Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 III 19

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1647 III 19
Dienstag Auf der Rückreise nach Osnabrück Schreiben
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Nagels mit der Ankündigung, daß d’Avaux in Lengerich W sprechen
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wolle. Daraufhin Rückkehr nach Lengerich.

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W bei d’Avaux: Ob dieße seine abrayß von Oßnabruck nacher Münster
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das zaichen einer guetten verrichtung oder doch sonst eine unverhoffte böse
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anzaigung seye? D’Avaux: Seine raiß bedeute quoad tractatus Osna-
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brugenses nichts böses, köntte aber auch de re ibidem bene transacta et con-
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clusa nicht gloriiren, hette sonsten aber ursach, sich wegen der auß Franck-
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reich ihme zukommener resolution zu erfrewen, durch die nit allein, waß er
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bißhero pro ecclesiis et religione gethan, approbirt, sondern auch anbe-
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fohlen were worden, solches ferner zue continuiren. Sie ist unter dem
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Namen des Königs ergangen und also wohl in favorem I. H. G. stiffter
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conservation und der catholischen religion gestellet, daß er sie selbsten nit
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beßer auffzusetzen gewüst, und möchte wunschen, daß die Kayserliche nit
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alberait mitt Minden so weith quoad alternationem gangen. Trauttmans-
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dorff
hat er vor seiner Abreise nicht mehr gesprochen, es auch wegen des
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bei den Schweden schon entstehenden Argwohns über ihr Einverständnis
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gern vermieden. Er hat ihm aber von der Resolution Mitteilung mit der
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Bitte machen laßen, daß er doch wegen der stiffter Oßnabruck und Minden
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das geringste nit mehr nachgeben und in allem sich firmo und constant zue
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sein bezaigen wolle. Der herr graff von Trautmansdorff hette ein groß con-
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tent und allegrezza darüber zu haben bezaigt und wieder wißen laßen, daß
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er nichts mehr nachzugeben, sondern woll balder etwas wieder zuruckzu-
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ziehen gedächte. Weiln aber dießes auch gestaldten sachen nach der rechter
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modus tractandi nicht sein würde, so were guett, den herrn graffen von
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Trautmansdorff davon zu bringen, daß er mitt den zuruckziehen und
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förderung, waß er bereits eingewilliget, die tractatus nit schwerer machte,
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sondern sich der sachen also bediente und den Schwedischen wie auch
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protestirenden, wan sie die oblata nicht acceptiren woltten, dißes remon-

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stirte , daß er einmahln weiters nicht gehen köntte, und wan sie mitt dem
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angebottenen nit zufrieden, so möchte es sich woll darnach schicken, daß
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sie auch solche angebottene conditiones nicht mehr würden erhaltten. Wie
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dan dieße auß Franckreich kommende guete resolution also zue mesnagiren,
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daß dardurch mehr nützen und assistenz den catholischen zuwachsen
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köntte. Mit Salvius hat sich dieser Tage die Gelegenheit zu einem vertrau-
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lichen
freundschaftlichen Gespräch ergeben, bei dem er ihm ernsthaft vor
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Augen gestellt hat, daß Frankreich den Krieg nicht fortsetzen werde,
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damitt die cron Schweden und protestirende zue der catholischen mehr
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underdrückung ihre also weithaußsehende postulata in den gravaminibus
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und wegen der stiffter erhaltten möchten. [...] Wegen Oßnabruck were
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kein exception zuzulaßen, wegen Minden hetten die Kayserliche mitt der
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alternativ schon zuviell nachgeben

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Mit dem Ultimatum der Ksl. zu den Gravamina 1647 III 15 (Druck: J. G. Meiern IV
S. 118–128 ).
und müßten nicht weiters gehen. Mit
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der achten Kur und der Unterpfalz könne Pfalz-Heidelberg zufrieden
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sein, die Autonomie in den Erblanden sei unbillig, auch wegen Augsburg sei
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genug bewilligt. Auf diese Vorstellungen hat er nicht geringe verenderung
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bey ihme verspürt, wie er dan endlich nach langer bezaigter perplexitet
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ihme versprochen, mitt dem Oxenstirn zu rehden und ihnen bester gestaldt
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zue disponiren, daß man zum end dießer tractaten durch billiche weegh
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kommen möchte. Wie nun der Salvius ein verstendiger und erfahrener man,
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der den rationibus deferirt und sich in allen also tractabel bezaigt, so hoffte
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er, er würde sich auch dergestaldt ferners veranlaßen und bey dem Oxen-
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stirn einige guette officia thuen, dan er particulariter ihnen ersuchte und
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consulirte, seinem collegae recht zuzusprechen. Und alß er Salvius ihme
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darauff auch geandtworttet, daß er bey dem Oxenstirn wenig außrichten
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köntte, hette er ihme replicirt, einem seinesgleichen würde es keine große
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difficultet geben, den Oxenstirn in tali negocio auff seine mainung zu brin-
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gen und ihnen dahin leiten, wohin er denselben haben woltte. W: Dankt
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für die Bemühungen und bittet um Fortsetzung. Will morgen Trauttmans-
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animiren, ihme auch von demjenigen, waß dienlich were, parte geben.
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Hat ihn vor seiner Abreise gebeten, bis zu der Resolution aus Frankreich
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keine den Katholiken nachteiligen Schritte zu unternehmen. Um so mehr
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schmerzt ihn, daß man damitt nicht gewarttet und bereits ad alternativam
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gangen were. D’Avaux: Er könne nunmehr behertzter sein, wan nur
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die Kayserliche sich constant bezaigtten, dan, wan derselbig würde die
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öffters vermerckte kleinmühtigkeitt weiters blicken laßen, so würden sein
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wegen der cron Franckreich öffters eingewendte officia nichts richten. Wan
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aber bemelter graff von Trautmansdorff sich inexorabel und immobel dar-
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stellete und er zugleich in solcher positur zue ihme tretten thette, so würde
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mehr durch zwey alß durch einen zu richten sein. Dießes were ihme herrn
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graffen woll zue inculciren, dan er mehrmahls vermerckt, daß es nöthig

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seye, dennselben zue animiren, wie dergleichen dan der Venetus ihme in ver-
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trawen angezeigt und derentwegen nit ungneigt bezeigt, wan er sonsten von
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den coronis ersucht were worden, sich mitt auff Oßnabruck zu begeben.
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I. H. G. würden sich der vertrawlichen advisen ihrer berühmbter prudenz
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nach wißen zu bedienen und den herrn graffen von Trautmansdorff behö-
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renden calore und versicherung dabey zu geben, daß die cron Franckreich
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ihme trewlich assistiren würde. Seine Reise nach Münster gibt den Schwe-
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den
große jailousie, da sie glauben, es gehe um den Abschluß mit Spanien.
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Dießen Schluß, so viell er abnehmmen köntte, apprehendirten die Schwedi-
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sche nit wenig, und thette ihme dahero desto leyder, daß die tractaten mitt
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Spanien und ihnnen in solchen übelen terminis bestünden, daß der duc de
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Longeville selbige gar zu abrumpiren und auffzuheben gemaint. [...] Man
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hette sich aber dießer selbiger tractaten üblen zustandts und beschaffenheitt
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zue Oßnabruck bey keinem alß eben den herrn Kayserlichen vermercken
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zu laßen. Er hat öfter an Trauttmansdorffs Herüberreise nach Münster er-
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innert
und würde ein Scheitern der spanischen Verhandlungen ungern
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sehen, und were dießes sein desiderium in summo bono affectu religionis
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fundirt. Dan wan er abstrahendo a religione, welcher bey dem kriegs-
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weesen in Teutschland periclitirte, alß ein vornehmber ministro der cron
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Franckreich zue dero auffnehmmen rheden soltte, so hette er mehr in erwe-
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gung aller umbstend zur continuation des kriegs mitt Spanien alß dem frie-
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den zu rahten. [...] I. H. G.: Sie vernehmen ungern, daß es mitt den
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Spanischen tractaten also beschaffen und hetten, wie ihme bewust, derent-
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wegen offters auff sein guettachten dem herrn graffen von Trautmansdorff
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zugesprochen, woltten es auch noch ferners thuen, wie sie dan noch derent-
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wegen mitt dem herrn nuncio und Veneto, alß sie bey deroselben gewesen,
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zue beförderung des friedens zwischen beeden cronen gerehdet und sie
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gantz woll intentionirt und eyfferig befunden. Sie hofften, seine gegen-
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wahrt würde zue Münster dieße sach in einen beßeren stand wieder brin-
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gen . Comte d’Avaux: Er woltte zwarn gern sein bestes thuen. Es
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müsten aber die Spanische sich nicht also intractabell erzeigen, sonsten
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würde er seine mühe vergeblich anwenden. I. H. G. möchten dem herrn
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graffen von Trautmansdorff wegen dießer tractaten woll recht zusprechen,
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weiln viell daran glegen, und erfrewte er sich, daß sie eben itzo nacher
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Oßnabruck raißten, umb ihrer aigner stiffter sach sua in absentia zue
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advigiliren und den herrn graffen von Trautmansdorff zue animiren. Beim
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Abschied haben ihm heute Oxenstierna/Salvius zugesprochen, man möge
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gegen Zugestehung der Kur in der Oberpfalz Konzessionen machen, wobei
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sie meinten, sie könnten die Einräumung des Landes ob der Enns an Bayern
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zuwege bringen. Er hat das bezweifelt, aber auf ihr Drängen zugestanden,
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daß er drei Tage lang ihre Bemühungen abwarten wolle, dann müsse er auf
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den Abschluß drängen. Dieses möge W vertraulich den Ksl. mitteilen.
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Wegen der Stifter hat er den Schweden geantwortet, er habe ausdrücklich
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Befehl, sie nicht preiszugeben. Auf seine Frage mußten sie gestehen, zur

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Behauptung der Stifter nicht direkt befehligt zu sein, sondern ihr möglich-
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stes allein zu thuen. Dießes were ihme nun eine guette bekendtnuß, deren er
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sich woll zu bedienen. Wegen Augsburg und der Autonomie haben sie ihn
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um Unterstützung gebeten. Vor dießem hetten sie gleichsamb imperiose et
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comminatorie gerehdet, indeme sie aber itzo ersuch- und bittweiß ihre
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sachen vorgebracht, so vermainte er viell dabey gewönnen zu sein, wan
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mans in den terminis haltten möchte, warzue der friedensschluß mitt
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beeden cronen Franckreich und Spanien nit geringen vortheill schaffen
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köntte. Er hat ihnen deutlich gesagt, daß der Kaiser die Autonomie in den
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Erblanden so wenig zugeben könne wie Schweden in den eigenen Landen,
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sie sollten also so starck nit begehren, waß sie einem anderen nit einwilligen
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würden. Ratione Palatinatus superioris, daß selbiger bey Bayern bleiben
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möchte, gienge ihme auch interesse religionis woll zue gemüht. Er hette
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aber ihnnen selbiges bekandten ursachen halber nit vermeldet und sich
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deßwegen dabey interessirt machen wollen. W: Bey der Oberpfaltz
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concurrirte seinem andeuten nach das interesse religionis, und wie die Fran-
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zosische herrn plenipotentiarii sich wegen der churfürstlichen dignitet dero
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Churfürstlichen Durchlaucht zum besten woll bezaigt hetten, also weren sie
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auch der zuversicht, sie würden es im übrigen continuiren; Erwähnung der
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guten Dienste Longuevilles bei den Trierern. [...] Bemühungen Serviens in
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Den Haag, durch Anstachelung des calvinistischen Religionseifers die spa-
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nisch
-staatische Verständigung zu hintertreiben. Warüber der comte
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d’Avaux die achßeln gezogen und dießes nur allein angedeuttet, das der-
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gleichen rationes vorzubringen bey Gott eine schwere verandtworttung wie
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auch unglück nach sich züghe. [...] Seine früheren Bemühungen in Den
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Haag zugunsten der Katholiken sind am Hof nicht gut aufgenommen wor-
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den
, es scheint, daß man in Erinnerung daran jetzt glaubt, er halte zu stark
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zu den Katholiken und nehme dadurch Schweden und die Protestanten gegen
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Frankreich ein. Er hat daraufhin geschrieben, die spanischen Verhandlun-
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gen
erforderten seine Anwesenheit in Münster, ebenso die Pfälzer Verhand-
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lungen
und die hessische Satisfaktion, weshalb er um Verhaltensbefehle
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bitte. Darauf ist ihm ein alsolcher beschaid zukommen, daß seiner mißgön-
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stigen anbringen nichts gerichtet, sondern er befelch bekommen, der catho-
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lischen interesse sich anzunehmmen, und were derowegen auch willig, auff
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erförderen sich wiederumb, weyln doch besorglich bey den Spanischen
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tractaten nichts mehr zue richten, zue Oßnabruck einzustellen und I. H. G.
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bester gestaldt zue erhalttung dero stiffter zue assistiren.

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