Protokolle stimmt mit denen in Kurköln überein

Vgl. Nr. 4, 8, 10, 11, 44, 45.
; da hier ebenso wie in Kurköln und Wartenberg / Register für die getrennten Beratungen der kur- fürstlichen und fürstlichen katholischen Gesandten die kurfürstliche Überlieferung ge- bracht wird, sind sie dem kurkölnischen Zweig der Wartenberg -Gruppe zuzurechnen. Wie ein Schriftvergleich mit anderen von Adamis Hand stammenden Papieren aus- weist , sind viele der in diesen beiden Bänden vereinigten Protokolle tatsächlich von Adami selbst abgeschrieben worden. Es finden sich jedoch auch Teile (insbesondere die in Bd. 1 am Ende angefügten Lagen mit den Aufzeichnungen über die Verhandlungen mit den Protestanten in Osnabrück im April und Mai 1646), in denen die Hand des kurkölnischen Subdelegierten Buschmann nachgewiesen werden kann

Vgl. Nr. 39. Dieses Protokoll hat Buschmann eigenhändig durch Bleistiftkorrekturen und -ergänzungen vervollständigt.
. Daß in den Adami-Protokollen vertrauliche Aufzeichnungen des kurkölnischen Gesandten ent- halten sind, hat schon F. Israel festgestellt

F. Israel S. 156 Anm. 6.
. Neben der einen Möglichkeit, daß Adami diese „Hand-Exemplare“ Buschmanns – um solche scheint es sich hier zu handeln – von diesem selbst erhalten hat, ist eine andere in Betracht zu ziehen: diese Teile sind vielleicht erst als Nachlaß Buschmanns über den hildesheimischen Kanzler Karl Paul von Zimmermann, der mit einer Enkelin Buschmanns verheiratet war, in die Dombibliothek gelangt

Vgl. F. Israel S. 125. Über Zimmermann ist vermutlich auch die bei M. Koch II S. V erwähnte Abschrift des Tagebuchs von Jacobus Lampadius, dem braunschweigischen Friedens- gesandten , in die Dombibliothek Hildesheim gelangt.
und dann mit den anderen Akten vom Friedenskongreß vereinigt worden.

[p. LXI] [scan. 61]

Die Protokolle kurbayerischer Provenienz sind in mehreren Entstehungsstufen über- liefert . Insgesamt decken sie den Zeitraum von 1645 Oktober bis 1647 September ohne größere Lücken; für die folgende Zeit sind nur drei Protokolle von Sitzungen im Dezember 1647 und einige Notizen über Konferenzen im Frühjahr 1648 vorhanden. Im Bayerischen Geheimen Staatsarchiv ( HStA München Abt. II ) befinden sich in mehreren Aktenbänden und -büscheln verstreut Sitzungsprotokolle; sie sind in der Mehrzahl mit anderen Akten (Kurfürstenratsprotokollen, Traktanden, Korrespondenzen) vermischt. Bei all diesen Akten handelt es sich durchweg um das Schriftgut aus der Registratur der kurbayerischen Gesandten in Münster, also um Rapulare und Konzepte. Die entsprechende Gegenüberlieferung – die Rein- resp. Abschriften, die dem Geheimen Rat in München überschickt worden sind

Daß solche vorhanden gewesen sind, ist ohne weiteres vorauszusetzen; ihre Existenz läßt sich aber auch aus den Konzepten der Relationen aus Münster belegen, wo auf beigefügte Protokolle verwiesen wird (z. B. in Kschw. 7642 werden zahlreiche Protokolle von CC -Sitzungen erwähnt, u. a. von 1645 Nov. 27, 1646 Februar und März).
– konnte trotz eingehender Nachforschungen nicht ermittelt werden. Die Bände Kurbayern A I und A II bilden einen Bestandteil der in der Registratur des Geheimen Rates nach Abschluß des Friedens geordneten und einheitlich gebundenen bayerischen Friedens- akten . A I enthält die Konzepte der Kurfürstenratsprotokolle 1645 Aug. – Nov., darunter auch zwei hier wohl versehentlich miteingebundene CC -Protokolle. Ausschließ- lich solchebefinden sich in AIIfür den Zeitraum 1645 Nov. bis 1646 April. Auch diese Konzepte sind halbbrüchig geschrieben und weisen zahlreiche Korrekturen und Ergän- zungen auf, teils von der Hand des Schreibers, teils von der des Subdelegierten Krebs. Bei einigen Sitzungen sind die Voten bestimmter Stände nicht aus dem Rapular über- tragen worden, sondern stattdessen als Beilagen im vollen Wortlaut, der offenbar von den betreffenden Gesandten zur Verfügung gestellt wurde, angefügt – so häufig in den wichtigen Sitzungen 1646 März 3 und 5, in denen die Gravamina beraten wurden

Außer für Kurbayern sind hier für folgende Stände die Voten gesondert beigefügt: Burgund, Osnabrück, Deutschmeister, Konstanz, Eichstätt, Augsburg, Kempten, Schwäbische Grafen. Dieselben (außer Konstanz, Augsburg und Eichstätt) finden sich auch in dem kurmainzischen Protokoll in Kurmainz A Fasz. 14 – d. h. sie sind dem Direktorium eingereicht worden.
. Auch das kurbayerische Votum ist häufig nachgetragen worden, d. h. es wurde in der Sitzung nicht mitgeschrieben, da es dem Sekretär ohnehin zur Verfügung stand. Die Fortsetzung dieser Serie findet sich nicht in dem ursprünglich geordneten Bestand der Friedensakten, sondern an ganz anderer Stelle in einem Büschel loser Lagen mit dem Titel „Münsterische rapularprothocolla, auch andere fragmenta mit der instruction, de annis 1646 et 1647“ (= Kurbayern A III). Es sind jedoch zum überwiegenden Teil Konzepte (von Kurfürstenrats- und CC -Protokollen in stellen- weise gestörter chronologischer Folge) für den Zeitraum 1646 April 30 bis 1647 März 31, am Schluß noch vier Protokolle von Juni/Juli 1647. Dazwischen befinden sich mehrere Lagen mit Rapularen (fol. 476–563) für die Zeit 1647 Juli 20 bis Sept. 30, ebenfalls für Kurfürstenrats- und CC -Sitzungen. Die hier vereinigten Rapulare bilden die Fortsetzung derjenigen, die sich an wieder anderer Stelle in einem Büschel mit verschiedenartigen Akten (Traktanden, Korrespondenzen usw.) befinden

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(= Kurbayern B I). Bei ihnen handelt es sich um sechs Rapulare der Sitzungen 1646 Nov. 19 bis 1647 März 31

Erst nach Abschluß des Drucks wurde im Bayer . Geheimen Staatsarchiv München ein weiteres umfangreiches Faszikel (Kschw. 6982/1) mit Friedensakten ermittelt, das neben Kor- respondenzen und Traktanden betr. die Religionsverhandlungen auch Kurfürstenrats- und CC - Pro- tokolle enthält, und zwar ausschließlich Rapulare. Es handelt sich um folgende Sitzungen: 1645 Nov. 29; Dez. 7, 18, 19, 20; 1646 Jan. 2, 22, 23; Febr. 19; März 1, 3, 5, 12, 22; April 3. Außerdem befindet sich dort eine vollständige Abschrift der Protokolle von den neun Konferenzen zwischen den Deputationen der evangelischen und katholischen Stände in Osnabrück 1646 April 12–Mai 5, dazu von zwei Sitzungen (1646 Mai 2 und 5) die Rapulare.
.
Zeitlich fortgesetzt werden diese Protokolle in B II, einem Aktenbüschel mit ähn- lichem Inhalt wie B I. Hierin sind nur wenige CC -Protokolle enthalten (1647 Febr. 11, Mai 20, Juni 15, Dez. 5, 7, 9), diese aber wieder in der Konzeptstufe. Alle diese Protokolle stammen, wie erwähnt, aus der münsterischen Gesandtschafts- registratur , wo sie bis zum Abschluß des Friedens verblieben sind. Auf die nach München übersandten Reinschriften, die heute nicht mehr vorhanden sind, scheinen zwei Bände mit Abschriften im Allgemeinen Staatsarchiv München ( Bayer . HStA Abt. I ) zurückzugehen. Sie befinden sich in dem Bestand Dreißig- jähriger Krieg, Friedensakten, dessen andere Bände mit Sicherheit Kopien der Korrespondenzen und Diarien aus den geordneten Friedensakten im Geheimen Staats- archiv sind. Die dortigen Protokolle können jedoch kaum die Vorlage der hier vor- liegenden beiden Abschriftenbände sein, da diese die Kurfürstenrats- und CC -Protokolle in chronologischer Folge mischen, während jene sie trennen. Im übrigen stimmen sie wörtlich miteinander überein; die Korrekturen und Ergänzungen in A II und A III sind hier im laufenden Text. Die kurbayerischen Protokolle, die in der Konzeptstufe belegt sind, sind für alle Einzelvoten meist sehr ausführlich und erhalten ihren besonderen Wert durch die mitunter recht umfangreichen Nachträge von der Hand des Gesandten und durch die beigefügten schriftlichen Voten anderer Gesandter. Sie decken die Jahre 1645/46 und einen Teil von 1647, während für die meisten Sitzungen dieses Jahres lediglich Rapulare vorliegen, die keine ausreichende Textgrundlage bieten – nicht nur, weil sie überaus schwer zu entziffern sind, sondern auch weil sie derart verkürzte Formu- lierungen enthalten, so daß ihr Sinn oft nur durch den Vergleich mit den Konzepten erschlossen werden kann. Ein eigenes Protokoll haben auch die Gesandten des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg geführt. Die pfalz-neuburgischen Friedensakten – insgesamt 46 Bände, teils in losen Lagen, für die Zeit von Februar 1646 bis zum Nürnberger Exekutionstag – befinden sich heute im HStA Düsseldorf ; bei der Verlegung des Hofes nach Mannheim (1716) waren sie in Düsseldorf zurückgelassen worden

Vgl. F. W. Oediger S. 101f.
. Die Ordnung, in der sie sich jetzt darbieten, haben sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts erhalten. Sie sind als rein chronologische Serie angelegt: ein Band umfaßt für je einen oder zwei Monate alle auf den Frieden bezüglichen Akten, also Korrespondenzen, Protokolle, Traktanden usw. gemischt. Konzepte und Ausfertigungen von beiden

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Seiten sind vereinigt, die dazugehörigen Beilagen sind beigefügt. Nur in wenigen Fällen ist das Schriftgut der Gesandtschaftsregistratur in Münster von dem der Registratur der Geheimen Kanzlei in Düsseldorf getrennt worden

So z. B. bei den Bänden Jülich-Berg II Nr. 3613, 3629, 3631, die ausschließlich Schriftgut enthalten, das in der Geheimen Kanzlei in Düsseldorf angewachsen ist.
. Entsprechend sind die CC -Protokolle über die ganze Serie verstreut. Meist handelt es sich dabei um die als Beilage zu den Berichten nach Düsseldorf übersandten Reinschriften, seltener um die Konzepte der Gesandten. Die für diesen Band zu berücksichtigenden Protokolle sind in der Kurzform abgefaßt, sie enthalten durchweg nur die Proposition, das Conclusum und das eigene Votum der pfalz-neuburgischen Gesandten. Mehrere Sitzungen sind nicht belegt.
Damit ist unsere Übersicht über die bekannten CC -Protokolle beendet. Wenn oben

S. XLVI.
gesagt ist, daß ihre Überlieferung ohne größere Lücke erfaßt ist, so soll damit jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß möglicherweise noch weitere Abschriften, vielleicht auch ein „eigenständiges“ Protokoll, etwa von Leuchselring oder von dem burgundi- schen Gesandten Weyms, vorhanden sind. Die Protokolle von mehreren Sitzungen sind an die kaiserlichen Gesandten weitergegeben worden

Im HHStA Wien befinden sich in den Korrespondenzen der ksl. Gesandten (in den Friedens- akten der Reichskanzlei) Protokolle oder Protokoll-Extrakte als Beilagen zu den Berichten. Es sind überwiegend Abschriften nach kurmainzischer oder ehgl. österreichischer Vorlage, z. T. auch Einzelvoten, die als Memoriale an die ksl. Gesandten weitergegeben worden sind. Die Protokolle sind über den ganzen umfangreichen Bestand verstreut und bilden keine einheitliche Serie. Bei den Vorarbeiten von Herrn Dr. W. Engels für die Edition der ksl. Korrespondenzen sind für 24 Sitzungen Protokolle bekannt geworden; auf weitergehende Recherchen wurde ver- zichtet , da die Vorlagen sämtlich erfaßt sind. Zudem werden diese Protokolle unter den einzelnen ksl. Korrespondenzen als Beilagen erwähnt werden. Damit wird die Bedeutung, die einzelnen Sitzungen von ksl. Seite zugemessen wurde, faßbar. Bei den bekannten Protokollen handelt es sich um die der folgenden Sitzungen: aus Fasz. 48c: 1645 Dez. 18, 19, 20; aus Fasz. 52c I: 1646 Jan. 31; aus Fasz. 53b: 1647 Nov. 14, Dez. 16, 18; aus Fasz. 54a, b, d: 1647 April 6, Okt. 30, Nov. 7, 8; aus Fasz. 91 I: 1646 März 3, April 3, Mai 14, 15; aus Fasz. 91 III: 1647 Dez. 17, 18, 1648 März 9, 13; aus Fasz. 92: 1646 Nov. 24, 1647 Juni 29; aus Fasz. 94 XIV: 1648 März 3; aus Fasz. 96 VI: 1647 Juni 29, Aug. 3, 1648 Jan. 14, März 10, 14; aus Fasz. 98b: 1646 April 30, 1647 Sept. 30.
, einige mögen auch über katholische Confidenten

Dazu wurden vor allem die Gesandten von Würzburg, Konstanz und Bamberg gerechnet, später auch die kurtrierischen, kurbayerischen und salzburgischen.
an evangelische Gesandte gelangt sein, andere wieder an die Franzosen. Daß aber noch wesentliche Ergänzungen auftauchen, ist kaum zu erwarten.

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IV. Zur Textauswahl und Editionstechnik
Wie die vorausgeschickte Übersicht über die bekannten Protokolle zeigt, ist die Gruppe, die auf das kurtrierische Protokoll zurückgeht, die vollständigste und um- fangreichste . Alle anderen Provenienzen decken entweder nicht den gesamten Ver- handlungszeitraum , weisen in der Folge der Sessionen größere Lücken auf oder bieten nur verkürzte Niederschriften. Die Entscheidung der Herausgeber, der Edition das stadtkölnische Protokoll zugrunde zu legen, hat sich auch bei der Bearbeitung als richtig erwiesen. Es ist das Schlußglied in einer Kette von Filiationen und damit zwar nur eine wenn auch zeitgenössische Abschrift, die aber von mehreren Quellen gespeist wird und einem – nie vorhandenen – Idealprotokoll, das alle Voten in der von den einzelnen Gesandten selbst formulierten Fassung brächte, immerhin nahe kommt. Freilich fehlen auch hier einige Sitzungen, insbesondere die, an denen nur die kurfürst- lichen Gesandten teilgenommen haben. Für diese Sitzung werden die verwandten Serien in Kurtrier und Kurmainz B herangezogen. Grundsätzlich wurde so verfahren: Textgrundlage ist Köln ( Stadt ). Fehlt hier das Protokoll einer ganzen Sitzung, so wird auf eins der kurtrierischen Gruppe zurückgegriffen. Fehlt es hier ebenfalls, so wird das vollständigste einer anderen Provenienz ausgewählt. Enthält Köln ( Stadt ) oder eine verwandte Provenienz nur ein summarisches Protokoll, so wird ebenfalls auf eins einer Fremdprovenienz mit vollständigen Einzelvoten zurückgegriffen. Fehlen in einem Protokoll aus Köln ( Stadt ) größere Teile im Kontext, so werden sie aus einem der kurtrierischen Gruppe ergänzt, und zwar im laufenden Text, mit entsprechender Angabe im Variantenapparat. Geringfügige Fehler in Köln ( Stadt ), wie Schreiberversehen (soweit sie nicht stillschweigend verbessert werden dürfen), falsche oder ausgelassene Wörter, kürzere Lücken, falsche Zahlenangaben usw., werden nach den verwandten Protokollen im laufenden Text verbessert; die Form in Köln ( Stadt ) wird im Apparat wiedergegeben, desgleichen etwaige Varianten aus der kurtrierischen Gruppe. Bringt Köln ( Stadt ) den richtigen Text, während die verwandten Protokolle Fehler enthalten, so wird das nur ver- merkt , wenn es für die Textgeschichte von Bedeutung ist. Ist die Richtigkeit eines Wortes oder einer Textstelle nicht eindeutig zu klären, werden sämtliche Varianten aufgeführt. Kleinere Abweichungen in der Wahl einzelner Wörter und Formulierungen – z. B. der Gebrauch der lateinischen Form bei Fremdwörtern anstatt der ein- gedeutschten Form, unterschiedlicher Tempusgebrauch und dergl. – werden über- gangen . Bei den Abweichungen der einzelnen Provenienzen voneinander waren folgende Möglichkeiten zu berücksichtigen:
  • 1. Köln ( Stadt ) ist knapper als ein verwandtes Protokoll
  • 2. Köln ( Stadt ) ist ausführlicher als ein verwandtes Protokoll
  • 3. Köln ( Stadt ) ist knapper als ein Protokoll fremder Provenienz
  • 4. Köln ( Stadt ) ist ausführlicher als ein Protokoll fremder Provenienz
Zu 1.: Hierbei wurde wie oben angegeben verfahren. Handelt es sich bei den Abweichun- gen lediglich um Kurialien, Formalien, Rekapitulierungen, um Abschnitte also,

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die in der Regel ohnehin als Regest gebracht werden, so erfolgt nur ein Vermerk im Apparat, ebenso bei längeren Formulierungen ohne sachliche Ergänzungen. Sind solche vorhanden, werden sie angegeben.
Zu 2.: Die Art der Abweichung wird im Apparat charakterisiert. Zu 3.: Formalien, Kurialien, Rekapitulierungen und dergleichen werden nicht be- rücksichtigt . Sachliche Ergänzungen werden als Regest oder bei kürzeren Abschnitten oder wichtigen Formulierungen im vollen Wortlaut in den Apparat gesetzt. Weiter- gehende Charakterisierung des gesamten Protokolls unterbleibt, hierfür sei auf S. XLI–LXIII der Einleitung verwiesen. Zu 4.: in diesem Falle bleiben die Fremdprovenienzen unberücksichtigt. Der Text der Vorlage wurde um etwa ein Drittel gekürzt. Dabei wurden folgende Grundsätze angewandt: als Regest gebracht oder durch Auslassungszeichen [...] markiert werden die Wiederholungen der Proposition, meist in den Voten der zuerst stimmenden Stände, dann die Rekapitulierungen fremder Voten, die Häufung von Argumenten in einem Votum, in dem mit verschiedenen Formulierungen mehrmals dasselbe gesagt wird, die Wiederholung eines Votums, das schon in einer früheren Sitzung mehr oder weniger gleichlautend abgelegt worden ist, und Berichte über historische Vorgänge ohne individuelle Färbung. Wahrscheinlich wird man in Einzel- fällen unterschiedlicher Meinung sein können, wo ein Regest angebracht sei, desgleichen, ob überhaupt zu viele oder zu wenige Stellen gekürzt worden sind. Wie im einzelnen verfahren wurde, läßt sich am besten an einigen willkürlich herausgegriffenen Bei- spielen zeigen: Text der Vorlage zu dem Regest S. 69.26: Weylen uber vorigen befelch von Seiner Fürstlichen Gnaden von Eichstett, welcher simpliciter auff die exclusionem gangen, kein anderer seitthero eingelangt, so wüste er anderst nicht alß in illis terminis sich zu haltten und deßhalben vorhin abgelegte vota anhero zu wiederholen. Zu S. 71.12–14: Habe bey den herren deputatis zu dieser conferentz seine auffgebene verrichtung ex mandato Reverendissimi Moguntinensis abge- legt , repetirt solche nachmahlen mit angeheffter anwunschung glucklichen succeß gegenwertiger tractaten. Prothocollum weiset aus, das zu den grava- minibus deputirt, gestalt die von protestirenden eingebene zu examiniren, und waß darbey zu thun. Zu S. 71.21: Repetit propositionem, ob gravamina vorzunehmen oder auß- zustellen , und wan das nicht zu geschehen, was fur ein modus zu halten. Agit gratias fur die gnädigste zuentbietung von Churmaintz, wie auch vorhin geschehen, und wegen der anwunschung. Zu S. 72.5–6: mit auffhebung des geistlichen vorbehalts wegen occupirter und noch nicht eingezogener stiffter, deren sie sich doch vorhin begeben, dann wollen municipalständt und stätt in die freystellung bringen ver- mittelß edicti Ferdinandei. Gekürzt wurden auch die Angaben am Kopf der Protokolle in den Vorlagen. Dort sind die Plenarkonferenzen meist überschrieben mit In pleno catholicorum, Inter catholicos oder In conventu catholicorum; die Deputationssitzungen mit

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näherer Spezifizierung ( In concilio deputatorum ad gravamina ). Wo eine weiter- gehende Bezeichnung erscheint, wie z. B. zu Nr. 1, wird diese angegeben. Eine Numerierung der Sessionen findet sich nur in einigen Provenienzen für die ersten Konferenzen (Nr. 1–5) und in Wartenberg / Kurköln für die Sitzungen des CC in Osnabrück im Herbst 1647. Die Präsenzlisten sind in den Vorlagen meist unvollständig, in der Regel sind dort nur die zuerst stimmenden Stände (bis Bamberg oder Würzburg) erwähnt, und auf die Anwesenheit der übrigen wird summarisch ( „et reliqui catholici“ ) verwiesen. In unserer Edition sind die Präsenzlisten aus den abgelegten Voten, unter Zuhilfenahme sämtlicher Provenienzen, zusammen- gestellt .
Die Datierung erfolgt in den Vorlagen unter Nennung des Wochentags, wodurch gelegentlich vorkommende Fehler ausgeschaltet werden konnten. Manchmal wird die Tageszeit dazugesetzt ( ante prandium oder post prandium ), selten die genaue Uhrzeit ( hora tertia ). Meist fanden die Sitzungen nachmittags statt. Wo die Angabe von Bedeutung ist, wird sie erwähnt. Der Ort der Beratungen wird meist mit loco consueto angegeben. Darunter ist bis zum 7. Dezember 1645 das Refektorium des Kapuzinerklosters in Münster zu verstehen (genannt bei Nr. 2), von diesem Tage an die kurfürstliche Ratsstube im Bischofshof, wohin man der khälte halben übersiedelte. Bei Versammlungen mit weniger Teilnehmern traf man sich auch im Quartier der kurmainzischen Gesandten. Da die Wahl des Versammlungsorts von gewisser Bedeutung für die rechtliche Stellung der Corpora war, ist er hier eben- falls vermerkt. Vereinzelt auftauchende Rubra (in der Art von Kopfregesten: In pleno catholicorum in puncto gravaminum ) sind fortgelassen worden. In den Angaben am Kopf der in dieser Edition wiedergegebenen Protokolle werden, etwas abweichend von dem üblichen Brauch, die Überlieferungsart und die Ent- stehungsstufen nicht genannt. Das hierzu notwendige wird für die einzelnen Provenien- zen in der Einleitung (S. XLI–LXIII) dargestellt, wo es erforderlich war, auch mit Nennung der einzelnen Sitzungen. Nicht aufgenommen wurden bei den Quellen- nachweisen aus den oben dargelegten Gründen die Protokolle, die in den kaiserlichen Korrespondenzen enthalten sind; ferner die Protokolle aus Kurtrier und die auf S. LXII Anm. 1 erwähnten kurbayerischen Rapulare, die beide erst während des Druckes bekannt wurden. Sie konnten noch für die Einleitung und in einigen wichtigen Fällen für die Varianten berücksichtigt werden. Am Ende einer mehrjährigen Beschäftigung mit den Protokollen ist es mir eine angenehme Pflicht, allen denen, die mich bei der Arbeit unterstützt haben, meinen Dank auch an dieser Stelle zu wiederholen. Vor allem sind die zahlreichen Archive des In- und Auslandes zu nennen, von denen mir viele bei der Aktenversendung und Beratung ein Entgegenkommen gezeigt haben, das weit über das Maß hinausging, das man billigerweise als Benutzer erwarten kann. Dem Stadtarchiv Köln, dem Bayerischen Staatsarchiv Bamberg, dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (Allgemeines Staatsarchiv und Geheimes Staatsarchiv), dem Hessischen Staats- archiv Marburg, dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Badischen Generallandes- archiv Karlsruhe, dem Niedersächsischen Staatsarchiv Hannover und der Dom- bibliothek Hildesheim fühle ich mich in dieser Hinsicht zu besonderem Dank ver-

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pflichtet
. Dank schulde ich auch Herrn Dr. Wilhelm Engels, Düsseldorf, dessen Vorarbeiten im HHStA Wien mir bei der Ermittlung der Texte zugute kamen und mit dem ich, ebenso wie mit Herrn W. Becker, Bonn, manches klärende Gespräch über sachliche und technische Einzelheiten der Edition führen konnte. Frau Hildburg Schmidt und Frau Hella Haupts haben mich bei der Kollationierung der Texte, beim Lesen der Korrekturen und bei der Anfertigung des Registers unterstützt; auch ihnen sei an dieser Stelle nochmals gedankt. Mein besonderer Dank gebührt dem Mitheraus- geber der Acta Pacis Westphalica, Herrn Prof. Dr. Konrad Repgen, der in allen Stadien der Arbeit einen großen Anteil an ihrem Fortgang genommen hat, der mich in jeder Hinsicht großzügig unterstützte und dessen Beratung, Ansporn und Ge- währenlassen ich immer als Hilfe empfinden konnte. Und schließlich sei nicht ver- schwiegen , daß die Arbeit an den Protokollen zu einem guten Teil neben der beruf- lichen Tätigkeit in den Stunden, die sonst der häuslichen Muße vorbehalten sind, geleistet wurde. Für die Bereitwilligkeit, mit der Liesel, Hanno und Julian manchen Verzicht auf sich genommen haben, danke ich ihnen.

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