Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
11. Sitzung des Kurfürstenrats mit Re- und Correlation Münster 1645 November 4
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Münster 1645 November 4
Kurmainz Rk FrA Fasz. 12/11 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit iden-
tisch Kurtrier spA p. 107–115 ); Kurköln zA I fol. 108–111’ ( damit identisch Kurköln
spA I fol. 211–220’ und Kurköln spA Ia fol. 217’–227 ); Kurbayern K I fol. 289–309’
( damit identisch Kurbayern spA I p. 459–492 ).
Kaiserliches Dekret zur Inkraftsetzung der suspendierten Generalamnestie. Bedrängnis des Reichs-
kammergerichts durch französische Truppen. Verschiedene Vorschläge zur Abhilfe. Freies Geleit
für Mediatstände: Grundsätzliche Zustimmung, Einschränkungen. Behauptung des reichsständi-
schen ins suffragii.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
1643 und 1644, absonderlich aber dem churfürstlichen collegio, gebeten
worden ist, er möge zu befürderung ruhe undt friedens im heyligen Römischen
reich den bey publicirung der generalamnistiae bedingten undt reservirten
effectum suspensivum dermahleneins cassiren undt aufheben.
Darauf ist mit vorgestern eingetroffener Post die ksl. Antwort in Form eines
Dekrets
Im Prager Frieden war festgelegt worden, daß die Amnestie seit 1630 gelten sollte; von den
bedeutenderen Reichsfürsten waren der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden-
Durlach , der Landgraf von Hessen-Kassel und die Grafen von Nassau-Saarbrücken aus der
Amnestie ausgeschlossen. Diese Regelung wurde auf dem Regensburger Kurfürstentag von 1636/37
gebilligt ( Brockhaus S. 13f., Haan ). Auf dem Nürnberger Kurfürstentag von 1640 wurde
die Amnestie auf die im Nebenrezeß des Prager Friedens genannten, allerdings sowohl versöhnten
wie unausgesöhnten Stände ausgedehnt ( Brockhaus S. 254–257), erst der Regensburger Reichs-
tag von 1640/41 brachte die Generalamnestie mit dem Stichjahr 1627 für die geistlichen und 1630
für die weltlichen Güter; diese Generalamnestie wurde aber bis zur Aussöhnung des Kaisers mit
allen Reichsständen suspendiert. Der „Suspensiveffekt“, nicht aber die Beschränkungen der
Generalamnestie von 1641 wurden auf Wunsch des Frankfurter Deputationstags durch ksl.
Dekret vom 10. Oktober 1645 aufgehoben (Druck Meiern II S. 4–6, mit Verfügungen zur
Bekanntmachung in den Reichskreisen und am Kongreß ebd. S. 6–8). Vgl. Dickmann S. 102f.,
257f., 376.
Reichdirektorium zum Zweck gehöriger Publikation zugestellt werden sollten.
Nach deren Einhändigung haben die kurmainzischen Gesandten sich bei den
ksl. Gesandten für die Friedensbemühungen des Kaisers und diesen neuerlichen
Vertrauenserweis gegenüber den Ständen sehr bedankt und sich erboten, allsolch
allergnädigstem Kayserlichen begehren nachzusetzen. Stünde solchem nach
zu belieben, ob ermeltes Kayserliches decret allein anyetzo abzulesen.
Thate solches demnegst verlesen. Quo facto erpotte sich, solches denn
nachmittag ad dictaturam kommen zu lasßen,
weilen eine notturfft sein wolte, dem fürstenrath davon gleichfals communi-
cation zu thun, so wehren erpietig, gleich yetzo dem Osterreichischen
directorio neben ein oder mehr getruckten exemplarien mehr ermeltes
Kayserliches decret zuzustellen, so hetten auch nit underlasßen, etliche
exemplaria mitzunehmmen, solche denn herrn churfürstlichen zu communi-
ciren .
Worauf einer yedern hauptgesandtschafft herr Dr. Krebs ein getrucktes
exemplar zustellen thete.
Proponieren außerdem, daß das Reichskammergericht in Speyer den Osnabrücker
Stadtsyndikus
zustandt er repraesentiren undt vermittels beweglicher remonstration es
dahien dirigiren wolle, damit durch deren interposition bey den Frantzosen
sie daß werck dahien richten helffen wollen, auff daß sie herrn camerales des
unerträglichen schweren kriegslasts dermahlen entbunden werden mögten.
Das kurmainzische Reichsdirektorium in Osnabrück, bei dem der Stadtsyndikus
inzwischen bereits vorstellig geworden ist, hat sie ersucht, daß desßen bey negts
begebender gelegenheit eingedenck sein wolten. Haben auch vom Kurfürsten
von Mainz Anweisung, weilen periculum in mora […], diesen punct ehist
in berathschlagung zu pringen undt es dahien vermittelen zu helffen, daß
dem Kammergericht in seinen desideriis geholfen wird. Verlesen auch publice
einen extract aus einem Hilfsersuchen des Kammergerichts an den Kurfürsten von
Mainz. Bitten um Meinungsäußerung.
Kurtrier . 1. Danken dem Kaiser für das Kassationsdekret und die hohe sorgfalt
[…] zu beruhigung des geliebten vatterlandts. Zweiffelten nit, es werde
nunmehr ein undt anderer interessirte standt diese Kayserliche gnadt seiner
ohndaß obliegenden schuldigkeit nach allergehorsambst erkennen. Ihre
Churfürstliche Gnaden zu Trier […] hette hiebey nichts weder zu suchen
noch zu errinnern, sondern liesens bey dero allergnädigsten Kayserlichen
willen underthenigst bewenden.
2. […] Müsten gestehen, daß sambtlichen stenden des reichs, wie wenigers
nit dem Kaiser selbsten viel ahn diesem gericht gelegen; wüsten auch, daß
Ihre Churfürstliche Gnaden zu Trier als cammerrichter sonders gern ver-
nehmmen , ahn ihrem hohen orth auch nichts underlasßen würdten, alles
daßyenige mit beytragen zu helffen, was nur immer dienlich erfunden
werden mögte.
reichstag zu Regenspurg
Das Gutachten der Reichsstände vom 27. September 1641 enthielt im wesentlichen Ratschläge zur
Sicherung und Unterhaltung des Gerichts, zur Präsentation der Assessoren, zur Behebung der
Mängel des Prozeßganges und der Exekution ( Londorp V S. 729–731). Ks. Ferdinand III.
griff in seiner Antwort vom 6. Oktober 1641 hauptsächlich die Anregung der Stände auf, bei dem
zum 1. Mai 1642 nach Speyer oder Frankfurt einzuberufenden Reichsdeputationstag Abhilfe zu
zu schaffen ( Londorp V S. 736f., Koch I S. 306f.). Vgl. auch Scheppler S. 2.
Franckfurth
Das. Reichskammergericht verlangte am 18. September 1644 vom Frankfurter Deputationstag
unter Hinweis auf entsprechende französische Zugeständnisse Immunität für sich und Zusicherung
freien Geleits für seine Boten und Prozeßkunden; die Reichsdeputation folgte der Bitte mit Schrei-
ben an die ksl. Armeen vom 22. November 1644 ( Chemnitz 4, 4 S. 157f., Koch I S. 405f.).
was für schlües darauf gevolgt seyen. Verstünden gleichwohl so viel, daß
hochlöblichermeltes cammergericht sowohl bey übergab der statt Speyer als
nach der handt mit ansehentlichen königlichen protectoriis undt salvaguar-
dien versehen worden. Vermeinten derowegen, das diensambste mittell zu
sein,
würden, weil nunmehr die austheilung der winterquartier vor der thür
undt ohne allen zweiffell die statt Speyer et sic consequenter camerales
auch belegt werden dörfften,
den vicomte de Turenne schreiben und dahien bewegen mögten, daß
hochlöblichermelten cammergerichts angehörige davon eximirt undt
befreyet pleiben mögten. Solte aber sonsten ein anders medium, wie selbige
in Sicherheit gesetzt werden könte, auf die bahn gepracht werden undt
man dahien collimiren,
eximirt worden, auch dieses cammergericht durante bello eximirt werden
mögte, so wolten der herrn nachstimmenden gedancken darüber anhören
und alßdann sich auch weiters erklären.
Kurköln . […] Ad 1 um weilen daß Kayserliche decretum benebens dem
edicto zu solchem ende geschickt worden, das selbiges durch daß Chur-
maintzische directorium publiciert werden möge, müste mans Churcöllni-
schentheils , negst underthenigster dancksagung für die Kayserliche hohe
sorgfalt, dabey bewenden lasßen; vertrauen der dexteritet des kurmainzischen
Direktoriums. Wolten verhoffen, daß alle reichsstende, so dabey interessirt,
nunmehr sich allerseits gehorsambst accommodiren undt durch getrewe
zusammensetzung dahien zu collimiren geneigt sein werden,
frembde cronen hierdurch umb soviel desto mehr ahnlaß nehmmen mög-
ten , die friedenstractaten desto eyfferiger ahnzutretten.
Betreffendt 2º die securitet oder verschonung des Kayserlichen cammer-
gerichts , errinnerte man sich ebenfals Churcöllnischerseits, was bey iüng-
stem Regenspurgischen reichstag anno 1641 sonderlich im churfürstlichen
collegio diesfals sorgfaltig bedacht worden, wie nehmblichen auf ein oder
andern weg dieses gericht möge conservirt undt erhalten werden undt
welchergestalt man derentwegen verschiedene guetachten Ihrer Kayser-
lichen Mayestät übergeben undt ihro darinnen gehorsambst eingerathen
worden, daß allergnädigst zugeben wolten, damit mehr ermelte camerales
bey denen gegentheilen umb eine neutralitet sich bewerben, Ihre Mayestät
auch versicherung thun wolten, daß ermelte statt Speyer mit reichsvölckern
nit solte belegt werden; wehre aber ad effectum niemahlen kommen. Hiel-
ten solchem nach darfür, daß
chen undt von ihnen penetrirt werden könte, ob nit die vor diesem einge-
rathene vorschläg dermahlen verfangen undt sie herrn commissarii die
herrn mediatores ersuchen mögten, daß diese bey der cron Franckreich
plenipotentiariis es dahin vermittelen wolten,
und enden es nötig, undt zwar in specie bey der cron Franckreich selbsten,
sich insoweit interponiren theten, auf daß mehr löblichgemeltem cammer-
gericht in seinen angelegenheiten geholffen werden mögte.
ksl. Beschluß vermutlich auf sich warten lassen wird, ist das expediens zu erwä-
gen , ob nicht die Mediatoren bei den französischen Gesandten ein Schreiben an Turenne
erwirken sollen, daß derselbe undt alle desßen undergebene officier undt
gemeine soldaten die vor diesem ausgehendigte königliche protectoria undt
salvaguardien respectiren mögten.
Kurbayern . […] 1. Danken dem Kaiser für die clemenz, die er durch Inkraft-
setzung der bereits bewilligten, dato aber suspendirt gewesten generalamnisti
hat walten lassen, nit zweiflend, es werden die dardurch zu gnaden genohm-
mene stende diesem negst diese Kayserliche gnadt erkennen undt annehm-
men , daß heylige Römische reich auch nunmehr umb soviel mehr undt
leichter zu voriger tranquillir- undt beruhigung wieder kommen.
Ad 2 um errinnerte man sich, welchergestalt vor ungevehr einem jahr daß
löbliche Kayserliche cammergericht ihren calamitosum statum hiehero
repraesentirt undt dabey gemeldet, daß zwar mit salvaguardien versehen,
yedoch aber dabey nit manutenirt würden
Siehe oben nr. [ 2 S. 10 ] .
vergleichen, ob und was für media zu ergreiffen […], ihnen gingen unmas-
geblich zwey expedientia zu gemüeth, 1º temporaneum undt dan 2º ein
bestendiges. Soviel nun erstlich daß interimsmedium belangte, so sind die
Kaiserlichen ehistens zu bitten, die Mediatoren zu einer solchen Demarche bei
den französischen Gesandten zu bewegen, daß diese vom königlichen hoff auß
scharpffe ordre ahn die Frantzösische generalitet erhalten theten, auf daß
wo nit die gantze statt, doch weinigst die herrn camerales verschont pleiben
änderwerten unmasgeblichen meinung, das die herrn Kayserliche commis-
sarii ersucht werden könten, bey Ihrer Kayserlichen Mayestät die under-
bawung zu thun, weil ohnedaß die statt Speyer nunmehr in Frantzösisch
handt, damit selbige in eine bestendige neutralitet gesetzt werden mögte,
zu welchem ende dann auch denn herrn mediatoribus an hande zu geben,
daß sie vor hoch- und wohlermelte herrn Frantzösische plenipotentiarios
dahien disponirten, damit ex parte Franciae in ermelte neutralitet ebenfals
gehehlet werden möge.
für guet ansehen, könten allegirt werden 1º supremae iustitiae locus, 2º daß
derorths befindliche archivum, bey welchem alle stendt des reichs interessirt,
3º damit daß schwache corpus, welches dato in sehr geringer ahnzahl
persohnen bestünde, zu höchstem nachtheil undt schaden des heyligen
Römischen reichs nit vollendts destruirt werden mögte und dann 4º, weil
ahn diesem orth beeden kriegenden theilen nit viel gelegen, insonderheit
weil solcher orth von keiner sonderlichen importanz und fortification noch
der situs also beschaffen, daß weder Keyserliche noch Königliche Mayestät
in Franckreich viel vortheil oder auch ungemach undt schaden zuwachsen
könte.
Hielte sonsten nit dienlich, daß Königliche Mayestät in Franckreich von
denn stenden des reichs immediate zu
welchergestalt bey vorgewestem iüngsten reichstag zu Regenspurg eben
dergleichen abgangen wehren, weilen aber in selbigen daß praedicatum
Maiestatis nit gegeben worden, so wehre auch darauf weiters keine könig-
liche antwortt als nur ein schlechtes scriptum in formb eines decrets ervolgt
undt wieder zurückkommen. Vermeinten also, daß näherste undt zuträg-
lichste mittell zu sein, bey den herrn mediatoribus daß werck ahnzupringen
undt zu incaminiren.
Kurbrandenburg . Recapitulabat Churmaintzischen directorii proposition.
Ad 1 um belangendt declarationem Caesaream circa effectum suspensivum
amnistiae, da hetten verstanden, daß solche den nachmittag ad dictaturam
geben werden solle. Hielten nötig, sich zuvor darinnen zu ersehen undt
alßdann darauf zu resolviren, dann ihnen bedencklich fallen wolte, ungese-
hen sich darüber alsopalden vernehmmen zu lasßen.
Betreffend den zweiten ratione exemptionis onerum militarium pro supremi
in imperio tribunalis assessoribus et cameralibus zur umbfrag gestelten
puncten, da hetten uhrsach, sich mit den herrn vorstimmenden zu confor-
miren . Könten dero hohe notturfft wohl ermesßen, auch was Kayserlicher
Mayestät sowohl alß denn stenden deß reichs ahn desßen conservation
gelegen, inmasßen
dabey interessirt. Nach ihrer Meinung sind die vorgeschlagenen beiden media, 1º
temporale, 2º generale medium zu coniungiren undt nit zu separiren,
inmasßen dann auch dienlich ermesßen theten, daß die Frantzösische pleni-
potentiarii per mediatores ersucht würden, denn mareschal de Tourenne
dahien zu beordern, damit die vor diesem ertheilte königliche protectoria
undt salvaguardien respectirt undt maintenirt würden. Wehre auch nit
weniger gehöriger orthen zu gemüeth zu führen, daß ahn ermelten cammer-
gerichts conservation sowohl Ihrer Kayserlichen Mayestät alß sambtlichen
stenden des reichs hoch undt viel gelegen;
meinung, daß dieses noch daß zuträglichste expediens sein würde, wann
die statt Speyer in eine bestendige neutralitet gesetzt werden mögte, dan
eines ohne daß ander nit conservirt werden könte.
Kurmainz . […] 1. Das Dekret über die Amnestie haben ihnen die herrn Kay-
serliche abgesanden einzig und allein zu dem endt zugestelt und dabey
begehrt, daß sie es übrigen chur-, fürstlichen gesanden communiciren,
nit aber zur deliberation undt umbfrag stellen wolten. Würde auch also
dabey verpleiben undt den nachmittag in hiesigem Münsterischen fürst-
lichen hoff affigirt werden.
Betreffendt 2º die securitet undt verschonung der cameralpersohnen, […]
befinden die maiora dahien ziehelendt, daß zweyerley expedientia in vor-
schlag kommen, 1º ein interims-, 2º ein bestendiges medium. Hinsichtlich
des interimsmedium hetten sie verstanden, welchergestalt man dahien
collimire, daß Kayserlicher Mayestät commissarii zu ersuchen, per media-
tores das werck dergestalt bey denn königlich Frantzösischen plenipoten-
tiariis zu incaminiren, daß durch diese nit allein die cron Franckreich,
sondern auch dero generalveldtmarschall Turenne respective ersucht undt
beordert werde, damit hochlöblich gemeltes Kayserliches cammergericht
zu Speyer bey denen ihnen vor diesem gegebenen königlichen protectoriis
undt salvaguardien mögten geschützt und gehandthabt werden. Mitt
yetztgedachtem medio temporali könten sie sich gar wohl vergleichen,
sinthemahlen Ihrer Churfürstlichen Gnaden zu Maintz […] intention
auch fürnehmblich dahien ziehelen thete.
So hetten sie auch nit weniger bey dem zweiten auf eine neutralitet ziehe-
lenden medio wahrgenohmmen, welchergestalt von den herrn Kayserlichen
commissariis pari passu vernohmmen werden solte, ob sie in solch neutra-
litatis medium condescendiren undt zugleich durch die herrn mediatores
vermittels allerhandt, theils in heutigen votis vorkommenen dienlichen
rationen daß werck dahien negotiiren lasßen wolten, auf daß von der cron
Franckreich besagte statt Speyer ebenmäsßig in den standt der neutralitet ge-
setzt undt aus derselben die darin liegende königlich Frantzösische guar-
nison würcklich abgeführt werden möge. Conformirten sich damit eben-
fals , undt würdte diesem negst zu erwartten stehen, was ein löblicher fürsten-
rath sich hierüber erklären werdte, warauf man alsdann denn durch die
re- und correlation gemachten schlues den herrn Kayserlichen hinder-
pringen undt ihre gemüetsmeinung darüber vernehmmen könte.
Sonsten wehre es ahn deme, daß der punctus wegen begleitung der mediat-,
imo etiam non statuum von denn herrn Schwedischen plenipotentiariis
zu Osnabrugk resuscitirt werde. Es wehre bekant, wie starck solcher vor
diesem auch urgirt worden undt was Kayserliche Mayestät darauf für
rationes eingewendet. So hetten sie auch annoch nit weniger in frischem
ahndencken, welchergestalt neben den herrn Churbrandenburgischen sie
Churmaintzische die Schwedischen ersucht, daß von diesen postulatis
abstehen oder wenigst insolang, biß man zum congress gelange, verschie-
ben mögten, inmasßen sie auch dan dahemahlen dahien disponirt, daß sich
biß nach extradition der Kayserlichen responsionen vermögen lasßen.
Darauf wehre ervolgt, daß sich erklärt, zu einiger fernerer handlung nit
zu schreitten, bis diesfals erörterung geschehen sein werde.
Gleichwie nun sie Churmaintzische nit underlasßen, dieyenige schrifft,
welche die herrn Schwedische de novo diesfals wieder gethan
Der Schriftsatz ist von Oxenstierna und Salvius unterzeichnet und datiert vom 20./30. Oktober
1645 (Druck Meiern II S. 11 –13).
selbige ihnen von denn herrn Kayserlichen zugestelt worden, welches
allererst gestern nachmittag umb 3 uhren geschehen, dahero wegen enge
der zeit nit hette können zur dictatur gebracht werden können, gleich
darauf denn herrn churfürstlichen abgesanden zu dem endt nachrichtlichen
zuzufertigen und zu communiciren, damit man sich heut darüber eines
gewisßen entschliesen könte, also werde anyetzo zu belieben gestelt, ob
die herrn churfürstliche gesanden allerseits ihre zu gemüeth gehende
gedancken darüber eröffnen wolten […].
Lesen darauf das erwähnte Schriftstück vor.
Kurtrier . Über den neuen Propositionspunkt sind sie in specie nit instruirt,
auch ist Ihrer Churfürstlichen Gnaden zu Trier […] diesfals nichts zukom-
men . Schiene, daß diese sach vornehmblich zwischen Kayserlicher Mayestät
und denn cronen bestünde, masßen dero gesanden die praeliminaria abge-
handlet . Undt schiene auß des Salvii schreiben […], daß ermelte salvos
conductus auf ihre adhaerentes wolte verstanden haben. Wan deme also
wehre, sehen nit, warumb de novo darüber disputirt werden solte, auch
warumb gemeine landtstende, die mediate den immediatis statibus under-
worffen , solten anhero begleitet werden. Den herrn Kayserlichen würde
ahm besten bekant sein, was es diesfals für eine meinung gehabt, wehre
also dieses zuvorders mit ihnen zu tractiren. Es stünde gleichwohl auch
dabey zu bedencken, ob auch Ihre Kayserliche Mayestät in praeiudicium
statuum verwilligen könten. Hetten sonsten gestern denn praeliminar-
friedenschlues aufgeschlagen undt darinnen 1º pro confoederatis nominirt
befunden Pfaltz, Braunschweig Lünneburg, Hesßen Casßel; in folgendem
§º aber wehre mit diesen formalibus gesetzt „pro universis imperii statibus
et adhaerentibus in genere“. Daraus hetten schliesen können, daß „ adhae-
rentes “ nothwendig immediat reichsstende sein müsten, dann notorium,
daß dieses uff keine mediatos verstanden werden können. So wehre auch
notorium, wan man von stenden des reichs redet, daß man keine mediatos,
sondern immediatos vermeinen thete; auch seye ein groser underschiedt
zwischen reichs- und landtstenden.
sie alhier erscheinen solten, da ihre landtsfürsten undt obrigkeiten alhier
compariren und sich einfinden theten.
Kurköln . Nehmen Bezug auf frühere Verhandlungen wegen begleitung der
mediatstende. Es wehre nit ohne, das man nit wisßen könte, was die Schwe-
dische bey abhandlung der praeliminarien für intention gehabt.
aber intention in mente retenta nichts operiren könte, also könten auch auß
dem praeliminarschlues anders nichts abnehmmen, als daß alles auf imme-
diat reichsstende geziehlet seye; dan wann man von statibus imperii redete,
würden nit die underthanen, sondern principes und andere, qui ab antiquo
sessionem cum iure suffragii hergebracht, darunder verstanden.
Auß Ihrer Kayserlichen Mayestät responsionibus hette man so viel wahr-
genohmmen , daß ihro nit zuwieder, denenyenigen, so nahmbhafft gemacht
werden solten, salvos conductus zu ertheilen. Wehre zu wünschen, daß
die herrn Schwedische pro nunc specificiren mögten, welche sie vergleitet
haben mögten, nit eben, daß sie solten daran verbunden sein und keine
weitere vergleitung zu suchen macht haben, sondern, da sie hiernegst noch
andere nahmbhafft machen würden, solches ebenfals zu thun ihnen unbe-
nohmmen sein solte.
ein solches temperamentum gehalten werden müsßen, damit allerseits
oberkeitliche gerechtigkeit und andere iura in salvo mögten erhalten
werden.
Kurbayern . Erinnern an die früheren Beratungen über diesen Punkt. Der prae-
liminarschlues thete allein meldung von den immediatis statibus,
könte man demeselben keinen andern verstandt wegen deren expresse
gemelten wortt „pro adhaerentibus et universis imperii statibus in genere“
attribuiren. 2º hetten sichs die cronen selbsten zu imputiren, weilen sie
nit expresse dabey gesetzt „etiam pro mediatis statibus“. 3º wehre noto-
rium , daß daß wortt „stende“ allein auf die immediatos undt nit mediatos
status deute, welches hierauß desto clärlicher scheine, weilen von Kayser-
licher Mayestät die mediati zu gar keinen reichs- noch anderen conventen
gefordert würden. So wehre auch nit weniger 4º der Kayserlichen undt
königlichen auctoriteten despectirlich, mit privatis zu handlen. Undt ob-
wohlen weiters nit bevelcht, alß was sie albereits vor diesem in votis ange-
meldet , auch zu praeiudiz chur-, fürsten undt stenden nit gern einwilligen
wolten, daß deren municipalstätt und -stende auch hiehero erfordert undt
begleitet würden, wan gleichwohl per maiora solte geschlosßen werden,
Ihre Kayserliche Mayestät auch solches zulasßen undt einwilligen würden,
daß die mediati status auch anhero begleitet würden, so wolten sich nit
separiren. Hielten gleichwohlen dabey nit undienlich, wann, wie Cölln
anyetzo gemeldet, ein certus numerus, welche begleitet werden solten,
designirt werden mögte, zumahlen man alsdann vielleicht desto besßer aus
der sachen kommen dörffte.
Kurbrandenburg . Hetten sich im schreiben ersehen, hetten auch rationes
pro et contra überlegt, auch wahrgenohmen, daß gleichwohl von Ihrer
Kayserlichen Mayestät die erpietung beschehen, daß, sofern einige desig-
nation derenyenigen mediatstendt, welche begleitet werden solten, einkom-
men würdte, die salvi conductus für selbige ausgefertigt werden solten.
Recensebat rationes Suecicas aus der Schwedischen schrift mit dem anhang,
daß dieses eine sach, daß zu wünschen wehre, damit solche bey den praeli-
minarien recht wehre verglichen worden. Könten aigentlich nit wisßen,
worauf daß werck beruhe, würdte schwer fallen, einige rationes pro oder
contra ahnzuführen, weilen die damahls gehabte intentiones nit bekant.
Gleichwohlen aber, damit die friedenstractaten nit remorirt werden mögten,
stünde zu bedencken, daß es iha besßer, diese mediatos zuzulasßen als etwa
einige ruptur der tractaten zu befahren. Dan wann gleich die mediati
kähmen, so könten sie doch durch ihre praesenz ihren landtsfürsten und
obern gar nichts praeiudiciren. Ein Beharren auf der exclusion führt nur zu
Verzögerung und kann wahrscheinlich doch nicht aufrechterhalten werden.
Auß diesen und andern mehr uhrsachen müsten der meinung sein, daß die
salvi conductus mögten ertheilt werden. Könten gleichwohl die herrn Schwe-
dische dahien vermögt werden, das sie von ihren postulatis desistiren wol-
ten , so mögten sie es wohl leiden. Sonsten wehre ihnen auch der im Chur-
cöllnischen voto gethane vorschlag nit zuwieder, daß nehmblichen denn
mediatis statibus bey denn tractaten weder session noch stimb zu verstatten,
auch solche anherobegleitung ihren obern nit praeiudiciren, sondern nur
dahien angesehen sein solte, der cronen begehren zu willfahren, damit die
tractaten nit ferner remorirt werden mögten. Nit weniger liesen sie ihnen
auch mitbelieben, daß eine gewisße specification dermahlen ausgehendigt
werden mögte, welche man zu vergleiten begehren thete, mit dem reservat
gleichwohl, daß durch diese designation den cronen nit solte benohmmen
sein, hiernegst fernere signification zu thun […].
Kurmainz . [ … ] Befinden die maiora dahien ziehelendt, daß, unangesehen
auß deme zu Hamburg getroffenen praeliminarfriedenschlues nit abzunehm-
men , daß solcher auf vergleitung der mediatstende ziehlen thete, gleichwoh-
len aber, damit dem worttstreitt dermahlen mögte abgeholffen werden,
man für guet ansehe, daß Kayserlicher Mayestät einzurathen seye, casu quo
die cronen dieyenige nominiren würden, so sie begleitet haben wolten,
daß solchen alsdann die salvi conductus, yedoch aber mit gewisßen reser-
vationibus , ausgehendigt werden solten.
Ihre Churfürstliche Gnaden zu Maintz […] hetten bey demyenigen, was
dabevorn zwischen Ihrer Kayserlichen Mayestät undt der cronen pleni-
so clar undt einiger explication nit bedörffte. So hette man auch verhofft, es
würden die remonstrationes, welche von ihnen Churmaintz- und den herrn
Churbrandenburgischen dabevorn denn herrn Schwedischen gethan worden,
verfangen undt sie von der vergleitung der statuum mediatorum abgesetzt
haben. Da dies aber nicht der Fall ist, kann der Kurfürst von Mainz sich mit den
maioribus endtlich conformiren, daß nämlich die ksl. Gesandten von den schwe-
dischen einige specification verlangen sollen, worin dieyenige mediati designirt,
so sie zu gegenwertigen friedenstractaten vergleitet haben wolten. Nit
weniger könte ihnen auch zu belieben gestelt werden, die salvos conductus
für die mediatstende mit der im Churcöllnischen voto angehefften clausul
zu verwilligen,
sche nit verbindtlich machen solte, bey Kayserlicher Mayestät hiernegst
für andere mehr noch fernere vergleitung zu suchen. Vor allem andern aber
verglichen sie sich auch fürnehmblichen in diesem mit denn herrn vor- und
nachstimmenden, daß diese anherovergleitung derienigen mediatstende,
so die herrn Schwedische specificiren würden, dennyenigen chur-, fürsten
und immediatstenden, under welche solche mediati gesesßen undt gehören
theten, ahn deren ober- undt pottmäsßigkeit, auch anderen ihren iuribus
nit praeiudiciren solte, daß auch pro 2º die vergleitete mediati viel weniger
des iuris suffragii sich anmasßen solten, ferners undt pro 3º, daß sie auch
gantz nichts alhier solten vor- und ahnpringen, was zu schmählerung ihrer
obern recht undt gerechtigkeit geraichig sein mögte, sondern wofern sie
ichtwas gegen diselbe zu haben vermeinen würden, daßselbige
gen orthen suchen solten. Gleichwie man nun ermelte reservationes hoch-
nothwendig erachten thete, also wolten sie darfürhalten, daß die herrn
Kayserliche zu ersuchen, damit eo casu, wan die lista begehrt würdte, sie
yetztermelter reservationen bey denn königlich Schwedischen plenipoten-
tiariis eingedenck sein wolten, inmasßen sie Churmaintzische erpietig, neben
denn herrn Churbayerischen als ordinari deputatis denn herrn Kayserlichen
commissariis hiervon relation unverlängt zu erstatten.
Hierauf ist per deputatos ordinarios aus beeden chur- undt fürstenräthen
re- und correferirt
richt mit dem Kurfürstenrat auf die maß, gleichwie in vorhergehendem Chur-
maintzischen voto conclusivo zu sehen, vereinbahret, dabey gleichwohl
errinnert, daß dieser schlues den Osnabrugkischen hinderbracht undt sie
dabey (weilen wohlermelte herrn Osnabrugkische, wie vor diesem besche-
hen , sich besorglich de novo beschweren undt vorwenden mögten, daß
abermahls ihrer ungehört conclusa gefast undt ihnen nur allein blöeslich
communicirt werden wolten) ersucht undt ihnen zu gemüeth geführt wer-
den mögte, daß, obwohlen man zuvorhero gern hieraus mit ihnen commu-
nication gepflogen haben wolte, nachdeme man aber daß hiebey versirendes
morae periculum considerirt undt dabey die nachricht erlangt, daß theils mehr-
wohlermelter herrn fürstlichen gesanden zu Osnabrugk sich vernehmmen
lasßen, daß sie gern sehen mögten, damit hochlöblich gemeltem Kayser-
lichen cammergericht in seinen desideriis geholffen werden mögte, so habe
man umb soviel desto mehr damit maturiren undt die herrn Kayserliche
gesanden schleunigst imploriren wollen, daß diese die herrn mediatores et
sic domini mediatores die Frantzösische herrn plenipotentiarios, auf maß
in votis vorkommen, ehist diesfals besprechen und ihnen die unumbgängk-
liche höchste notturfft uffs beweglichste remonstriren undt zu gemüeth
führen mögten.
Undt nachdemahlen fürs ander ratione salvorum conductuum pro statibus
mediatis ein löblicher fürstenrath bedenckens getragen, ehe undt zuvorn
sie von der eingelangten Schwedischen schrifft per dictaturam communi-
cation undt abschrifft erhalten, sich mit ihren gedancken im löblichen
fürstlichen collegio heraußerzulasßen, so ist diesmahl die relation bis auf
ferners notificiren verschoben undt von denn herrn fürstlichen verahnlast
worden, negstfolgenden montag vormittag auf des Churmaintzischen
directorii ansag in fürstenrath wieder zu erscheinen undt über diesen
punctum ebenfals behörige deliberation zu pflegen.