Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
158. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Mai 18

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–/ 158 [169] , [174]

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1645 Mai 18

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645) fol. 33–35’ = Druck-
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vorlage
– Kopie: ebenda Fasz. 92 V ad nr. 672 fol. 7–9; Den Haag A IV 1628 nr. 37;
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Giessen 205 nr. 213 S. 1085–1091 – Druck: Gärtner V nr. 25 S. 119–123.

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Konferenz mit den kurfürstlichen Bevollmächtigten wegen der Geleitbriefe für die Mediatstädte.
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Forderung der Protestierenden nach Stimmrecht für alle Stände auf dem Friedenskongreß und
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Ablehnung der Translation der Reichsdeputation. Vermittlerfrage in Osnabrück.

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Wir haben zwar gestern mit denen churfürstlichen abgesandten abermals
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uber den punct wegen vergleitung der mediatstätte conferentz gehalten,
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aber noch nichts haubtsachlichs richten khönnen, weil sich dieselbe immer-
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forth defectu instructionis et mandati entschüldigen. Ist unß aber bei gestri-
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ger conferentz begegnet wie bei der vorigen, indem nhemblich die Schwee-
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dische praeveniendo zu unß geschickt und einen vorschlag, wie etwoh
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bemelter punct zur richtigkeit zu pringen sein möegte, durch den dechandt
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zu St. Johan thuen laßen, den wir gleichwol also bewandt befinden, daß
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besorgen müßen, daß allerhandt gefährlichkeit darunder gesucht werden
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dörffte; derentwegen wir unß darauf zu erclehren gemeindt, wie beigefüeg-
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tes prothocoll mit mehrerm nachführt.

[p. 304] [scan. 332]


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Wir vermercken sonst auß allerhandt discursen, daß daßienig, waß der
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Franckfurter syndicus in seiner verantwortung angezogen, nhemblich, daß
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alle stendte cum iure suffragii hiehero ad tractatus gelaßen werden sölten,
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nit allein selbigs syndici meinung, sondern gleichsamb ein durchgehendts
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conclusum bei denen protestirenden insgesambt ist. Der Ulmischer abge-
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ordtneter gehet in seiner verantwortung bei diesem passu auf ebenselbiges
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werck und wil darfür halten, daß alle stendte cum iure suffragii zugelaßen
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werden müesten, auch der iüngste Regenspurgischer reichsschluß dahin zu
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verstehen seie. Und ob wir wol dhagegen erinnert, daß ein solcher modus
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consultandi im reich nit herkhommen, noch auch in denen reichabschieden
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nit zu finden, so fallet er doch auch auf ebenselbige außrede wie der Franck-
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furter, daß itzo andere zeiten sein und pro praesenti rerum statu ein solcher
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modus eingeführt werden müße, wardurch allen beschwernüßen und ublen,
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so zum krieg ursach gegeben, auf einmahl außm grundt abgeholffen werden
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möege. Der difficultirt sich aber, seine verantwortung schrifftlich zu geben,
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dhagegen wir ihme zu gemüth geführt, daß es sowol zu seiner alß unser
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verwahrung angesehen, der Franckfurter sich darin nit verweigert hette,
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also er auch nit wol würde verweigern khönnen; hatt es endtlich auf ein
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par tage zum bedacht genommen.

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Die Churbrandeburgische laßen sich auch nit undunckel vernhemmen, daß
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sich die ständte bei dieser handtlung schwerlich würden des iuris suffragii
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begeben wöllen, noch sich auch ahn die reichsdeputation binden laßen,
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weiln sie dern authoritet anfiengen zu disputirn. Die Schweedische wolten
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mit der reichsdeputation gar nichts zu thuen haben, die seie hir nichts nutze
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und würde entlich von sich selbst dissolvirt werden und zerfallen. Auß wel-
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chen umbstendten unschwer abzunehmen, daß die consilia beim gegentheil
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und denen protestirenden auf eine gute verstandtnuß gerichtet sein müßen.
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Es geschehen auch steets zwischen denen Schwedischen und protestirenden
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abgesandten die visiten und revisiten, panquetten und maalzeitten und
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schewen sich der Oxenstern und Salvius nit, auch die geringsten stadt abge-
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ordtneten zu besuchen, dha sie doch sönst mit den höhisten potentaten der
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weldt competentz machen wöllen, auch iüngsthin mit der churfürstlich
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Mentzischen visita soviel weesens gemacht. Der Salvius ist noch unlengst
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bei dem Hamburgischen stadtsyndico und bei der Hänseestätten abgeordt-
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neten beim eßen gewest. Die Heßen Caßelische sein steets bei den Schwee-
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dischen in consiliis, nit anders alß wan sie principaliter zu der handlung
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interessirt und mittractantes wehren. Eß sein auch bei obgemelter confe-
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rentz discurs uber die translation deß gegenwertigen convents nacher Mün-
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ster oder ad locum tertium fürgefallen. Der Churbrandeburgischer gesand-
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ter, der von Löwen, besorgt, die Schweedische werden, wegen mit Franck-
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reich und anderer cronen angenommener competentz, noch zu einem noch
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zu andern sich verstehen, sondern alhie allein, alß wo sie keine competitorn
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zu gewarten, verpleiben wöllen. Nach einem mediatore verlangten sie

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selbst, es würde sich aber die mediation auf einen reichsstandt nit richten
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laßen, weiln der mediator ein solcher sein müeste, der ein oder andern theil
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wieder denienigen, welcher durch tractatus zum frieden nit zu bringen seie,
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mit den waaffen oder geldtmitlen beispringen khönte. Dern Schweedischen
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gedancken giengen auf Venedig, dhabei wir erinnert, daß die zusamenzie-
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hung beeder conventen die mediation selbst nach sich züge und die weenig-
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ste ungelegenheit gebe. Venedig hiehero zu beruffen, dörffte offension bei
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Dennemarck verursachen, auch wol die Päpstliche heiligkeit selbst nit gern
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sehen wöllen, weiln solchergestalt Venedig an beeden örten die mediation
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führen und mehr ehr und reputation dhabei haben würde alß die Päbstliche
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heiligkeit selbst, welches schwerlich würde zu erheben sein. Der von Löwen
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erinnerte ferners, daß der graff von Wittgenstein von diesem werck wie
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auch wegen vergleitung der mediatstätte mehrern bericht bei seiner zurück-
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khombst von Münster wurde mitbringen, dan die nachricht einglangt, daß
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mit demselben aldha außführlich darauß communiciert worden.


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Beilage


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[1] Extractus protocolli, Osnabrück 1645 Mai 17. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai –
18
August 1645) fol. 36–39’ – Druck: Gärtner V nr. 22 S. 110–115; Meiern I S. 402–
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404 ( I 4,55 N 1). [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 V ad nr. 672 fol. 10–12’; Den Haag
20
A IV 1628 nr. 37; Giessen 204 nr. 17 S. 84–91; ebenda 205 nr. 214 S. 1091–1099.]

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Beratungen zwischen Lamberg, Krane, Kratz, Krebs und von Löben 1. über die Weigerung der
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schwedischen Gesandten, die Proposition zu tun, bevor sie in der Geleitbrieffrage für die Mediat-
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stände
zufriedengestellt sind, 2. ob die Schweden nochmals an die Eröffnung der Proposition
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erinnert werden sollten. Wir traten für die Erinnerung ein unter Berufung auf das schwedische
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Schreiben an uns vom 26. November/6. Dezember 1644, auß dessen context zu vernemmen,
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daß die Schweedische gesandten selbst dohmals den salvum conductum generalem
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nur auf die immediatstendte, gar aber nit auf die mediatos verstandten und sich also
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mit der praetendirten vergleitung der mediatstette gar nit entschüldigen khönten.

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Die Schweden haben heute Vormittag durch den Dechant zu St. Johann den Vorschlag gemacht,
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daß der sach etwoh solchergestalt khöndte abgeholffen werden, wan nhemblich durch
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unß die anzeig gegen sie, Schweedische, beschehen möegte, daß alle der cron Schwee-
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den foederirte und adhaerenten in crafft des Kaiserlichen general salvi conductus die
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sicherheit accedendi ad tractatus et recedendi gegeben sein sölte. Sölchsfals wölten
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sie kheine particulares salvos conductus von unß ferners begehren, sondern die
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vergleitung, wohe es nöttig, in crafft des general salvi conductus selbst thuen etc.

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Wir hielten den Vorschlag für sehr bedenklich, weiln die worte „alle foederirte und
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adhaerenten“ zu sehr general und nit allein auf die status imperii, sondern auch
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quoslibet exteros alß Portugal und andere (maßen man schon daß exempl alhie
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gehabt) gezogen werden khönten. Zudeme seie es nit ohne nachdencken, daß die
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vergleitung in crafft des general salvi conductus und nit in crafft des praeliminar-
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schluß gesucht werde.

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Die kurfürstlichen Gesandten entschuldigten sich mit mangelnder Instruktion und waren trotz
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allen Drängens zu keiner Stellungnahme zu bewegen, worauf wir uns einigten, den Schweden zu
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antworten

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Der Wortlaut der Antwort stimmt mit [nr. 160,1] überein.
, daß der praeliminarschluß gewiße maaß und ordtnung wegen vergleitung
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der foederirten und adhaerenten gebe, müsten unß bei deßen buchstaben halten und

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wölle in unser macht nit stehen, ichtwaß darüber zu erclähren. Drängten unter Hinweis
2
auf das schwedische Schreiben vom 26. November/6. Dezember 1644 auf Eröffnung der
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Proposition.

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