Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 VI 12

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1647 VI 12
Mittwoch W an Volmar: Bitte um Beförderung der Resti-
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tution
Fürstenaus. Volmar: Bericht über ihre Bemühungen in
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Osnabrück; da Oxenstierna dabei gefragt hat, ob die Ksl. deshalb die Ver-
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handlungen
ruhen lassen wollen, sehen die Schweden ihr Scheitern offenbar
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gern. Auf den Einwand , dergleichen occasion mögte vielleicht pro Caesare
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et imperio beßer ia schon vorm jahr gewesen sein, alß dergestaldt vana spe
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sich lactiren und mit vergeblichen worten leiten und betriegen zu laßen,
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antwortet Volmar , daß es freylich also und er seinestheilß selbsten wun-
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schen thete, dan man sehe, daß doch alles umbsonst und nichts gethaen, alß
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mit new und new unpillichen postulatis die zeit zu gewinnen gesucht
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werde, und wurde nicht allein von ihnen Schwedischen die catholische,
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sondern die protestirende selbsten betrogen, zumaln bey seinem anwesen zu
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Oßnabrugk auff der alternativa bey selbigem stifft heftig bestanden und
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offters vorgeben wordenn, daß wan dieser punct seine richtigkeit hab,
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sowoll I. H. G. sich weiters nit zu beschweren haben, alß auch die sachen
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sonst leicht vollendts zur endtschafft wurden konnen gebracht werden.
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Nun seye zwarn solches petitum nachgegeben, aber damit so viel alß nichts
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gerichtet, und gehe es in anderen mehr sachen eben dergestaldt. Jetzt solte
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alles an composition des negotii Palatinatus haften, es werde aber hierzue
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sowoll von den herrn mediatorn alß sonstenn fast schlechte vertröstung
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gegeben, und wiewoll von den Frantzosen dießfals große promessen gesche-
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hen und die herrn Churbayerische darauf reflexionem machen theten, so
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besorgen doch und sagens die herrn mediatorn palam, daß darauß nichts
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zu verhoffen, und die Frantzosen nuhmehr selbst bey den Schweden die
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authoritet mehr nicht zu sprechen hetten. Zur Militärsatisfaktion hat Sal-

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vius
geäußert, da kein Geld mehr im Reiche sei, möge man den Offizieren
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die Güter des Johanniter- und Malteserordens überlassen. Wegen Fürstenau
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sieht Volmar kein Mittel als Einschaltung der Protestanten; gegen die Zu-
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ziehung
der Spanier spricht, daß Peñaranda abreisen will und nur auf
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Trauttmansdorffs Weggang wartet . An allem eintzig und allein [...] daß
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schöne Ulmische armistitium schuldig. Wan nur Ihre Churfürstliche Durch-
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laucht zu Colln gewoltt und noch woltte, wurde der handt voll Schwedisch
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und Heßischen volcks gnugsamer wiederstandt geschehen und der großer
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muhtwill verwerht werden konnen, da nun ietzt auf diese weiß plätz und
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volck verlohrenn und die landen dabey in grundt verdorben wurden. Ihme
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thet biß ins hertz hinein leidt, daß Ihre Durchlaucht nach deren so viel
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jarigen loblichen regierung nun diesen nachklangk mitt ins grab nehmmen
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musten, daß, da sie so ansehenliche ertz- und stiffter possedirten, deren jedes
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wenigst ein regiment wurde richten und unterhaltten konnen, dergestaldt
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durch diese Separation vom Kayser, von einem weib in ein bochshorn ge-
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trieben wurden, und zwarn mit unreparirlichen reichs und religion schaden,
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und wurde es der außgang gar hoch, aber zu spaht betawren machen.

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Auff dieses replicirte der abgeschickter, daß was das armistitium selbsten
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belangt, ihme davon zu reden, was dazu fur anlaß und ursach gegeben, nit
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gepuren thue, waß aber Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Colln zu deßen
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acceptation gezwungenn, indeme die gantze feyndts macht in solcher postur
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nach getroffenem Ulmischen schluß sich gestellet, daß sie Ihrer Churfürst-
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lichen Durchlaucht ertz-, stifft- und landen auf den fall abschlagig gegebe-
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ner resolution uno gleichsamb hiatu, alß der Wrangel und Touraine mit so
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mächtigen exercitibus von oben herab, und der Konigßmarck neben den
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Heßen hetten verschlucken und unter das schwere ioch der dienstbarkeit
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bringen konnen und wöllen. Insgesamt hat Kurköln fast 60 Regimenter für
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den Kaiser aufgestellt. Zu erachten , wie schmertzlich und tief Seiner Chur-
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fürstlichen Durchlaucht zu hertzen gehen muße, daß sie anietzt von den
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Kayserlichen generaln und kriegsofficieren dergestaldt ubell, mehr alß
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yemaln einem eintzigen hohen oder niedrigen standt geschehen zu sein im
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reich erhort worden, tractirt werde, und zwarn mit solchen unverandtwort-
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lichen proceduren angefangen, ehe Seine Churfürstliche Durchlaucht die
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abgetrungene ratification von sich geben, und gleich paldt darauf, alß sie
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ihren commendanten (allermaßen von Heßischer seiten geschehen) schrifft-
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lich anbefohlen, sich wehrendem termino, welcher ihro zu ihrer declaration
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bey der Ulmischen handtlung bewilligt, aller hostiliteten zu enthaltten. Ob
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nun woll Ihre Churfürstliche Durchlaucht gar nit trawen, daß solches mit
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Ihrer Kayserlichen Mayestet vorbewust und auß dero befelch also gesche-
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hen sey, zumaln deroselben ihre aufrichtige gute intention auß obiggemel-
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ten trewen diensten und ihrer nun so viel jahriger gefuhrter regirung und
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aller ubrigen bezeichnungen zu genugen bekandtt, hetten auch noch ferner
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ihre beharrende trew, und wie diese ihre resolution Ihrer Mayestet selbsten
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zu mehrerm besten angesehen, indeme die Kayserliche völcker auß den

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plätzen genohmmen und nutzlicher gegen den feyndt ins feldt gebraucht
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werden konnen, durch zwey nacher dem Kayserlichen hoff abgeschickte
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rähte remonstriren laßen

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Zur Wiener Mission Franz Egons von Fürstenberg und des Geheimen Rates Daniel Diet-
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rich von Landsberg-Erwitte (gest. 1684) vgl. W. Engels S. 482, J. Foerster S. 295f.
, und darumb desto mehrer gehoffet, es wurde
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von darauß die remediirung unter deßen anbefohlen worden sein. Solches
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aber seye biß dato nicht geschehen, sondern continuirten die unverandt-
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wortlichen proceduren des von Sparren unnd Blumenthals noch immerhin.
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Ob nun dergleichen gegen einen solchen vornehmen standt und zwarn
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gegen den eltisten churfürsten des reichs, welcher drey auß dem hauß
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Osterreich wie ietzt regierende Ihre Mayestet selbst zur Kayserlichen
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würde erheben und wehlen helffen, ursach und ahnlaß geben konte, die
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gegebene resolution zu retractiren und vorhin gemelter gefahr, warzue die
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occasion noch gantz nicht benommen, zu unterwerfen, auch anderen
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standen bey Ihrer Mayestet zu stehen, wurde er vernunfftig vielleicht selbst
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ermeßen können. Der herr graff von Trautmanstorff habe iungst auf
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gleichmäßiges remonstriren vermeldet, daß er darunter dem Blumenthal
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starck geschrieben und weiters bey anderes tages folgender post zuschreiben
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wolte, welches verhoffentlich geschehen, und wolte hiemit ihnen hern Voll-
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marn gebetten haben, die hierauß folgende, mit wenigem angedeutt-, ihme
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aber beßer bekendte inconvenientien woll zu consideriren und denselben
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bey zeiten vorkommen zu helffen. Der herr Vollmar gab hierauf diese
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antwort: Er bekendte, daß unterschiedtliche mißverständt vorgangen,
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welche dem herrn graven von Trautmanstorff, auch ihme zu vernehmen
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gar nit lieb gewesen, es sey deßhalben wie angezogen geschrieben worden,
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wolte auch, da weiters nöttig, mit dem herrn graven von Trautmanstorff
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mehrere erinnerung bey den Kayserlichen officieren zu thuen zu befurteren
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nit unterlaßen.

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Contarini bei W. Erfolglose Bemühungen bei den Schweden wegen Fürste-
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nau
. W: Diese hätten die ihm zur Last gelegten Verstöße vor den Kon-
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greß
bringen und von diesem entscheiden lassen müssen. Contarini: Die
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Schweden verstehen nicht die von Lamberg/Krane gemachte Bemerkung,
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W fühle sich an die praeliminaria so eigentlich nit gebunden. W:
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Offenbar ein Mißverständnis; er und seine Umgebung haben sich lediglich
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beklagt, die Präliminarien seien gebrochen worden. Contarini: Die
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Friedensaussichten unsicher; die Schweden beteuern zwar ihren guten
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Willen, können aber namentlich mit der Militärsatisfaktion noch
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Schwierigkeiten machen. Das ksl. Instrument für die Franzosen soll morgen
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übergeben werden, nachdem es wegen Chigis Bedenken gegen Erwähnung
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der Religionsfrage hat umgearbeitet werden müssen

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Druck: J. G. Meiern V S. 130–140 ; Übergabe 1647 VI 13, vgl. J. G. Meiern IV S. 557,
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APW III C 2,1 S. 839.
. Noch schwedische
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Einwände in der Pfälzer Sache, auch die französische Haltung dazu noch
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nicht ganz klar. Die Franzosische hetten noch vor 2 oder anderhalben

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monat einen vortheilhafften frieden mitt Spanien haben können, sie
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würden ihnen aber dergestaldt itzo nit erhaltten; dabey per digressionem
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der Teutschen chur-, fürsten und stend eilend beklagt, daß sie noch nicht
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sehen und erkennen woltten, welchergestaldt sie von den frembden under-
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drucket würden. Amor et zelus religionis verleidete viell, es würde aber,
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wan die Schweden ihre genohmmene überhand weiters fortsetzen soltten,
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auß dem religionweeßen ein ander dominat endstehen. Soltte auch ein belli-
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cosus Caesar, alß Carolus Quintus einmahl kommen, und dabey ein eyffri-
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ger catholischer potentat sein, der würde sich auch an dieße handlung nit
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binden laßen. I. H. G.: Der Spanisch- und Frantzösische friede were
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woll pro tota christianitate und der catholischen religion bestes zu wün-
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schen , welches dan den Franzosischen öffters gnug remonstrirt. Das be-
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triegliche glück verführte manchen, und gewinne es fast das ansehen, alß
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wan die Spanische ihre sachen auff ein anderen fueß gebracht und einen
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vorthell ersehen, den Franzosischen das werck schwerer zu machen, alß sie
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sich eingebildet. Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern hetten ursach,
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weiln die Schwedische und andere in der Pfaltzischen sach und sonsten
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auch variiren möchten, zuedeme ihro auch im fürstenrhadt die session
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disputirt werden woltte, sich in gueter verfaßung und bereitschafft zu
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haltten. Zuversicht Melanders für den Feldzug. Contarini: Der Melan-
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der hette viele jahren bey ihnen gedienet und kennete ihnen woll. Es were
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itzo ein stättliche coniunctur, indeme die Spanische auch wieder recht zue
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operiren anfiengen, wan einer den anderen in seiner action hülffe und nit,
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wie die vorige jahr geschehen, debilitirte. Die Spanische flotta were in
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Spanien ankommen, und köntten itzo die subsidia pecuniaria, (derentwegen
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der graff von Trautmanstorff mitt dem Pineranda auch tractiren solle) bey
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der Kayserlichen armada auch viell nützen schaffen. Es lege viell daran,
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die rechte zeitt itzo in acht zu nehmmen und die aplication zu thuen, wan
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pars afflicta cum natura propria sich anfienge zu helffen. I. H. G.: Sie
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hofften Ihre Kayserliche Maiestet, wie sie anderst nicht alß einen christ-
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lichen frieden begerten, so würden sie auch alle dazue dienliche mittell er-
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greiffen und zue deßen erhalttung die occasion in obacht nehmmen, und
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hette man allerseits dahin zu sehen, wie daß bei beeden cronen auch der
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friede zu schließen. Venetus: Es würde sich nunmehr bald außweißen,
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waß deßwegen zu hoffen, er woltte seinestheilß getrewlich darin arbeiten;
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die Spanier würden aber itzo die sachen nit mehr so gueten kauff geben alß
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vorhin. Gute Aussichten der Spanier in Katalonien.

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