Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 II 20

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1647 II 20
Mittwoch W bei den Ksl. Trauttmansdorff: Keine ernst-
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hafte Neigung der Franzosen zum Frieden mit Spanien, sie warten auf den
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Ausgang der Verhandlungen Serviens in Den Haag. Da dieser angesichts
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der Abneigung der Generalstaaten gegen die Fortsetzung des Krieges wenig
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ausrichten wird, suchen die Franzosen andere impedimenta pacis. Deshalb
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wollen sie entgegen den früheren Zusagen die portugiesische Sache mit dem
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Vorwand zu den Verhandlungen ziehen, es sei ein Prozeß zur Hinrichtung
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des Prinzen Eduard in Vorbereitung; der Prinz wird nach Abschluß des
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Friedens mit Frankreich jedoch freigelassen werden. Die Spanier klagen
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sehr über die unbillige Haltung der Franzosen; W möge das bei Gelegenheit
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d’Avaux andeuten und entsprechend Chigi berichten. W: Will es Chigi
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mitteilen.

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12–15 Die Bayern – übereylen] am Rande: ad Bavarum omittantur.
Die Bayern sollen ein Kurierschreiben vom 10. mit der Weisung
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erhalten haben, die Partikularverhandlungen zu unterbrechen; da über ihr
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Drängen die Ksl. immer geklagt haben, wird man nun hoffentlich auch a
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parte Caesaris das werck mitt den stifftern nicht übereylen.

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Hinzu die Bayern. W: Chigi hat laut heutiger Mitteilung den Pariser Nun-
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tius gebeten, der Königin und Mazarin vorzustellen, daß es nach Abschluß
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der schwedischen Satisfaktion nur noch um die Religionsfrage gehe, wobei
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die französischen Gesandten zur Unterstützung der Katholiken angewiesen
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werden möchten. Auch Chigi läßt die Ksl. zur Standhaftigkeit ermahnen.

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Trauttmansdorff: Er hörete gern, daß der herr nuncius zue Münster, wie
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er niemaln daran gezweifflet, alsolche guette officia einwendete, es were
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aber viell an der zeitt glegen, indeme die Churbayerische so starck auff den
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friedenschluß trüngen, und der comte d’Avaux wegen des stiffts Minden
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sich noch nicht also starck, wie es der sachen beschaffenheit erförderte, der
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Schwedischen und protestirenden postulatis opponirte, und wan die Fran-
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zosen nur zue rechter zeitt mitt anhaltten würden, so soltte es an ihnnen
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Kayserlichen nicht ermanglen.

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Hinzu Krebs (Mainz). Trauttmansdorff: Hat mit den Interessierten über
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die hessische Satisfaktion reden wollen. Hat mit der erblichen Überlassung
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Hersfelds Kassel zufriedenzustellen gemeint und, als d’Avaux das als
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völlig ungenügend bezeichnete, noch 100 000 Reichstaler geboten. Da er
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merkt, daß auch das nicht genügt, bittet er um die Köln-Mainzer Meinung
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zu weiteren Angeboten. – Köln-Mainzer Sonderberatung. Krebs: Zu An-
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geboten
nicht instruiert. W: Ebenfalls nicht instruiert, auch Fulda und
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andere Interessierte zu hören. Ist hic inde von unbilligkeitt der sachen
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zwarn gerehdet, doch propter praesentem statum vor rhadtsamb befunden
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worden, ut ex maioribus malis minus eligatur, dem herrn graffen zue andt-
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wortten , daß von den herrn Kayserlichen, wie alberaits woll beschehen, die
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überlaßung des stiffts Hirschfeld seiner importantz nach woll hoch zu
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schetzen und noch weiters zue exaggeriren. Große geldsumben zu bieten,
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darzue were man nicht befehligt, noch auch mitl verhanden, die Caßelische

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auch woll nicht befuegt, solche zu begehren. Weiln gleichwoln absque
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ratione dergestaldt von den Hessischen verfahren würde, so hielte man es
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leidlicher zue sein, auff die 100 000 reichsthaler, und wan schon noch etwas
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ertragliches darzue zu setzen, möchte gehandlet werden, alß daß man len-
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ger in den kriegslasten und contributionibus stecken blieb. Vor allem aber
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were bey dießer handlung woll zuzusehen, daß keine plätze ihnen pro secu-
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ritate , quam in publica fide ponere deberent, gelaßen würden und daß alle
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diejenige, welche itzo contribuiren, dieße sumb auch proportionabiliter ab-
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statten müsten. Welches letzter gleichwohl des herrn Veneti vor dießem be-
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schehenen einrahten nach nicht zu sagen, biß man der summa einig und
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wohero solche gelder soltten genommen werden. Den Kayserlichen möchte
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dergestaldt freygelaßen werden, daß wie obgemelt alle den Hessischen con-
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tributionibus underworffene landschafften solches beyzubringen, wie dan
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ihnnen alsolche zue dem end zu benennen. – Wie man nun wiederumb auß
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dem nebenzimmer gangen und den herrn Kayserlichen solches discurrendo
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hinderbracht und Darmstatt mitt inter contribuentes benennet, hatt der
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herr graff von Trautmansdorff angezeigt, wie daß Darmbstatt 20 000 gul-
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den jahrlicher rhenten hinderlaßen soltte

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In Zusammenhang mit dem innerhessischen Streit um die Marburger Erbschaft.
und also weiters nit zu beschwe-
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ren seye. Zuedeme hetten sich die Hessische alberait erklert, daß sie von
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dem land zue Berg und Gülich in puncto satisfactionis nicht begerten,
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ebener gestaldt würde es mitt der graffschafft Marck auch gehn und sel-
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bige landschafften nichts hergeben wollen. Die Wetterauische und Wester-
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waldische graffen weren zue Caßell verwand und woll gelitten, die würde
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man auch übersehen wollen. Worauff alß der bericht gegeben, daß bey
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Darmstatt zweyerley zue consideriren, erstlich die Marpurgische streyttig-
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keitt und 2. waß für contributiones auß den Darmstättischen die Casse-
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lische gezwungen. Die Märckische köntte man auß dem Hamb, die Bergi-
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sche auß Sieburg, die Gülichische auß Heinßberg

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Siegburg und Heinsberg, militärische Hauptstützpunkte der Ksl. in Berg bzw. Jülich.
und anderen ortten woll
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zue demjenigen anhaltten, waß die billigkeit erförderte, den andern hoch-
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beschwerten landen allein daß nicht zuzumuhten, daß sie dieße von den
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Heßischen contributionibus liberiren soltten; und dabey andere rationes
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angezogen. Welche der herr graff zu seiner nachrichtung ihme schrifft-
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lich zu geben begert und ferner vernehmen laßen, daß wan man so viele
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quartier zue dießem satisfactionspunct ziehen woltte, so würde man nichts
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zue der militiae satisfaction behaltten. I. H. G.: Bey der militiae satis-
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faction würde es zweiffeloßohne noch woll zimblicher anlagh bedürffen,
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man müste aber hierinn der billigkeitt nach auch procediren und den-
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jenigen landen, welche zue den Hessischen eingewilligten gelderen billich in
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communi causa et uno fine, von den itzo ihnen aufferlagtten Hessischen
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contributionibus befreyet zue sein, billich zue concurriren, in anderen
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sachen ein mehrers nicht aufflagen, alß waß den gemainen außgaben nach

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die proportion mitt sich bringen könne, dergestaldt, daß wan man zue den
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Hessischen geldern weniger alß andere stende außgebte, daß man dan in
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reliquo auch noch weiters, waß die reichsmatricul gäbe, zue concurriren.

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Herr graff von Trautmansdorff: Dies, wie es kein unbilliche sach, also
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were es auch zu beobachten, und woltte er dahin trachten, daß man auff
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ein erträgliche geldsumb mitt den Hessen schließen und alles, was dabey
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erinnert und daß memoriale mitt sich bringen möchte, dergestaldt in obacht
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genommen würde, damitt die Hessen nicht zu sagen, von wehm sie die
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gelder haben woltten, sondern die Kayserliche under denen stenden, welche
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den Hessischen contributionibus underworffen, die außtheilung zu machen
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hetten. I. H. G.: Sie begerten, daß man doch a parte Caesaris bey dem
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puncto satisfactionis Hassicae woll dahin sehen möchte, daß eben die stiff-
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ter , welchen die Hessische vor anderen also starck zugesetzet und davon sie
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nebens den hohen contributionibus die fürstlichen und der geistlichen intra-
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den an sich gezogen, der last nicht allein weiters auffgelegt werde; und
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weiln die Churbayerische wegen des friedenschlußes also starck anmahnung
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thetten, ob nicht das armistitium zu beförderen, damitt die von Chur-
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bayern allegirte gefahr cessirte und man zeitt gewinnen möchte, der Fran-
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zosen assistenz zue salvirung des stiffts Minden desto beßer cum effectu zu
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genießen. Trauttmansdorff: Bei den Verhandlungen in Ulm

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Zum Verlauf der Waffenstillstandsverhandlungen in Ulm vgl. S. Riezler V S. 606ff,
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M. Koch II S. 279ff, H. von Egloffstein S. 149ff.
soll man
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ohne Abschluß auseinandergegangen sein; Königsmarck beabsichtigt offen-
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bar
, Niedersachsen und Westfalen zur Unterhaltsbasis seiner in Ober-
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deutschland
nicht mehr zu versorgenden Truppen zu machen, und weiln
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das armistitium von der Schwedischen willen und resolution dependirte,
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sich nach deme dieße des Königsmarcks marche und vorhabendes abgehen
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vermuhtlich resolviren würde. Beim Abschied Volmar zu Reck/ Busch-
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mann
: Fürchtet, daß Kassel nicht davon abzubringen ist, die Satisfaktion
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allein von den Stiftern zu fordern.

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28–30 Die – Minden ] am Rande: omittatur ad Bavarum.
Die Ksl. außer Trauttmansdorff beim

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Hinausbegleiten: Angesichts der bayerischen Haltung keine Hoffnung für
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Minden.

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W bei Krebs (Mainz). Schlägt eine Zusammenkunft der katholischen
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Stände vor, damitt sie in also starcker antreibung wegen der Pfältzischen
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sach und friedensschlußes, welchen man gleichwohl allerseits gern beför-
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dert sähe, nicht der stiffter sach Oßnabruck und Minden zue der catholi-
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schen religion und gemainem interesse vulnerirten und den Kayserlichen
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ursach gäbten, mitt denen von ihnnen gemachten instantiis sich zu end-
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schuldigen . Krebs: Will darüber mit Brömser reden, doch erfordert die
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Einberufung zeitt und weyle. Zuedeme bliebe fast nichts gehaimb, und
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möchte es zue dero stiffter erhalttung nicht dienlich sein, wan es außkom-
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men soltte, daß quoad ipsum modum conservandi die catholische under sich

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nicht allerdings einig. I. H. G.: Es hette die mainung nicht, daß man
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einige differenz und uneynigkeitt inter catholicos, sondern viellmehr einig-
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keitt und beisammensetzung beförderen und maturiren soltte. Zue alsol-
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chem end würden die consilia zue dirigiren sein. Hessische Satisfaktion.

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Krebs: Will deshalb Schröder mitteilen, daß die Mainzer zu keiner Be-
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willigung instruiert sind.

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W bei den Bayern: Gefahr für Minden durch ihr starkes Drängen. Sie wolt-
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ten doch die churfürstliche befelch nach dem itzigen statu der tractaten,
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und da beraits die satisfactiones coronarum geschloßen, also gebrauchen,
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damitt der catholischen religion nicht alsolcher unverwiederbrincklicher
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schad geschehe. Woltten auch hoffen, der heutt bey ihme ankommener
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currier würde dergleichen considerationes woll gehabt haben. Bayern:
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Die Ksl. beschuldigen sie zu Unrecht, da sie der stiffter conservation ihres
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gnädigsten herrn willen nach gern befördert sähen [...]. Ihre befelche
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weren also scharpf und starck, daß sie denselben nachkommen müßten. Bey
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dießem currier würden dieselbe wiederholet und expresse darinn gesetzet,
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daß sie wedder ihr eigener vor dießem hinauffgeschriebene gedancken noch
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andere considerationes sich soltten irren laßen. Ihre Churfürstliche Durch-
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laucht were ein verstendiger altter erfahrener regent, würde das werck woll
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bey sich überlegt haben. I. H. G.: Darahn were kein zweiffel; sie kön-
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tten aber eben nicht wißen, waran eben itzo bey ietzigen tractaten bestehe,
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und köntte man also hier beßer alß daroben, waß den catholischen am
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dienligsten, iudiciren. Es were gleichwohl die catholische liga nicht wegen
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der churwürde, sondern zur conservation der catholischen religion und
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stiffter gemacht und so lange zeitt costbarlich underhaltten, und hetten
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dieße stiffter sowohl alß sonst yemands anders bey dem kriegsweßen das
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ihrige gethan. Die itzo von Churbayern bezeigte kleinmühtigkeit were dem
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gemainen und catholischen weeßen gar schädlich. I. H. G. hetten noch
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gestern von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue Cölln schreiben bekom-
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men , daß man wegen der coadiutorien bey dießen stifftern die sachen be-
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fördern möchte, auff ein alsolche bezaignuß von Churbayeren würde
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damitt nit fortzukommen sein, und würde man in ipso negocio Palatinatus
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spühren, daß nach itziger der tractaten beschaffenheitt dießer modus, in die
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Kayserliche zu dringen, den sachen nicht beförderlich, wie dan besorglich,
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ehe 3 wochen zum end giengen, woll an dieße rhed zu erinneren ursach
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überkommen würd. Der canzler von Hildeshaimb

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Joachim Stein.
were dießen morgen bey
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ihro gewesen und angezeigtt, wie daß nunmehr auff dem stifft Hildeshaimb
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praetensiones woltten formirt und vortgesezt werden. Wan nun die Kayser-
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liche alles propter instantiam illorum, den friedenschluß zu machen, hin-
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geben müßten, so würde der stifft Hildeshaimb auch noch den catholischen
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können endzogen werden. Illi: Sie weren ia gantz dagegen, daß man
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einige stiffter vergeben wolle, sich de reliquo auff ihre befelche berueffendt

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unter Verlesung des kurbayerischen Schreibens. W: Weiln man confi-
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denter billich mieinander zu handlen, so würden sie selbst erkennen, daß
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dießes manuscriptum iuxta rerum statum zu verstehen und zu gebrauchen.
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Sie weren nun etliche und 20 jahr bey den negotiis publicis continuirlich
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gewesen, köntten aber nit begreiffen, wie daß die herrn Churbayerische
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itzo gestaldten sachen ursach, dergestaldt in die Kayserliche zu setzen. Sie
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nehmen iederzeitt die Pfältzische sach mitt bey ihren negociationibus in
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gebürende obacht, dergleichen woltten doch die Churbayerische auch
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wegen der stiffter thuen. Auf die Frage, ob das Schreiben vom 6. oder 10.
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sei, weichen die Bayern aus. – Daraufhin wird Buschmann beauftragt,
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Trauttmansdorff mitzuteilen, da das bayerische Schreiben offenbar vom 6.
12
sei, werde die Nachricht hinsichtlich des am 10. abgefertigten Kuriers
13
richtig sein.

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