Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
75. 58. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Juli 26 15 Uhr
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Osnabrück 1646 Juli 26 15 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 161–166 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
225–230’; Ulm A 1560 o. F.
Präzedenz der Reichsritter vor den Reichsstädten. Themen und Instruktion für die Deputierten zur
Konferenz der evangelischen Stände in Lengerich.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Frankfurt, Herford auf der Rheinischen, Regensburg, Ulm, Eßlin
gen und Memmingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt. Es seyen der geschäfft zwey, davon für dißmal zu
reden sein werde. 1. Weßen man sich gegen den herrn fürstlichen auf jüngst
ertheilte resolution in puncto praecedentiae bey morgender zusammenkunfft
erklären wolle
Vorbereitende Sitzung des CE vom 27. Juli 1646 ( Magdeburg Rep. A I nr. 535 vol. II
fol. 408’–422’, nr. 539 fol. 140–150 (Direktorium); Altenburg vol. III fol. 53’–58’) zur
Konferenz der evangelischen Deputierten von Münster und Osnabrück in Lengerich über die
Stellungnahme der protestantischen Stände zu der Endlichen Erklärung der Katholiken (vgl.
dazu Schreiben der Evangelischen zu Münster an die Evangelischen zu Osnabrück vom 22. Juli
1646 in Meiern III S. 272 ; Antwortschreiben mit Bitte um Verlegung des vorgeschlagenen
Termins vom 24. Juli ebd. S. 297).
theils mit gethanem vorschlag wohl contentiren könne, was es aber für eine
beschaffenheit damit habe, seye nur zuviel bekannt; er habe der nachricht
von Münster auß, wie das concept daselbsten eingerichtet und es der praece-
denz halben gehalten worden seye, erwartet, dato aber weder von einem
noch dem andern etwas davon erlangen mögen
Stellungnahme der evangelischen Stände Münster in Meiern III S. 279 –286.
auch zu entschließen haben, was für subjecta und mit was instruction zu
bevorstehender conferenz nacher Lengerich zu deputiren seyen, weiln drü
ben zu Münster die deputation bereits gemacht und auch hier die fürstliche
darzu die ihrigen schon deputirt
Von Münster waren deputiert: für Braunschweig-Lüneburg-Zelle Dr. Heinrich Langerbeck
(1603–1669 ) (ADB XVII S. 662–664 ; Bildnisse II S. 3; APK 14552f), für Pommern
Dr. Johann Fromhold (1602–1653) ( Chr. S. Donauer , Leichenpredigt. Regensburg 1653;
APK 8792–8794; APW [ II C 2 S. 93 Anm. 4 ] ), für Württemberg Dr. Andreas Burkhard (vgl.
S. 17 Anm. 12); für die Wetterauischen Grafen Dr. Johann Geissel sowie Jobst Heinrich Heidt-
feld , dillenburgischer Rat ( Schliephake-Menzel VI S. 520); für die Fränkischen Grafen
Dr. Tobias Ölhafen; für Kolmar Dr. Balthasar Schneider; von den fürstlichen Gesandten Osna
brücks für Sachsen-Altenburg Konrad von Thumbshirn und Dr. August Carpzow, für Sachsen-
Weimar Dr. Georg Achaz Heber, für Braunschweig-Lüneburg-Calenberg Dr. Jakob Lampadius.
struction abreißen müße. Berichtet dabey, daß die Altenburgische zu ihme
geschikt und communication des auffsazes, so die erbaren frey und reichs
stätte in specie concernire, begehren laßen, er habe aber das begehren damit
abgeleinet, daß herr Dr. Stenglin, nachdem er mit heutiger post schreiben
von Augspurg empfangen
Zur Lage der Protestanten Augsburg und dem erwähnten Schreiben Meiern III S. 104–119;
P. v. Stetten S. 720–723.
tere resolution in puncto praecedentiae solcher gestalt von den herrn fürst
lichen gegeben worden, daß man sich stättischen theils damit nicht conten-
tiren , noch er den auffsaz ohne der übrigen herrn abgesanden vorwißen und
belieben von händen geben könne. Sagt ferner, wann der auffsaz ihnen were
gefolgt worden, hetten sie ihn also eingerukt, wie sie gewolt und zur dictatur
gelangen laßen, wornach die remedirung zu spät gewesen were. Solcher
gestalt aber seye res noch integra. Wann sie den auffsaz nach ihrem belieben
einrichten theten, weren die stätte deterioris conditionis, als sie bey auffrich-
tung des religionfriedens gewesen, dann dazumal seyen nicht alle stätt der
ritterschafft nachgesezt worden, wie man iezund zu thun vorhabe, sondern
diejenigen allein, in welchen beede religionen in schwang gangen und darzu
mehre die communitates als universitates. Man seye auch dazumal in ter-
minis contradictionis gegen einander noch nicht bestanden wie jezo. Wann
es nun der ritterschafft mit der praecedenz also abgienge, wie sie intentirte,
würde sie
sehr beschwärlich, daß sie den stätten zumuthen, daß sie ihnen nicht prae-
judiciren und hingegen die stätt nach ihrem gutdünken collociren wollen.
Habe es also allein nicht übernehmen, sondern vorhero der übrigen herrn
gedanken hierüber vernehmen wollen, was ferner dabey zu thun sein
möchte.
Lübeck. Dankt vorderist für gehabte sorgfalt und angestellte conferenz,
sagt demnach 1. Es seye wol und rühmlich gethan, daß denen Altenburgi-
schen das begehrte concept nicht communicirt, sondern hinterhalten wor-
den . Sonsten were res nicht mehr integra und den stätten dadurch praejudi-
cirt gewesen, so lang sie das concept nicht haben, so lang können sie es auch
nach ihrem belieben nicht einrichten, werden also darauß verspüren, daß
man solcher gestalt mit ihnen nicht begehre zu concurriren und daher anlaß
nehmen, auf ein ander expediens zu gedenken. Er habe mit dem Wolfenbüt
telischen herrn abgesanden
Braunschweig-Wolfenbüttel war seit dem 4. Juni 1646 ( Meiern III S. 291 ) vertreten durch
Dr. Chrysostomus Köhler ( 1607–1664 ), wolfenbüttelischer Hofrat, später Vizekanzler (J. L.
Walther S. 64 ), und Dr. Heinrich Schrader ( 1601–1672 ) ( ebd. S. 64f ).
stätt nicht geschehen laßen, daß ihnen ein solch praejudiz über den halß
gezogen werde, weniger bey der extradition sich finden. Und alß jener, wie
solches zu vermitteln, gefragt, habe er ihme zur antwort geben, man solle es
sezen wie im religionfrieden, die stätte ließen es allerdings dabey bewenden,
und wie dazumal, also müßte auch aniezo die generalregul gesezt werden. Es
seye aber nicht genug, daß der stätt unter den worten „chur-, fürsten und
stände“ implicite gedacht werde, dann die ratio
daß es iezo umb declaration und erleuterung deßelben zu thun. Wann nun
denen gefährlichen assertionibus inskünfftig vorzubauen, so die catholische
vorhin geführet, ob weren die stätt unter dem wort „stände“ nicht begriffen,
so müße vorderist die regul gesezt werden. Wann daßelbe geschehen, stünde
alsdann dahin, ob man die ritterschafft, doch nicht als einen stand des reichs
subjungiren und nach derselben die casus
Solcher gestalt würde dem religionfrieden nach gegangen und beßer aus der
sach zu kommen sein. Herr Lampadius bekenne auch, daß die stätte dignio-
res , seyen derowegen der ritterschafft zu praeferiren. Worauff jener replicirt,
daß laße sich hören, man müße dahin sehen, daß die separation und tren-
nung verhütet und hingegen gutes vertrauen und verständnus erhalten
werde. 2. Halte er davor, daß diejenigen nach Lengerich zu deputiren seyen,
welche am meisten bey dem geschäfft interessirt und die meisten vollmach-
ten haben. Seye hierinnen indifferent, wer deputirt werde, seine herren seyen
nur beym 2. und 3. puncten interessirt.
Herr Director sagt incidenter, weiln zu Münster nur Colmar deputirt und
aber der herr Lindauische sich iezmahls drüben auffhalte, daß demselben
deßwegen privatim zugeschrieben werden könte, daß er der conferenz, als
ein Münsterischer, auch beywohnen wolle. Nachdeme er aber wiederkom-
men , ist das zuschreiben unterblieben.
Regensburg. Könne sich mit dem Lübekischen voto wohl vergleichen, son-
sten habe er in erfahrung gebracht, daß im fürstenrath zweyerley meinungen
gefallen seyen, in deme 1. etliche davorgehalten, man solle, unglimpff von
sich zu schieben, die puncten, so die stätte concerniren, dem concept nicht
einrukhen, sondern sich nur darauff beziehen und selbige sine numero bey-
legen oder den stättischen freystellen, selbige selbsten zu übergeben. Andere
aber haben den vorschlag gethan, man solle, wie von Lübekh angeführet,
der chur-, fürsten und stände anfangs in genere gedenken, darauff der stätt in
specie meldung thun, folgends des adels und dann wieder derjenigen stätte,
darinnen beede religionen begriffen; wann dieses leztere zu erhalten stünde,
wolte er sich gern damit begnügen. Finde aber, daß in dem Altenburgischen
auffsaz nicht einmal der chur-, fürsten und stände gedacht worden, welches
doch articulo 2 et 7 gar wol geschehen könte; vermeine, daß der stätt gleich
nach den immediat stifftern und nach denselben der ritterschafft zu gedenken
were. Sagte endlich auff des herrn directoris erinnerung, daß es sich nicht
werde thun laßen, daß die stätt gleich nach den immediatstifftern collocirt
werden. Er seye indifferent, wo der stätt angelegenheiten eingebracht wer-
den . Wann man aber selbige den Kayserlichen absonderlich übergeben
wolte, förchte er, es dörfften die fürstliche alsdann die hand gar von den
stätten abthun und sie hülffloß laßen. Wegen der deputation seye er auch
indifferent, wer darzu zu gebrauchen? Stellts, ob nicht Frankfurth, sonder-
lich wegen Augspurg, darzu zu gebrauchen? Von der Schwäbischen bankh
ernenne er Nürnberg oder Ulm. Seye im übrigen wol gethan, daß den Alten-
burgischen das concept nicht communicirt worden.
Frankfurt. Wolten an ihrem orth nicht gern darzu helfen, daß man sich
von den fürstlichen separire, weiln de salute imperii zu handeln und meher
dahin als auff particularia zu sehen. Was aber der von Gemmingen diß orts
thue, seye allein sein thun und deren, die er eingenommen und ihme favori-
siren . Habe nicht von allen, sonderlich in puncto religionis, gewalt, dann
keine apparenz, daß die catholischen ihn werden wieder sich legitimirt
haben; viel weniger seye er der praecedenz halber instruirt, nichtsdestoweni-
ger praetendire er gar, einen jeden edelmann zum stand des reichs zu
machen. Wolle freye häußer in den stätten haben, als wann die ritterschafft
ein stand des reichs were. Er urgire diese sach in trüben waßern, da man
nicht in consessu imperii oder einem ordentlichen convent beysammen.
Deprimire die jenigen edelleute, so landsaßen seind eo ipso, daß er der freyen
reichsritterschafft eine besondere praerogatio attribuire, da sie doch alle ihre
dignitet durch tugend und
seye eine qualitas, adhaerens castro et bonis, die mancher bekomme, der
keiner von adel seye. Könne man also sagen, es seye diß orts nicht locus
competens und können sich die stätt auß der possession nicht sezen laßen.
Vornemlich aber werde den herrn fürstlichen a part zu remonstriren sein,
daß der von Gemmingen anderst nichts als spaltung und ein collegium von
dem andern zu trennen suche. Mit angehängter bitt, es dahin zu richten, daß
die ritterschafft mit ihrem begehren an Ihre Kayserliche Majestät gewiesen
und die reichsstätte unzertheilt von andern ständen des reichs gesezt werden.
Wann man den stätten Augspurg, Aach, Dünkelspühl und dergleichen die
reichsritterschafft vorsezen wolle, können sie es wohl geschehen laßen. Es
seye auch ein anders, ob der adel divisim oder conjunctim considerirt werde.
Die stätt könnten sich eines andern und absonderlichen concepts wohl ver-
gleichen , weiln einmal der frieden auff die weiß, wie die fürstliche vorhaben,
nicht zu erheben, das concept seye gar zu weitleufftig und ein articul fast so
groß als der catholischen ganzer auffsaz. Were also ihnen zu remonstriren,
daß man sich zwar von ihnen nicht zu separiren begehre, sie solten aber auch
solche vorschläge thun, daß man sich von ihnen nicht trennen müste. Man
greife der stätt jura an, in dem die ritterschafft freyhäußer und religions-
exercitia in stätten einführen wolle. Seye nicht umb ein oder andere statt
allein, sondern das ganze evangelische wesen zu thun. Die stätte seyen an-
hero , des reichs interesse zu deliberiren, beschrieben. Habe die ritterschafft
was zu praetendiren, solle sie es gehöriger orthen suchen, die praecedenz
gehöre ad Caesarem et status zugleich, die stätt seyen in possess eines reichs-
stands , jene aber nicht. Sie komme nur ein, wo man einseitig und nicht auff
reichstägen beysammen. Hielten also davor, man solte morgen nicht erschei-
nen , sondern im nahmen Gottes außen bleiben, der stätt meinung ihnen
schrifftlich übergeben und die unbillichkeit des gegentheiligen begehrens,
incompetentiam loci und weitreichende consequenz darinnen remonstriren.
Habe die ritterschafft was zu suchen, möge sie es competenti loco thun und
die stätt indeßen in possessione laßen. Melius esse, in tempore occurrere,
quam post vulneratam causam remedium quaerere, seye beßer der erste
undankh als der lezte. Wolte mans aber mündlich thun, seyen sie nicht
gemeint, sich von den majoribus zu separiren. Mit diesem disputat werde
man es in 36 jahren nicht außmachen. Ratione deputationis seyen sie indiffe-
rent , ernennen von der Rheinischen bankh Lübekh, Bremen oder Herfurth,
were es aber sach, daß sie per majora darzu ernennt würden, wolten sie sich
nicht entziehen, doch wollen sie es andern lieber gönnen. Die deputati wer-
den sich wol in acht zu nehmen haben, es werde keine schlechte deputation
sein, sondern viel wesens erfordern, sonderlich wegen der re- et correlation.
Von der Schwäbischen bankh nominiren sie Lindau. Berichten dabey, der
herr von Vorburg
Johann Philipp von Vorburg (gest. 1666), kurmainzischer Gebeimer Rat und Amtmann,
Probst zu Münster im Granfeld, Gesandter des Fürstbistums Würzburg (APW [ II C 2 S. 127 Anm. 4 ] ).
iemals ein stand des reichs, proprie sic dictus, gewesen seye. Wann es in
scripto geschehe, so liege der unglimpf nicht auf einem allein, sondern dem
ganzen stättischen collegio.
Ulm. Seye befrembdlich zu vernehmen, daß die fürstliche den stätten die-
jenigen wollen vorsezen, welche bittsweiß in den religion frieden kommen,
so auch, wann chur-, fürsten und stände nicht so treulich cooperirt hetten,
wegen der Ferdinandeischen declaration vom 30. Augusti anno 1551
Die Declaratio Ferdinandea von 1555 besagte–gleichsam als Gegenleistung an die Protestanten
für die Hinnahme des „Geistlichen Vorbehalts“ –, daß im Herrschaftsbereich geistlicher Fürsten
landsässige Ritterschaft und Städte, die schon länger der Augsburgischen Konfession anhingen, in
ihrem Glaubensstand geschützt blieben. Diese Erklärung blieb allerdings außerhalb des Reichs-
abschiedes ( St. Skalweit S. 407f; G. Pfeiffer ; L. Petry ).
mermehr geschehen were. Man hette deßwegen guten fug, sich von ihnen zu
separiren, weiln aber auff die hauptsach mehr zu sehen und die stätt einen
bösen nachruhm davon bekommen möchten, als hette man die sach weder
zu differiren, noch sich von den fürstlichen zu separiren, sondern die von
Frankfurth vorgebrachte rationes allein mündlich zu remonstriren. Hoffe,
sie werden nicht ohne verfang sein, wann sie schrifftlich communicirt wür
den , dörfften sie communicirt und die sach weitleufftiger gemacht werden.
Halte davor, daß es coram deputatis am besten geschehen könte, damit man
sich formidabel mache. Wo aber das nicht beliebig were, liese er ihme das
medium, so Lübekh vorgeschlagen, gefallen, daß die stätte conveniente loco
gesezt und, gleich wie der erz- und bischöffe in specie gedacht, also auch der
stätte und dieser vor, alsdann erst der ritterschafft. Solcher gestalt würde der
rechte methodus des religionfriedens observirt. Ad 2. Weiln nicht üblich,
daß das directorium an andere orth deputirt werde, wolle er Frankfurth und
Lindau auf beeden bänken vorgeschlagen haben.
Herford. Seye nöthig, dahin zu sehen, daß in puncto praecedentiae denen
stätten kein weiter praejudiz zugezogen werde. Des modi halben conformire
er sich mit Frankfurth und Ulm, daß die rationes und zwar mündlich propter
remoram, so darauß erwachsen möchte, den herrn fürstlichen vorgebracht
und dabey außdrüklich gedacht werde, im fall hierinnen keine änderung
vorgenommen werden solte, daß man sich nothwendig auff ein ander expe-
diens bedacht machen müße. Den modum, wie auß den sachen zu kommen,
betreffend, seye er mit Lübekh einig, daß es generaliter post 7. articulum
geschehen, folgendts die ritterschafft und als dann die casus excepti gesezt
werden könten. Man habe sich aber darumb noch nicht zu separiren, son-
dern die rationes wol zu remonstriren.
Ratione deputationis ernennt er Frankfurth und Lindau, weiln derselbe von
Münster aus nicht deputiret, fals er aber ohne das darzu kommen solte, wolle
er Ulm nominirt haben.
Eßlingen. Er halte für gar wohl gethan, daß den Altenburgischen das con-
cept nicht gegeben worden, sehe sonsten das werkh für sehr schwär an,
wann die praecedenz schon bey den fürstlichen erhalten würde, dörffte es
dannoch hernacher bey den herrn Kayserlichen difficulteten geben und ent-
stehen und wann es bey jenen so hart getrieben, bey diesen aber nicht erhal-
ten werden solte, hette man mehr spott als ehr davon zu gewarten. Were
also sowohl bey den Kayserlichen als bey jenen und sonderlich mit diesem
argument zu unterbauen, daß sie sich erklärt, die reichsritterschafft also wie
in dem religionfrieden zu sezen. Nun seye bloß der explication daselbst ver
geßen , könne man also propter cohaerentiam nicht zugeben, daß die ritter-
schafft vorgesezt werde. Die fürstliche gestehen ia selbsten, daß unter den
worten „chur-, fürsten und stände“ die stätt mitbegriffen, consequenter auch
propter cohaerentiam als stände, denen andern gleich nachzusezen seyen.
Wolte also das werkh nicht fallen laßen, sondern acceptiren, weßen sich die
fürstliche erbotten. Und daneben sagen, man wolle geschehen laßen, daß die
ritterschafft etlichen stätten vorgesezt werde, wann des stättischen corporis
vorhero, wegen der cohaerenz der chur-, fürsten und stände gedacht. Quoad
modum, ob es schrifftlich oder mündlich verrichtet werden solle, seye er
zwar indifferent, halte aber doch dafür, daß es beßer seye, mündlich, wolle
sich aber mit den majoribus gerne conformiren. Ad 2. vergleiche er sich
sowol mit Herfurth als Frankfurth und Ulm.
Memmingen. Sagt, seye der meinung wie Frankfurth, daß den fürstlichen
die rationes, aber schrifftwechßlung zu verhüten, mündlich und in anwesen-
heit aller stättischen zu remonstriren und zu sagen seye, was der von Gem-
mingen suche. Und weiln sich drüben zu Münster die fürstliche mit denen
stättischen conjungiren, als solte es billich auch hier geschehen. Wie es ein-
zurichten , seye er mit dem Lübekischen vorschlag einig, daß 1. nach den
fürsten gleich das corpus civitatum, 2. die ritterschafft und dann 3. die evan-
gelische bürgerschafften gesezt werden. Ratione deputationis bitte er Frank-
furth und Ulm, das jenige, was dißfals zu thun sein möchte, zu beobachten.
Directorium. So viel die erste fraag betreffe, weßen man sich gegen den herrn
fürstlichen zu erklären haben werde, vernehme er aus den votis so viel, daß
sie sambt und sonders dahin gehen, daß man mit gethanen vorschlägen nicht
acquiesciren könne. Soviel aber den modum anlange, wie die resolutio
ihnen beyzubringen, seye man nicht einig. Etliche wollen, daß es schrifftlich,
etliche, daß es mündlich und in gegenwart aller stättischen gesanden ge-
schehen und den consultationibus ihr lauff gelaßen werden solle. Im ersten
conformire er sich damit, daß man den fürstlichen vorschlag nicht acceptiren
könne, und das auß denen fundamenten, krafft welcher er denen Altenburgi-
schen die communication verweigert. Seye ein großes werkh, daß man ein
ganzes collegium von andern separiren wolle. Halte davor, damit der stätte
jura auffrecht erhalten werden, daß man sagen solle, was nöthig. Seye be
schwärlich , daß sich die stätt der fürstlichen judicio unterwerffen sollen. Den
modum betreffend halte er davor, daß es beßer seye münd- als schrifftlich,
weitleufftigkeit zu verhüten, ob man gleich undankh damit verdiene, seye
doch der stätt interesse und bestes in acht zu nehmen. Were also seine
meinung, man könte morgen wiederumb erscheinen, die materialia von
den formalibus unterscheiden und vernehmen, was die fürstliche vorbringen
werden. Sollte nun der auffsaz, wie vermuthlich, abgelesen werden, hette
man sich, weiln noch zur zeit, wie der Münsterische laute, unbekannt, nicht
zu separiren, sondern vielmehr dahin zu sehen, daß der stätte erinnerungen
beygeruket werden, welches nicht geschehen könte, wann man sich absenti-
ren wolte, sondern auch die consultationes dadurch verhindert würden.
Solte der Münsterische zugleich abgelesen werden und derselbe favorabler
als der hiesige sein, hette man desto mehr ursach, auff die praeferenz zu drin-
gen , wo nicht, desto glimpflicher zu gehen. Den vortrag betreffend könnte
derselbe vielleicht solcher gestalt formirt werden, daß man nehmlich ver-
hoffe , die herren fürstliche würden den auffsaz also, wie anfangs in hoc
puncto gravaminum geschehen, gemacht und die stätt immediate auf den
8. articul gesezt haben, wie es subjecta materia ohne das erfordere oder, da
sie ie solches nicht hetten thun wollen, were der ritterschafft abgeordnetem
freyzustellen gewest, seine sach absonderlich zu faßen und dieser erklärung
beyzulegen, weiln es 1. nichts neues, sondern zu Nürnberg und Frankfurth
auch geschehen, 2. viel verantwortlicher, daß ein non status abgewiesen, als
ein ganzes collegium vom andern getrennet werde, 3. die sach ohne das nicht
hujus loci et fori, 4. des abgeordneten begehren unbillich, ut minus dignum
magis digno praeponatur, 5. beschwärliche consequenzen darauß erfolgen
könten. Habe er was zu suchen, möge ers competenti loco thun und in
deßen die stätt bey ihren besiz unbelästiget
selbsten dahin gestellet, wann es mit der praecedenz nicht gehen wolte, daß
man ihme eine attestation ertheile, daß die collocatio unpraejudicirlich sein
solle. Wann sie es der stätte begehren gemäs einrichten wolten, ließe er ihme
den Lübekischen vorschlag wol gefallen. Wie sie es aber vorhaben, seye
nachdenklich, daß eben in diesem stukh dem religionfrieden so stricte nach-
gangen werden wolle, da es doch in anderem, was die geistliche jurisdiction
anlange, item die renten und gefäll, desgleichen das beneficium emigrandi
nicht geschehen. Es seye auch die sach aniezo in einem andern stand als
dazumal, wegen der ritterschafft anmaßenden praecedenz, daran zur selben
zeit nicht gedacht worden. Deßwegen iezund mit der implicita
nicht genug, sondern der stätte desideria außdrüklich gesezt werden
müßen, künfftige disputen zu verhüten, sonderlich weiln es die catholische
captirt und darauß schließen wollen, daß die stätte sonsten nirgends als in §º
„Nachdem aber“ im religionfrieden begriffen seyen, auff welchen fall viel-
leicht , doch citra praejudicium cujuscunque die ritterschafft denen stätten,
darinnen beede religiones seind, vorgesezt werden könte.
Was an seiten Regenspurg gedacht worden, daß etliche dafür halten, die
stätte sollten dasjenige, so sie angehet, beylegen, seye sehr praejudicirlich
und in effectu eine separation. Wann es aber die ritterschafft thun wolle,
könne mans wol geschehen laßen. Halte davor, daß herr Lampadius, wie
auch andere fürstliche, privatim zu besprechen und ihnen die rationes,
warumb man solcher gestalt nicht concurriren könne, nochmals zu remon-
striren seyen. Werde der sach nicht undienlich sein. Berichtet ferner dabey,
daß die stätt nirgends beßer, als nach dem 8. articul zu collociren weren.
Die andere fraag betreffend, wer, wieviel und wie zu deputiren seye, quoad
subjecta außgemacht, dabey ers auch bewenden laße, wie aber und worzu zu
deputiren, seyen es zwey geschäfft: Das 1. betreffe den auffsaz, daß derselbe
also gefaßt werde, damit denen stätten kein praejudiz dardurch zuwachse,
vornehmlich was die collocation betrifft. 2. Wann die Lindauische sach mit
einlauffen sollte, daß man sich mit den majoribus conformire und die ratio-
nes pro Lindau militantes vorbringe, als daß die auffdringung des praesidii
perpetui in das jus status miteinlauffe und die höhere kein ander privilegium
dabey als temporis et ordinis haben werden. Item, daß Ihre Kayserliche
Majestät in dem Prager frieden zugesagt, daß nach erhaltenem frieden alle in-
habende pläz den jenigen restituirt und überlaßen werden sollen, denen sie
vorhero zugestanden und das die interimsbesazungen keinem stand an seinen
obrigkeitlichen und andern juribus praejudicirlich sein sollen. Solte dabey
ein neu emergens vorfallen, werde weiter davor zu reden sein.
Conclusum. In primo: Man solle denen fürstlichen, warumb ihr vorschlag
nicht acceptabel, rationes beybringen und daßelbe mündlich. Hingegen be-
gehren , nach dem 8. articul immediate gesezt zu werden oder der ritterschafft
abgeordnetem freyzustellen, seine sach a part zu negociiren oder die collo-
cation nach dem religion frieden, doch dergestalt zu machen, daß die stätt
expresse vorstehen und nach der ritterschafft diejenigen gesezt werden, in
welchen beede religionen üblich. Indeßen auch das werkh privatim an dien-
lichen orthen unterbauen.
In secundo: nacher Lengerich zu bevorstehender conferenz deputirt Frank-
furth und Ulm. Den auffsaz sowol in genere als specie zu beobachten, damit
den stätten, sonderlich ratione der praecedenz kein praejudicium zuwachse.
2. Die Lindauische sach zu secundiren und mit denen majoribus sich deß
wegen zu vergleichen.