Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
142. Protokoll des Rates der Stadt Münster Münster 1646 Mai 25
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Münster 1646 Mai 25
Ausfertigung: A II 20 Bd. 77 fol. 122’. Druck: H. Lahrkamp , Friedenskongreß S. 245f.
Verteidigungsmaßregeln beim Anmarsch der schwedischen Armee. Vorschlag, beständige Neu-
tralität anzustreben.
Ward nahmens der herrn burgermeistere gestriger mit den ambtsherrn uffr
stattschreiberei genommener abrede zufolge in plena congregatione senatus
proponirt und zu bedencken vorgestelt:
Nachdeme leider landtkundig und ex terribili vicinorum exemplo gnug-
samb bekant, wasgestalt sich die königliche Schwedische armee sampt der
Hessischen diesen landen nicht allein genähert, sondern auch die benach-
barte stiffter fast großentheils feindtlich überfallen und gantz barbarischer
weise tractire und zugrundtrichte
Die schwedische Hauptarmee unter Karl Gustav Wrangel hatte am 12. Mai nach zweitägiger
Beschießung Paderborn erobert und am 25. Mai das Städtchen Obermarsberg niedergebrannt;
eine zweite Armeeabteilung unter dem Generalleutnant Hans Christoph von Königsmarck zwang
am 2. Juni die lippische Stadt Lemgo zur Übergabe.
Ob man nun woll alhier, Gottlob, in guter sicherer neutralitet begriffen
und zeit wehrender dieser hochansehenlicher versamblung keines feindli-
chen oder wiederwertigen zu befahren haben mögte, weiln dannoch der
verlangter Kayserlicher succurs fast ungewiß oder je langsamb erfolgen
mögte, eventus belli auch nicht weniger alß dieser tractaten zweiffelhafft
und unsicher, damit derwegen man sich zeitlich genug auff allen auch un-
verhofften begebenden zufall nottürfftig versehen und, sperando meliora,
peiora praecaviren möge, so were auß schuldiger sorgfalt für diese statt und
respublicq ihr, der herrn burgermeistere, getrewer vorschlag und meinung,
da, gleichwie nach der uralten sentenz tempore pacis de bello zu meditiren,
also auch dieser statt bei noch wehrenden tractaten und gutem ruhestandt
nöhtig sein wolle, zuvorderist uff einen ansehenlichen vorrath geldes be-
dacht zu sein, damit derselbe ad aerarium publicum würcklich beibracht und
zu ein- und anderer nohtwendigkeit jeder zeit employrt und verbraucht
werden möge.
Als nun hierüber aller anwesenden herrn vota eingeholet würden, haben sie
alle einhellig und eyfferig dahin gestimmet und geschlossen, daß die unumb-
gengliche hohe notturfft erfordere, zuvorderist und vor allem eine erkleck-
liche sumb gelts so fürdermöglich ad cassam zu bringen und weiln je ihnen
gnugsamb bekant, daß es der statt in specie und fürnemblich an pulver,
kugelen und ander nohtwendiger ammunition underschiedtlich und viel-
fältig ermangle, so müste nicht allein solch gelt unverlengt und wirklich
beibracht, sondern auch gestracks zu einkauffung obgedachter und anderer
nohtwendigkeit verbraucht und angewendet werden. Wie aber und was-
gestalt solche gelder beizutreiben, darüber seind die vota fast different ge-
fallen und wurde von theils herrn eine uffnahmb von 5 oder 6000 reichs-
thalern vorgeschlagen und gerahten, andere aber vermeinten, es hette sich
lieber ein jeder bürger nach seinem eusseristen vermögen anzugreiffen und
lieber in tempore zu erhaltung leib, guets und bluets ein erkleckliches guet-
willig zu spendiren, als hernacher die allereusseriste gefahr leibs, guets und
der religion zu erwarten.
Hiebei wurde auch von underschiedtlichen herrn für rhatsamb angesehen,
daß in tempore zu versuchen, ob einige allgemeine bestendige neutralitet
in perpetuum zu erhalten. Darüber herrn burgermeistere mit anziehung
underschiedtlicher praejudicien, wie und wasgestalt dieselbe so gefehrlich
und oft so liederlich gebrochen, auch was für requisita dazu erfordert wür-
den , allerhand bedencken machten. So ists für dißmahl dabei verplieben,
doch solle erster tagen mit herrn alderleuten a part über alle diese sachen
conferirt werden.