Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[58.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1647 April 1
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Münster 1647 April 1
Kurmainz Rk FrA Fasz. 21 nr. 40 = Druckvorlage; damit identisch Kurmainz Rs CorrA
Fasz. 18 [ 4 ] und Kurmainz Rs Extrakt FrA Fasz. 20 ( nur Conclusum über Reichskammer-
gericht ). Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit gleichlautend Kurbrandenburg Rk II fol. 59–65’ );
Kurköln zA I fol. 295’–297’ ( damit identisch Kurköln spA II fol. 671–676’ und Kur-
köln zA Extrakt fol. 33’ ).
Reichsbedenken in der pfälzischen Frage: Einfügung der Osnabrücker Addenda und des pfalz-
neuburgischen Protests, Beilegung des kurbrandenburgischen Votums und des Städteratsconclusums.
Sicherheit und schleunige Maßnahmen zum Unterhalt des Reichskammergerichts: vorschüssige
Kammerzieler, Judencapitation.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
brandenburg .
Kurmainz . Die Einwände des Fürsten- und Städterats in Osnabrück zum
Reichsbedenken in der pfälzischen Frage sind ihnen von ihren Kollegen mitgeteilt
22–23 1º – beyzulegen] Zusätzlich in Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II,
Kurköln zA I, zA Extrakt, spA II: wobei Kurmainz keine Bedenken hat, aber noch
Kurtrier und Kurköln hören will. Im folgenden Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II
etwas ausführlicher, Kurköln zA I, zA Extrakt, spA II kürzer als Vorlage.
ihr alhie im churfürstenrath abgelegtes votum
Druck Meiern IV S. 399–403.
sodann 2º der fürstlichen meinung nach den wortten „so seind dannoch
der mehrer theil der Augspurgischen confessionsverwanden stend zu Oß-
nabrück der meinung, daß zwar der 8 us electoratus in abstracto“ zu addiren
„wie auch theils der catholischen“ etc., wie wenigers nit 3º, daß die Pfaltz
Newburgische eingewende protestation zu annectiren, und dann pro 4º
herrn gesanden meinung hierüber wie wenigers nit uber daß im fürstenrath
zue Oßnabrück wegen der underhaltung des Kayßerlichen cammergerichts
gemachte und den herrn gesanden per dictaturam communicirtes conclusum,
worinnen sie annoch wegen der dießorths vor guet angesehenen ehisten
abstattung der 3 ziehler einige difficultäten machen und alles bis zu erlangtem
frieden außzusetzen gemeint, mit wenigem zu vernehmen und sich eines
gewißen zu vergleichen.
Kurtrier . Verglichen sich, daß daß Churbrandenburgische votum dem
bedencken beyzulegen; und weiln gleichwohl solche beylegung wider das
reichsherkommen beschehe, so hette man dem gutachten zu inseriren, daß
solches unpraeiudicirlich sein solte.
2º daß auch etliche catholische der meinung, den 8 um electoratum in ab-
stracto einzuwilligen und derentwegen die notturfft dem bedencken einzu-
rücken , so hetten sie auch dabey kein bedencken, wie wenigers nit, 3º daß
die Pfaltz Newburgische protestation einzurücken.
Und weiln 4º daß stättische votum dem bedencken verbotenus eingeruckt
worden, so vermeinten, es werde auch dabey sein verpleiben haben.
Über die Sicherheit des Kammergerichts ist iüngst auß bekanden ursachen nicht
verhandelt worden; dabei kann es bleiben.
Ratione salarii plieben sie nachmahls bey ihrer vorigen meinung und hielten
nit, daß solches sich bis nach erlangtem frieden verschieben laßen werde;
seye ein gedingter lohn und zu besorgen, es werden widerigenfals die herrn
cameraln daß gericht verlaßen. Solte man nun newe widerumb annehmmen
wollen,
vorhandene subiecta zu erhalten; und ließen es nachmahls dabey bewenden,
daß gegen künfftige Franckfurter Ostermeß drey ziehler erlegt werden.
Zweivelten nit, wann einem stand rechter ernst seye, daß gericht zu erhal-
ten , er werde daß seinige wohl beytragen
gesanden auch, wann ihnen die notturfft remonstrirt werde, sich damit gern
vergleichen werden, wiederigenfals es daß ahnsehen habe, daß man daß
gericht gern zugrundgehen laßen wolte, damit man alßdan die vorhabende
newe dicasteria uffrichten könne.
Kurköln ( Landsberg ) .
Kurtrier.
Anlangend den zweyten puncten, hielte, es bey der Kayßerlichen proposi-
tion zu laßen, und besorgten, solche gesuchte einruckung den frieden nit
wenig verhindern mögte.
3º seyen Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Cöllen nit gemeint, Newburg
in seinen rechten, da er einige zu haben vermeint, zu praeiudiciren. Sie
vernehmmen, Pfaltz Newburg wolte Seine Churfürstliche Durchlaucht von
der consultation außgeschloßen haben, welches sie dahingestelt sein ließen,
obzwar solches im reich nit herkommen seye, ein- und andern churfürsten
außzuschließen.
4. wegen deß stättischen voti hielten, es beim alten herkommen zu laßen,
dann da solches in brauch kommen solte, würde künfftig yeder sein votum
beygelegt haben wollen.
5. deß Kayßerlichen cammergerichts underhaltung betreffend, hetten sie
bevelch anzudeuten, daß Churcöllen die Judencapitation bewilliget, yedoch
dergestalt, daß solches den ständen, darunder Juden geseßen, ahn ihrer
quota defalcirt werden solle.
Wie aber denselben gegen nechstkünfftige Franckfurther Ostermeß zu
helffen, solches, besorgten sie, mögte schwehrlich geschehen, weiln solche
meß albereit vor der thür seye; wehre gleichwohl pillig, den underhalt
nach müglichkeid beyzutragen.
Ratione securitatis ließe es noch zur zeit dahingestelt sein.
Kurbrandenburg .
darinnen hetten sie zwar selbsten nichts zu votiren, hetten aber erinnern
wollen, daß bey dießem reichstag eben der stylus und herkommen nit so
eben observirt werde; und könde wohl verwahrt pleiben, daß solches her-
nacher zu keinem praeiudiz gereichen solle.
2º. Weiln sie vernehmmen, daß im fürsten- und stättrath weiter nit alß
der octavus electoratus in consultation kommen, auch darin allein in ab-
stracto gewilliget worden, so könden sie es auch dabey verpleiben laßen.
3º. Verglichen sich mit den herrn vorstimmenden.
4. Wann daß Churbrandenburgische votum beygelegt werde, werden die
stätt auch haben wollen, dergleichen mit dem ihrigen zu thun, welches sie
dann auch geschehen laßen könden.
5. Den punctum securitatis des Kayßerlichen cammergerichts ließen auch
bis noch außgestelt sein, umb soviel mehr, weiln man nit wüste, ob daß
cammergericht zu Speyer verpleiben oder ahn ein ander orth transferirt
werden mögte. Verglichen sich sonsten dießer securität halber, waß ins-
gemein vor guet angesehen werde.
6. ratione salarii erwarten sie stündlich Weisung. Und zweivelten nit, waß Ihr
Gnedigster Herr in conformität der andern chur-, fürsten und ständ zu
erhaltung des cammergerichts thun werden, solches Seine Churfürstliche
Durchlaucht nit underlaßen werden, gleichwohl könden bis zu erlangung
bevelchs hierin nichts obligatorie verwilligen.
Kurmainz . Weiln sie vernehmmen, daß Churtryr und -cöllen der mei-
nung , den herrn Churbrandenburgischen mit beylegung ihres voti zu will-
fahren , so könden sie sich, wiewohl sie lieber sehen wolten, daß es beim
reichsherkommen gelaßen werde, auch vergleichen; und wolten durch ein
gewiße clausul solches dem bedencken einverleiben und von wortt zu
wortten, wie es abgelegt worden, demselben beylegen.
2º. Könden auch geschehen laßen, daß begehrtermaßen die wortt eingeruckt
werden.
3º weiln auch iüngst die fürstlichen gesanden sich fast durchgehend ver-
nehmmen laßen, daß ihre herrn principaln nit gemeint, Pfalz-Neuburg zu
praeiudiciren, und sie befinden, daß daß Oßnabrückische conclusum dem-
selben ubereinstimme, so könden sich auch damit vergleichen.
Bey dem 4 ten puncten aber stunden sie annoch ahn, zumahln solches der
stättischen votum dem bedencken fast von wortt zu wortten eingeruckt;
und sehen nit, warumb eben den stätten auch hierin zu willfahren, und
hielten nit, daß man so gar auß den schrancken des herkommens schreiten
solte.
Da das Kammergericht in seinem letzten Schreiben selbst den Punkt seiner securität
nicht angesprochen hat, ist er auch nicht proponiert und beraten worden. Solte gleich-
wohl hernechst von den herrn cameraln ichtwas ferner anpracht werden,
könde man sich darüber umb soviel fürderlicher resolviren, weiln man der
Oßnabrückischen gesandschafften meinungen dießfals albereit vernohmmen.
Den punctum salariorum betreffend, […] weilen es allein ahn dem under-
halt des Kammergerichts beruehe, so werde iha kein stand des reichs sich dießer
geringen außlagen verweigern,
32–34 zumahln – wolte] Fehlt in Kurköln zA I, spA II; laut Kurtrier zA,
Kurbrandenburg Rk II bemerkt Kurmainz weiterhin, daß aus Speyer schon zwei- bis
dreimal auf Zusicherungen einiger hülff gedrungen worden ist, sonsten stünden ihnen
andere gutte conditiones bevor; bey diesem zustandt aber müsten sie mit weib undt
kindt zum bettelstab gerathen.
salarium und eine schuldigkeid der ständ seye und sich nit bis zu erlangtem
frieden verschieben laßen wolte. Es müste dasselbe incorrupt sein und einem
yeden unpartheyisch recht widerfahren laßen, dahero dasselbe auch pillig
seine versprochene zahlung haben müste. Ließen es derowegen bey vori-
gem dießfals gemachten concluso nachmahls bewenden und zweivelten nit,
die Oßnabrückische gesandschafften, wann ihnen rechter ernst zu erhaltung
des gerichts seye, sich auch damit ohne einige condition conformiren und
bey ihren herrn principaln die erinnerung thun werden, damit die vorge-
schlagene drey ziehler, wo nit gleich in anstehender Franckfurther Ostermeß,
doch etwan lengst ein wochen, zwo, drey oder vier hernacher (welche
zeit uber dann daß cammergericht den pfennigmeister gern daselbsten
ufwarten laßen wird) erlegt werden möge, wiederigenfals es daß ansehen
gewinnen mögte, alß wann man daß gericht, consequenter die justiz im
Römischen reich, gern und mit vleiß zugrundgehen laßen wolte, zumahln
wann die alte assessores in mangel des underhalts abgehen solten, hernechst,
wann man schon iunge annehmmen solte, von den processsachen keine
information haben und also damit nit vortkommen würden.
13–20 Allermaßen – geben] Fehlt in Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II, in
Kurköln zA I, spA II knapper; dort aber noch zusätzlich: Kurmainz beläßt es bei dem
Beschluß über die Judencapitation, will sie, falls die Gesandten es wünschen, dem Kaiser noch
einmal nahelegen. Nach Meinung des Kurfürsten von Mainz ist kein Anlaß zur Beschwerde,
wenn die Stände die Zahlung aus der Judencapitation als Abschlag von den Kammerzielern
leisten. In Kurköln zA I, spA II folgt außerdem noch: Hierzu meldeten die Churbran-
denburgische , daß man consensum Caesaris nicht bedörff, seine undersassige Juden
zu mulctiren ; solt es aber dem gemeinen wesen zum besten kommen, kond ein
yeder stand die seinige gleichfals zur zahlung antreiben.
räthen nachmahls zu remonstriren und sie zu beytragung solcher vorge-
schlagenen geringen geldsummen zu contentirung der herrn cameraln zu
ersuchen, auch zu vernehmmen, ob sie nit vermeinen, daß dem cammer-
gericht wider zu antwortten, sie hierauf zu vertrösten und ihnen, daß sie
dero pfennigmeistern etwan ein wochen oder etlich nach der meß zu Franck-
furth zu einnehmmung solcher gelder auffwarten laßen wolten, zu verstehen
zu geben.