Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen Gesandten und der Deputierten des Kurkollegs Osnabrück 1645 Mai 27

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Konferenz der kaiserlichen Gesandten und der Deputierten des Kurkollegs


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Osnabrück 1645 Mai 27

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DLöben I fol. 41’–43 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurmainz Rs FrA Fasz. 7 [ 4 ] nr. 60
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( damit identisch Kurmainz K FrA Fasz. 11 ); Krane Rs RK FrA 92/V fol. 73’–75
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( Druck Meiern I p. 411–412, Gärtner V nr. 37 p. 180–182 ).

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Für und Wider der Zulassung aller Reichsstände cum iure suffragii. Historischer Hintergrund
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der Frage. Kurfürstliche interposition bei Schweden.

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Im Quartier des Grafen Lamberg. Vertreten: kaiserliche Gesandte ( Lamberg, Krane ), Kur-
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mainz
( J. Adam Krebs ), Kurbrandenburg ( Löben ).

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Der Forderung Löbens gemäß berufen die ksl. Gesandten eine neue Konferenz ein.
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15–17 Löben – werden] Abweichend Kurmainz Rs und K: Löben thate anzeig, daß er
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bey der gesterigen conferentz sich des inhalts ihr der Churbrandenburgischen haben-
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den instruction in quodam passu, welcher außtrücklich dahien gienge, daß alle status
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imperii zu denen generalfriedenstractaten wegen ihres dabey habenden interesse
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gleich denen churfürstlichen herrn abgesandten admittirt werden mögten, nit
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erinnert.
Löben recapitulirte, was er gestriges thages wegen admission der fürsten
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undt stände des reiches erinnerdt undt was vor gefhar darob stünde, wenn
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sie solten excludiredt werden. Verliest entsprechende Gutachten der Kurfürsten
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von Bayern (

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18 22. Dezember – 1645 ] Die Daten ergänzt aus Kurmainz Rs, K und Krane Rs, in
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letzterem zu Februar 1645 zusätzlich sine expressione diei. Laut Kurmainz Rs, K
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zitiert Löben die beiden Schreiben copialiter.
22. Dezember 1644 )

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Kf. Maximilian an Ks. Ferdinand III., München 1644 XII 22 ( Gärtner III nr. 113 S. 772–
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778).
und von Brandenburg ( Februar 1645 ) an den
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Kaiser

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Kf. Friedrich Wilhelm an Ks. Ferdinand III., 1644 XII 22 ( Gärtner III nr. 114 S. 778–
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781).

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19–20 sowie – 1645 ] Statt dessen in Krane Rs: sodann, waß sich die Keyserliche commis-
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sarii zue Franckfurt deßwegen sollen haben gegen die reichsdeputation vernehmben
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lassen.
sowie die zustimmende Erklärung der ksl. Gesandten in Frankfurt vom
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5. Februar 1645. Da der Kurfürst von Brandenburg auß dieser materia albereitt

[p. 103] [scan. 227]


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mit Ihr Keyserlichen Mayestedt communiciredt, auch der sachen nach
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ihrer grossen wichtigkeitt selbsten reifflich nachgedacht, so hat er die kur-
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brandenburgischen
Gesandten mitt anfhürungk vieler rationum pregnantium,
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die Löben aus seiner

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4 Instruktion ] Zusätzlich in Kurmainz Rs, K: in originali.
Instruktion

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Kurbrandenburgische Originalinstruktion für Wittgenstein, Löben und Fritze zu den Verhand-
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lungen
in Osnabrück, 1645 I 28 ( Druck UuA Friedrich Wilhelm IV 2 S. 364–376 ).
vorliest, dahin instruiredt zu rhatten und zu
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befördern, daß man auch in diesem allgemeinen friedenswerk die fürsten
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undt stände cum voto admittiren undt ihre consilia anhören solle etc.,
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alß auch, diesem nachgehend, die fürstliche und der reichsstände abge-
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santhe sich bey den herrn Keyserlichen angeben lassen, so solten sie die-
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selben vor sich verstatten, hören undt sie dahin beanttwortten, daß sie mitt
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unß den churfürstlich Meintzischen undt Brandenburgischen abgesanthen
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aus der sachen communiciren undt sie hernach der gebür bescheiden wolten.
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103, 12 –104, 37 Sie – könten] In Krane Rs und Kurmainz Rs, K der nachfolgende Dialog
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Zwischen Löben und den Kaiserlichen zu ungunsten der kurbrandenburgischen Argumentation
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knapper; Krane Rs gibt im Gegensatz zu DLöben die Diskussion so wieder, daß der ksl.
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Standpunkt als begründeter erscheint. Demnach macht Krane zunächst geltend: Khöndten
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nit sehen, wie neben dem corpore deputatorum alhie ein anders in reichsabschieden
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nit erfindtliches corpus aus etlichen wenig stendten wurde wollen behaubtet werden.
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Warauf der von Löwen: Es gebühre einmahl denn ständen das ius suffragii, khöndten
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sich dessen gebrauchen, der außbliebe, hete es ihme selbst zu imputieren, warumb
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er nit herzuekhomben unnd sein recht in acht genohmben. Dagegen wür erynnert,
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das es im reich sein gewisse maaß unnd ordnung hab, wie unnd wann sich die
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stende des iuris suffragii gebrauchen khöndten […] müesse auch alßdann eine
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ordentliche abladung vorherogehen, die stendte auf gewisse zeit unnd mahlstätt
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betaget werden, deren allhie kheines vorhanden. Der von Löwen: Es seye jezo ein
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anderer zustandt im reich, so unnsere voreltern nit heten fürsehen khönnen, wurden
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sonsten auch leges darnach gemacht haben, darumb müessten jezo, pro rerum
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necessitate et emergentia, die consilia an handt genohmben werden. Wir: Zum
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wenigisten würde nöthig sein, das sich die stende zuvor auff offenem reichstage,
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dem herkhomben gemeß, eines solchen newen modi unnd legis vergleichen müessten,
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wurde von etlichen wenigen nit khönnen eingefüehrt werden. Ille: Wolte es nit vil
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disputieren, die stende wurden es aber behaubten wöllen.
Sie herrn Keyserliche anttwortteten, dasjenige, was ich vorbracht, were von
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grosser consideration, dankten vor die communication, meldeten aber
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dabey, das es sachen weren, so albereitt vor diesem vorgangen. Nach der
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handt weren die Keyserliche Mayestedt undt herrn churfürsten anders
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sünnes worden undt hetten auff eine deputation, undt zwar daß die, so
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zu Frankfurt gehalten, nacher Münster transferiredt werden solle, geschlos-
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sen . Ich regerirte, daß weder der Keyser noch die zu Frankfurdt beysammen
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gewesene stände solches in praejuditium der ubrigen stände zu thun
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bemächtigedt gewesen; zudeme so hette Seine Churfürstliche Durchlaucht
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Mein Gnedigster Herr whol gesehen, daß die deputation zu Münster nicht
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bestehen, die deputati auch, alß welche auff die allgemeine friedenstractaten
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auff offenem reichsthage, wie sich das gebüredt, nicht instruiredt weniger

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bevolmächtigedt, nicht tractiren könten; derwegen hetten sie im chur-
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fürsten- undt fürstenrhatt darwieder votiren lassen. Undt obzwar im chur-
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fürstlichen rhatt die maiora auff die deputation gezhieledt haben möchten,
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so hette ich doch so viel nachricht, das Seine Churfürstliche Durchlaucht
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contradiciren undt ihnen ihre gedanken darwieder reserviren lassen.
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Es wolten auch die im fürsten- undt stätterhätten nicht gestehen, daß sie
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simpliciter in diese deputation gewilligedt; derwegen könte ich nicht sehen,
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aus was ursachen man die fürsten undt stände, so vermöge des reichs-
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schlusses de anno 1641 zu erscheinen befugedt, excludiren solle oder könne.
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Undt ich wüste so viel, das die stände quovis modo durchdringen würden,
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undt würden durchaus in diesem passu nicht condescendiren, sondern
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den tractatibus als glieder des reiches, die mit heben undt legen müsten,
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mitt beywhonen wollen. Stellete also zu bedenken, ob es nicht besser were,
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das man den glimpf auff Keyserlicher seiften erhielte undt die stände admit-
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tirete , als endtlich geschehen lassen müste, das sothane ihre intention ver-
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mittels der frembden cronen durchgetrieben würde. Sie Keyserliche wende-
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ten ein, das were eines churfürsten gedanken, Churcöllen undt -beyern
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weren anderer gedanken. Dem conformirte sich Churmeintz, undt weren
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also 3 vota wieder mich: Ich sagte, ob sie gleich alle wieder mich weren,
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so geschehe es de facto. Meine rationes weren unumbstoßlich, undt gingen
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Seiner Churfürstlichen Durchlaucht gedanken dahin, daß man unpassio-
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niredt zur sachen reden undt das interesse eins oder des andern, wer der
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auch sey, auff die seitte setzen solle, weswegen sie auch alle respecten fharen
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liessen undt thätten nur des heiligen reiches bestes undt alle mittel zu beför-
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derungk des lieben friedens suchen. Sie gedächten aber hierbey gar nicht,
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der Keyserlichen hoheitt zu nahe zu tretten, sondern Ihr Keyserlicher
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Mayestedt abgesanthe möchten im nhamen Ihr Keyserlichen Mayestedt mitt
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den auswertigen cronen tractiren, aber den rhatt würden sie gleichwhol von
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churfürsten, fürsten undt ständen des reiches nhemen müssen. Die Keyser-
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lichen anttwortteten, es stünde bey ihnen nicht, sie weren des Keysers
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ministri undt müsten ihrer instruction nachleben. Wolten es gleichwhol
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Ihr Keyserlichen Mayestedt referiren undt dero allergnedigste willens-
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meinungk uber diesen puncten einholen. Ich sagte, das könten sie thun,
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weren nicht zu verdenken; allein solten sie gleichwhol allerdinges also be-
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richten undt mitt solchen umbständen speciem facti erzhelen, wie ich es
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vorgetragen, damitt Ihr Keyserliche Mayestedt Seiner Churfürstlichen
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Durchlaucht gemütsmeinungk recht verstehen undt einnhemen könten.
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38 Hierauff – Churmeintzische] Laut Kurmainz Rs, K kommt Kurmainz nach der
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ersten Erwiderung der ksl. Gesandten, laut Krane Rs sogar schon unmittelbar nach dem ersten
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Vortrag Löbens zu Wort.
Hierauff proponirte der Churmeintzische,

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104, 38 –105, 6 dankte – resolviren] Fehlt in Kurmainz Rs, K; in Krane Rs nur: Kurmainz
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wiederholt sein gestriges Votum.
dankte, daß ich mich in meinem
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voto herauslassen wollen. Were uber diesen passum nicht instruiredt,

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bete, ich wolte ihme mein votum mitt seinen aus den documentis gelesenen
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rationibus communiciren, so wolte er nebenst seinen herrn collegen mitt
3
den Churcöllnischen undt -beyerischen abgesanthen daraus communiciren,
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auch umb gnedigsten befhel, wie sie sich zu verhalten, bey Ihrem Gnedig-
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sten Churfürsten undt Herrn in schrifften einkommen undt sich hernach
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resolviren: Inmittels hielte er dafür, daß D. Craan den heren D. Lampa-
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dium vor sich fordern undt ihme zu erkennen geben solle, daß sie die Key-
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serliche nicht in mandatis oder instructione hetten, die fürsten undt stände
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cum suffragiis ad consilia zu admittiren. Stünde auch nicht bey ihnen, es
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proprio motu einzuwilligen, sondern wolten es Ihr Keyserlichen Mayestedt
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berichten. Könten sich Ihr Keyserliche Mayestedt samb chur-, fürsten undt
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stände sich dieses passus halber vergleichen, so solte es ihnen nicht endt-
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kegen sein. Bete also, er möchte sich gedulden, die ubrigen auch zur ge-
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duldt vermhannen, auch sie endtschuldigedt halten, das sie sie rebus sic
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stantibus im nhamen der gesambten stände nicht hören könten. Er berichte
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dabey, das es ernste confusion geben würde, wenn man die stände admit-
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tiren solte, es würde nimmer sein können, der deputationsthagk würde
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105, 18 –106, 12 Ich–lassen] Fehlt in Krane Rsundin Kurmainz Rs, K, in letzterem statt dessen:
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Kurmainz wirft die Frage auf, ob sich villeicht ein reichstag mögte practiciren laßen. Löben
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verweist auf die ablehnende Haltung der Schweden wegen ihrer mit Franckreich habender
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competentz. Kurmainz gibt zu bedenken, daß, wie die schwedischen und französischen Gesand-
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ten
sich jeweils an einem Orte beysammen einfinden unnd mit ihren besuchungen alter-
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niren theten, allso könte auch hernegst, wan die tractatus ahn ein ohrt verlegt
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würdten (eß wehre nun daselbst zugleich die reichsdeputation oder eine allgemeine
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reichsversamblung) zwischen denselben gleichmeßige alternation practicirt werden.
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Auch nach Meinung der Kaiserlichen kann es eodem loco zwischen den Kronen umb soviell
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weniger competentzstrittigkeit geben, weylln sie nit eine kirche gebrauchten unnd
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allso nur bey denen consultationibus zusammenkommen würdten, wohselbst sich
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die biß anhero von ihnen observirte alternation ebensowohl practiciren ließe.
dadurch cassiredt, undt was des dinges etwan mher

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18 ware] Kurmainz Rs, K in der Wiedergabe der kurmainzischen Meinungsäußerung aus-
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führlicher
: Die wenigen anwesenden fürstlichen und städtischen Gesandten können, da auch
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schon noch alle ubrige stendt gleichmeßig schicken würdten, keine perfecta corpora
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collegiorum machen. Es gibt im Reich nur drei comitiorum genera, darunder ist die
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reichsdeputation eine, welche omnes status ex lege imperii repraesentirte. Solte nun
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dieselbe uber verhoffen verworffen unnd zue dergleichen imperfecto corpore statuum
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geschritten werden, so wehre iha zu befahren, daß dasjenige, waß bey solchem
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conventu nomine statuum abgehandelt würdte, von andern, welche die ihrige nicht
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darbey gehabt, in disputa gezogen werden, unnd daraus newe fomites bellorum
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entstehen dörfften. Müssen also, ehe der Kaiser nicht anderes Sinnes ist, demjenigen, waß
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Kurköln und Kurbayern den ksl. Gesandten nach anleitung des negst vorhergehenden
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protocolls vom 26. huius eingerathen, nachmahligen beyfall geben.
ware. Ich endtschuldigte
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mich, daß ich bedenken trüge, die begerte communication zu thun, were
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nicht breuchlich. Also wurde geschlossen, daß in dieser sachen fürder-
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lichst eine anderwertige conferenz gehalten, die vota ordendtlich protho-
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colliredt undt also die sache mitt ihren umbständen an die Keyserliche,
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Mayestädt gebracht werden solle; inmittels, weiln ich in beyden passibus

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nicht condescendiren wolte, erbotten sich die Keyserlichen, das sie vleis
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ankheren wolten, der fürsten undt stätte abgesanthen zur geduldt mitt
3
glimpf zu disponiren.

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Nach diesem redete D. Krebiß mitt mier undt begerte, ich solte zu able-
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gungk unsrer interposition bey den königklich Schwedischen legatis zu
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ihnen kommen, so wolten wier in ihrem hause auff eine gutsche sitzen
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undt zusammen fharen; meine gutschen könten obenherumb vor ihr haus,
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ich aber nur zu fusse, weiln es gar nahe were, durch den garten gehen.
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Ich sagte, es würde das ansehen haben, alß ob ich ihnen die erste visiten
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geben thäte. Darauff meldete er, nein, das solle die bedeutungk nicht haben,
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sie wolten vorhero zu uns schicken, wie breuchlich were, undt wolten sich
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zu ablegungk der visiten auff morgenden thagk offeriren lassen.

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