Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
221. Stadt Münster an Ferdinand III Münster 1647 Dezember 29
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Münster 1647 Dezember 29
Konzept: A XIV 120. Kanzleivermerk: Abgehort per dominos consules, syndicum, beide
richtherrn, doctorem Rottendorff, doctorem Römer, licentiatum Bünichman et licentia-
tum Meiners.
Unvermögen der Stadt, die Garnison aus eigenen Mitteln länger zu unterhalten.
Allerdurchleuchtigster etc.
Ewer Römisch Kayserlichen Mayestät und im gantzen heyligen Römischen
reich ist unserm allerunderthenigsten ermessen nach mehr dan gnugsamb
khund und offenbar, wie daß wir und diese Ewer Römisch Kayserlicher
Mayestät allerunderthenigst gehorsambiste burgerschafft bei deme leider
nun so geraume zeit von jahren vorgewesenen und immervort continuiren-
den höchst verderblichen kriegsempörungen, noht und gefahr unß jederzeit
unsers allergeringsten gehorsambisten orts in schuldigster, allerunder-
thenigster devotion so beharrlich getrew und standhafftig erzeigt, unß auch
sambt unserer geringen burgerschafft die mögliche conservation und er-
haltung dieser statt zu Ewer Kayserlichen Mayestät und des heyligen reichs
diensten dergestalt eusserist angelegen sein lassen, daß wir auch von erster
in diesem stifft und benachbarten landen entstandener unruhe an unser aige-
nes praesidium und stattguarnisoun in nicht geringer anzahl geraume zeit
von jahren gantz kostbarlich erhalten, daneben auch zu nohtwendiger erbaw-
und underhaltung des fortificationsweesens sambt allerhand dazu gehöriger
munition so ansehenliche spesen anwenden müssen; wie und wasgestalt
wir auch gegen dero und des heyligen reichs armeen unß jederzeit uff er-
fordern (wiewol ohne ruhmb zu melden) mit darstreckung allerhandt
munition, artillerey, victualien und anderer nohtwendigkeit nach eusseristem
unserm vermögen und schuldigkeit so getrew, eyferig und willig erwiesen
und under augen gangen, davon wöllen wir die that und wercke selbst,
auch die domahln underschiedlich vorgewesene hoch ansehenliche
Kayserliche generalen lieber reden und zeugen lassen, alß mit dieser und
anderer unnötigen weitleuffigen erzehlung Ewer Kayserliche Mayestät
bemühen.
Nachdem aber, allergnedigster Kaißer und herr, wir durch diese und andere
continuirliche pressuren unß sambt unserer geringen bürgerschafft derge-
stalt enervirt und außgemattet, daß wir unß darüber in etliche hundert-
tausent reichsthaler schuldenlast vertieft und darinnen leider annoch mit
höchstem beschwer bestecken pleiben, so ist zwar uff unsere deßentwegen
beschehene remonstrationes geclagte und vor augen gestelte kendtliche
unvermögenheit erfolgt, daß erst vor wenig jahren durch herrn graven von
Hatzfelt, alß deroselben damahligen generalveldtmarschallen, krafft dem-
selben dazu specialiter ertheilter Kayserlicher commission mit vorwissen
und belieben Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln und deroselben
hiesiger landtstände in ansehung des gemeinen reichs-, craiß- und landts- so
hoch mitunderlaufenden interesse unß und dieser statt mit einigen assig-
nationibus auß den gemeinen stiffts- und landtsmittelen (wozu wir gleich-
wol auch jederzeit nichtsdestominder unser gebürendes contingent miter-
stattet und beigetragen) ein zeitlang succurirt und beigesprungen worden;
und ob wir wol der höchsten noht und billichkeit nach unß keines anderen
versehen, alß daß man unß bei so kendtlicher gefahr, damit wir und diese
statt nun viele jahren umbgeben und täglich mehr und mehr umbfangen
werden, nicht allein bei rühiger continuation und erhebung berürter assig-
nationum krafft obangezogenen Hatzfeldischen receß würde gelassen und
verstattet, sondern auch nunmehr wegen der vorhin vielfältig steetz be-
beschehener hohen abzüge und deßwegen erlittenen übermeßigen schadens
das assignatum in ein merckliches mit einem erklecklichen verbessert und
augirt haben, so ists doch an deme und müssen Ewer Römisch Kayserlichen
Mayestät wir hiebei allerunderthenigst mit höchstem betruck schmertzlich
clagen, wasgestalt diesem allem zuwieder ohnlengist dero bestelte löbliche
generalitet bei jüngsten ihren assignationibus unß und dieser statt guarnisoun
den oblauts bewilligten succurs und beisteur auß aigenen stifftsmittelen,
wissen nicht, auß was fueg oder ursach, nun ein zeithero fast gentzlich zu
verweigern oder je mit einem gar geringen dabei zu bedencken under-
standen , indeme von deroselben unß nun in sechs monaten fast nur 3000
reichsthaler assignirt worden, da doch bemeltes dieß guarnisoun monatlich
an die viertausent reichsthaler erforderen thuet, zu geschweigen, daß jeder
gemeine knecht, obschon daruff nur allein drey reichsthaler assignirt,
dannoch der kriegsordinantz nach mit 3½ reichsthaler monatlich tractirt
werden will und mueß.
Gleich nun aber Ewer Römisch Kayserliche Mayestät selbst allergnedigst
zu ermessen, wie hoch und mercklich viel diesem stifft und gantzem West-
phälischem craiß, ja dem heyligen Römischen reich selbsten, an gedeylicher
conservation und erhaltung dieser Ewer Römisch Kayserlichen Mayestät
und gemelten heyligen reich allergehorsambist devoten statt gelegen,
und dan in unserm und unser nunmehr gantz erschöpften und außgesö-
geten schamelen bürgerschafft vermögen nit bestehet, ein solches ansehen-
liches zu dieser statt defension gehöriges volck und nöhtige soldatesca auß
eigenen privatmittelen fürterhin zu erhalten, die jetzige conjuncturen und
ringsherumb annoch leider lichterloe brennende kriegsflammen auch je
nicht zulassen wöllen, eynige völcker bevorab bei der alhie noch wehrender
hochansehenlicher gesandtschafften und in der nähe noch bestehender
feindtlicher hauptarmee abzudancken, dan vielmehr das guarnisoun nach
erheischender notturfft lieber zu verstercken, so haben Ewer Römisch
Kayserlichen Mayestät als unserm allerhöchsterleuchteten geehrten ober-
haupt wir dieses alles nach dero allerhöchsterleuchteten verstandt aller-
gnedigst weiter zu bedencken allerunderthenigst vortragen und heimbgeben
müssen, mit allerunderthenigst gehorsambister bitt, die geruhen, dasselbe
ihrer allerhöchsten fürstvatterlichen vorsorge nach allergnedigst zu be-
hertzigen und obberürter Kayserlicher generalitet alsolchen gemessenen
befelch allergnedigst zu ertheilen, damit unß die angezogene nohtwendige
subsidia auß diesen eigenen stiffts- und landtsmittelen fürterhin unweiger-
lich und unabbrüchig gefolgt und zuertheilt, sonsten wir wiedrigen unver-
hofften falls unumbgenglich benötigt und verursacht werden mögen, die
bißhero alhie enthaltene soldatesca zu verlassen, diese statt mehres zu ent-
blössen und die noch übrige soldatesca zum verlauff und gleichsam deren
besorgliche wendung zum herumbschwebenden feindt zu verursachen
sambt der getrewen bürgerschafft endlich daran zu geben etc., welchem
Ewer Römisch Kayserliche Mayestät lieber allergnedigst vorzukommen,
unß sambt unserer allergehorsambisten bürgerschafft vor allen besorgenden
feindtlichen gewalt und mehrem unheil zu schützen und also diese statt
und fölglich diesen gantzen stifft und lieben Westphälischen craiß in dero
und des heyligen reichs allerunderthenigster devotion allermechtigst zu
erhalten und conserviren geneigt sein werden, wie wir unsers allergehor-
sambisten theils darin mit allereusserister trewister begierd nach allem ver-
mögen und krefften bestendig zu verharren schuldigst und willigst, dieselbe
damit in allerunderthenigster tröstlicher hoffnung dem göttlichen gnaden-
schutz zu langwihrigem Kayserlichen wolstand und friedfertiger regirung
allerunderthenigst gehorsambist befehlend. Geben under unserm secret-
siegel am 29. Decembris anno 1647.
Ewer Römisch Kayserlichen Mayestät
allerunderthenigst und allergehorsambiste underthanen
burgermeistere und rhat dero statt Münster in Westphalen.