Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1648 X 8

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1648 X 8
Donnerstag Bericht Steins: Auf Vorladung der Reichsdepu-
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tierten
ist gestern Scheffer erschienen, dem die Beschwerde Kurkölns wegen
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der neuen Feindseligkeiten gegen Münster und Paderborn vorgehalten
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wurde. Scheffer hat auf die Entsendung eines Kölner Deputierten an die
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Landgräfin verwiesen, der werde zweifelsohne mit einer solchen resolution
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versehen werden, die dem frieden gemeeß. Im übrigen habe facta et com-
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posita satisfactione Hassica der general Lamboy der feyndtsahligkeiten
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wieder Heßen den anfang gemachtt, dieselbe nicht allein befestigte plätze
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belagert, sondern auch im offenen felde feyndtlich angegriffen, und wanß
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ihme gluckt, den garauß machen wollen; also die Heßen zu newer ver-
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faßung und ietziger fast kostbaren postur genöhttigt hette, auch noch
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heutige stunde nach angezogenem Spanischen succurs verfahren thete. Daß
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sie nun bey so gestalten sachen still sitzen solten, wehre sehr bedencklich.
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Das beste mittel were der friedenschluß und die subscriptio instrumento-

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rum , so ceßirten die hostiliteten per se, wiewoll sie sich nach der actionen
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der cronen reguliren musten. Darauff hette Schefer punctum satisfactionis
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Hassicae verbis quidem modestis, materialia satis acriter movirt, und wie
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der Chursachsischer ihnen etwas starck zugesprochen und davon stillzu-
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schweigen begert, hette Schäfer geandtwortet, wan sie schon schwiegen, so
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wurden dannoch die cronen fur sie dießfals reden, und die tausende, so im
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felde stunden, wurden auch nicht schweigen. Deputati: Die sache gehörete
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nicht vor sie, sondern fur gesambte stände, die sich schon erklert hetten.
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NB. Langerbeck, Braunschweigischer abgesandter, hette dem cantzler Stein
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in vertrawen gesagtt, daß die Heßen remissionem suae domus quotae offe-
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rirt und begert hetten, ihnen nichtt zuwieder zu sein. Se respondisse, sie
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handelten offensichtlich und hetten mit solcher fuscherey nicht zu thun,
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iuxta naturale principium, quod tibi non vis fieri etc. Verhandlungen der
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Deputierten mit Servien und Salvius wegen endgültiger Redaktion der
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Friedensverträge .

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Mitteilung Tosculanos: Von Ksl. und Franzosen bewilligte Form des Ein-
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schlusses

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Anlage (Tosculano an W 1648 X 8 mit Beilagen): fehlt; Osn. 137.
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Anfrage bei Krebs (Bayern): Verhandlung der Deputation mit den Hessen;
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Gründe für Verzögerung des Abschlusses trotz erfolgter ksl. Erklärung?

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Krebs: Nachdem Scheffer die Unbilligkeit der neuen Feindseligkeiten
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mit dem Erbieten vorgetragen worden ist, auch Lamboy solle zur
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Einstellung der Operationen veranlaßt werden, hat er geantwortet, daß bey
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ihnen abgesandten die sistirung der waffen pure nicht stünd, doch wolle er
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sich dafür bei der Landgräfin verwenden; interim aber sey es ahn dem, daß
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die Lamboyische gegen die Hessen alles, auch mit zuziehung frembden
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succurßes, was sie nur vermochten, tentirten. Demnegst hab er die conten-
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tirung der Hessischen milizi recommendirt, zumaln man leicht zu ge-
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dencken , daß dergestalt mit lährer hand sich nicht abweißen laßen würden.
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Begerten kein grose summ, sondern würden sich mit einem geringen be-
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gnügen laßen. Alß bey diesem leztern der Dr. Krebß vermeldet, die
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Hessische hetten diese praetension zu Oßnabruck nur auff 100 000 reichs-
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thaler angeschlagen und so viel zu verstehen gegeben, daß man das werck
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darahn nicht zu erwinden laßen hette, ist replicirt, daß nit allein zue
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Oßnabruck der schluß ein anders geben, sondern seyen auch diese volcker
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auß dem craiß uberflußig [...] bezahlt, auch der landgraffin so ansehen-
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liche satisfaction ahn land und geld ohne schuldigkeit allein amore pacis
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gegeben, daß ia mit vernunfft weitters in die auff den eusersten grad
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außgesogene arme underthanen nit zu tringen. [...] Krebs: Wegen der
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neuen Feindseligkeiten waren die Deputierten auch bei Servien und Sal-
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vius
; ersterer hat etwas vertröstung geben, letzterer auf die Ankunft Oxen-
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stiernas
verwiesen. Ad effectum pacis nichts anders ubrig alß die rescri-
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birung und underzeichnung der hinder den Churmainzischen liegenden

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instrumentorum, warzue Servient alle stund willig, auch Salvius allein noch
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einer andwort vom Oxenstern erwartten thett, und daß alßdan die notifi-
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cationschreiben ahn die generalen abgefertiget und darmit weittere opera-
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tiones eingestelt. Hat zur Vermeidung von Zeitverlust vorgeschlagen, man
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solle die Instrumente unterzeichnen, wie sie sind, und die letzten Fragen
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nachher klären, was Servien gur aufgenommen hat. Noch offene Punkte: 1.
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Geringfügige Änderungen im § ‘Tandem omnes’; 2. Bremer Zollsache; 3.
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Ausdehnung der stadtbremischen Jurisdiktion im Erzstift; 4. Austeilung
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der schwedischen Militärsatisfaktion; 5. Gleichzeitige Zahlung, Abdankung
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und Übergabe der Plätze, weshalb keine Schwierigkeiten zu erwarten sind;
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6. wegen Hessen Auslassung der Klausel ‘quatenus et quantum Caesari non
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praeiudicat’; 7. Durchführung der Bestimmungen über Amnestie und Gra-
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vamina
bis zur Ratifikation; 8. bis dahin Übergabe der Ratifikationen in
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manus tertiorum; 9. neue Forderungen wegen Erfurt, auf denen Schweden
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aber nicht bestehen wird; 10. hessische Militärsatisfaktion, die in Osna-
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brück
abgelehnt worden ist, doch mocht es endlich, wie vorgemelt, umb ein
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so grosses nicht zu thun sein. Der abgeschickter replicirte auf diß lezter,
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daß man ia angedeuttete 100 000 reichsthaler fur kein geringes wolte
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achten, weniger gedencken, solche diesen landen zue andern unerschwing-
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lichen sachen aufzusattlen, dan gewißlich dadurch, weyln es einmal impos-
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sibilitas plus quam notoria, negotium pacis nicht würde befürdert
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werden. Und der Dr. Krebs hinwieder, umb diß willen würden die
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coronen den frieden nicht fahren laßen, sondern ehender Franckreich selbst
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noch ein halbs jahr die assistenzgelder herzugeben (wie mit 200 000 livres
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jahrlichs geschehen) nicht achten würde. Dieses und anders mehr bey
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vorerzehlt noch unrichtigen sachen (reponirte der abgeschickter) seyen
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praesupposita und muthmaßungen, die leicht fehlen köndten, und das
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lezter sonderlich mit den 100 000 reichsthalern, daß dieselbe Franckreich
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solte wollen hergeben, gewiß fehlen werde, daher man, durch das blinde
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facit hierauf, sich nicht verlaithen und in die bewilligung einführen laßen
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möcht, sonst besorglich nichts gewißers, alß daß dieses onus auch noch dem
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verderbten reich incumbiren würde. So der Dr. Krebs per generalia,
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daß ers dafür nicht halten kondte, beandworttet. Im französischen Vertrag
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noch zu ändern: 1. Erwähnung der ksl. Wahlkapitulation, die Kurtrier
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schon übergeben ist; 2. proprietas statt infeudatio bei der französischen
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Satisfaktion; 3. Auslassung Spaniens und Lothringens als socii Caesaris;
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4. sofortige Zessionsurkunde des Kaisers wegen des Elsaß. Mit vermelden,
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wan her Volmar zu Oßnabruck verplieben und fort tractirt, hette man all
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diese difficultates und den frieden selbst schon lengst erhoben, ja wan herr
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graff von Trautmanstorff gewolt, hett man frieden schon vorm jahr haben
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konnen, daß iezt kein einig feindlicher soldat in Bayern oder den erb-
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land mehr were, ia keiner würde sein hineinkommen, waruber er seine
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seel verpfenden wolt. Dergleichen sachen hetten die handlungen remorirt,
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ia der Münsterischer protestiren und contradiciren mehrer hindernus und

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mühe gemacht, alß die richtigkeit mit den coronis und protestirenden
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stenden zu treffen. Bey denen es nur allezeit geheischen, daß frieden zu
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machen noch kein zeit seye, da man doch im krieg nirgend konne fort-
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kommen . Der abschickter sagt auff beyde leztere anzüeg, daß der hie
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gebliebene stende contradictiones ye keine moram causiren konnen, zumal
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man deren unacht eigens gefallens fortgefahren und die andern reden und
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schreiben laßen, was sie gewolt. So sey auch kein wunder, daß der vergleich
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mit den Schweden und protestirenden leicht gewesen, dan ihnen alles, was
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sie begert, ia offtmals mehrer gegeben und nachgesehen. Daß aber die hie
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verpliebene stend sich solten haben vernehmen laßen, daß noch kein zeit
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frieden zu machen, hette er niemals gehört, sondern vielmehrer fast von
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yederwedem, daß es bey taglich zunehmendem ubelstand im reich zeit uber
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zeit seye, dahin zu trachten, wie man zum schluß geriethe, ehe alles uber
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und uber ginge, nur daß man, dieses der weeg und modus darzu zu sein,
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nicht befinden kondte. Demnegst gedachte der Dr. Krebß sein von
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Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht habenden befelchs und erwehnte dabey,
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daß, alß er das lezte mal zu Munchen gewesen, Churbayern ihnen befragt,
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wie ihm das friedenswerck im grund recht vorkehm. Darauff hette er zur
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andwort geben, daß mans bey dieser handlung vornemblich mit zweyen
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partheyen zu thun hab, deren die eine in lucro, alß Franckreich und
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Schweden, und die andere wie Spanien und das hauß Osterreich in damno
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stünde. Jenen favorirten die waffen, daß sie kein ursach hetten, viel zum
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schluß zu eylen, weyln sie alle tag mehrer und mehrern vor sich bekehmen,
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hingegen erwartteten diese beßerer coniuncturn, mittelst deren sich
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hoffnung macheten, das verlohrene zu recuperiren; und hiernebens seyen
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die reichsstende, welche der religionßgravaminum halber in einem verstand
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nicht weren. Diese uneinigkeit mächten sich Franckreich und Schweden
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meisterlich zue nütz, daß kein hoffnung sey, alßlang nicht die stende under
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sich verglichen und gesambter handen den coronis zusprechen, die außwer-
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tige coronas zu bessern friedensgedancken permoviren zue konnen, also daß
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res desperatissima, wo nicht vor allen dingen auff composition der stende
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under sich et hoc per compositionem gravaminum religionis, und zwarn
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dieses letzter mittelst eines vorgriffs der mächtigster stende, gedacht würde.
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In der Lütticher Sache hat Servien ihm zu einer Intervention Kurbayerns
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beim König geraten; entsprechend hat er dem Kurfürsten berichtet.

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Lamberg/Krane bei W. Den ständischen Deputierten haben die Ksl. heute
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mitgeteilt, daß sie ihrem Befehl nach die Deklaration nur hätten heraus-
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geben
dürften, wenn sicher sei, daß dann die Unterzeichnung erfolge. Da
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diese sich verzögert, haben sie auf die Entschuldigungen der Stände geant-
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wortet
, daß sie ihrestheilß nichts mehrers in den sachen tractiren, sondern
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nur ipsam suscriptionem urgiren müsten. Frage der schwedischen Unter-
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schrift
in Abwesenheit Oxenstiernas; daß man diesem das Instrument zu-
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schickt
, halten insbesondere die Bayern für zu langwierig, sie wünschen,
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daß morgen die deponierten Instrumente unterschrieben werden. Die Ksl.

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bezweifeln, daß Servien und Salvius dazu bereit sind, bevor die Instru-
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mente
mundiert sind, wollen aber unterzeichnen, wenn die Stände Servien
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und Salvius dazu vermögen können. Servien soll Krebs vorgehalten haben,
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warum er so starck auf die Unterzeichnung dränge, denn wenn die Nach-
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richt
vom Abschluß Turenne und die Schweden noch in Bayern treffe,
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würden sie dort stehenbleiben. Drüber man hinc inde discurrirt, wie
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gefehrlich es bey dergleichen vorhaben noch zuegehen würde und daß
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eben zue solchem end die Hessen auch woll in das stifft Paderborn
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geruckt sein möchten, damitt sie alda conclusa pace stehen pleiben und alles
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völlig zuegrund richten möchten. Unvermögen der Stifter zu gleichzeitiger
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Zahlung der Satisfaktion, Unterhaltung von Mediat-, Immediat- und hessi-
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schen
Truppen und der geforderten hessischen Militärsatisfaktion. Ihre
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Churfürstliche Durchlaucht hofften, es würden andere stendt dießer
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forderung unpilligkeit nit allein erkennen, sondern ob- und mitt daran sein,
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damitt sie Hessische durch dero soldatesca nit etwas gefehr- und schäd-
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liches vornehmen und diejenigen, welchen sie noch schuldig sei, von den
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600 000 reichsthalern contentiren möchten.

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