Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
300. Nassau und Volmar an Auersperg und Krane Münster 1644 Juni 28
Münster 1644 Juni 28
Konzept: RK , FrA Fasz. 92 II nr. 317 fol. 677–680’ – Kopie: ebenda Fasz. 47a, Konv. B
fol. 235–238’ = nr. 305,3 = Druckvorlage; ebenda Fasz. 46e, Konv. b fol. 430–433 = nr. 302,1.
Bedenken gegen die Übergabe des kaiserlichen Memorials. Verhandlungen mit den Vermittlern
wegen der französischen Vollmacht. Audienz für die hessen-kasselschen Gesandten.
Wir überschicken nr. 287. Nun seint wir zwar deme alsobald und zwar der
ursachen ohne einigen ufzug nachzekommen entschlossen gewesen, weil
wir bericht worden, das gestern der Schweedische gsandt Salvius alher-
kommen, umb sich mit denn Franzosen ze undterreden, und wir dahero
in gedancken gestanden, daß daraufhin einige action vorlauffen möcht,
dardurch alßdan dise uns anbevolchene außwexlung verhindert werden
könte, gestalten wir auch uns bey gedachten mediatoren umb audienz an-
melden lassen und die stundt uf heütigen nachmitag erhalten. Damit aber
die Spanischen herren gesandten nit sagen möchten, man hete sie dißorts
umbgangen, uns aber mit inen ein mündtliche conferenz hierüber anzustellen
die zeit zu kurz gefallen, hab ich, Volmar, dem herrn Saavedra solche uns
anbevolchene verrichtung mit communication deß im Kayserlichen schrei-
ben uns eingeschlossenen memorials per schedulam zu wissen gemacht.
Wie hoch er aber misßrathen und gleichsamb protestieren thuet, das selbiges
nit übergeben, sondern alles bey bereits insinuierter schrifft gelassen werden
solle, wenigist solang und -vil, bis auch Eur Liebden und Excellenz, des
herrn und meins hochgeehrten herrn meinung hierüber möchte angehört
werden, das geben seine in originali beyligende andtwort zu erkennen.
Ob wir uns nun solche einwendung, angesechen irer Kayserlichen mayestät
bevelch dahin lautet, wir heten vorige unsere schrifft übergeben oder nit,
item, sie restituierten uns selbige oder nit, item, ungeacht in unserer relation
angezogen, das die Franzosen erbiettig weren, ire vollmacht zu emendieren
etc., sovil nit irren lassen, sondern es billich dahin stellen müessen, das uns
aus so gethanem gemessenen bevelch zu schreitten nit gebürtte, so seint
iedoch uns zwey sonderbare bedencken hiebey eingefallen:
Erstlich, das diser actus gar leicht inskonfftig sehr beschwärliche conse-
quenzen veruhrsachen könt, indeme denn Franzosen unverborgen bleiben
wirdet, das wir unser vorige, so ausfüehrliche und scharpf aufgesezte schrifft
widerumb zurugggenommen und an derselben statt allein diß kurze und
in vilen anzügen der vorigen schrifft nachgebende memorial eingebracht,
und sie daher anlaaß nemmen werden, inskönfftig desto stercker uf iren
praetensionibus zu verharren, in hoffnung, wann schon von uns anfangs
mit gueten bestandt repliciert, wir doch folgendts bald widerumb nach-
geben wurden.
Zum andern, das in disem memorial von dem Dennemarkischen weesen
ganz nichts gedacht, sondern diser punct genzlich außgelassen wirdt, da
doch ire Kayserliche mayestät in irer vorigen instruction vom 10. Maii
deütlich sezen, das, wann schon die sachen mit der Franzößischen pleni-
potenz richtig, sie iedoch ohne beyziechung deß königs in Dennemarkh
zu einigen tractaten nit fürgehen lassen könten noch wolten, wie dan diser
passus in voriger unserer schrifft auch formaliter einkommen. Wann wir
nun dise schrifft widerumb heraußnemmen und die Franzosen dessen nach-
richt empfangen, so man sich nichts gewissers zu versechen, als das sie
daher das praesuppositum machen und allerorten außbreitten und sonder-
lich in Dennemarkh kundtbar machen werden, das ire Kayserliche mayestät
das Dennemarkhische interesse genzlich abbandoniert heten; zu was merk-
lichen unstatten aber diser rueff ir mayestät kommen wurde, das ist leicht-
lich zu gedencken.
Umb diser ursachen willen haben wir für nothwendig befunden, heüt dato
noch mit der anbevolchenen eingebung deß memorials innzuhalten, nichts-
destweniger aber die herren mediatores besuecht und inen allein sovil ange-
zeigt, es were nun ein geraumbe zeit verflossen, das wir inen die bedeüte
schrifft übergeben; indeme wir nun bisher in erwartung gestanden, was sich
hierauf die Franzosen erclären wurden, so werden uns allerhandt discurs
vorgebracht, ob solten sie mit gedenckhen umbgehen, ein und andere
praetextus zu papyr zu bringen und mithin die schuld verlengerter fridens-
tractaten uf ir Kayserliche mayestät zu walzen, welches nun kein ansechen
hab, das sie irer vollmacht zu verbessern gesinnet weren; und weil uns dann
gewisser bericht gethan worden, das gestern abents der Schweedische
abgesandt Salvius alherkommen, umb mit denn Franzosen sich ze undter-
reden, so habe uns desto mehr obgelegen sein wellen, bei inen, herren
mediatoren, etwas nachfrag zu halten, warauf die sachen bestuenden, damit
wir uns in omnem eventum darnach zu richten und ir Kayserliche mayestät
etwas satsame relation zu thuen wüsten.
Darauf haben sie uns berichtet, das noch derzeit von den Franzosen kein
haubtsächliche erclärung erfolgt; ohne seye zwar nit, das der conte d’Avaux
inen zu verstehen geben, das sie willens weren, ein schrifft deß innhalts zu
übergeben, das es an irer seiten, die plenipotenz zu accommodieren und
alles, was zu beförderung der handlung dienstlich sein köndt, anhandt zu
nemmen, nit ermanglen werde; darin auch aufsechen wollen, wie sie ire
plenipotenz zu verenderen gemeint weren. Allein solte solches auch diser
seiten und sonderlich zu Oßnabrugg mit außlüferung der volmachten ge-
schechen. Wie er inen auch solche schrifft zuestellen wollen und dabey ferrer
vermeldet, das er dessentwegen mit denn Schweedischen gesandten ein
conferenz ze halten entschlossen. Sie heten aber solche schrifft nit annemmen
wollen, sondern ime angezeigt, das wir, die Kayserliche, gleichmäsßige
schrifftliche deduction anzunemmen inen zuegemuettet, die sie aber davon
beweglich abmahnt, und hete ohne das noch kein noth, weil er sich auf die
vorhabende conferenz mit Schweeden beziechen thet. Sonsten heten sie ime,
was unsere motivi und exceptiones anlangte, alles ganz umbstendtlich vor-
gehalten, darwider er allein, sovil die außwexlung der vollmachten zu Oßna-
brugg betreffen thet, darauf bestendig verharret, das selber actus vorderist
auch vorgehen müest, dann obwol vorgeben werde, das daselbst hievor
schon die vergleichung in formalibus et materialibus vorgangen, so könden
iedoch die Franzosen und Schweeden darmit nit zufriden sein, dann sich
in der Kayserlichen daselbst wie auch in der unsern alhie, diser mangel
befünde, das wir nur allein mit beeder cronen plenipotentiariis und nit mit
derselben adhaerentibus et confoederatis zu handlen und ze schliessen be-
velcht. Und dises heten sie, mediatores, uns anzuzeigen vor nötig befunden,
weil es noch uf vorangedeüter, mit den Schweeden veranlaaster conferenz
erwenden thüe; verwunderten sich dabei, das der Salvius alhie sein soll,
da doch inen hievon nichts zu vernemmen kommen.
Der Venetianische hat hiebey auch angezogen, das der Thuillerie noch nit
zum könig in Dennemarkh kommen noch das geringste verrichten können,
weiln er noch zu wasser und in kriegsaction gegen denn Schweeden sich
befinde. Wisse also niemandt, ob er die vorgeschlagene Franzößische und
Staadische interposition annemmen oder sich zum Kayser schlagen werde.
Dem allem nach ersuechen wir Eur Liebden und Excellenz auch den
herrn und meinen hochgeehrten herrn, sie wollen uns ire vernünfftige
gedancken eröffnen, ob nicht ire Kayserliche mayestät dienst mehrers wurden
befördert sein auch bei derselben verandtwortlich sein, wann wir mit insi-
nuation deß memorials aus angedeiten ursachen genzlich solten innhalten,
oder ob dessen alles ungeacht darmit solte fürgangen werden. Dabey auch
sonderlich diß zu bedencken sein will, das ire mayestät uns über die andere
puncten unserer relation vom 27. Maii , warinnen begriffen, was der herr
nuncius wegen der königin in Schweeden erclärung, die Dennemarkhische
interposition wider anzunemmen oder auch inmediate oder durch andere
mediation die tractaten fürgehen zu lassen, an uns gebracht, noch weiterer
resolution mit negster ordinari vertröstet und daher desto fürsorglicher
aufzusechen, das mit der vorhabenden insinuation nit etwan diser erwar-
tenden resolution einiger vorgriff gescheche oder veruhrsacht werde.
Bei diser occasion hat der Venetianische ambassator an mich, graf von
Nassau, widerumb erinnerung gethan wegen anhörung deß Hessen Casßli-
schen deputiertens, mit vermelden, das die Franzosen dessentwegen nach-
folgten, und das es doch nur umb complimenti zu thuen were; warauf ime
geantwortet, wir wolten der sachen ferrer nachgedencken.
Und erinneren uns zwar, was Eur Liebden und Excellenz auch der herr
und mein hochgeehrter herr hierundter vor bedencken , denen wir uns
ebenmesßig in unserer ad Caesarem abgangner relation conformiert . Wir
müessen aber beynebens bekennen, das die fürsorg zu tragen, es werde
solch unser resolution von den Franzosen zum vortel gebraucht, ir Kayser-
liche mayestät desto mehr gegen denn reichsstandten verhafft gemacht,
zumalen von denn herren mediatoren selbst (und in specie dem Venetianer)
nit wol aufgenommen werden. Neben deme uns bedunckhte, eben durch
die erteilende audienz uns das rechte mitel an die hand gehen wurde, disen
deputaten zu gemüet zu füehren, das seiner frau principalin nit gebürt hete,
sich der Franzosen famosschreiben solchergestalt wider ire Kayserliche
mayestät theilhafftig zu machen und hierdurch volleicht sie zu vermögen,
das sie dessentwegen ein declaration und endtschuldigung von sich geben
müeste. Uns wurde demnach sehr lieb sein, wann Eur Liebden und
Excellenz auch dem herrn und meinem hochgeehrten herrn, auch in disem
puncten ire mainung zu überschreiben, gefallen wurde, dann wir sonsten
solchen deputaten nit durch den Venetianer, sondern durch einen tertium,
darzue wir bereits anlaaß haben, anfüegen lassen wolten, wann er sich bey
uns gebürlich wurde anmelden, das ime die audienz nit solte abgeschlagen
werden.
So halten wir auch nit darfür, das die königliche würde in Dennemarkh
darob einige mißgedancken schopfen solten, weil bewust, das sie ohne das
ire coniunction mit denn Kayserlichen waaffen, wie wider einigen anderen,
also auch in specie wider Hessen Cassel nit vermeint oder erstreckt haben
wolten, welches in eventum dem herrn Langerman zu benennung ungleicher
gedancken angezeigt werden köndte.
Schliesßlich bitten wir, ire andtwortt zu beförderen, damit wir selbige uber-
morgen abendts neben widersendung der beylagen gehaben und vor ab-
lauffender könfftiger ordinari uns darnach richten können etc.