Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1647 XII 23

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1647 XII 23
Montag

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40 Montags] am Rande: Sueci ad Caesareanos.
Montags, 23. huius, ante meridiem seind beede
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Schwedische plenipotentiarii sambt dem secretario Berenclaw oder Milonio

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bei unß erschienen. Proposuit Oxenstirn: Weren vordrist kommen, unß zu
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besuechen und unsers wolstandts sich zu erfrewen, sodann, weil wir inen
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gestrigen tags die ulteriores declarationes catholicorum zugestellt, sie auch
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selbige ersehen, hetten sie vor nothwendig erachtet, mit unß drüber ze con-
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versirn . Ihres ortts hetten sie vermeint, es solten die sachen also eingerichtet
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sein, wie es dann forthien im instrumento pacis sein entlichs verbleiben
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haben solte. So befinden sie aber, daß fast alles de nouo disputirt und in
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zweifel gezogen werden wolle, daher sie anstüenden, waß darauff zu thuen.
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Wüßten nit, ob wir solche declarationes nomine catholicorum allein oder als
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sachen, so wir zu verfechten und darauff zu bestehen gedächten, übergeben.
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Dann so es allein nomine catholicorum beschehe, so wolte fast erscheinen,
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daß die catholischen keinen friden, sondern noch lenger im krieg zu stehen
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begehrten, wölches nit allein auß disen declarationibus, sondern auch auß
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deme gnugsamb erscheinte, daß sie alsobaldt, nachdem inen daß abgehandlete
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instrumentum pacis ad ratificandum durch herrn grafen von Trautmansdorff
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zugestellt worden, dem herrn churfürsten in Bayern umb reconjunction mit
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Kayserlicher Maiestät zugeschriben, solches auch hernach im Julio wider-
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holt und alle ihre müglicheit dabei anzewenden erbotten. Solten nun auch
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wir selbst mit disen einwendungen der catholischen einstimmen, so müeßten
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sie darauß abnemmen, daß auch Kayserliche Maiestät selbst schlechten lust
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zum friden trüegen. Wir hetten mit inen in crafft Kayserlicher plenipotentz
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wie auch im namen der catholischen gehandlet. So wir nun von disen gwalt
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gehabt, so wer unnöthig, ihre weitere oppositiones ze attendirn, solten wir
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aber keinen gwalt gehabt haben, so scheinte fast, daß man sie nur zu circum-
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ducirn begehrt. Sie hielten sich an daßjenig, so mit unß gehandlet, und ver-
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hofften nit, das man dessen wider zurukhgehen oder wir unß durch die
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catholischen unmündig machen lassen werden. Sie sehen, daß man nit nur
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einige accidentalia, sondern sogar die substantialia selbst umbzestossen, ja
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denn evangelischen gleichsamb leges vorzeschreiben begehr. Dises wer der
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weeg nit zum friden, sondern waß solche communia anlangte, die müeßten
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billich von gesambten ständen approbirt und gehandelt werden. Demnach
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wolten sie gern von unß erleütterung vernemmen, worauff diß werkh ange-
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sehen , ob ein rechter ernst zum friden vorhanden oder nit und wie man auß
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dem handel zu kommen vermeinte.

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Respondimus mit bedankung ihrer erzeigter cortesia, so wir hingegen
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anderwerts zu erwidern erbiettig. Waß aber die proponirte handlung an-
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langte , da köndten wir sie wol in rechten trewen versichern, daß Ihr Kayser-
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liche Maiestät, auch alle catholischen chur- und fürsten nichts höhers verlang-
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ten , als den friden alle stunde zu schliessen. Man begehre auch diserseits
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einig weitere kriegscontinuation nit ze practicirn noch darzu ursach ze
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geben. Es seyen auch die edirte declarationes et correcturae keinesweegs zu
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solchem ende, sondern allein darumb heraußgeben worden, auff das man
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darüber in conferentz eintretten und alles zum entlichen schluss richten
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möge. Wir weren darunder von denn sambtlichen catholischen, auch von

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ettlichen protestierenden wegen ihres particularinteresse instendig mit über-
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gebnen memorialien und schrifftlichen bedenkhen ersuecht worden, weren
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auch schuldig, eins und anders in gebürende obacht ze nemmen. Die catho-
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lischen seyen pars tractans, und köndte ohne derselben consens nichts be-
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stendigs gehandelt werden. Die erfahrenheit hetts ins vergangen bezeigt, der
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religionfriden were nit gehalten worden, weil eine und andere part in diß
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oder jens nit gewilligt ze haben excipirt. Der Prager friden sei gar nahend
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von allen protestierenden angenommen, aber doch hernach wegen ihrer dar-
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gegen eingewendter beschwehrungen den wenigem theil gehalten worden.
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Im Regenspurger reichsabschied hab es gehaißen, darbei soll es bleiben, es
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schlage gleich daß wankelbare glukh der waaffen, wohien es wölle. Nichts-
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destweniger werde derzeit alles retractirt. Die catholischen hetten gleich-
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wol biß dato einige sicherheit nit gehabt, ob es an seitten der cron Schweden
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und protestierenden bei dem gemachten eventualverglich allerdings ver-
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bleiben werde, sondern vilmehr in sorgen stehen müessen, daß sie noch in
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weitern verlust gesetzt und inen auch der überrest angefochten werden
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möchte, sonderlich weil sie gesehen, daß die kriegswürkhungen damaln in
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volligem schwang gangen und mit allem eifer fortgesetzt worden. Also seye
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inen nit zu verargen, daß sie solch ihre gfahr in acht genommen und gleich-
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wol uff mittl gedacht, wie sie sich vor entlichem undergang schutzen und
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schirmen möchten. Unserstheils hetten wir in crafft unsrer vollmacht bona
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fide gehandelt. Die catholischen hetten underschiedliche conferentzen mit
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den protestierenden vorgehabt und, weil sie gesehen, daß sie selbst under-
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einander mit inen nit eins werden köndten, unß Kayserliche ersuecht, daß
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wir immediate mit inen und denn Schwedischen gsandten handlen solten,
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zwar mit etwas restriction, waß deß einen oder andern particularinteresse be-
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treffen thet. Deme weren wir nachkommen, und zwar ieweils mit eim oder
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andern der catholischen, so selbiger zeit allhier gewesen, darvon communi-
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cirt , entlich aber auch nothwendig befunden, daß gantze werkh mit allen
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catholischen ze communicirn, hetten auch wol wünschen mögen, daß es
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allerdings darbei verbliben wer. Weil aber die catholischen dargegen so hohe
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beschwerungen eingewendet, so hetten Ihr Kayserliche Maiestät weniger nit
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thuen mögen, als dieselben in handlung bringen ze lassen. Sie, Schweden,
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solten dem statt thuen, so werde es sich schon selbst zeigen, wie auß der sach
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ze kommen und ein entlicher schluss ze machen. Daß werkh seye so schwer
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nit, als es sich ansehen lasse, wann man sich nur der billicheit accomodirn
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wolt. Die catholischen begehrten denn andern ständen keine leges vorze-
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schreiben , sondern allein anzuzeigen, warum sie beschwerdt. Von der
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gegenpart seyen offt wol andere proiecta auff die baan kommen und solcher-
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gestalt verfochten worden, daß die catholischen sich wol füeglicher becla-
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gen köndten, daß man inen leges vorzeschreiben gedächte.

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Illi cum repetitione priorum, wüßten einmal nit, wie sie sich hierauff ein-
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lassen köndten. Es werde ein langwührig handel geben, die zeit verlauffen,
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die campagna wider herbeikomen, dahien es fast diserseits wolle gespilt

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werden. Man greiffe die substantialia an, die reformationem iustitiae, die per-
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petuitet , autonomiam, satisfaction, aequivalentias, Casselische sach, und were
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doch bewußt, daß die herrn churfürsten Maintz, Trier, Cöln, Bayern,
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bischoffe Würtzburg, Bamberg, Costantz nit dieser meinung, sondern nur
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ettlich wenige, deren man billich nit ze achten, seitemaln Ihr Kayserliche
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Maiestät, die beede cronen sambt ietzt benandten catholischen ständen die
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maiora machten. Es were vom Kayserlichen hof communicirt worden, daß
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herr graf von Trautmansdorff, gleich wie der Johan de Werth umbgetretten,
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bevelch empfangen, wann er noch nit geschlossen hett, solt er nit mehr
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schliessen, sondern darvonziehen. Über diß sey nunmehr publica vox et
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fama. Also wer leicht ze sehen, waß schon damaln vor intentiones obhanden
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gewesen.

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Nos, alles waß unß dißortts fürgerukht, seyen solche sachen, die sich in ipso
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tractatu baldt erleüttern werden, daher, wann inen zum friden ernst, so seye
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kein ander mittel, als daß man coram ad specialia fürschreitte, da man sich
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dann baldt werde gegeneinander vergleichen könden. Waß inen von eim
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oder andern catholischen a part eröffnet, mögen wir nit wissen, waß wir inen
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außgehändigt, sei ex communi catholicorum voto geschehen. Wann sich bei
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vorlauffender handlung waß anders erscheinen solte, würden wir unß gar
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baldt mit denn maioribus accordirn könden. Man müesse also dermaln ad
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indiuidua kommen, mit dergleichen generalibus wie ietzt werde man nie
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zum ende gelangen. Der Casselischen satisfaction halber hab man gar kein
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ursach, unß anzeclagen, seitemaln bewußt, daß darin nichts verglichen.
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Mann hab der fraw landtgräfin underschiedliche offerta gethan, mit denen
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hab sie nit wollen zefriden sein, sondern mit den waaffen weiters gesuecht.
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Daß nun aber sie stetigs ein offne handt haben solle, waß ihren beliebt, verbis
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et factis weiter anzegreiffen, hingegen Ihr Maiestät cum catholicis gebunden
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bleiben, diß oder jens ze prestirn, waß conditionaliter offerirt worden, diß
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wer ein modus tractandi rationi et iuri gentium contrarius. Einmal gestehen
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wir ihren kein satisfaction. Wann sie mit deme, so nochweils ihren offerirt
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bleib, nit woll zefriden sein, möchte künfftig wol geschehen, daß ihren gar
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nichts übrig bleiben dörfft. Ja, sagt Salvius, die herrn werden ihren ietzt die
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letste öhlung geben. Die diffamation wegen herrn grafens von Trautmans-
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dorff haben wir rund widersprochen und angezeigt, daß Ihr Kayserliche
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Maiestät ime wegen deß Johann de Werts übergangs kein wortt niemaln
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geschriben. Er, herr graf, sei erstlich uff sein selbst aigen anhalten und
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remonstrirte leibsindisposition, sodann, weil man gesehen hab, daß die
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gegenpart einmal der campagnien den lauff ze lassen resolvirt und kein frid
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ze hoffen gewesen, von Ihr Kayserlicher Maiestät abgefordert worden. Sol-
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chem nach seind sie uff die pretensiones der grafen von Wittgenstain contra
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Trier und Cöln kommen. Als wir inen aber die iustitiam caussae gnugsamb
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remonstrirt, sie auch darwider nichts ze replicirn gewüßt, seind sie endtlich
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darauff gefallen, man solts denn ständen remittirn. Nos, es bedörffte dißortts
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keiner remission, sie wüßten wol, daß wir in ipso tractatu unß allzeit ent-

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schuldigt , daß wir von disen restituendis keine cognitionem meritorum
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caussae hetten, und darauff getrungen, daß man es allein bei einer general-
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determination bleiben lassen solt, mit wölcher allen disen difficulteten wer
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abgeholffen gewesen. Man habs aber per forza durchtringen wollen. Wir
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wissen, daß sie selbst die unbillicheit erkenten. Es wurde sich ja nit schikhen,
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daß zweyer vornemen churfürsten consens darumb solte schwer gemacht
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werden, daß man einem grafen zu gefallen inen einige restitutionem, so der
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billicheit und litispendentiis entgegenlieffe, aufftringen solt. In summa, sie
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solten selbst bedenkhen, wie hoch der cron Schweden selbst daran gelegen,
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daß man der sambtlichen churfürsten, auch vornembster fürsten und ständen
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catholischen theils consensus versichert sei, dann sonst würde die manuten-
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tion der cron Schweden satisfaction merklich hinkhen.

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13 Als] am Rande: Punctus solutionis militiae.
Als sie nun weiter nicht ze replicirn gehabt, seind sie mit dem puncto de
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satisfactione militiae herfürkommen und gantz angelegenlich drauff getrun-
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gen , daß derselb denn ständen ad deliberandum recommendirt wurde. Nos,
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die stände beeder religion hetten sich biß dato darzu nit verstehen wollen,
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sondern darfürgehalten, daß man vordrist die pacification solte richtig ma-
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chen . Illi, es soll zugleich gehen, schein, wir hetten selbst kein lust darzu,
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dann wir hetten in unsern erstem denn catholischen zugestellten tempera-
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mentis die außtheilung der regimenter per circulos außgestrichen. Nos, sei
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war, dann diß wurde nit complementum pacis, sonder seruitutis sein, wolle
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sich auch kein standt darzu verstehen. Sie pitten nochmaln, mit denn ständen
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wegen dises puncti ze reden; weil die armada noch in der nähend, so köndte
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man mit derselben darvon communicirn. Man soll nur etwas bietten, man
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werde sich billicher dingen nach accommodirn. Nos, köndten ohne der
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stände vorwissen unß in nichts einlassen. Und hatt entlich fast so vil erschei-
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nen wollen, daß diser letstere punct caussa principalis motiua gewesen, wa-
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rumb sie dise visita vorgenommen, dann ex post facto erfahren worden, daß
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die protestierende von diser ihrer vorgehabten visita gar kein nachricht
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gehabt.

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Eodem montags, 23. huius, referirn wir allen disen verlauff ad Caesarem [ 1903 ].

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