Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
65. 48. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Juni 16 8 Uhr
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Osnabrück 1646 Juni 16 8 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 122–124 = Druckvorlage; Strassburg A 1144 fol. 184’–
186; Ulm A 1560 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 220–221’; vgl. ferner Bremen
2 – X. 8. m.
Memorial gegen die Präzedenz der Reichsritter, Modus der Auslieferung.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Frankfurt, Bremen auf der Rheinischen, Memmingen und Lindau
auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director reassumirt, wo es gestern verblieben. Ist demnach discurs
weiß fortgefahren und, was monirt, gleich in acht genommen worden.
Directorium proponirt, es werde aniezo de modo procedendi zu reden
sein.
Lübeck. Man solle es allen, die wißenschafft davon haben, übergeben, als
denen herrn Kayserlichen, Schwed-, Altenburg-, und Magdeburgischen.
Seyen schöne rationes darinnen; were gut, wann sie kurz extrahirt, rationes
pro praecedentia civitatum cum refutatione memorialis intitulirt und denen
herrn Schwedischen communicirt würden, dörfften desto beßer penetriren.
Seye billich, wie herr Salvius sage, daß digniores indignioribus praecediren.
Zu deme, so gestehen die fürstliche selbsten, daß die stätte dignioris condi-
tionis als die ritterschafft seyen, komme er zu einem und dem andern, wolle
er dieses geschäfft genugsam unterbauen, hoffe, die übrige werdens auch
thun.
Memmingen. Seye nöhtig, daß es aller orten, wo der ritterschafft abgeord-
neter mit seinem memorial einkommen und die gemühter occupirt, über
geben werde, als bey den herrn Kayserlichen, Schwed-, Mainzischen und
fürstlichen. Wer jeniges memorial nicht gesehen, werde dieses nicht recht
verstehen können.
Frankfurt. Laßens beym auffsaz bewenden. Wann die edelleuth sehen, daß
es auf eine trennung außlaufen wolle, werden sie sich schon beßer resol-
viren ; sonderlich wanns zur satisfaction ankommen sollte, gebe eine statt
mehr als der adel miteinander. Vergleichen sich mit vorgehenden, sonderlich
daß es auch Mainz, weiln Dr. Reigersberger ein neuer edelmann seye,
communicirt werde.
Lindau. Laße ihme das memorial wohl gefallen, wie auch, daß es vornehm-
lich denen herrn Schwedischen, als bey welchen der ritterschafft abgeord-
neter sein memorial anfangs eingeschoben, übergeben und das vornehmste
fundament des religionfriedens bey außlieferung des memorials gegen denen
fürstlichen noch weiters außgeführet werde. Bey den herrn Kayserlichen
förchte er, dörffte es von schlechtem verfang sein, weiln sie mit irrigen prae-
suppositis schon praeoccupirt.
Und weiln davor gehalten worden, daß jemand auß dem collegio eine raiß
nacher Münster thun, mit denen daselbst subsistirenden herren stättischen
gesanden, was diß orts passirt, communiciren und auch zugleich herrn
grafen von Trautmansdorff, wie auch denen Churmainzischen das memorial
hinterbringen sollte, wollte er die herrn Frankfurthische, weiln sie mit herrn
Dr. Reigersbergern gute kundschafft haben und bey demselben angenehm
seyen, darumb ersucht und gebetten haben.
Zeigte daneben an, daß er dieser tagen den Treispach (alias Knippschild) bey
hiesigem buchführer gefunden und zur hand gebracht habe
selben zwar weitleufftig, in realibus aber also beschaffen, daß er mit wenigem
zu refutiren were. Stellts, ob nicht ein und der ander deßwegen die bemü
hung auf sich nehmen sollte.
Bremen. Conformirt sich mit denen vorgehenden votis und bitt den herrn
Lindauischen iezt angeregter maßen, die bemühung auf sich zu nehmen und
den Treispach zu refutiren.
Directorium. Halte davor, daß mit übergab des memorials bey denen herrn
Kayserlichen, Schwed- und Churmainzischen, als welchen das instrumentum
pacis durch die hand gehen müße und an denen das meiste gelegen, der
anfang zu machen und was nicht genau beantwortet, mündlich zu diluiren
und in specie bey denen herrn Schwedischen anzuführen sein werde. Was ihr
könig glorwürdigster gedächtnus wie auch seiner excellenzen herr vatter,
der reichscanzler, für judicia von denen stätten gestellt haben und daß iezo
sehr schimpfflich stehen würde, wann sie vom ersten concept abweichen und
eine andere collocation machen wollten, welches sie doch zweifelsfrey vor-
hero mit dem herrn reichscanzler communicirt haben werden und daß sie die
ritterschafft, ihr vermeinte praecedenz mit recht zu suchen, anweisen woll-
ten . Und daß der abgeordnete seine person nicht von ganzem corpore der
ritterschafft legitimiren könne. Bey dem herrn grafen von Trautmansdorff
hette man gleicher gestalt anzudeuten, daß in anno 1555 könig Ferdinand I.
sich sehr darob beschwert, daß mit der ritterschafft als mit ständen des reichs
gehandelt werden solle, weiln sie von Ihrer Majestät ledig und allein
dependire, welches argument bey denen herrn Kayserlichen vielleicht pene-
triren werde.
Wegen Magdeburg seye er indifferent, besorge, es werde die ordnung doch
nicht daselbst geändert werden wollen.
Bey Monsieur de la Barde weren die rationes nur mündlich anzuregen,
warumb man sich von den fürstlichen separirt. Wann er aber selbige be-
gehrte , könnte man sie Lateinisch machen und ihme
Neben dem hette man sowohl an die herrn Kayserliche als Schwedische zu
begehren, daß sie das memorial nicht nur lesen, sondern auch hiernächst die
stätt wißen laßen wollten, wohin ihre resolution und meinung gehe. Inglei-
chen sowol von diesen eine attestation, waß deßwegen bey ihnen vormals
vorgegangen, als auch von Magdeburg einen extractum protocolli zu begeh-
ren , wie die protestatio in consilio evangelicorum pleno interposita gefallen.
Im übrigen halte er davor, daß der mühe wohl wehrt were, wann iemand
hinüber nacher Münster raißen thete, sonderlich weiln das collegium drüben
zimlich schwach, wolle deßwegen die herrn Frankfurtische gleicher gestalt
gebetten haben, die mühewaltung über sich zu nehmen
Regelmäßig anwesend waren in Münster nur die Gesandten von Köln, Aachen und Augsburg.
Durch die Mehrfachbelastungen ( CC , FR, SR) von Dr. Hermann Halveren, der neben Trient
und Brixen seit dem 27. Juni 1646 auch Köln vertrat, nachdem Constantin von Lyskirchen und
Dr. Gerwin Meinertzhagen den Kongreß verlassen hatten, und Dr. Johann Leuxelring, der nicht
nur 16 Städte, sondern auch die Abteien Kempten und Lindau vertrat, waren Sitzungen des Städte
rats nur selten möglich, es sei denn durch Hinzutritt verschiedener protestantischer Städte. –
Dr. Hermann Halveren war Registrator und Sekretär in Köln, als er mit der Vertretung der
Fürstbischöfe von Trient und Brixen betraut wurde. Später war Halveren Syndikus der Stadt
Köln und stieg schließlich zum Vizekanzler des Bistums Straßburg auf (L. Ennen V S. 737;
Bittner I S. 279f.).
Die ulteriorem declarationem belangend, halte er davor, daß selbe drüben
dem herrn Französischen und hier dem Monsieur de la Barde honoris causa
und weiln die deputation schon gemacht, zu insinuiren were, seye deßwegen
bereits an den herrn Collmarischen geschrieben. Wobey es endlich auch
geblieben.
Herr Director fragt hierauf, wer die einlieferung bey denen herrn Schwe-
dischen und Magdeburgischen verrichten solle?
Das städtische Bedenken wurde am 18. Juni präsentiert und diktiert (Druck Meiern III
S. 580–583 ).
Conclusum. Beede vorsitzende auf ieder bankh, als Straßburg und Lübekh
auf der Rheinischen, Regensburg und Nürnberg auf der Schwäbischen
bankh.