Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 VI 16

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1647 VI 16
Sonntag Mitteilungen an Chigi. Dieser antwortet, die
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Schweden würden in Münster die Zustimmung der Stände zu ihren mit den
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Ksl. getroffenen Abmachungen erwarten und dann wieder abreisen.

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Mercken/Künecke

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N. Künecke, Syndikus der Hildesheimer Ritterschaft.
bei W. Sind von der Hildesheimer Regierung beauf-
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tragt , 1. an der im Ulmer Vertrag vorgesehenen Konferenz wegen Kontri-
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butionsermäßigung der Kölner Stifter teilzunehmen, 2. die von Braun-
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schweig betriebene Aufhebung der Vorbehalte des Hildesheimer Vertrages
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zu verhindern, 3. die Einräumung auf Lebenszeit von vier Ämtern an den
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Administrator von Bremen zu verhindern. [...]

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Trauttmansdorff/Volmar bei W. Trauttmansdorff: Nachdem die Grava-
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minaverhandlungen
soweit gebracht worden sind, daß die Protestanten
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damitt friedig, will man mit W darüber sprechen, damitt, wan man a parte
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catholicorum solches nit einzugehen gedächte, daß man alßdan auch auff
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bestendige zuverläßige mittell zu gedencken, wie man die sachen gegen
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andere gewaldt außführen und behaubtten köndte. Volmar: Rückblick
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auf die schwierigen Verhandlungen mit den Protestanten, bei denen die
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Ksl. wegen des Ulmer Stillstandes es endlich auß högst tringender noth
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insoweith nachgeben müeßen, wie das extradirtes instrumentum pacis

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Das die Verhandlungen in Osnabrück abschließende, 1647 VI 3 den Schweden zuge-
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stellte sog. ‚Trauttmansdorffsche Projekt’ (Druck: J. G. Meiern IV S. 557 –590).
auß-
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weiße , das heute oder morgen zur Diktatur kommt. Wenn die Katholiken
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es annehmen, wird man mit den Schweden zum Abschluß kommen. Da
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Kurköln und W dabei interessiert sind, hat man mit W vertraulich darüber
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sprechen wollen, dan soltte man die ihnnen a parte Caesaris propter sum-
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mam necessitatem ad maius damnum et periculum catholicae religionis evi-
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tandum offerirte (wie sie selbsten bekennen müßten) beschwerliche und
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woll nachdenckliche conditiones nit annehmmen wollen, so müßte man
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woll bedencken, waß alßdan vor ein gegenwehr gegen die sich bezaigende
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und noch weiters besorgende wapffen zu ergreiffen. Der gegentheill macht,
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waß sie itzo auff den beinen haben und noch zusammenbringen können,
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gegeneinander woll zue überlagen und zu sehen, ob man dagegen daß
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werck würde außführen können. Ihre Kayserliche Maiestet thetten ihr
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eußerist, würden auch, wan sie nit von anderen verlaßen würden, davon nit
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außsetzen, es würde aber auch den catholischen damitt nit gedienet sein,
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daß sie sich, wan andere still säßen und derentwegen zue schwach sein, von

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land und leuthen soltten vertreiben laßen. Trauttmansdorff: Man müßte
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bey dießen deliberationibus daß für ein sichers fundament setzen und halt-
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ten , daß der gegentheill mitt keinen rationibus sich weißen ließe, dan wan
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solches hette helffen wollen, so hette man vorlengst, weiln es daran nit er-
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manglet , auß den sachen woll kommen können. Es müßten practicabilia
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media, ihnen die wapffen mitt rechtem nachtruck endgegenzustellen ergrif-
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fen oder aber dießes nachgeben werden. I. H. G.: Sie thetten sich der
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beschehener communication bedancken und were woll högst zu beklagen,
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daß man bei solchen tractaten keine rationes, noch iura, noch die billigkeit
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wolle geltten laßen. Und weiln man vorlengst woll vorgesehen, daß der
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gegentheill seine praetensiones mitt den wapffen fortzusetzen und zu er-
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zwingen gedächte, so hette man auch billich an seithen Ihrer Kayserlichen
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Maiestet zeittlicher mehrere reflexion auff die von chur-, fürsten und sten-
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den geklagtte kriegsunordnungen machen und durch die wapffen sich zue
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einer beßeren friedenshandlung bereiten sollen. Man soltte nachdencken,
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waß zue Regenspurg geschloßen

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Zu den Regensburger Reichstagsverhandlungen über die Militärreform vgl. K. Bierther
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S. 283ff, zu den Interessen der westfälischen Stifter vgl. J. Foerster S. 180ff.
, auch dießem Westvälischen craiß in
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particulari öffters versprochen, und wie mans gehaltten, wie chur-, fürsten
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und stendte tractirt, und zue particulier officierer bereichung die landen
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enervirt. Wan man nun alßo iuxta regulam medicorum dießem alßo be-
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schwerlichen und gefehrlichen übelstand und ledigen zufall helffen woltte,
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so müste man causam mali erkennen und darnach iuxta naturam eiusdem
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die remedia adhibiren. Will sich zu dem Instrument nach Erhalt des Textes
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äußern. Vermeinten sonsten, weiln es die vorige handlung gnugsamb erwie-
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ßen , daß mitt dem anerbieten und nachgeben die protestirende nit zue con-
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tentiren , sich auch per rationes nit woltten weißen laßen; man hette in alle
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wegh gleichwohl zu gedencken, wie daß man sich pro religiones et statu
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conservando vereinbaren und dardurch den friedenschluß in billiche wegh
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beförderen möchte. Trauttmansdorff: Die Forderungen nach einer
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Militärreform berechtigt. Es were aber der herr graff von Schlick

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Heinrich Schlick (1580–1650), Gf. von Bassano und Weißkirchen, ksl. Geheimer Rat
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und Hofkriegsratspräsident. Vgl. ADB XXXI S. 495ff.
und
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andere kriegsbediente derentwegen darwieder geweßen, weiln sie besorget,
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daß alle reformirte zue dem feind gehen würden. Ihre Kayserliche Maiestet
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weren zue Regenspurg woll zuefrieden geweßen, daß man auß dem reich
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selbst bey der armada hette verordnet, man hette aber derentwegen nie-
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mands vorgeschlagen. Und weiln wie er bedeutet, itzo der gegentheill per
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rationes sich nit woltte erhandlen laßen, so müste man ad praesentem sta-
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tum sehen, ob man noch die vires zusammen bringen könne oder waß de
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necessitate alia nachzugeben. I. H. G.: In dießem craiß hette man gnug-
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samb und sonderlich die stiffter bezeigt, wie gern sie bey einem ordentlichen
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kriegsweßen und verfaßung den sachen hette konnen geholffen sein [!].
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Wan andere dem exempel weren nachgefolget, und die sache dieserends

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auch nicht durch Ihrer Kayserlichen Maiestet eigne kriegsbediente wieder-
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umb in confusion were gebracht und andere stende von den anlagen exi-
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mirt , so würde man itzo in die allegirte necessitet nit gerahten sein. Man
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soltte einmahl nachdencken, waß Saltzburg, Churmeinz gethan. In dießem
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craiß weren unter anderen Oldenburg und Frießland eximirt, hette man
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zue gleicher hand sich angriffen und den krieg mitt ordnung geführt, so
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würden die Schwedische nit gloriiren, daß sie victores weren. Herr graff
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von Trautmanstorff: In dießem craiß were noch die beste ordnung und
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disciplin, weiln die soldaten darin ihren unterhaldt bekehmen. Was Saltz-
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burg für rationes der reichsmatricul und seines anschlags vorbrächte,
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daßelbe were bekandt, man hette deßwegen viele mitt ihme tractirt, auch
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ansehenliche summen bahres geldes von ihme erhaltten, weiln es aber so
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offt kommen, hette er sich auff die geringheitt seines landes in compara-
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tione anderer churfürsten mitt deren anschlag in der reichsmatricul be-
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schwert allegirt. Der churfürst zue Meinz hette gantz nichts mehr, und
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müßten ihme Ihre Kayserliche Maiestet und der könig in Spanien zue sei-
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nem underhalt helffen, wie er dan woll wüßte, daß seither er hier geweßen,
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Ihre Maiestet und die Spanier ihme bei die 12 000 reichsthaler hetten müe-
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ßen zusteuren. Frießland hette ein ander ein, und wüßte man, wie es mitt
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Oldenburg stunde, und warumb man ihme, damitt die Schwedische daß
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land nit occupirten, die exemption hette nachgeben müeßen, dan weiln Ihre
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Kayserliche Maiestet nit in der positur, solches den Schwedischen zu behin-
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dern , so müßten sie es also hingehen laßen. Und hette man de reliquo quoad
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coniunctionem catholicorum woll zu bedencken, ob man sie auch alle dar-
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zue in tempore bringen und bewegen möchte. Er sorgte, Bamberg und
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Würtzburg würden (weiln itzo der Fränckische craiß mitt dem Wrangel
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also tractirt und gleichsamb in der Schweden gewaldt)

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Vgl. zum Vertrag Wrangels mit dem Stift Würzburg 1647 IV 14 G. Mentz I S. 32.
nit einen mann her-
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geben , weniger zue einiger coniunction verstehen. Der Schwedischen macht
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und armatur köntte man woll gewachßen und wan Ihre Churfürstliche
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Durchlaucht in Bayern und Cölln sich wiederumb coniungirten, nit allein
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woll gewachßen, sondern in etwa überlegen sein. Soltte aber ein religions-
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krieg drauß formiret und gemacht werden, so hette man hingegen zue con-
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sideriren , waß nit allein die protestirende chur- und fürsten, sondern auch
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die reichs- und hansestette für einen mercklichen zusatz beitragen köntten.
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Chursachsen hette noch einige völcker, wie gleichfalß Churbrandenburg
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und das hauß Lünneburg; dahero in erwegung aller umbstenden ein reli-
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gionskrieg itzo gestaltten sachen nach woll allzue gefehrlich fallen möchte,
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dan man sich von den Franzosischen keiner aßistenz und hülff zumahln zu
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getrösten. I. H. G.: Pro religione et ecclesia hette man billich alles auff-
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zusetzen ; es weren gleichwoll itziger beschaffenheit nach verscheidene con-
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siderationes , daß man keinen religionskrieg auß dem itzigen alßo simplici-
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ter und pure zu machen. Und weiln dan die Schwedische alsolche unbilliche

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postulata contra ipsum imperii statum et libertatem vorbrächten, auch die
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new auffgelagtte zöll und licenten ihrestheilß in perpetuum behaltten und
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den rechten nervum rerum gerendarum an sich ziehen, der reichs- und
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hanseestette commercia zue ihrem vorthell züghen, und sie dardurch zue
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enerviren gedächten, so hette man ex eius modi et similibus, wie dan auch
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Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern movirten sessionstreith cau-
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sam communem zu machen und libertatem imperii et statuum mitt ein-
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mühtiger zusammensetzung zu verthettigen; bey allwelcher resolution sich
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die catholische innerlich wegen der catholischen religion interesse zue ani-
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miren und das absehen dahin zu richten, daß in der religionssach ein beßer
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vergleich zu treffen, wan die Schwedische von dero sich annehmenden
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dominatu vorhero etwas abzubringen. Trauttmansdorff: Die Sachsen
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haben seine Anregung einer Zusammensetzung als jetzt undurchführbar
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bezeichnet, auch fehlt während der Kampagne die Zeit zur Beratung. Con-
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tarini
meint, man müßte itziger necessitet nach sich in etwas accomodiren
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und eine andere zeitt und glegenheit erwartten, anderst zue den sachen zu
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thuen. I. H. G.: Der herr Venetus beklagtte woll miseriam et ruinam Ger-
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maniae und sonderlich, daß man bey alsolcher uneinigkeit und übelen zustandt
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sich selbsten in das ruin und verderben setze. Sachsen ist trotz Anwesenheit
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schwedischer Truppen nicht in dem Maße feindlichen Kontributionen unter-
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worfen
, wie die Kölner Stifter, die trotzdem noch viel leisten. Trauttmans-
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dorff
: Die landen hetten viell gethan, und würden es andere nit praestiren
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können. Ad praesentia weren die consilia itzo zu richten und zue consideri-
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ren , waß ein jedwedder noch bey den sachen würde thuen können, wie dan
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solches auch Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern in dero an die
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catholische stend abgangenem schreiben insoweith woll erinnert. I. H.
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G.: Den sachen were seiner billigkeit nach nachzudencken und dabey woll
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zue consideriren, waß man salva conscientia den protestirenden nachzu-
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geben , und ob man auch dabey versichert, daß die innerliche des reichs
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beruhigung dardurch nebenst dem frieden zu erhaltten. Die erfahrenheit
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hette es bereits öffters geben, daß man bey dergleichen gemachten gueten
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hoffnung verscheidene sachen nachgeben, aber niemaln zum end und frie-
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den dadurch kommen were, sondern alles desto mehr involvirt und verleitet
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würde. Die Frantzosischen sagtten es ungeschewet, daß man mitt derglei-
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chen nachgebung und procedendi modo keinen frieden zu hoffen, und daß
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sie selbigen alßo lang verhinderen woltten, biß ihnnen die assecuratio ge-
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schehen , daß Ihre Kayserliche Maiestet und das hochlobliche ertzhauß zu
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Osterreich den Spanischen keine aßistenz leisten würde. Hierüber hatt
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sowoll der herr graff von Trautmanstorff alß Vollmari geandtworttet, daß
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dieße der Franzosischen gar ein unbilliche praetension seye, vermeinten
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andere würden selbe auch nicht approbiren. [...] I. H. G.: Beede cro-
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nen bedienten sich der Teutschen uneinigkeitt und dahero ersehenden vor-
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thelß , hofften gleichwoll, Franckreich würde uff der catholischen religion
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conservation daß absehen nunmehr richten. Herr graff von Traut-

[p. 915] [scan. 255]


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manstorff : Franckreich soltte es billig thuen, hette aber viellmehr bißhero
2
das contrarium erwießen. Chigi hat d’Avaux offen gesagt, er brauche nicht
3
den Vorwurf der Benachteiligung von Frankreichs Verbündeten zugunsten
4
der Katholiken zu tragen, dan er nuncius ihme gern die zeugnuß geben
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woltte, daß er dergleichen nichts gethan, sondern viellmehr den protestiren-
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den vorthell geschaffet hette. Anbelangend sonst das extradirtes instrumen-
7
tum pacis und waß in den gravaminibus sie Kayserliche particulariter ex
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necessitate nachgeben müeßen, dabey were a parte catholicorum, indeme
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das werck itzo mitt den wapffen außzuführen, so schlechte apparenz, woll
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zue consideriren, daß man diejenige puncta, welche dem gantzen corpori
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protestantium angiengen, nitt auff das new zue disputiren hette, einige par-
12
ticularsachen aber, alß die Sultzbachische, Augspurgische und dergleichen
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würden noch ihre handlung vermuhtlich leiden und derentwegen die prote-
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stirende sich von den catholischen nit separiren. Wegen der Zölle und
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Lizenten erbieten sich die Schweden zwar noch zu Ermäßigungen, doch
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beschweren sich die Hansestädte und Holländer, mit denen es nach Publi-
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kation
des spanischen Friedens noch zu einer Verbindung kommen könnte.

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Damitt sie die Kayserliche ihren abschied genohmmen und I. H. G. die
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sachen zu dero weiteren nachdencken recommendirt, dan in dießem instru-
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mento pacis auch die satisfactio Hassica mitt begriffen, und würde es bey
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dießer friedenshandlung woll zue consideriren sein, daß indeme Ihre Kay-
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serliche Maiestet von andern verlaßen, ex necessitate urgente dergleichen
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nachgeben müeßen, daß diejenige, welche die conditiones nit annehmmen,
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auch die gefahr des weiteren kriegs würden außzustehen haben. Und
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alß I. H. G. drauff repliciret, daß man schon öffters erfahren, welcher ge-
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staldt die Schwedische und protestirende eine offerta nach der ander an-
27
nehmmen , hingegen aber nichts nachgebten oder zum friedenschluß erklerten,
28
und daß es itzunder auch alßo zugehen und mitt alle demjenigen, waß a
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parte Caesaris offerirt, woll anderst nichts möchte zu erhaltten sein, alß
30
daß immer weiters fort dringen und mehrers begeren würden, warinn sie
31
dan, weiln der fried mitt Franckreich und Spanien nit vor sich gienge, noch
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mehrers möchten gesterckt werden. Dieses hat der graff von Traut-
33
manstorff darmit beandtworttet, er wolte sich versehen, protestirende nit
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allein fur sich mit solchen oblatis content sein, sondern auch bey den
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Schwedischen ihre officia einwenden, damit ihrestheyls den schluß lenger
36
nicht mochten aufhalten noch mit anderwertigen praetensionen schwerer
37
machen.

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