Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 V 18

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1647 V 18
Samstag W bei Trauttmansdorff. Dieser berichtet aus Osna-
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brücker
Schreiben, wonach die Schweden fordern: Verhängung der Reichs-
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acht
nur in publicis comitiis imperii, Autonomie für die Augsburger Konfes-
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sion
, Regulierung im Krieg entstandener Schulden, Reform in Reichskammer-
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gericht
und Reichshofrat; der letzte Punkt soll in den Reichskollegien beraten
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werden, in den übrigen scheinen die Schweden mit der Antwort der Ksl. zu-
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frieden
. Neue schwedische Forderungen in der Pfälzer Frage: Haslang möge
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die Franzosen bitten, die Schweden zu einer schnellen Regelung gemäß dem
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ksl. Projekt zu veranlassen. W: Were woll ein unbefugttes allegiren,
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waß sie in puncto autonomiae ratione conscientiae vorbrachten, da sie
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gleichwohl den catholicis talem legem vorschreiben woltten, wie dan die
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übrige puncta nit vor die außlendische sich inter ipsa arma tractiren,
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sondern bereits ihr abhelffliche maß und ordnung in den reichsconstitu-
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tionibus und Kayserlichen capitulationibus hetten. Noch keine Ansage der
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Mainzer im Justizwesen. Dringende Bitte in Hinsicht auf die Herüberkunft
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der Schweden , wan man den stifft Oßnabruck bey denen alda noch vor-
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gehenden handlungen nicht gantz völlig pro catholicis erhaltten köntte, daß
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man sich doch außer deme nichts einließe, sondern es alßdan anhero

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remittirte, dahe man sich der Franzosischen assistenz gleich wohl mitt nütz-
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lich zu gebrauchen. Es were der herzogen von Braunschweig ihre praeten-
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sion zumaln nicht wegen der imaginirten coadiutorie zue Magdeburg oder
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Halberstatt fundirt, und ie sogar wieder alle raison, für eine solche prae-
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tension etwas haereditario bey anderen stifftern und sonderlich zue
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Oßnabruck zue praetendiren, da noch derjenig, welcher zue Halberstatt
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coadiutor erwehlet, balder alß die itzo regierende herrn sterben köntte, und
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würde ie durch eine alsolche alternation inter catholicos et acatholicos der
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stifft Oßnabruck praeter summum damnum religionis in temporalibus gantz
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herunder kommen, indeme keiner bey seiner regierung das verwüßtes und
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verfallenes würde repariren und sich der sachen propter talem successionem
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würde anglegen sein laßen. Trauttmansdorff: In die Osnabrücker
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Alternation haben die Ksl. noch nicht gewilligt . Es hette aber diese sach
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von der Pfaltzischen sach ein große dependenz, und weiln man selbige gern
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mitt den Schweden zue volliger richtigkeitt nach dem Kayserlichen proiect
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pringen woltte, so wüste er nit, was etwan heutt bey der conferenz vorgan-
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gen sein möchte. Die rationes, die I. H. G. und man dieserseihts hette,
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weren also beschaffen, daß dawieder nichts mitt vernunfft zu sagen.
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Es hette sich aber in mehrern sachen leider bereits bezeigt, daß der
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gegentheill keine rationes wolle geltten laßen und nur mitt den wapffen
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und woll gehalttener macht das werck ihrem willen nach durchzu-
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tringen sich vorgenohmmen. Wie es nun dieserseits mitt den wapffen
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und zusammensetzung beschaffen, und warauff man sich zu verlaßen,
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were I. H. G. bekand. Der Lampadius und Langerbeck führeten und
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leideten die übrige protestirende bey der naßen ihrem willen nach,
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dahero bei denen auch sonderlich in causa religionis keine rationes
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etwas sonderliches früchteten. Und beklagtten sich in genere die
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protestirende, daß sie mitt den ertz- und bißthumben verfortheilt und
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sich in effectu betrogen fünden, indeme die ihrer religion zuständige ertz-
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und bißthumber anderen in puncto satisfactionis haereditarie überlaßen
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würden. Bekendten sonst im übrigen, daß, wan in puncto iustitiae ihrem
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begeren deferirt, daß sie guete satisfaction erlangtt. I. H. G.: Sie pro-
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testirende möchten woll freylich sich rühmen und gestehen, daß sie also
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viell erhaltten und ihnnen nachgegeben worden, und nachdemaln sie so gar
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keine fueg auff den stifft Oßnabruck zu sprechen, die Schweden auch, wie
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man versicherte nachrichtung, befehligt, den stifft Oßnabruck nicht zu
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behaubtten noch derentwegen auch sonsten den friedenschluß lenger auff-
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zuhaltten , so woltten sie nachmaln wie vor gebetten haben, man möchte
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doch den catholischen zue nachtheill ihnen deßwegen weiter nichts nach-
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geben . Herr graff von Trautmansdorff: Daß die Schweden befelch
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hetten, ohne fernere auffenthalttung zu schließen, davon hette er auch
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nachricht, dabei aber nit vernohmmen, daß wegen des stiffts Oßnabruck
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eine solche erklerung auß Schweden zukommen. Es würde heutt vermuht-
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lich dies criticus sein, allwoh es sich ausweisen möchte, wie weith es mitt

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dem stifft Oßnabruck zu bringen. [...] Hessen betreffend soll Darmstadt
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Stadt und Universität Marburg und die Grafschaft Katzenelnbogen mit den
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Plätzen am Rhein behalten, die Satisfaktion für Kassel soll 600 000 Reichs-
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taler
betragen, obwohl zusätzlich die pfandweise Überlassung der halben
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Grafschaft Arnsberg gefordert wird. W: Zu wünschen , daß die plätze
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ahm Rheinstromb nit möchten in andere händ gerahten. Den Casselischen
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aber die halbe graffschaft Arnsperg in pfandschaft zu laßen

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Dieser Punkt wurde noch im Mai in dem neuen ksl. Projekt (Druck: J. G. Meiern IV
S. 452ff ) bewilligt.
, were gar nit
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rhadtsamb, dan ob zwarn die graffschafft Arnsperg in sich nit groß, so
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were ihnnen doch das geringste davon auch nit einzuraumen, und würden
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sie unterm nahmen solcher graffschafft vermuhtlich alles und die halb-
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scheid comprehendiren, was Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue Cölln
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deren in Westvaln, wie mans nennet, in besitz. Herr graff von Traut-
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mansdorff : Es mögtte woll sein, daß sie darunter dergleichen suchten, und
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stunde zu bedencken, wan sie das übrige alles wieder einraumeten, was man
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deswegen zu thuen. I. H. G.: Ihre Churfürstliche Durchlaucht würden
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einmaln, wie sie sich bereits öffters erklert, nichts von dero landen hergeben
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oder dergestaldt versetzen. [...] Trauttmansdorff: Hat wegen Rettung
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Vechtas und Beachtung des Präliminarvertrages an die Ksl. in Osnabrück
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geschrieben , welche ihme alsolche gegenremonstration gethan, daß er nit
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sähe, wie damitt fortzukommen; wenn Vechta sich 14 Tage hält , so würden
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sich die sach endwedder mitt der friedenshandlung oder sonst noch woll
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anderst anschicken konnen. Aufbruch der ksl. Hauptarmee; interzipiertes
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Schreiben, wonach Königsmarck nach Süddeutschland gehen soll, falls er
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die Belagerung noch nicht begonnen hat. Wegen des Präliminarvertrages
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den Schweden nit zu trawen, ließen sich gleichwohl verlauten, wan mans
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mitt der alternativa bey dem stifft Oßnabruck einig, so würde die
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Fürstenaw und der gantzer stifft weiters unangefochten pleiben. I. H.
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G.: Auff eine solche weise der Fürstenaw versicherung zu erlangen, woltte
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gar zue costbarlich und theur sein. Wegen des Königsmarcks hinauffmarche
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hette sie auch anderwerts von Franckfurt auß einige nachricht. Fraglich, ob
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Vechta sich noch lange halten kann . Der Kayserlichen haubtarmada
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motion kondte viell guettes schaffen, wenn Turenne durch den Erzherzog
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vom Rhein abgezogen, Wrangel samt Königsmarck durch die Ksl. beschäf-
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tigt
und die hiesige Unordnung abgestellt wird. Trauttmansdorff: Er
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hette heutt von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht ein schreiben bekom-
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men , darin er vermerckt, daß sie alterirt und in ein wiedrigen verdacht
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gerahten; Ihre Kayserliche Maiestet liebten den herrn alß ihren eignen
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vatter und hetten keinen man, welcher nicht zue Ihrer Churfürstlichen
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Durchlaucht dienst were; begerten dieselbe nit zue disarmiren, noch ihrer
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soldatesque den underhaldt zu endziehen; waß bißhero geschehen, were zue
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dero besten. I. H. G.: Wie an Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht trew

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und affection gegen Ihre Kayserliche Maiestet nit zu zweifflen, also wür-
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den sie sich Ihrer Maiestet gnedigsten und guetten willens auch woll ver-
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sichert haltten. Es machten aber die kriegsofficier und commissarien solche
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anstalt, dadurch endlich nichts guets endstehen köntte. Man müßte einem so
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vornehmben churfürsten, welcher so viell land und leuthe bey Ihrer
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Kayserlichen Maiestet auffgesetzet und noch ferner auffzusetzen hette,
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dergestaldt seine consilia und actiones nit außdeuten und die sachen wegen
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des Ulmischen armistitii in einen gueten verstandt bringen und laßen.

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Herr graff von Trautmanstorff: Man müßte fried machen und schließen,
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so weren alle mißverstendtnuß auffgehebtt. I. H. G.: Es hette an seiten
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Ihrer Kayserlichen Maiestet wie auch der catholischen chur-, fürsten und
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stend seithen bißhero daran nit ermanglet. Man sähe aber, wie ungüetlich
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der gegentheill ihnnen begegnete, und stunden sie in großen sorgen, wan der
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Spanischer fried mitt Franckreich nit zu treffen, es dörffte mitt dem frieden
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im reich noch mehrere difficultet gemacht werden. Herr graff von
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Trautmanstorff: Die Schwedische veranlaßeten sich itzund zimblich zue
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dem friedenschluß; Oxenstierna hat Volmar gebeten, nicht vor Abschluß
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der Restpunkte nach Münster zu gehen. Ungünstige Aussichten für den
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spanischen Frieden. Die Franzosen wollen die Restfragen dem Schieds-
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spruch
der Staaten überlassen, die Spanier davon Portugal als schon ver-
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glichene
Sache ausnehmen. Unbeständigkeit der Franzosen; die militärische
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Lage für sie nicht so günstig, wie sie ausgeben. D’Avaux scheint die auf
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weiteren Krieg gerichteten Absichten Mazarins zu unterstützen. W:
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Wan die Hollendische mitt ihrer friedensobligation einmahl herfürkehmen,
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so möchten sich die consilia in Franckreich endern, und mehrers darauff zu
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verlaßen sein, alß waß man sonst in re incerta sich für hoffnung macht.
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Zuedeme hette man dan auch im reich auff eine beßere kriegsordnung zu
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gedencken. [...]

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Mitteilung von d’Avaux: Schreiben La Courts, wonach sich die Ksl. in
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Osnabrück über die Osnabrücker Alternation einig sind. [...]

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Mitteilung an Trauttmansdorff , daß mit der resolution wegen der alter-
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nativa bey ihrem stifft Oßnabruck dem werck gar schlecht gediehnt seye,
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ja daß nicht nur religioni, sondern auch statui politico sowol in bemeltem
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stifft alß dem ganzen craiß dadurch höchlich würde praeiudicirt werden.
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Nochmaliges dringendes Ersuchen, daß die Sache nach Münster gezogen
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werde, wo man mit französischer Hilfe das Stift ganz zu behaupten
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hofft. Trauttmansdorff: Will entsprechend schreiben, versichert aber,
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daß was hierin geschehen sollen, bey heut vorgangener conferenz alberaitz
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geschehen oder vermög voriger seiner befelch und erinnerungen von selb-
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sten resolvirt seye, diesen punctum hieruber zu transferiren.

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