Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
9. Lamberg und Krane an Nassau und Volmar Osnabrück 1644 Oktober 10

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Lamberg und Krane an Nassau und Volmar


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Osnabrück 1644 Oktober 10

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Ausfertigung: Den Haag A IV 1628 nr. 15 = Druckvorlage – Kopie: RK , FrA Fasz. 92 III
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nr. 416 fol. 419–423; ebenda Fasz. 48a, Konv. c ( Oktober – Dezember 1644 ) fol. 20–22’,
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25–25’

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Beilage 1 zu Lamberg und Krane an Ferdinand III., Osnabrück 1644 Oktober 10. Ausferti-
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gung : RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c (Oktober-Dezember 1644) fol. 19, praes. 1644 Oktober 29.
( Kopien ohne PS ).

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Verbesserung der Vollmachten: Erwähnung der Vermittler, Autorisation der französischen Voll-
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macht , Klauseln „concludendi pacem“ und „coniunctim cum confoederatis et adhaerentibus“, Titel
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der Gesandten, Klausel „tractandi suspensionem armorum“. Eintreten in die Hauptverhand-
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lungen .

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Antwort auf Schreiben vom 6. Oktober

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Vgl. S. 12 Anm. 1.
. Wir sind ebenfalls der Meinung, daß
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zunächst die kaiserliche Erklärung abgewartet werden soll, und wollen unser Gut-
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achten
dahin verstanden wissen, daß man sich deßen nur ad interim bis zum Ein-
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treffen
der kaiserlichen Erklärung bedienen und in nichts Verbindliches einlassen
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soll. Bei der Frage, ob ohne fernerer schrifftwechßelung die würckliche emen-
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dation der vollmachten allein durch die Vermittler abgehandelt werden sollte,
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stimmen wir Eurer Erklärung zu. Weiln die herren mediatores mit solcher

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erclehrung auch wohll zufrieden gewest, wölten wier der unvorgreifflichen
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meinung sein, daß derselben fortahn zu inhaeriren, die mündtliche ercleh-
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rung aber iedesmahls nach dem wieder selbe Frantzösische vollmacht dies-
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seidts übergebenen schrifftlichen memorial zu richten und selbigs dabey
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gleichsamb pro norma zu halten seie.

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Deme zufolg es unnöhtig, in eingang der vollmacht der Päbstlichen heylig-
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keitt , königlichen mayestätt in Dennemarck-Norwegen unnd Venedischer
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republic zu gedencken, in erwegung, man einmahl daß fundament gesetzt,
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nichts in die volmacht kommen zu lassen, so nitt de substantia auch her-
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kommens undt styli seie. Zudeme sein die Päbstliche heyligkeitt immittls
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mitt thodt abgangen

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Urban VIII. starb am 29. Juli 1644.
, ietz regierende

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Innozenz X.
aber haben die hand noch nitt ange-
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schlagen , mitt Dennemarck sich eine grosse veränderung zugetragen, also
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sehen wier nitt, wie diese einrückung mitt fundament könne gesucht oder
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praetendirt werden, zu geschweigen, da sie wegen Venedig fast nach-
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theilig .

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So wölten wirs auch dafür halten, daß in puncto auctorizationis der Frantzö-
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sischen vollmacht nitt zu weichen, sondern darauff zu stehen seie, daß die
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constitutio von dem parlament mitt müsse (wie mans in Franckreich nen-
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net ) verificirt werden, weiln man alhier in claris schwebt und mitt einem
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könig, so noch unmündig ist, zu thuen hatt. Und last sich dagegen daß
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exempel mitt könig Francisco primo nitt dahin verdrehen, gleichsamb
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dessen fraw mutter den actum deputandi legatos in qualitate mandatariae
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verrichtet

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Kg. Franz I. hatte 1525 während seiner Gefangenschaft die Verhandlungen mit den Bevoll-
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mächtigten Karl V. seiner Mutter, Louise von Savoyen, überlassen.
, unnd dahero auctorizationem parlamenti nötig gehabt haben
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sölte, dann darauß a potiore ratione folgen will, weiln selbige königliche
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fraw mutter alß mandataria, so cum expresso regis consensu et a rege qui
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fuit sui iuris (dan die constitutio für dessen gefängnüs geschehen) consti-
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tuirt worden, dannoch authorizationem parlamenti nothwendig haben müs-
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sen , daß soviel desto mehr in casu nostro den tutoribus regiis ad quorum
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constitutionem vel gesta rex pupillus consentire non potest in negotio tam
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arduo solche auctorization vonnöhten sein wölle.

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Und hatt man sich hiebey auff den erfolgh deß von den herren mediatorn
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anhandt gegebenes temperaments, daß nemblich die ratificatio statuum ( un-
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der welchem wort wier praesupponiren, daß das parlament verstanden
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werde) post conclusam pacem erfolgen solte, solange deßwegen keine zuver-
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lessige versicherung beschicht, nitt zu verlassen, weniger auf einigen andern
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vortheil, daß mitt nachgebung selbigs disseidts wohl fundierten begehrens
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die cron Franckreich ichtwas von deren unbefugten praetension wegen
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mittfertigung chur-, fürsten und stände werde nachgeben.

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1
Betreffendt der Frantzösischen plenipotentiarien schrifftliche erinnerung
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unnd in specie die wieder die Keyßerliche vollmacht eingewendte bedencken
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hatts mit dem ersten durch die anderwerttige expedition und darin gesetzte
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clausula concludendi seine erledigung. Bey dem andern aber kein geringes
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nachdencken, daß die clausula „coniunctim cum foederatis et adhaeren-
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tibus “ also bloß ohne restriction bey der disposition solte wiederholet wer-
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den , in erwegung, solchergestalt von dem gegentheil die rebellische Portu-
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gesen und Catalonier und mehr andere sub nomine confoederatorum vel
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adhaerentium herzugezogen werden dörfften; dahero wier unß umb ver-
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hütung mehrer weiterung bey diesem passu mit der herren Spanischen
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gesandten meinung vergleichen müssen, undt es nothwendig zu sein ermes-
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sen , selbe clausul, wan dieselbe ie in dispositione wiederholt werden solte,
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mitt solcher oder dergleichen restriction (so doch alles in ordine deß prae-
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liminarvergleichs ) zu verwahren.

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Der anwurff, daß die plenipotentiarii in den vollmachten mitt dem zusatz
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„legati plenipotentiarü“ sollen intitulirt werden, ist wieder den praeliminar-
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schluß und ein gefehrlicher von newen herfürgesuchter griff, darüber jahr
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und tag zu Cölln bey gegenwarth deß herrn cardinals Ginetti

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Martio Ginetti (1585–1671), Kardinal seit 1626. Im Sommer 1636 von Urban VIII. als
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Vermittler zum Kölner Kongreß gesandt. Vgl. über ihn V. Kybal S. 11 Anm. 3.
disputirt
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worden, indeme mans Frantzösischer seidten domals versucht, daß denen
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deputatis ad tractatus pacis gedachtes praedicat „ambassadorn“ oder „ lega-
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ten “ soll gegeben werden, welches aber die Keyserliche mayestätt sowenig
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alß cron Spanien wegen der Hollender und anderer, so ad tractatus zuge-
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lassen undt doch ius legationis nicht haben, nitt zugeben können. Dahero
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endtlich daß temperament gefunden worden, daß anstadt deß wortts „ am-
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bassadorn “ oder „legaten“ daß wortt „plenipotentiarien“ zu gebrauchen,
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deme man disseidts billich praecise zu inhaeriren und sogar dabey einig
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temperament nicht anzunehmen.

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Auf der herrn interpositorn insinuation wegen einrückung der clausulae
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„tractandi suspensionem armorum“ ist nach inhalt Keyserlicher mayestätt
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instruction woll geandtworttet und wissen dabey anders nichts zu erinneren,
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alß daß deme also ferners zu inhaeriren.

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Die frag, ob nach richtig gemachten plenipotentzstreit zur haubthandlung
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unerwartet Dennemarcks zu schreitten, halten wier zwar durch die von
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der königlichen mayestätt zu Dennemarck-Norwegen dem Keyserlichen
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residenten von Plettenberg under dato den 5. Septembris iüngsthin gege-
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bene erclehrung unsers geringfügigen ermessens affirmative erledigt zu
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sein, weiln aber nitt zu zweifflen, es werde von Keyserlicher mayestätt unß
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deßwegen deütlicher befehl und fernere instruction zukommen, also wolten
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wier der meinung sein, daß man sich hierüber für einlangung solcher Keyser-
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licher resolution zu nichts herauslassen, sondern selbige materi gar decli-

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nieren und praecise in denen terminis beharren solte, daß für allen dingen
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nöhtig sein wölle, zuförderist den plenipotentzpunct zu volliger richtigkeit
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zu bringen, ehe dann von andern sachen könne geredet werden. Eben sel-
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bige meinung hatts auch bey der übrigen frag und gesetzten fall, wan die
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emendatio plenipotentiae agiustirt und es nuhn an deme stehen wierdt, daß
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selbe von allerseidts herren principalen sollen ausgefertigt werden, ob
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immittels und für einlangung solcher vollmachten zu der haubthandlung
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zu schreiten; nemblich, daß darüber Keyserlicher mayestätt gnädigste ercleh-
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rung zu erwartten, immittels aber die negativa zu behaubten seie, weiln die
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vollmacht daß einige mittl, wodurch sich die personae tractantes legitimiren
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müssen, also vor deren einlangung nitt zu handlen, bevorab in so wichtigem
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werck und da man mitt so gefehrlichen leüthen zu thuen hatt auch ungewiß
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ist, ob die principalen daßjenig, waß immittels gehandelt werden mögte,
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würden ratificiren wöllen.

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PS Fehlende Beilagen. Wier vermercken sonsten auß dero relation ad Caesa-
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rem , das darinn praesupponirt worden, gleichsamb die formb der vollmacht,
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warnach die unserige gefertigt, zwischen den Keyserlichen, Frantzösischen
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und Schwedischen gesandten also verglichen sein solle, warmitt es sich aber
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also nitt verhält, sondern es ist selbe formb zwischen den herren reichsvice-
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cantzleren graffen Curtz und dem Salvio allein und zwar noch vor dem prae-
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liminarvergleich also gehandlet und verglichen worden. Der monsieur
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d’Avaux aber hatt dieselbe domahls auff zusprechen der königlich Denni-
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schen ministren nitt annehmen wollen, zweiffelßohne damitt den Frant-
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zosen diese materi zu dispulieren, wie ietzo geschicht, und die sachen desto
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lenger damitt auffzuhalten der weg offen pleiben mögte …

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