Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
68. 51. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Juni 26
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Osnabrück 1646 Juni 26
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 130’–133’ = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol.
193–196’; Ulm A 1560 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 229’–231.
Haltung der Städte bei fürstlich-städtischer Deputation zu den kursächsischen Gesandten. Unter
stützung der kursächsischen Politik.
Anwesend: Straßburg, Herford auf der Rheinischen, Nürnberg, Ulm, Eßlingen, Memmingen und
Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Directorium referirt. Als man gestern bey dem Magdeburgischen vonein-
ander gehen wollen, habe der Anhaltische herr abgesande sich zu ihme
genähert und erzehlt, welcher gestalt neulich für gut angesehen worden seye,
die herrn Chursächsische wegen der dem grafen von Trautmansdorf getha-
nen vorschläge
Vorschläge Trauttmansdorffs in Meiern III S. 187f. (Media compositionis der Kaiserlichen
an Kursachsen vom 25. Juni 1646 RK FrA , RK ) 92 IX b fol. 310–311 ad nr. 1310 ), der kursächsi
schen Gesandten ebd. S. 188f.
judicium evangelicorum nicht continuiren noch sich als interponenten in
diesem puncto, weiln es ohne offension der cron Schweden nicht geschehen
könnte, gebrauchen laßen wollten; zu adsistenten könnte man sie sonsten
gar wol leiden. Dieweil nun für rahtsam angesehen worden, daß auch die
stätt iemand ihres mittels solcher deputation adjungireten, als stünde dahin,
ob man sich deßwegen miteinander vergleichen und ihn, wer deputirt seye,
wißen laßen wollte.
Als er nun,
hauß colligiren laßen und die majora auff den herrn Nürnbergischen und
Herfurtischen gefallen, seyen der herr Eßlingische und Lindauische etwas
sorgfältig dabey worden und haben nöhtig zu sein ermeßen, daß vorhero
von der sach, ehe man sich mit den fürstlichen conjungire, geredet werde.
Dieweil dann der herr Anhaltische ihme heut andeuten laßen, daß angeregte
deputation gegen 4 uhren ihren fortgang gewinnen werde, als hette er diese
zusammenkunfft vorhero anstellen wollen, freundlich bittend, beede herren
wollten sich hierinnen ferner vernehmen laßen.
Eßlingen. Er seye zwar nicht gemeint, vorhabende deputation zu hindern,
sondern habe vielmehr, daß sie ihren fortgang gewinne, auf Nürnberg und
Herfurth votiret. Seye aber nachdenklich, daß die fürstliche einen absonder-
lichen schluß hinter denen stätten machen und daß man sich mit ihnen, ohne
vorhergehende communication und deliberation dem stylo zuwieder con-
jungire , begehren dörffen, da doch zum wenigsten mit dem herrn directore
vorhero darauß hette communicirt, wo nicht gar collegialiter proponirt
werden sollen, ob die stätt damit einig seyen oder ob sie sich davon abson-
dern wollten. Und das umb soviel mehr, weiln man den Chursächsischen
sagen solle, daß sie in modo procedendi, wo nicht gefehlt, doch zu weit
gegangen seyen, mit bitt, daßelbe hinfüro zu unterlaßen
Zur Empfindlichkeit der evangelischen Stände Meiern III S. 186f. ; zu den nachgiebigen Ten-
denzen auf evangelischer Seite G. Krause V 2 S. 124f.
Die differenz beruhe auff zweyn haubtpuncten, nemlich auf der perpetuitet
und dem termino a quo, wohin der stätt gedanken darinnen zielen und daß
sie mit der Chursächsischen meinung fast überein kommen, seye bekannt.
Sollten nun die herren fürstliche darwider gehen und man dißseits, auff den
extremis zu beharren, nicht begehrte, stelle er zum nachdenken, ob nicht das
geschäfft vorhero seiner wichtigkeit nach zu überlegen seye, was auf den-
selben fall dabey zu thun sein wolle, damit man ihme nicht selbst zuwieder
seye.
Lindau. Seye gleicher meinung mit Eßlingen, stehe an, ob man mit den
fürstlichen dißorts concurriren könne? Sie deliberiren vor, und die stätte
sollen hernach mit ihnen concurriren. Seye beschwerlich und bekannt, daß
man auf ungleicher meinung bestehe. Die fürstliche verwerfen der Chur
sächsischen vorschläge und wollen von keinem andern als dem ihrigen
wißen. Hingegen seyn der Sächsischen vorschläg und media also gethan, die
sie nicht allerdings zu verwerfen und die stätt mit denen fürstlichen sowol in
formalibus als materialibus different. Stelle also zum nachdenken, ob nicht
mit den herrn fürstlichen ferner darauß zu reden seye, was es eigentlich für
eine meinung damit habe, ob es allein darumb zu thun seye, daß man die
herrn Chursächsischen von der interposition divertire und sie dagegen zur
assistenz bewege; solchen falls könnte man sich wol mit den fürstlichen
conjungiren. Wann man aber weiter gehen und derselben vorschläge und
propositiones allerdings verwerfen und hingegen die fürstliche die ihrige
behaubten wollten, halte er dafür, daß man stättischen theils vormahlige
meinung sowol quoad formalia als materialia zu wiederholen und ihnen
anzudeuten hette, daß sich die stätt der temporalitet und des termini inter-
medii halben bereits anders gegen die herrn Schwedische hetten vernehmen
laßen. Mit angehengter bitt, hinfüro, wann deputationes zu machen, anderst
dabey zu gehen, doch wolle er sich gern mit übrigen conformiren, was er
auch iezo angezeigt, seye nicht dahin gemeint, daß er die deputation dissua-
diren , sondern allein seine gedanken, was etwa dabey in acht zu nehmen sein
möchte, eröffnen wolle.
Nürnberg. Dankt beeden herren abgesanden, daß sie dem werkh nachdenken
wollen. Bekennt zwar, daß sich die fürstliche bißhero vielen dings unter-
fangen haben, so man stättischen theils nicht gut heißen könne, indem sich
Altenburg, Weimar und Lüneburg gleichsam einer direction des ganzen
werks bewußtermaßen und anderst nicht unterfangen, als wann sie ordent-
licher weiß darzu deputirt und erbetten weren. Deßwegen wol zu vigiliren,
daß dieser modus procedendi zu keiner consequenz gezogen werde. Er
erinnere sich aber auch dagegen, daß neulich bey Magdeburg vor einer
solchen deputation sowol zu den herrn Schwed- alß Chursächsischen geredt
und dafür gehalten worden seye, daß diesen für ihre übernommene mühe und
sorgfalt in diesem stükh zuvor dankh zu sagen, daneben aber zu remonstri-
ren seye, daß die interposition sowol von catholischen als evangelischen den
herrn Schwedischen eingeraumt und überlaßen worden seye. Und dieweil
ihre articuli etwas weit und auf eine noch zur zeit denen evangelischen ver
fängliche mediationem gehen, als bätte man, sie wolten selbige, weiln es
ohne offension der herrn Schwedischen ohne daß nicht geschehen könnte,
nicht continuiren, sondern vielmehr denen evangelischen adsistiren. Dem-
nach nun auch die stund von den herrn Chursächsischen angesezt und es an
dem, daß die deputation gleich fortgehen solle, halte er dafür, daß, wann das
ansprechen nur auf einer danksagung und bitt bestehen solle, man sich wol
mit den fürstlichen conjungiren und ohne sonderbahre offension sich von
selbigen sich nicht separiren könne. Falls aber sie der Chursächsischen vor
schläg allerdings verwerffen und die ihrigen pro norma finali halten wollten,
were denen fürstlichen herren deputatis anzuzeigen, daß man sich darzu
stättischen theils nicht verstehen könnte, weiln sie nicht allein die reichs-
ritterschafft vorgesezt, sondern auch die stätt mit ihnen ratione perpetuitatis
et termini a quo nicht einig, wiewohl die herrn Schwedische diese erklärung
nicht wol aufnehmen werden, weiln sie auf dem jahr 1618 praecise bestehen,
vorgebend, daß ihre confoederation mit Frankreich dahin getroffen seye.
Herford. Er erinnere sich an seinem orth auch, daß am 18. hujus, als Alten-
burg relation gethan, was bey der Chursächsischen conferenz zwischen
diesem und dem herrn grafen von Trautmansdorff vorgangen, sowohl fürst
lichen als stättischen theils für gut angesehen worden, daß eine deputa-
tion zu den herrn Chursächsischen gemacht, ihnen für ihre sorgfalt gedankt
und sie daneben gebetten werden sollten, sich nicht als interponenten,
sondern als assistenten gebrauchen zu laßen, sonsten es bey den herrn
Schwedischen offension gebähren dörffte. Von materialibus aber seye damals
nichts vorkommen. Weiln man nun den vortrag wiße, könne man sich mit
ihnen dißorts wohl conjungiren, vergleiche sich deßwegen mit den
majoribus.
Ulm. Wann die deputation dahin angesehen, daß den herrn Chursächsischen,
wie bey Magdeburg von gesambten evangelischen geschloßen, vorderist
dankgesagt, ihnen, daß ihre interposition
aufgenommen werden dörffte, remonstrirt und sie, daß sie sich als assisten-
ten gebrauchen laßen wollten, gebetten werden, könne man den fürstlichen
wol beypflichten. Wann sie aber selbige mit ihren vorschlägen ab- und ihnen
schimpf beweißen wollten, hetten sich die stett darinnen nicht zu übereylen,
weiln sie mit den herrn fürstlichen des termini a quo et ratione perpetuitatis
different seyen. Besonders, wann sie die ihrige pro norma et regula halten
wollten. Wolle sich im übrigen gern conformiren. Sagt dabey, daß des herrn
grafen von Trautmansdorff vorschläge nicht auf die Chursächsische, son-
dern auf die evangelische erklärung gerichtet seyen.
Eßlingen. Stellts dahin und sagt, wann die deputation dahin angesehen, daß
die herren Chursächsische neben danksagung als assistenten ersucht werden
sollen und es stättischen theils bereits approbirt worden seye, könne man
sich diß orts wol conjungiren, doch dergestalt, daß es bey den Chursächsi
schen mit manier angebracht werde.
Memmingen. Seye beschwerlich, daß fürstliche zuvor einen schluß machen
und hernach begehren, man solle sich dißeits mit ihnen conjungiren, halte,
wann es mehr geschehen sollte, weiln die zeit bereits verfloßen, daß es zu
anden were. Man könne sich quoad hoc formale wol conformiren, wann es
aber umb materialia zu thun, nicht einlaßen, sondern were auf denselben fall
darwider zu protestiren, weiln man stättischen theils in diesem vornehmsten
puncten mit den fürstlichen different seye.
Lindau. Wanns allein darumb zu thun, daß die herren Chursächsische neben
danksagung für ihre sorgfalt umb assistenz ersucht werden, könne man sich
mit den fürstlichen wohl conjungiren. Wann aber die fürstliche die Chur
sächsische propositiones allerdings verwerffen und hingegen die ihrige pro
norma allein halten wollten, hette man billich die resolution zu ändern und
nicht mitzugehen, wollte solches den herrn deputatis überlaßen haben,
könne nicht schaden, daß es gegen sie geandet werde, daß zu erhaltung guter
verständnus, was bey ihnen iederweiln concludirt, diß orts zeitlich notificirt
werde. Seyen sonsten harte knochen in den Chursächsischen erklärungen,
und haben außgelaßen, daß die bestellung der summorum judiciorum in
gleicher anzahl von beeder religionsverwanden geschehen solle. Wann
solches nicht geschehe, seye alles übrige vergebens und umbsonst.
Directorium. Hette nunmehr auch vernommen, warumb beede herrn abge-
sanden dieser deputation halben sorgfältig gewesen und angestanden seyen,
nemlich weiln die fürstliche ratione formae procedendi die stätte allein als
pedissequos beyziehen und denenselben vorhero nichts communiciren woll-
ten . Und die herrn Chursächsische sowol ratione termini a quo als ad quem
mit den stätten fast einig seyen. Were bey dem ersten seines theils auch
angestanden, wann er nicht vernommen hette, daß schon am 18. diß in der
stätte gegenwart (wiewol er wegen des posttags nicht dabey sein können)
diese resolution gefaßt worden were, nach welchem concluso man sich nicht
erst abziehen oder neue difficulteten machen könne. Da man auch gleich
gegen den fürstlichen deputirten etwas von andern vorgangenen fällen
anden wolte, würde es vergebens und von keinem effect sein, sondern gegen
dem Magdeburgischen directorio geschehen müsen, welcher aber in diesem
stukh unschuldig seye, dann er eben dazumahl, als Milagius davon ge-
spracht , die anzeig verrichten wollen.
Die materialia betreffend, habe man billich sorgfältig dabey zu sein und sich
vorzusehen, daß man sich nicht praejudicire noch contradicire, wiewol man
ratione rerum judicatarum ihnen keinen beyfall geben könne. Was es aber
mit ihren vorschlägen für eine meinung und bewandnus habe, seye von
herrn graf Oxenstirn selbsten also erleutert worden, daß es verhoffentlich
keine noht damit haben werde.
Were demnach seine meinung, man hette nicht erst zu fragen, was in den
vortrag kommen werde, sondern positive heraußzugehen, man wollte der
zuversicht geleben, es werde allein darumb, wie jüngsthin concludirt wor-
den , zu thun sein und dabey nochmalen sein verbleiben haben, daß man
nehmlich den herrn Chursächsischen für ihre vigilanz danken, sie als caput
evangelicae religionis umb assistenz und, daß sie sich, der interposition
Fals aber von materialibus geredt werden sollte, hetten sie, die herrn
deputirte, anzudeuten, sie weren nicht befelcht, sich deßwegen einzulaßen,
sondern müsten sich zuvor berichts erholen, was dabey ex parte der stätt zu
thun sein wolle. Bey welcher meinung es auch insgemein geblieben.
NB. Was bey diesem ansprechen sich verloffen, ist a part dictirt worden.