Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
119. 101. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 September 11 4 Uhr

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101. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1647 September 11 4 Uhr

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Strassburg AA 1144 fol. 424–433 = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.

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Schreiben der Stadt Heilbronn: Opportunität und Form der Unterstützung gegen französische Über
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griffe
in der besetzten Stadt.

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Anwesend: Straßburg, Lübeck auf der Rheinischen, Nürnberg, Eßlingen [per Lindau], Rothen-
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burg [per Nürnberg] und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.

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Herr Director proponirt: Es habe gestiges tages der herr Eßlingische
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abgesandte

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Gemeint ist der Lindauer Dr. Valentin Heider, der auch die Stadt Eßlingen vertrat.
ihme ein offenes schreiben, welches die statt Hailbronn an das
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gesambte stättische collegium abgehen laßen, eingehändigt, so er auch
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communicirt

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Schreiben vom 26. August 1647 an Heider und den Städterat ( Strassburg AA 1140 fol.
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395–395’, 396–396’). Heilbronn war im Ulmer Waffenstillstand von kurbayerischen Truppen
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geräumt und den Franzosen übergeben worden, die sofort begannen, die Stadt zu befestigen (vgl.
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auch CE Protokoll vom 4. Juli 1647 Meiern IV S. 661 f.).
, nicht zweifflend, übrige herren collegae werden deßelben
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innhalt ersehen und dem werckh ferners nachgedacht haben. Und weiln wohl-
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gemelter herr Eßlingische, daß man stättischen theils zum wenigsten pri-
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vatim von der sachen reden möchte, gebetten, als habe er die herren abge-
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sandten in sein losament bemühen und daß sie ihre vernünfftige gedanckhen
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eröffnen möchten, bestes vleißes ersuchen wollen. Das werckh an ihme
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selbsten werde auff diesen beeden quaestionibus, 1. ob man sich löblicher
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statt Hailbronn diß orths annemen wolle und 2. wie und welcher gestalt
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solches, ohne gedachter statt ohngelegenheit werckhstellig zu machen seye,
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beruhen. Vorderst aber zu dem herrn Eßlingischen stehen, ob er ein
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mehrers dabey berichten wolle?

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Eßlingen. Es habe zwar ein ersamer rath der statt Hailbronn, nachdem der
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darin ligende commendant auff bevelch des herrn veldtmarschalls Turrenne
25
einen vestungsbau daselbsten angefangen, denselben von keiner sonder-
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bahren importanz anfänglich zu sein erachtet, hernach aber auff vorgangene
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demolir- und abbrechung 15 und mehr häuser das werckh majoris molis und
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dahero, demselben in zeitten vorzubauen höchstnöthig und als eine sach,
29
welche der benachbarten meinung nach zu diesen fridenstractaten gehörig
30
seye, bey denenselben anhängig zu machen, für guth befunden. Dißorths
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habe der Württembergische herr abgesandte, daß es vermittelst eines memo-
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rials bey allen dreyen reichscollegiis angebracht werden sollte, davor gehal-
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ten , welchen modum aber der Würtzburgische aus nachfolgenden ursachen
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dissuadiret, weiln 1. wann solcher modus ergriffen würde, von denen Frant-
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zosen es dahin, ob wolte man eine andere dependenz und sich von ihnen zu

[p. 581] [scan. 653]


1
alieniren suchen, interpretirt, 2. offension und verschwärung der statt Hail-
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bronn ohne das obhabenden großen lasts dadurch causirt, das memorial 3.
3
von Churmaintz pro more auff ein seitten gelegt, indeßen 4. das werckh zur
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perfection gebracht werden, und 5. der commendant als ein soldat auff
5
rationem status et militiae sein absehen richten und das factum damitt
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excusiren dörffte. Doch aber auch dafür gehalten, solche beschwärdt werde
7
durch ervolg des generalfridens am besten zu erheben, indeßen gleichwohl
8
dieses incidentmittel, daß man die zu Münster anwesende königliche
9
Frantzösische herren plenipotentiarios entweder immediate per deputatos
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civitatum imperialium oder mediate per Venetum

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Gemeint ist der venezianische Vermittler Alvise Contarini di Tommaso ( 1597–1651 ), der die
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Republik Venedig zwischen 1624 und 1641 bereits in Madrid, im Haag, in London, Paris, Rom
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und in Konstantinopel vertreten hatte ( über ihn J. L. Walther S. 5f.; J. Chr. W. Steck
41
S. 77–79; H. Kretschmayr III S. 303, 325f.; L. Schiavi ; APK 5182–5185; F. Tour-
42
tual
I S. 14–16, 19, 22, 25f.; E. A. Cicogna II S. 246–248; H. Bücker S. 30f.; E. Rott
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S. 122, 139f., 914 ). – Über die Vermittlung als völkerrechtliches Institut U. Scheuner S. 230;
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F. Dickmann S. 80–82, 530f. mit weiterer Literatur ( vgl. APW [ III A 1, 1 S. 2 Anm. 3 ] ).
um abwendung des
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schädlichen attentati inständig ersuchen solte, nicht ohndienlich und zwar
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deßto füglicher zu practiciren sein, weiln solcher gestalt obige difficulteten
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cessiren würden und die herren Frantzosen nichts böses dabey abdenckhen
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köndten, wann man ihnen sonderlich sagen solte, daß man den weitleuff-
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tigen modum der reichsconsultationen nicht ergreiffen wollen. Welcher
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meinung auch der fürstliche Braunschweig Lüneburgische abgesandte, herr
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Lampadius, daß nemblichen das vorgeschlagene memorial bey denen 3
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reichscollegiis nicht allein nichts fruchten, sondern vielmehr bey dem gegen-
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theil offension verursachen und pro ridiculo gehalten werden dörffte, beyfall
20
gegeben und nächst vorgeschlagenem incidentmittel ferners dafür gehalten
21
habe, weiln die Frantzosen nach den ständen wenig fragen, Ihre Churfürst
22
liche Durchlaucht in Bayern aber das meiste bey dem werckh zu praestiren
23
vermögen, daß selbige nomine des erbaren stättcollegii durch schreiben sich
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der statt Hailbronn, zumahlen es nur ein gravamen politicum, dißfalls auß
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träglich anzunemen, förderlichst belangt werden solten. Wolte diesem nach
26
die herren abgesandten, dem werckh ohnbeschwärt reifflich nachzudenckhen,
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dienstlich ersucht und gebetten haben.

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Lübeck. Es seye höchlichen zu beclagen, daß dergleichen beschwärden bey
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einer statt nach der anderen entstehen, inmaßen das frische exempel mit der
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statt Herfordt annoch vorhanden; und wolle dahero bey der ersten frag
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sowohl die christliche lieb als natürlichste natürliche schuldigkeit wie nicht weniger des
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reichsstättischen wohlwesens vinculum reciprocum und dan die auß der-
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gleichen proceduren noch mehrers zu befahren stehende böse consequentien
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sich löblicher statt Hailbronn, zumahln dero gravamen von nicht geringer
35
wichtigkeit seye, stättischen theils eifferigst anzunemen ohnumgänglich
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erfordern. Bey der anderen müße er bekennen, daß sich zwar, weiln man
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alhier mit frembden potentaten zu thun habe und beede kriegende par-

[p. 582] [scan. 654]


1
theyen , Franckhreich und Bayern, concurriren, große difficulteten finden,
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weiln es aber ein solches werckh, dadurch das stättische corpus trefflich
3
diminuirt und demselben der garauß leichtlich gemacht werden köndte,
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werde auff dieselben nicht zu sehen, sondern, weiln vermuthlich ein jeder
5
denen bedrängten stättischen mittgliedern, quovis possibili modo die hülff
6
liche hand zu bieten, instruirt sein werde, per modum intercessionis als das
7
nächste mittel und zwar nicht per latus alterius, sondern directo zu denen
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herren Frantzosen zu gehen und sie, damit dieser schädliche festungsbau
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abgeschafft werde, die verfügung zu thun, zu ersuchen sein. Und werden sie,
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daß man sich der bedrängten statt Hailbronn entweder directo durch depu-
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tatos oder durch schreiben anneme, seines ermeßens dahero, weiln sie,
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keinem standt des reichs eintrag zu thun, jederzeit contestirt, nicht für übel
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auffnemen können. Erinnere sich zwar wohl, daß man auch wegen anderer
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stätt etwa absque effectu bey ihnen intercediret habe, weiln es aber, dafern
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man nichts bey den werckh thun wolte, im gewißen ohnverantwortlich fallen
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würde, alß hette man sowohl demselben alß auch der statt gegen das erbare
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stätt collegium gestelten hoffnung ein genügen zu thun. Hingegen aber die
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verantwortung von sich abzuleinen, alle diensame rationes, die Frantzosen
19
anderst zu disponiren, an die handt zu nemen, incidenter auch der beeden
20
stätt Speyer und Worms zu

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20 derenselben] Ulm ihren; nachträgliche Änderung in Druckvorlage.
derenselben ehisten sublevation, und daß sie
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nach gemachtem friden deßelben früchten auch genüßen möchten, zu ge-
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denckhen . Neben dem halte er auch nicht ohndienlich, bey Ihrer Churfürst
23
lichen Durchlaucht in Bayern mit einigem schreiben für die statt Hailbronn
24
einzukommen und den eventum Gott zu bevehlen. Seyen beßere consilia,
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gedachter statt zu assistiren, obhanden, wolle er dieselbe gerne approbiren
26
und mit denen majoribus deretwegen sich vergleichen.

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Nürnberg. Ad 1. Gleich wie er dahin, daß er dem stättischen collegio
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assistiren und dasjenige, was zu incolumitet deßelben immer gereichen
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möge, befürdern helffen solle, von seinen herren und oberen instruiret, also
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decidere decidire er auch diese quaestionem an affirmative, daß man sich nemblichen
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der statt Hailbronn nach allem vermögen annemen solle. Ad 2. quoad
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modum stehe er an und sehe nicht, wie man mit großem effect auff einen
33
oder den anderen weg werde fortkommen können. Zu dem bezeuge die
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tägliche erfahrung, wie mit den Stätten verfahren werde und wie gar schlecht
35
mit der herren Frantzosen contestationibus, daß sie keinem standt des reichs
36
ichtwas zu praejudiciren begehren, der eventus correspondire. Inmaßen
37
dieser bey löblicher statt Hailbronn vorgenommene vestungsbau ein offen-
38
bares documentum gebe und dergleichen attentata anders nichts als compe-
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des et vincula ihrer freyheit seyen. So geben es auch die bey Nördlingen,
40
Überlingen und Memmingen von denen Schwedischen an hand gestelte
41
neue exempla ebenmäßig zu erkennen, und, wann man es ande, übertrage
42
und entschuldige ratio belli alles.

[p. 583] [scan. 655]


1
Halte diesem nach dafür, daß das werckh an die 3 reichscollegia zu bringen,
2
aus denen bereits angeführten rationibus nicht räthlich, sondern beßer sein
3
werde, denen herren Kayserlichen deßwegen zuzusprechen, bey welchen
4
diese sach, weiln Ihrer Kayserlichen Majestät respect, ohne deren begrüßung
5
diese statt in Frantzösische hände gerathen, mercklich interessirt, vielleicht
6
etwas favor haben möchte. Sehe aber auch nicht, was die herren Kayser-
7
lichen , zumahlen die Frantzosen den orth in handen haben, dabey außrichten
8
werden können. Wolle also dieses eintzige mittel das beste zu sein scheinen,
9
daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern, welche der cron Franckhreich
10
disen platz eingeraumt und, daß sie der statt und der bürgerschafft an ihren
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rechten und freyheiten nichts widerwertiges zufügen laßen wollen, ver-
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sicherung versprochen und also das meiste bey dem werckh thun können, sich
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derselben anzunemen und, daß die Frantzosen weiters nichts innoviren
14
möchten, zu verhüten, ersucht würden. Und wiewohln er, ob die Frantzosen
15
dem churfürstlichen intercessionschreiben deferiren werden, darum sehr
16
zweiffle, weiln ihnen ratio belli und, daß sie ihre retirata retirada dahin suchen wol-
17
len , genugsame entschuldigungen an die hand gebe und die außlängliche
18
sublevation wohl biß auff den ervolgenden friden anstehen dörffte, wolle er
19
doch der statt nicht abräthig sein, daß man sich ihrer annemen, sondern
20
vielmehr die Frantzösischen herren plenipotentiarios per deputatos nomine
21
collegii civitatum imperialium gebuhrender maßen belangen und sie ihrer
22
intention und vertröstung, daß sie keines standts libertet eingriff thun
23
wolten, erinneren solle, wiße nur nicht, wie solches ansprechen füglich ins
24
werckh zu richten, daß die statt Hailbronn nicht etwa deßelben, wie er
25
besorge, entgelten müße und der commendant daselbsten, ihr noch mehrers
26
beschwärlich zu sein, dahero anlaß nemen möchte; könne sich aber auffallen
27
fall damitt wohl vergleichen, daß man bey denen herren Frantzösischen, um
28
diesen bau rückhstellig zu machen, das zu böser consequenz besorglich auß
29
schlagende scandalum zu avertiren und ihren contestationen mehreren
30
glauben zu machen, vorderst einkommen, das werckh auffs beste recommen-
31
diren und sodann, nachdem die antwortt und der effectus des ansprechens
32
falle, an Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern hierunder schreiben
33
möge.

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Eßlingen per Lindau. Es gehe die von seinen herren committenten
35
obhabende instruction ebenmäßig dahin, daß der bedrängten statt Hail-
36
bronn geholffen werden möchte. Und habe man sich derselben, weiln die
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Frantzosen der vestung meister seyen und den bürgeren den aditum darzu
38
verschließen wollen, deßto mehr anzunemen. So viel aber 2. den modum
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antreffe, conformire er sich mit vorgehenden vernünfftigen meinungen, daß,
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weiln man doch mit dem memorial bey den dreyen reichsräthen nur in
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vanum laboriren und der statt mehrere offension und gefahr dadurch besorg-
42
lich zuziehen würde, man sich recta bey denen herren Frantzosen anmelde
43
und das werckh recommendire. Ob aber daßelbe per deputatos aus dem

[p. 584] [scan. 656]


1
stättischen collegio oder durch schreiben geschehen solle, seye er indifferent.
2
Hielte gleichwohl die deputation, weiln auch die zu Münster anwesende
3
stättische herren abgesandten verhoffentlich gerne concurriren werden, von
4
beßerem verfang und, auff den fall die herren Frantzösische eine dilatorische
5
antwortt geben, und darum, weiln sie dem veldtmarschall Turenne nichts zu
6
commandiren hetten, das werckh allererst an den königlichen hoff nacher
7
Paris gelangen laßen wolten, daß zugleich Ihre Churfürstliche Durchlaucht
8
in Bayern in namen gesambter stätt durch ein bewegliches schreiben der
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promessen, welche sie der statt Hailbronn durch den herrn general commis-
10
sarium Schäffer

41
Gemeint ist der bayerische Kriegsrat Johann Bartholomäus Schäffer, der neben Johann Reuschen-
42
berg und Johann Küttner von Künitz Kurbayern bei den Ulmer Waffenstillstandsverhandlungen
43
vertrat.
thun laßen, wie wohl die traditio clavium eine speciem
11
dominii redolire, gebührendt erinnert und um fürderliche assistenz ersuchet
12
würden.

13
Rothenburg per Nürnberg. Daß man sich an seitten der erbaren stätt
14
mehrgedachter statt Hailbronn angelegenheiten und beschwärdten best
15
möglichst annemen solle, erfordere 1. die christliche liebe, 2. catena et
16
vinculum civitatum imperialium und 3. periculum commune, cum cuivis
17
possit accidere, quod cuiquam. Es seyen auch 4. underschiedliche praejudicia
18
vorhanden und habe man um des willen, daß bey jetztmahligem zustandt
19
unseres vatterlandts Teutscher nation der effect ohngewiß seye, animum
20
nicht zu despondiren oder hand und füße sinckhen zu laßen, noch die culpam,
21
alß hette man dieses membrum civitatum necligiren negligiren und zu grund richten
22
laßen wollen, auff sich zu laden. Die media zwar 2. betreffend werde 1. bey
23
denen herren Kayserlichen, weiln sie conjunctionem armorum hingegen
24
begehren werden, schwärlich etwas bey denen herren Frantzösischen, aber 2.

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anderst nichts außzurichten sein, alß daß sie das werckh von sich ab- und an
26
die generalitet weisen, diese aber sich mit der ratione belli und daß sie sich der
27
statt versicheren müßte, entschuldige. Dann derenselben gegen die stätt
28
Speyer, Worms und sonderlich die zehen reichsstätt im Elsaß tragende
29
affection bekandt. Die herren Schwedischen werden 3. wegen der mit der
30
cron Franckhreich habenden alliance auch wenig zur sachen thun, seyen
31
complices et correi und haben zu Schweinfurth gleicher gestalt einige fortifi-
32
cationes vorgenommen. Churbayern werde 4., wann er gleich darunder
33
ersuchet werden solte, bey denen Frantzosen auch nicht recht anbeißen
34
oder das werckh hart angreiffen wollen wegen mit underlauffenden contractus
35
innominati, facio, ut facias. Deme aber seye, wie ihm wolle, und damit
36
gleichwohl nichts underlaßen werde, was zu der bedrängten statt subleva-
37
tion dienen köndte, hielte er für verantworttlicher, wann man es mit einem
38
memorial an die 3 reichscollegia versuchte und dieses große gravamen zum
39
wenigsten ad publicam imperii notitiam kommen ließe. Werde verhoffent-
40
lich ohne ombrage bey Franckhreich nicht abgehen. Und hette man an der

[p. 585] [scan. 657]


1
befürderung deßwegen, daß das Churmaintzische directorium ein und ander
2
memorial auff der stätt intercession und recommendation ohnbefürdert
3
liegen laßen, nicht zu desperiren, in betrachtung, daß die Herfordtische sach
4
zu schleuniger deliberation gegeben worden. Wann man aber dieses mittel für
5
bedenckhlich halten und daß kein effect darauff zu stellen seye, vermeinen
6
solte, laße er es auch dahin gestellt sein und were der statt Heilbronn, daß sie
7
deßwegen an den herrn hertzogen von Württemberg als vicinum, vornemb-
8
lich aber auch an Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern schreiben und,
9
daß sie die statt derer bey außwechßlung der guarnison von sich gestelten
10
vertröstung würckhlich genüßen laßen möchten, beweglich erinnern solte,
11
vorderist an die hand zu geben. Sonsten conformire er sich auch damitt, daß
12
man nomine collegii an Churbayern schreiben und das werckh per deputatos
13
an die herren Frantzösische bringen solle. Und wiewohln diese sich auff
14
andere orth mehr beruffen dörfften, werde doch ihnen, daß ers ein solcher
15
baw seye, welcher von anderen gantz separat und einig und allein zu oppres-
16
sion der statt angesehen, zu remonstriren sein; und gleich wie endlichen
17
das hauptremedium der friden, also stehe zu besorgen, daß außer demselben
18
nichts helffen werde. Weiln auch der herr Regenspurgische bey dem ab-
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schiedt ihme sein votum auffgetragen, alß wolle er selbiges suo loco et
20
ordine nomine Regenspurg hiehero wiederhohlet haben.

21
Memmingen. Weiln von der sachen in vorgehenden vernünfftigen votis
22
bereits der notturfft nach geredt worden, habe er nicht ursach, sich dabey
23
viel auffzuhalten. Seye allein zu bedauern, daß man solcher gestalt mit einer
24
statt nach der anderen verfahre, und also in quaestione an, ob man sich der
25
nothleidenden statt Hailbronn annemen wolle, mit denen majoribus gantz
26
einig, der modus aber 2. etwas deliberirlich. Und ob er wohl gleich anfäng
27
lich auff die gedanckhen, daß man die herren Frantzosen hierunder werde
28
belangen müßen, gefallen, ob es aber mediate oder immediate geschehen
29
solle, indifferent gewesen seye, wolte er doch anietzo, daß das

42
29 anbringen] Ulm ansprechen.
anbringen
30
immediate geschehe, lieber sehen. Vorhero aber were gleichwohl Ihre Chur
31
fürstliche Durchlaucht in Bayern, weiln sie die statt auß handen gegeben,
32
wie nicht weniger der hertzog von Württemberg sowohl von der statt
33
Hailbronn selbsten als dem stättischen collegio um intercession bey den
34
Frantzosen durch schreiben zu ersuchen. In omnem eventum aber hette die
35
statt eine attestation, daß dieser vestungsbau ihro künfftig ohnpraejudicirlich
36
sein solte, zu solicitiren und zu begehren.

37
Herr Director. Soviel die erste frag anreiche, halte er dafür, die affirmativa
38
ergebe sich gar leichtlich, bevorab weiln es die stättische correspondenz
39
erfordere und nicht allein die statt Hailbronn, sondern auch andere der
40
consequenz halben dabey hoch interessirt, die cron Franckhreich auch zu
41
diesem vornemen gantz nicht berechtigt seye. Es möchte zwar den schein

[p. 586] [scan. 658]


1
von außen haben, ob were die sach der importantz gar nicht, daß entweder
2
die statt Hailbronn sich darab darob beschwären oder andere derselben under-
3
nemen solten. Sintemahln an Frantzösischer seitten praetendirt und vor-
4
gegeben werde, 1. es seye ein bloßes temporalwerckh, welches nur so lang
5
wehre als der krieg, wann der friden gemacht, so cessire die translatio und
6
möge die statt nach abgeführter guarnison mit diesem neuen bau verfahren,
7
wie sie wolle. Der bau gehe 2. allein die militaria und besatzung an und seye
8
der statt, alß welche in ecclesiasticis et politicis bey vorigen ihren juribus
9
ohnmolestirt verbleibe, so gar ohnpraejudicirlich, daß er vielmehr 3. zu
10
ihrem besten diene, weiln sie auff solche weiß mit wenigerem volckh beschüt
11
zet und erhalten werden könne, da auff den verbleibungsfall die guarnison
12
verstärckht und zugleich der underhaltungslast vergrößert werden müßte. Es
13
seye 4. auff kein citadell, sondern nur eine retirata retirada angesehen, welche die
14
geringe guarnison auff den bedürffnusfall bedürffungsfall auff das sogenandte große boll-
15
werckh , wo es etwas beßer versehen würde, nemen und die statt so lang
16
defendiren köndte, biß der succurs und entsatz ankommen möchte. Es koste
17
5. etliche schlechte rebmanshäuser, deren geringer werth gegen der anseh-
18
lichen sublevation und erleichterung, welche die statt bey so schwacher
19
guarnison empfinde, für nichts zu achten seye. Wann man aber das werckh
20
etwas genauers überlege und sonderlich die darauß befahrende consequen-
21
tien betrachte, so seye hoch von nöthen, daß denenselben demeselben in zeitten vor-
22
gebauet und, ehe es zum standt gebracht, außträglich begegnet werde.
23
Maßen darzu ansehenliche moventia abhanden obhanden . Dann weiln 1. dem Kayser
24
nicht erlaubt sein solle, in der stände bottmäßigkeit neue festungen zu
25
bauen, ohn der gesambten reichsstände vorwißen und bewilligung, §º
26
„gaudeant“, so könne man ein solches dem könig in Franckhreich viel
27
weniger gestatten. Und wann er under währenden tractaten dem projecto
28
pacis also zuwider handle, stehe zu bedenckhen, was erst nach dem schluß
29
geschehen werde. Es seye 2. keine geringe praerogativa status et libertatis,
30
daß ein statt sich selbsten verwahren und bevestigen, auch sonsten verrichten
31
könne, was zu bestellung der wachten, schließung der porten und in andere
32
weg von nöthen seye (Limn. lib. 4 c. 8 n. 213, 235

35
J. Limnäus lib. 4 c. 8 n. 213: Munire arces et fortalitia extruere, schlösser mit basteien
36
verwahren und vestunge bauen […]; n. 235: De imperii statibus ita sentio eos etiam
37
irrequisito imperatore munitiones posse extruere suis in territoriis, modo defensionis
38
hoc fiat gratia, nec ad aemulationem aut molestiam alterius aut denique contra privi-
39
legium cuiuspiam status. Multae enim civitates imperiales, aliique status singulari pri-
40
vilegio ab imperatore obtinuerunt, ut prope ipsorum territoria nemini liceat castra vel
41
arces; aut fortalitia aedificare […]. Spirensem ad civitatem intra tria milliaria non licet
42
fortalitium construere […] Noriberga a Carolo IV. privilegio obtinuit, ut nulli liceat in
43
einer meilwegs gerings umb die statt eintzige statt, marckt oder vesten aufzurichten
44
oder zu bauen […]; vgl. auch ds. : Additiones ad priores vol. IV ad l. 4 c. 8 n. 325. Straßburg
45
1660.
). Die cron Franckhreich
33
habe 3. die statt nicht mit dem schwerdt bezwungen, sondern allein per
34
translationem particularem a Caesare et imperio nondum approbatam ein-

[p. 587] [scan. 659]


1
bekommen , könne sich also keines dominii oder juris superioritatis mitt
2
fugen dabey anmaßen. So wenig 4. dem churfürsten in Bayern erlaubt
3
gewesen, dergleichen vestung in dieser statt zu bauen, so wenig und noch viel
4
weniger stehe dem könig in Franckhreich als extraneo zue, dergleichen zu
5
moliren oder gar ins werckh zu setzen. Sicut enim nemo plus juris in alium
6
transferre potest, quam ipse habuit. Ita nec alterum plus juris sibi sumere vel
7
arrogare posse, quam author suus habuit. Der orth solle 5. vermög der
8
Ulmischen armistiti tractaten in dem standt gelaßen werden, darinnen er sich
9
tempore translationis befunden habe, wie ex art. 19 clärlich zu sehen

35
Art. 19 des Ulmer Waffenstillstandes behandelt nur die Städte Memmingen und Überlingen und
36
legt den Status quo in beiden Städten fest ( Sverges traktater VI 1 S. 75).
. Dahin
10
dann auch 6. nicht herren generalcommissarii Schäffers parolen und ver-
11
sicherungswortt allein gegangen, daß nemblich Ihre Churfürstliche Durch-
12
laucht , zum fall der statt ein mehrers zugemuthet und auffgebürdet werden
13
solte, selbige mit hülff nicht laßen wolten oder würden. Sondern es haben
14
auch 7. Ihre Churfürstliche Durchlaucht selbsten an Ihre Kayserliche Maje
15
stät den 28. Martii nechsthin geschriben, es seye diese statt denen Frantzosen
16
anderst nicht, alß allein biß zum friden eingeraumt und, mit ihren völckhern
17
zu besetzen, zugelaßen worden. Item es seye mit gewißen und solchen
18
conditionen geschehen, daß die bürger und inwohner dabey der religion und
19
güther halber mehrers versichert seyen. Die benachbarten werden 8. das
20
ihrige dabey auch zu leiden haben mit excursionen, aufbürdung der contri-
21
butionen und in andere weg. Arces enim atque castella munita licentius
22
agendi occasionem praebere, ait Comminäus lib. 10

37
In Germaniae plurimae sunt arces atque castella munita, quae res licentius agendi
38
multis occasionem praebet ( Philippe de Commynes : Historiae continentes res, quae olim
39
inter Ludovicum XI regem Galliae et Carolum Burgundiae ducem, Eduardum regem Angliae, nec
40
non inter Carolum Burgundicum et Helvetios, gestae fuerunt. Primum Gallico idiomate conscriptae,
41
postea autem a Joanne Sleidano Latinitate donatae. Basel 1615, S. 508. – Philippe de Com-
42
mynes
( 1447–1511 ), Vertrauter Karls des Kühnen und Kg. Ludwigs XI. von Frankreich, steht am
43
Anfang der neueren Memoirenliteratur ( dt. Ausgabe: Memoiren. Europa in der Krise zwischen
44
Mittelalter und Neuzeit. In neuer Übertragung herausgegeben von Fritz Ernst. Stuttgart 1952;
45
neueste frz. Ausgabe: Mémoires éditées par Joseph Calmette ( Les Classiques de l’histoire de
46
France au Moyen-Age ). 3 Bde. Paris 1964/5 ).
. Was dies orths vor-
23
gehe , köndte 9. bey anderen in Frantzösischer gewalt bestehenden ständen
24
und stätten über nacht noch mehr und leichter practiciret, dieselben dadurch
25
extreme affligirt und also das reich mit Frantzösischen citadellen oder
26
brillen, wie man sie zu nennen pflege, gleichsam angefüllet werden. Würde
27
also dieses vernemen, wo es zum standt befürdert werden solte, nicht bey
28
dem corpore civitatum imperialium allein, sondern allen benachbarten und
29
interessirten chur-, fürsten und ständen großes nachdenckhen, diffidenz und
30
disaffection gebähren. Und habe man sich 10. hieran die in contrarium
31
angeführte rationes nicht irren zu laßen. Dann soviel die erste instanz
32
betreffe, seye ohngewiß, wie lang der krieg anhalten möchte. Interim bleibe
33
die statt sowohl ratione jurium status als wegen ihrer zeittlichen prosperitet
34
(welche in erhaltung der bürgerschafft und derenselben armuth meistentheils

[p. 588] [scan. 660]


1
bestehe) in höchster pericul und gefahr. Zu deren vermehrung dieser neue
2
bau großen vorschub und anlaß geben würde. Sie seye daneben nicht ver-
3
sichert , ob nicht die cron Franckhreich bey continuation der waffen ihre satis-
4
faction auff sie erhöhen und extendiren möchte, weiln sie 10 stätt über Rhein
5
bereits begehre, und wann gleich das nicht zu beförchten stünde, köndte
6
doch das neue werckh nachmahlen ohne kosten und beschwärdt der statt und
7
bürgerschafft nicht wiederumb geschlichtet noch den beschädigten ander-
8
wertliche bekehrung gegeben werden. Es verhalte sich mit dem anderen
9
vorwandt weitt anderst: Dann gleich wie der stätt freyer stand und zeitliche
10
prosperitet schon in viel weg wider das instrumentum pacis §º „Ut autem“ et
11
§º „Tam in universalibus“ merckhlich gekränckhet, verringert und labefacti-
12
ret worden, in dem ihro die thorschlüßel als imperii et superioritatis pignora
13
und derenselben disposition benommen, die visitation der wälle und bestel-
14
lung der wachten verwöhret, Knicken in encyclopedia c. 15 n. 4 et seq.

39
Andreas von Knichen : Encyclopaedia Juris. Hannover 1608, wieder abgedruckt in: Opera.
40
Hannover 1613 S. 139: In ingressu claves civitatis offerantur tanquam traditi imperii pignora
41
(…) quod sublimis gradus agnitionem denotat metaphoricos ut in sacris sumitur.
, also
15
habe sie auch noch größere ohngelegenheiten inskünfftig und endlich die
16
völlige underjochung deretwegen zu befahren, bevorab, weiln nicht allein
17
die stattmühlen dadurch können abgeschnitten werden, sondern auch die
18
Frantzösische wappen zum zeugnus habender superioritet auffgehenckht
19
werden wollen (Knickhen d. 1. c. 14 per tot totum

42
Ebd. S. 138: Arma et insignia altioris dominii et possessionis symbola.
; Reinkingk de regimine saecu-
20
lari et ecclesiastico lib. 1 cl. 2, c. 3 n. 16

43
Reinkingk S. 48 behandelt hier die Frage von Herrschaft und Herrschaftszeichen und knüpft
44
u. a. an Lukas 20, 20ff. an (Steuerfrage der Pharisäer, die Jesus mit Hinweis auf Bild und
45
Aufschrift eines Denars beantwortet).
). So lang drittens die statt ohnange-
21
fochten bleibe, habe sie keiner weitleuffigen besatzung vonnöthen. Wann sie
22
aber feindtlich angegriffen werden solte, könne sie die retirada auff das cita-
23
dell nicht schützen, wohl aber in größere devastation und endliche ruin ein-
24
tieffen . Die quantitas et qualitas loci bringe 4. mitt, was endlich aus dem bau
25
werden möchte. Dann so baldt sich etwas merckhen ließe, würden die Frant-
26
zosen sich in das citadel retiriren, die statt verlaßen, dem feindt zum besten
27
geben und alßdann mit feuer einwerffen sie vollendts in die aschen legen.
28
Weßen sie sich nun auff denselben fall des succurses zu erfreuen haben
29
würdte, seye leichtlich zu ermeßen und gevölgig beßer dahin zu laboriren,
30
daß dieses vornemen underbleiben möge. Und ob es wohl 5. anfänglich das
31
ansehen gehabt, ob were es nun um etliche wenige hüttlein allein zu thun, so
32
habe doch der ervolg nachmahlen ein anders mittgebracht und dörffte wohl
33
das vorhaben, ehe es perfectionirt, noch mehrers um sich greiffen. Wann nun
34
die häuser weggehen, so volgen die bürger hernach und seye der schaden,
35
welcher gemeiner statt darauß entstehe, nicht genugsam zu beschreiben.

36
Die andere frag belangendt, wie und welcher gestalt der guthen statt an hand
37
zu gehen, daß dieser vestungsbau ohne besorgende größere ohngelegenheit
38
verhindert und alles in altem standt gelaßen werden möge, seye selbige zu

[p. 589] [scan. 661]


1
resolviren ziemblich schwär. Zwar wann ein standt des reichs den anderen
2
mit dergleichen neuen gebäuen incommodire, was für remedia darwider vor-
3
handen und welcher gestalt die mandata in camera außzubringen, seye
4
bekandt. Dieweil man aber dies orths mit einem außländischen, an die reichs-
5
constitutiones nicht gebundenen und sehr mächtigen potentaten zu thun
6
habe, der noch mehr stätt zwischen den klauen halte, alß wolle auff ein
7
anders und extraordinari expedient bedacht, doch aber auch behutsam und
8
prudenter dabey zu verfahren sein, damitt man weder implorirende implorirender statt
9
Hailbronn noch auch anderen einige ohngelegenheit dadurch causire und
10
aus übel ärger mache. Wann die statt selbsten ein memorial bey Churmaintz
11
hette eingeben und das werckh in die 3 reichscollegia gelangen laßen wollen,
12
solte es wohl nicht auß dem weg gewesen sein. Weiln nicht die stätt allein,
13
sondern der gantze Schwäbische und Oberrheinische creiß, wie ingleichen
14
der consequenz halben alle chur-, fürsten und stände dabey interessirt und es
15
doch kundtbar werden müßen, man greiffe es gleich an, auff welchen weg
16
man wolle, wo anderst die inhibitio an den commendanten gelangen und
17
ihren effect gewinnen solle. Dieweil sie aber und andere ein solches für
18
bedenckhlich halten und vielleicht Churmaintz, weiln es selbsten enclavirt,
19
metu majoris mali den fuchs nicht beißen oder under wehrender zeitt das
20
werckh noch schwärer werden und der statt ohngelegenheit daraus entstehen
21
dörffte, so wolte zwar beeden craißobristen wegen des großen periculs, so
22
dem gantzen Schwäbischen craiß dadurch auffwachse, vor anderen gebüh
23
ren , bey dem werckh zu vigiliren und damit es in herba gedämpffet werden
24
möchte, an allen dienlichen orthen behuffende underbauung einzuwenden.
25
Dieweil sie aber auch die Frantzosen nicht erzürnen, sondern lieber sehen
26
wollen, daß die stätt der katzen die schell anhenckhen, alß könne man die
27
herren Frantzosen per deputatos aus dem stättcollegio zu Münster um
28
abstellung vorhabenden citadells ansprechen und ersuchen laßen. Wiewohl
29
gar nicht zu zweiffeln, sie werden, wie in andern fällen mehr geschehen,
30
sagen, sie seyen auff dergleichen militaria nicht instruirt und haben den
31
generaliteten nichts zu commendiren, sondern man müße das remedium bey
32
hoff suchen. Nechst diesem hielte er nicht für schädlich, wann die herren
33
Kayserlichen zu Münster um secund gebetten würden, darzu sie sich auch
34
vermuthlich deßto leichter verstehen dörfften, weiln mit Ihrer Kayserlichen
35
Majestät vorwißen und belieben diese translatio von Churbayern nicht ge-
36
schehen und deroselben interesse dabey, tam ratione contributionis (deßen
37
aber gegen sie nicht zu gedenckhen) quam interversi juris status, und das ihro
38
selbsten dergleichen zu thun in dem Frantzösischen instrumento pacis nicht
39
guth geheißen werde, versire. Wann man es aber umbgehen und underlaßen
40
wolle, könne er es seines theils auch geschehen laßen.

41
Über dieses köndte man auch bey denen herren Schwedischen assistenz und
42
interposition und zwar deßto mehr begehren, weiln dieses vornemen
43
sowohl ihrer proposition alß den Ulmischen armistitii tractaten, bey deren
44
abhandlung die ihrigen auch gewesen, zuwider lauffe und dadurch das jenige

[p. 590] [scan. 662]


1
gelöchert werde, weßen sich beeder alliirter cronen plenipotentiarii der-
2
gleichen neuen fortificationen halben under sich selbsten bereits vereinbart
3
haben. Von Schwedischen auch in keiner statt dergleichen gefährlicher bau
4
jemahlen vorgenommen worden. Denen herren Churbayrischen gesandten,
5
deren vermögen bey denen herren Frantzosen nicht gering, hette man nicht
6
allein die intention der Ulmischen tractaten und des herrn generalcommis-
7
sarii Schäffers versicherung, sondern auch Ihrer Churfürstlichen Durch-
8
laucht an Ihre Kayserliche Majestät außgelaßene contestation zu repräsen
9
tiren und crafft derselben sie zu ersuchen, daß sie das contravenirende atten-
10
tatum durch ihre vielgültige cooperation bey denen herren Frantzösischen
11
wolten helffen underbrechen und sistiren. Verstehen sie sich darzu, werde
12
verhoffentlich ihre interposition von nicht geringer würckhung sein. Solten
13
sie sich aber difficultiren oder der verhoffte effect darauff nicht volgen wollen,
14
so were alßdann das Cölnische directorium zu ersuchen, ein beweglich
15
schreiben an Ihre Churfürstliche Durchlaucht selbsten abzufaßen und sie um
16
abstellung vorhabenden gebäues vermittelst repraesentation dienlicher ratio-
17
num inständigst anzulangen. Were zu wünschen, daß die statt Hailbronn
18
eher zur sachen gethan und sonderlich Churbayern ersucht hette, dieses vor-
19
haben zu verhüten. Welches auch beedes bey dem commendanten daselbsten
20
und an dem königlichen hoff zu Paris durch die Churbayerische gesandten
21
gar leichtlich und ohne einige weitleuffigkeit hette geschehen können. Daß
22
sie es aber underlaßen, deßen werde sie vielleicht gewiße ursach gehabt
23
haben, könne also nicht schaden, daß sie daran durch den herrn Eßlingi
24
schen erinnert werde.

25
Conclusum. Nachdem man nun in quaestione an, daß sich an seitten der
26
erbaren stätt der statt Hailbronn möglichst anzunemen seye, durchgehend
27
einig gewesen, circa modum aber, daß die zu Münster anwesende Frantzö
28
sische herren plenipotentiarii per deputatos ex collegio civitatum um abstel-
29
lung des zu Hailbronn angefangenen vestungsbaues angesprochen und nach
30
beschaffenheit erlangter resolution an Ihre Churfürstliche Durchlaucht in
31
Bayern sowohl nomine collegii als von der statt Hailbronn selbsten geschrie-
32
ben werden solle, für guth angesehen und übrige zu erleichterung des
33
werckhs dienliche vorschläge zu des herrn Eßlingischen discretion gestellt,
34
hatt derselbe gegen denen herren abgesandten sich sowohl für die guthe
35
affection als reiffe des werckhs überlegung und dabey gethane vernünfftige
36
vorschläge höchlichen bedanckht und der

37
Herr Director wie eines und das andere werckhstellig zu machen seye, zu
38
anderwertiger umbfrag außgestellet.

39
Lübeck. Halte dafür, man köndte zwar die herren Schwedischen darunder
40
vernemen, weiln aber zu besorgen, die Frantzosen möchten ihnen ihr

41
Georg Christoph Frhr. von Haslang († 1684), kurbayerischer Primargesandter und Hofrat
42
sowie Dr. Johann Adolf Krebs, kurbayerischer Sekundargesandter und Hofrat (s. unten [ S. 670 Anm. 1 ] ; APW [ III A 1, 1 S. 1 Anm. 4 ] und [ 5 ] ).

[p. 591] [scan. 663]


1
eigen exempel vorwerffen, alß dörffte die sach nur schwärer dadurch ge-
2
macht werden. Wann man jedoch etwas damitt außzurichten vermeine,
3
wolte er auff solchen fall Straßburg und Nürnberg ernennt und vorge-
4
schlagen haben. Drüben zu Münster könne man die deputation bey denen
5
Frantzösischen vorderst um mehrerer erläutterung willen vorgehen laßen
6
und alßdann erst mit deme an Churbayern guth befundenen schreiben ohn-
7
verweilt einkommen. Wolte im übrigen, daß auch die Churbayerische herren
8
gesandten um intercession angesprochen werden, für nöthig erachten.

9
Nürnberg. Seye zwar auch der meinung, daß die recommendation der
10
herren Schwedischen von wenigem effect sein werde, könne gleichwohl aber
11
auch nicht schaden, zumahln sie darauß, daß die stätt ein guthes vertrauen zu
12
ihnen tragen, verspüren werden. Und erzeige sich dabey auch diese differenz,
13
daß die Schwedischen dergleichen attentata, sonderlich in reichsstätten, nie-
14
mahls vorgenommen haben. Der Eßlingische herr abgesandte köndte mit
15
hinüber gehen und der deputation daselbsten beywohnen.

16
Eßlingen per Lindau. Stehe auch an, ob die deputation bey den herren
17
Schwedischen wegen der mit Franckhreich habenden confoederation und
18
gleichmäßig angefangener fortificationsgebäuen dies orths etwas verfangen
19
werde. Conformire sich aber dannoch deßwegen mit denen majoribus und
20
ersuche darzu ebenmäßig Straßburg und Nürnberg.

21
Rothenburg per Nürnberg. Praesupposito, daß man an dem effect der zu
22
denen herren Schwedichen abordnenden deputation in diesem pass zweifflen
23
wolte und jedoch dieselben ihnen die stände und stätt nicht gern zuwider
24
machen wollen, hielte er dafür, man hette sie nur, was bey dem werckh zu
25
thun, um rath zu fragen. Darnach an die Münsterische stättische herren
26
abgesandten zu schreiben, das Hailbronnische schreiben zu communiciren
27
und sie um cooperation zu bitten. Sodann die statt Hailbronn, daß sie
28
selbsten an Churbayern und den hertzogen von Württemberg die notturfft
29
schrifftlich gelangen laßen wolle, anzuweisen.

30
Memmingen. Man werde zwar, wie er auch besorge, bey den herren Schwe-
31
dischen wenig richten, begehre sich aber seines theils weder in einem noch
32
dem anderen von den majoribus zu separiren.

33
Herr Director. Es mögen zwar bedenckhen obhanden sein, warum die
34
herren Schwedischen hierunder nicht zu ersuchen, weiln er aber von keiner
35
reichsstatt wiße, bey welcher die Schwedischen dergleichen fortificationes
36
vorgenommen hetten, alß stehe zu des herrn Eßlingischen belieben, ob er
37
den vorschlag acceptiren wolle. Halte gleichwohl dafür, daß herrn Salvii
38
Excellenz, wann sie nach Münster gehen solten, bey denen herren Frant-
39
zosen ein guth wort zu dieser sachen reden und ihnen sonderlich wohl impri-
40
miren köndten, daß sie sich durch diesen bau alle stände und stätte zuwider
41
machen würden. Begehre sich auff allen fall der deputation nicht zu ent-

[p. 592] [scan. 664]


1
ziehen . Im übrigen wolte er sich in dem an die herren stättische zu Münster
2
abgehenden schreiben auff des herrn Eßlingischen ferneren mündlichen
3
bericht beziehen und den herrn Rothenburgischen gebetten haben, der
4
deputation zu Münster en passant beyzuwohnen.

5
Conclusum. Es sollen wegen löblicher statt Hailbronn die herren Schwe-
6
dischen durch vorernennte deputatos auch angesprochen

35
Die Unterredung mit den Schweden am 15. September 1647 erbrachte das vorhergesehene Ergeb-
36
nis : Sie fühlten sich inkompetent und verwiesen an den frz. Residenten (Notiz Dr. Markus Ottos
37
in Strassburg AA 1140 fol. 397–397’).
, ein schreiben an
7
die herren stättische zu Münster abgefaßt, denenselben das Hailbronnische
8
begehren communicirt und sie, bey denen Frantzösischen und Churbayeri-
9
schen herren legatis per modum deputationis zu concurriren, fleißig gebet-
10
ten werden

38
Schreiben vom 16./26. September 1647 an die städtischen Gesandten zu Münster ( Strassburg
39
AA 1140 fol. 399–399’).
, und der herr Eßlingische und Rothenburgische derselben
11
deputation auch beywohnen.

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